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Der Fuhrmann hat David Holm in ein Gemach mit hohen, aber vergitterten Fenstern und kahlen, hellen Wänden ohne den geringsten Schmuck geführt. Mehrere Betten stehen an den Wänden, von denen aber nur eines besetzt ist. Ein schwacher Arzneigeruch schlägt David Holm entgegen, ein Mann in der Uniform eines Gefangenenwärters sitzt neben dem Bett, und David Holm begreift, daß er in das Krankenzimmer eines Gefängnisses gekommen ist.
An der Decke brennt eine kleine elektrische Lampe, und bei deren Schein sieht David Holm in dem einen Bett einen jungen kranken Menschen mit einem schönen, aber abgezehrten Gesicht. Aber kaum hat er einen Blick auf den Gefangenen geworfen, als er auch schon vergißt, daß er vorhin milder gegen Georg gestimmt gewesen war, und er ist auf dem Punkt, sich mit der vorigen Wut auf Georg zu stürzen.
»Was hast du hier zu tun?« bricht er los. »Wenn du dem, der da in dem Bett liegt, etwas zuleid tust, dann sind wir Feinde für ewige Zeiten, das laß dir gesagt sein!«
Der Fuhrmann sieht David Holm mit einem Blick an, der eher mitleidsvoll als strafend ist.
»Ich begreife nun, wer es ist, der da liegt, David; aber ich hab' es nicht gewußt, als wir herfuhren.«
»Ob du es gewußt hast oder nicht, ist ganz einerlei, Georg, wenn du nur begreifst – – –« Doch jäh bricht er ab, Georg hat nur eine befehlende Bewegung mit der Hand gemacht, und David Holm versinkt, von einer unwiderstehlichen Angst bezwungen, in Schweigen.
»Für uns beide gibt's nichts anderes als Unterwerfung und Gehorsam,« sagt der Fuhrmann. »Du hast nichts zu wünschen oder zu verlangen, sondern nur ruhig auf Aufklärung zu warten.«
Damit zieht Georg seine Kapuze tief übers Gesicht herein, zum Zeichen, daß er vorderhand kein Wort mehr wechseln will, und in der nun eintretenden Stille hört David Holm, daß der kranke Gefangene mit seinem Wärter zu reden angefangen hat.
»Herr Aufseher, glauben Sie, daß ich wieder recht werden kann?« fragt er mit einer schwachen, aber durchaus nicht mutlosen oder traurigen Stimme.
»Ei freilich, freilich können Sie das, Holm,« sagt der Aufseher freundlich, obgleich mit etwas unsicherem Ton. »Sie müssen sich nur ein wenig erholen und das Fieber überwinden.«
»Sie wissen wohl, daß ich nicht an das Fieber gedacht habe,« erwidert der Kranke. »Ich meine, ob Sie, Herr Aufseher, meinen, ich könne wieder heraufkommen. Das ist nicht so leicht, wenn man wegen Totschlag im Gefängnis gesessen hat.«
»Es wird schon gehen, Holm, da Sie jemand haben, zu dem Sie gehen können,« antwortet der Aufseher. »Sie haben mir wenigstens gesagt, Sie wüßten einen Ort, wo Sie aufgenommen würden.«
Ein schönes Lächeln fliegt über das Gesicht des Kranken.
»Wie hat mich der Herr Doktor heute abend gefunden?« fragt er dann.
»Keine Gefahr, Holm, keine Gefahr! Der Doktor sagt immer das Gleiche. ›Wenn ich ihn nur außerhalb dieser Mauern hätte, dann würde ich ihn bald wieder auf die Beine bringen,‹ sagt er.«
Der Gefangene dehnt die Brust und zieht die Luft durch die Zähne ein.
»Außerhalb dieser Mauern, ja,« murmelt er leise vor sich hin.
