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Favete linguis! – wer mag schildern, Wie jetzt das Herz zum Herzen flog, Was hier in wundersamen Bildern Das traute Stammlokal durchzog! Beredtes Finden, selig Grunzeln! Beglückte Schau, wohin man sah! Nicht abgestandene Rapunzeln, Nein, flotte Weiber waren da. Verliebte Weiber, reich an Fülle, Ach! deren Reiz, wie Tau und Tag, In seiner kargbemess'nen Hülle Jetzt an der Brust der Jäger lag! In diesen Blicken – welch ein Sehnen! In diesem Stammeln – welch ein Ton! Denn solche taumelfrohen Szenen Sah nicht der göttliche Perron, Sah nicht Catull, des Dichtergabe Sich oft bewährt bei frohem Scherz, Hat nie besungen voller Labe Der liederkundige Properz. Hier spielte Zenz schon mit den Zöpfen Von Valwigs Kind, zum Kampf bereit, Und einte seinen Hirschhornknöpfen Beglückt den Busen dieser Maid. Der Doktor, feixend wie ein Dackel, Er fühlte sich sofort am Platz Und nahm sich, ohne viel Gefackel, Die Trittenheimerin zum Schatz. Und Peter Wieprecht – Wieprecht schnalzte Sich vor aus seiner Liebesbahn Und kollerte alsdann und balzte Um Ürzigs Mädel wie ein Hahn. Er war vergnügt, er war zufrieden; Denn seine Sehnsucht und sein Traum: Die Äpfelchen der Hesperiden, Sie hingen immer noch am Baum. Eljen! Eviva! Blitz und Teufel Und Horrido und Brand und Brunst! Der Hoffnung perlendes Geträufel Umsprudelte die schwarze Kunst, Umsprudelte die Mise en scène, Die jetzt ganz gäng und gäbe war; Im Auge eine heiße Träne, Stand weltentrückt ein stilles Paar. Verhimmelt stand die bleiche Nonne, Von allen Ordensregeln frei, Und sie zerfloß in Weh und Wonne Beim Amtsgerichtsrat Num'ro zwei; Denn dieser Amor, sozusagen, Sah Gott und alle Welt in ihr Und suchte über ihrem Magen Das vielbegehrte Skapulier. Und was er suchte mit Verständnis, Das war so zart wie Elfenbein; Sie aber flüsterte in Bängnis: »Du, lieber Saint Julien, halt ein! Halt ein, halt ein . . .!« denn auf der Schwelle Stand Hermann Joseph strack und stramm, Und durch den Klingklang einer Schelle Rief er beherzt: »Ad tabulam!« Ad tabulam! – und fröhlich reihte Sich Mann an Weib und Weib an Mann, Und alle sahn die weiße Spreite Mit schwelgerischen Augen an. Und was da kam und kommen sollte, Was sich mit zartem Duft umflort, Was alles auf die Tafel wollte, Sei's nun gesotten, sei's geschmort, Was sich aus Schüssel, Napf und Schale Verheißend in die Nase schlich, Das ließ selbst die Cäsarenmahle Der alten Römer hinter sich. O diese Mahle, dieses Prassen! Fast wird mir angst und himmelweh! Auf solchen Tafeln gab es Brassen, Gefangen im Lucriner See. Da wurde kurzerhand verschlungen Gebacknes Hirn vom stolzen Pfau; Da gab es Nachtigallenzungen Und Zitzen von der Muttersau. Da gab's Poularden, maisgenudelt, Langusten, von Ragusa her, Muränen, welche froh gesprudelt Im lieblichen Tyrenermeer. Da gab es Wachteln, vollgebrustet, Die zarten Fersen vom Kamel, Und alles schlemmerhaft umkrustet Mit Kandiszucker und Kaneel. Ich möchte singen noch und sagen Von Trüffeln, feingarniert mit Speck, Durchmorchelten Giraffenmagen, Von Schnepfen und Fasanendreck. Doch besser wohl: mag's unterbleiben; Denn hier nach alter Observanz – Bei Brixius das Schüsseltreiben War reichlicher an Fett und Glanz. Zuerst erschien – nachdem das Zimmer Von Deck' zu Diele sich erhellt Und sich ein sanfter Lampenschimmer Dem weißen Tafeltuch gesellt – Zuerst erschien . . . Doch halt! – ich bitte Um zwei Minuten Aufenthalt; Denn würdevoll nach alter Sitte Hob Zenz die mächtige Gestalt. Im Licht der graumelierten Schwarte, Im Jägerwams ein schmucker Mann, Erhob der leichthin Angejahrte Die rechte Hand und sprach alsdann: »Willkommen, brave Weidgesellen, Die ihr nach fröhlichem Gejaid, Gleichwie die raschen Bachforellen, Noch sprudelfrisch und munter seid! Doch wo sich solch ein Rudel findet, Sei's, wo es sei, bei Tag und Nacht, Zuerst, weil's alle uns verbindet, Des höchsten Herren sei gedacht! So will's der Brauch auf deutschem Boden, So lang der Forst noch Nadeln trägt Und herzhaft unter Wams und Loden Ein deutsches Jägerherz noch schlägt. So will's der Brauch in unsrer Mitte, Im freien Feld, waldaus, waldein; So will's Gesetz, so will's die Sitte, So und nicht anders soll es sein. Den Königsadler sah ich kreisen Und sah, wie er sich niederließ, Und sah, wie ein verruchtes Eisen Die Brust ihm weidewund durchstieß. Ich sah, wie man die Zwietracht säte, Und hörte – o der grimmen Schmach! – Wie man den Königsadler schmähte, Da hilflos er am Boden lag. Jetzt weint um ihn die deutsche Heide, Jetzt klagt um ihn der deutsche Wald, Gleich, ob er steht im grünen Kleide, Gleich, ob der Schneehauch ihn umkrallt. Jetzt klagt um ihn das junge Leben, Das Alter im ergrauten Haar, Das Herz, das immer ihm gegeben Das, was von je des Kaisers war. Wir aber, wir – wir sind die Alten, Trotz Weh und Jammer, Leid und Not; Was wir gelobt, das wird gehalten, Getreu und spurfest bis zum Tod. Auf Flur und Feld, auf grünen Bahnen, Ob's blitzt und donnert, friert und schneit – Für ihn und seine alten Fahnen Sind stets zu sterben wir bereit. Und wenn vergrämt auch unser Leben, Dahin der kaiserliche Stern – Er wird und muß sich wieder heben . . . Dies Glas dem kaiserlichen Herrn!« Und »Horrido!« – die Gläser klangen, Der zweite Gang! – mein Herz sei stille! |