Georg Christoph Lichtenberg
Essays
Georg Christoph Lichtenberg

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Wie die Schinesen ihr großes Papier verfertigen

Göttinger Taschen Calender für 1796

Wer das Papier der Schinesen bloß aus ihren Büchern kennt, kann sich kaum einen Begriff von der Schönheit desjenigen machen, das sie zu ihren großen Zeichnungen verfertigen. Es kommt an Weiße, Stärke und Dicke dem besten französischen gleich. Was es aber ganz vor allen europäischen Papieren auszeichnet, ist, daß sie Bogen von acht bis neun Fußen in der Länge und von verhältnismäßiger Breite ganz aus einem Stücke zu machen verstehen. Was den letzten Umstand, nämlich die Größe der Bogen betrifft, so hat uns Franklin gelehrt, wie sie dabei zu Werke gehen. In der Mitte zwischen zwei Wannen, eigentlich aus Backsteinen mit einem Cement verstrichenen wasserdichten Trögen, die etwas größer sind als der Bogen Papier werden soll, steht ein niedriger Ofen, ebenso lang als die Tröge, aber breiter mit einem etwas niedrigen Dache. Die beiden Ebenen, die das Dach des Ofens formiren, sind gegen die Tröge zu geneigt, und jede dieser Ebenen ist ungefähr der Größe des zu verfertigenden Papiers gleich. Hieraus und aus der Neigung der Ebenen, die nur gering zu sein braucht, ergibt sich die Breite des Ofens. Diese Abdachungen des Ofens verfertigen sie aus eine Art Stucco, das eine gute Politur annimmt. In den Trögen befindet sich die Papiermasse zum Ausschöpfen bereitet. Das Sieb, womit der Bogen geschöpft wird, erhält seine Steifigkeit gerade so, wie unsere gewöhnlichen Siebe, durch einen dünnen und hohen, und daher zugleich starken und doch leichten Rand. Dieses Schöpfsieb ist, um die Arbeit noch mehr zu erleichtern, an beiden schmalen Enden durch Gewichte balancirt, die an Schnüren hängen, welche man über Rollen an der Decke des Zimmers führt, so daß also die beiden Arbeiter die das Schöpfen verrichten, von dem Gewicht des Siebes fast nichts zu tragen haben, und folglich zu den übrigen dabei nöthigen Operationen die freie Kraft ihrer Arme gebrauchen können. Ist nun der Bogen geschöpft, wobei, wie es sich wohl von selber versteht, der Rand des Siebes nach unten gekehrt sein muß, so wird er, nachdem das Wasser abgelaufen ist, auf die zunächst befindliche gehörig erwärmte Abdachung des Ofens angedrückt. Hier erhält er sehr bald Trockenheit genug, daß ihn ein Knabe davon durch Aufrollen abnehmen kann. eben dieses geschieht durch zwei andere Arbeiter und einen anderen Knaben an der anderen Seite des Ofens. Um dem Papier den nöthigen Leim zu geben, vermischen sie bloß ein Decoct von Reis mit der Masse desselben.

 


 


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