»Ich wiederhole nur, was der Doktor zu mir zu sagen pflegt,« fährt der Aufseher fort. »Aber Sie dürfen das nicht so genau nehmen, Holm, damit Sie uns nicht wieder auf und davon gehen wie im Herbst vor einem Jahr. Dadurch ziehen Sie es nur selbst in die Länge, verstehen Sie, Holm?«
»O, Sie brauchen keine Angst zu haben, Herr Aufseher. Ich bin jetzt viel klüger als damals. Jetzt bin ich nur noch darauf aus, bald von hier entlassen zu werden. Und nachher fange ich ein neues Leben an.«
»Ja, da haben Sie recht, Holm, es wird ein neues Leben für Sie werden,« sagt der Wächter mit einem etwas feierlichen Ton.
David Holm sitzt dabei und ängstigt sich mehr als der Kranke.
»Er ist hier im Gefängnis angesteckt worden,« murmelt er, während er den Körper angstvoll hin und her wiegt. »Und jetzt ist er hoffnungslos zugrunde gerichtet, er, der so schön und stark und so froh war!«
»Herr Aufseher, haben Sie nicht – – – « fängt der Kranke wieder an; da er aber in demselben Augenblick eine leichte Bewegung der Ungeduld bei seinem Wärter wahrnimmt, fragt er hastig: »Vielleicht ist es gegen die Vorschrift, wenn ich rede?«
»Nein, nein, heute nacht dürfen Sie reden, so viel Sie wollen, Holm.«
»Heute nacht – – – –« wiederholt der Kranke nachdenklich. »Jaso, vielleicht weil es Neujahrsnacht ist.«
»Ja,« antwortet der Aufseher. »Ja, weil ein gutes neues Jahr für Sie beginnt, Holm.«
»Der Mann da weiß, daß er heute nacht sterben wird,« klagt in seiner Machtlosigkeit der Bruder des kranken Gefangenen. »Das ist der Grund, warum er so freundlich gegen ihn ist.«
»Herr Aufseher, haben Sie nicht seit jener Flucht eine Veränderung an mir wahrgenommen?« nimmt der Kranke die vorhin unterbrochene Frage wieder auf. »Sie haben doch seither keine Mühe mehr mit mir gehabt, nicht wahr, Herr Aufseher?«
»Ganz recht, Sie sind seither so folgsam wie ein Lamm gewesen, und ich habe gar keinen Grund gehabt, unzufrieden mit Ihnen zu sein. Aber ich rate Ihnen aufs neue, tun Sie das nicht noch einmal.«
Der Kranke lächelt.
»Herr Aufseher, haben Sie sich nicht gefragt, was der Grund von dieser Veränderung sein könnte?« fragt er dann. »Vielleicht haben Sie gedacht, sie komme nur daher, weil ich nach der Flucht kränker geworden bin?«
»Ja, das haben wir uns ungefähr gedacht.«
»Aber es war durchaus nicht deshalb, es hat einen ganz anderen Grund,« versetzt der Kranke. »Ich habe mir noch nie davon zu reden getraut, aber heute nacht will ich es Ihnen erzählen, Herr Aufseher.«
»Nun fürchte ich fast, daß Sie doch zu viel reden, Holm,« erwidert der Aufseher; als er aber sieht, daß sich das Gesicht des Kranken umwölkt, fügt er freundlich hinzu: »Ja, nicht weil ich es müde wäre, Ihnen zuzuhören, es ist Ihrer selbst wegen, Holm.«
»Haben Sie alle hier im Gefängnis es nicht merkwürdig gefunden, daß ich freiwillig wiedergekommen bin?« fährt der Kranke fort. »Niemand hatte eine Ahnung gehabt, wo ich mich aufhielt, und ich selbst ging auf das Schultheißenamt und meldete mich aus ganz freien Stücken. Nun, Herr Aufseher, was glauben Sie, warum ich so etwas Ungewöhnliches getan habe?«
»Wir dachten natürlich, es sei Ihnen so schlecht gegangen, daß Sie es fürs beste hielten, sich gutwillig wieder einzufinden.«
»Ja, in den ersten Tagen, da war's mir freilich herzlich schlecht gegangen, das ist wahr. Aber ich war ja drei Wochen fortgewesen. Haben sie denn alle gemeint, ich hätte die ganze Zeit im wilden Walde zugebracht und überdies mitten im Winter?«
»Wir mußten es ja glauben, da Sie es doch sagten, Holm.«
Der Gefangene sieht außerordentlich vergnügt aus, als er sagt:
»Ja, man muß ja der hohen Obrigkeit manchmal so etwas weismachen, damit die, die einem geholfen haben, nicht in die Patsche kommen. Also darf man ja gar nichts anderes sagen. Wenn einer den Mut hat, einen ausgebrochenen Gefangenen aufzunehmen und gut gegen ihn zu sein, dann muß man ihn doch nachher schützen, so gut man kann. Damit sind Sie doch wohl einverstanden, Herr Aufseher?«
»Holm, jetzt fragen Sie mich mehr, als ich beantworten darf,« antwortete der Wächter mit derselben Geduld, die er die ganze Zeit gezeigt hat.
Der Gefangene stößt einen tiefen sehnsüchtigen Seufzer aus.
»Wenn ich es nur so lange treibe, bis ich wieder dorthin kommen kann!« beginnt er wieder. »Es war eine Familie, die ganz am Waldessaum wohnte.«
Er unterbricht sich und ringt eine Weile nach Luft. Der Aufseher sieht ihn besorgt an. Dann greift er nach der Arzneiflasche, und als er sieht, daß sie leer ist, steht er auf.
»Ich muß noch etwas von diesem hier holen,« sagt er und verläßt das Zimmer.
Im nächsten Augenblick sitzt der Fuhrmann auf seinem Platz neben dem Bett. Die Kapuze hat er zurückgeschlagen und die Sense so hingestellt, daß sie der Kranke nicht sehen kann.
Als David Holm den Fürchterlichen so nahe bei seinem Bruder sieht, bricht er in ein Wimmern aus, das fast wie das eines weinenden Kindes klingt; aber der Bruder selbst zeigt keine Aufregung. Da er hohes Fieber hat, merkt er gar nicht, daß ein anderer sich auf den Stuhl neben seinem Bett gesetzt hat, sondern meint, er habe noch immer denselben Aufseher vor sich.
»Es war ein ganz kleines Haus,« sagt er, keucht aber zwischen jedem Wort vor lauter Anstrengung.
»Sie sollten sich nicht so sehr mit dem Reden anstrengen,« sagt der Fuhrmann. »Was Sie denken, weiß die hohe Obrigkeit bis aufs Tüpfelchen genau; wir haben es nur nicht zeigen wollen.«
Der Kranke sperrt vor Verwunderung die Augen auf.
»Ja, Sie sehen mich groß an, Holm,« sagt der Fuhrmann. »Warten Sie nur, dann sollen Sie es hören. Meinen Sie nicht, wir hätten gehört, daß sich an einem Nachmittag ein Mann in ein Häuschen hineingeschlichen hat – es war das allerletzte vor dem langen Dorfe – weil er meinte, es sei niemand daheim.
Er hatte lange am Waldrand gelegen und gelauert, ob die Frau nicht weggehen würde; ihr Mann war ja natürlich bei der Arbeit draußen, und Kinder hatte er keine gesehen. – Jetzt endlich kam die Frau mit einem Milchtopf im Arm heraus, und der Mann, der genau acht gegeben hatte, wo sie den Schlüssel versteckte, schlich sich ins Haus hinein.«
»Woher wissen Sie das, Herr Aufseher?« fragt der Kranke und will sich in seiner Überraschung im Bett aufsetzen.
»Bleiben Sie ruhig liegen, Holm,« sagt der Fuhrmann überaus gutmütig, »und haben Sie keine Angst für Ihre Freunde. Auch wir beim Gefängniswesen sind doch wohl noch Menschen. Nun will ich Ihnen sagen, was ich noch weiter weiß. Als der Mann in die Stube hineinkam, erschrak er, weil sie nicht leer war, wie er geglaubt hatte. In einem großen breiten Bett an der hinteren Wand lag ein krankes Kind und sah ihn an. Der Mann ging leise auf das Kind zu; aber da schloß es die Augen und lag ganz ruhig wie tot da.
›Warum liegst du hier mitten am Tag?‹ fragte der Mann. ›Bist du krank?‹ Aber das Kind rührte sich nicht. ›Du brauchst keine Angst vor mir zu haben,‹ sagt der Mann wieder. ›Sag' mir nur, wo ich am raschesten etwas zu essen finden kann, dann gehe ich gleich wieder meiner Wege.‹
Da aber das Kind unbeweglich liegen blieb und keine Antwort gab, zog der Mann einen Strohhalm aus dem Bettstroh und kitzelte das Kind damit unter der Nase. Da mußte das Kind nießen, und der Mann fing an zu lachen. Das Kind sah ihn zuerst verwundert an, dann aber fing es auch an zu lachen. ›Ich habe versuchen wollen, mich tot zu stellen,‹ sagte es. – ›Aber warum denn, wozu sollte das dienen?‹ – ›Ach, du hast doch wohl gehört, was du tun sollst, wenn du im Walde einem Bären begegnest?‹ sagte das Kind. ›Du sollst dich auf den Boden werfen und tun, als ob du schon tot wärest. Dann geht der Bär fort, um eine Grube zu graben, in die er dich hineinlegen kann, und indessen kannst du entfliehen.‹
Der Mann wurde dunkelrot. ›Aha, du hast gemeint, ich werde fortgehen, um die Grube zu graben, in die ich dich hineinstopfen wollte?‹ fragte er. – ›Ja, aber das war recht dumm von mir, denn ich hätte jedenfalls nicht davonlaufen können,‹ erwiderte das Kind. ›Ich habe Schmerzen in der Hüfte und kann nicht gehen.‹«
Der kranke Gefangene scheint ganz aufgeregt vor Verwunderung.
»Vielleicht soll ich nicht weiter erzählen, Holm?« fragt der Fuhrmann.
»Doch, doch, ich höre so gern zu, ich freue mich, wenn ich gerade daran erinnert werde. Aber es ist mir unbegreiflich – – –«
»Ach, es ist gar nicht so merkwürdig. Denn hören Sie, Holm, ein gewisser Landstreicher namens Georg – von ihm haben Sie doch wohl reden hören – hat die Geschichte auf einer seiner Wanderungen gehört und sie dann weitererzählt. Ich glaube, er wußte nicht einmal, wie der Mann, der sich in die Stube hineingeschlichen hatte, hieß.«
Nach diesen Worten entsteht eine kleine Pause; aber schon nach kurzem fragt der Kranke mit schwacher Stimme:
»Wie ging es dann weiter mit dem Mann und dem Kind?«
»Nun, der Mann bat noch einmal um etwas zu essen. ›Es kommt doch wohl öfters vor, daß ein Armer in euer Haus hereinkommt und um etwas zu essen bittet,‹ sagte er. – ›O ja, das kommt öfters vor,‹ erwiderte das Kind. – ›Und deine Mutter gibt ihm dann wohl auch etwas?‹ – ›Ja, wenn sie etwas im Haus hat, gibt sie ihm davon.‹ – ›Siehst du,‹ sagte der Mann, ›und auch jetzt handelt es sich um gar nichts anderes. Ein Armer ist zu dir hereingekommen und bittet dich um etwas zu essen. Sag' mir, wo etwas Eßbares ist, ich nehme gewiß nicht mehr, als zum Sattwerden nötig ist.‹
Das Kind sah den Mann mit einer lustigen, kindlich schlauen Miene an, dann sagte es: ›Mutter hat an den Flüchtling gedacht, der sich im Wald herumzutreiben scheint, und darum alles Eßbare weggestellt und im Schrank verschlossen.‹ – ›Aber du hast doch wohl gesehen, wo sie den Schlüssel hingelegt hat, so daß du es mir sagen kannst; sonst muß ich ja das Schloß aufbrechen.‹ – ›O, das ist nicht so leicht,‹ versetzte das Kind. ›Wir haben feste Schlösser an unseren Schränken.‹
Der Mann ging im Zimmer herum und suchte nach dem Schlüssel. Er suchte auf dem Kaminschoß und in der Tischlade, konnte ihn aber nicht finden. Das Kind hatte sich indessen im Bett aufgesetzt und zum Fenster hinausgesehen. Jetzt sagte es: ›Es kommen Leute des Weges daher; Mutter und viele andere mit ihr.‹
Mit einem Sprung stand der Flüchtling an der Tür. – ›Wenn du da hinausläufst, rennst du ihnen gerade in die Hände. Es wäre besser, du verstecktest dich in unserm Schrank,‹ sagte das Kind. – Der Mann zögerte an der Tür. ›Das ist wohl möglich, aber ich hab' den Schlüssel zu dem Schrank nicht.‹ – ›Aber ich hab' ihn!‹ rief das Kind, und zugleich streckte es die Hand aus, in der ein großer Schlüssel lag.
Der Flüchtling nahm den Schlüssel und eilte nach dem Schrank.
›Wirf mir den Schlüssel wieder her,‹ rief das Kind, als der Mann den Schrank öffnete, ›und zieh die Tür von innen zu!‹ Der Flüchtling tat, wie ihm geheißen war, und im nächsten Augenblick war er eingesperrt!
Man kann sich denken, wie dem Manne das Herz klopfte, während er da drinnen stand und auf seine Verfolger lauschte. Er hörte, wie die Tür zum äußeren Zimmer aufgemacht wurde, und daß viele Leute hereinkamen. Eine Frauenstimme schrie laut und gellend: ›Ist jemand hier gewesen?‹ – ›Ja,‹ antwortete das Kind. ›Sobald du fortgegangen warst, Mutter, ist ein Mann hereingekommen.‹ – ›Ach Gott, ach Gott!‹ jammerte die Frau, ›Die Leute haben also recht gehabt. Sie sagten, sie hätten jemand aus dem Wald herauskommen und hier hineingehen sehen.‹
Der Flüchtling verfluchte in Gedanken das Kind, das ihn verriet. Der verschlagene Bengel hatte ihn wie in einer Mausefalle gefangen. Er versuchte schon die Tür zurückzuschieben, um mit einem Satz herauszustürzen und sich vielleicht durchzuschlagen. Da hörte er, daß jemand fragte, wo denn der Flüchtling hingekommen sei.
›Jetzt ist er nicht mehr im Hause,‹ antwortete die helle Kinderstimme. ›Er bekam Angst, als er euch daherkommen sah.‹
›Hat er nichts mitgenommen?‹ fragte die Mutter. – ›Nein, er wollte etwas zu essen haben, aber ich konnte ihm nichts geben.‹ – ›Und er hat dir auch nichts getan?'‹ – ›Doch, er hat mich unter der Nase gekitzelt,‹ sagte das Kind, und der Flüchtling hörte, wie es dabei lachte. – ›Was, hat er das getan?‹ rief die Mutter, und nun lachte auch sie nach der ausgestandenen Angst.
›Nun, wenn er nicht mehr hier ist, dann wollen wir nicht länger hierbleiben und die Wände anstarren,‹ sagte jetzt eine Männerstimme, und gleich darauf hörte der Flüchtling, daß die Leute das Zimmer verließen. – ›Ihr bleibt jetzt wohl daheim, Lisa?‹ sagte gleich darauf eine Stimme. – ›Ja, ich lasse Bernhard heute nicht mehr allein,‹ antwortete die Stimme der Mutter.
Der Flüchtling hörte, wie die Haustür geschlossen wurde, und erriet, daß die Mutter und das Kind nun allein im Hause waren. ›Wie wird es mir nun gehen?‹ dachte er. – In demselben Augenblick hörte er Schritte auf den Schrank zukommen, und die Stimme der Mutter rief: ›Ihr in dem Schrank habt keine Angst, sondern kommt heraus, damit ich mit Euch reden kann.‹ Zugleich wurde der Schlüssel ins Schloß gesteckt und die Tür aufgemacht. Der Mann war ganz verzagt. ›Der dort drüben hat gesagt, ich solle mich hier verstecken,« stammelte er, indem er auf das Kind deutete.
Der Junge lachte und war so aufgeräumt über das Abenteuer, daß er in die Hände klatschte. »Er wird ganz pfiffig von dem beständigen zu Bett liegen und sich mit seinen eigenen Gedanken beschäftigen,« sagte die Mutter stolz. »Man kann nächstens nicht mehr mit ihm fertig werden.« – Nun merkte der Flüchtling, daß die Mutter ihn nicht ausliefern wollte, weil der Junge sich seiner angenommen hatte. – »Ja, da habt Ihr ganz recht. Ich will Euch gestehen, daß ich hereinkam, um mir etwas zum Essen zu verschaffen, aber ich habe nichts ergattern können. Das Kind hat mir den Schlüssel nicht gegeben. Er ist tüchtiger als viele, die auf ihren Beinen herumlaufen.« Die Mutter begriff wohl, was der Flüchtling mit seinen Schmeicheleien ausrichten wollte, aber sie hörte es jedenfalls gern. »Nun will ich Euch zuerst etwas zu essen geben,« sagte sie.
Während der Flüchtling aß, fragte ihn der Junge über seine Flucht aus, und der Mann berichtete alles ganz aufrichtig von Anfang bis zu Ende. Die Flucht war nicht vorbereitet gewesen, sondern es hatte sich ihm eine Gelegenheit gezeigt, als er im Gefängnishof arbeitete und das Tor offen stand, weil einige Fuhren Kohlen hereingefahren werden sollten. Der Junge fragte und fragte und konnte gar nicht genug bekommen. Alles wollte er wissen. Wie der Flüchtling zur Stadt hinausgekommen, und wie es ihm dann im Wald ergangen war. Ein paarmal sagte der Mann, jetzt müsse er gehen; aber davon wollte der Junge nichts hören. »Nun, Ihr könnt ja ebensogut heute abend hier sitzen bleiben und Euch mit Bernhard unterhalten,« sagte die Frau schließlich. »Es sind so viele Leute unterwegs, die auf Euch lauern. Ihr werdet jedenfalls ergriffen, ob Ihr hier bleibet oder Euch fortschleicht.«
Als der Mann heim kam, saß der Flüchtling noch da und erzählte dem Jungen. Es war jetzt dunkel im Zimmer, und der Häusler meint zuerst, es sei einer der Nachbarn, der sich mit dem Kinde unterhalte. »Seid Ihr es, Petter, der hier sitzt und Bernhard Geschichten erzählt?« fragte er. – Das Kind fing in seiner Ausgelassenheit laut zu lachen an. »Nein, Vater, das ist nicht Petter, sondern was viel Besseres. Komm nur her, dann sollst du hören!« Der Vater trat ans Bett, aber er bekam nicht eher etwas zu hören, als bis er sein Ohr ganz dicht an des Jungen Mund gelegt hatte. – »Es ist der Flüchtling,« flüsterte der Junge. – »Ums Himmels willen, Bernhard, red' nichts!« sagte der Vater. – »Es ist aber doch wahr,« erwiderte der Junge. »Er hat mir erzählt, wie er sich zum Gefängnistor herausgeschlichen hat und dann tief drinnen im Wald in einer alten Blockhütte drei Nächte lang versteckt war. Ich weiß alles genau.«
Die Mutter hatte in aller Eile ein Lämpchen angezündet, und der Häusler betrachtete jetzt den Flüchtling, der sich neben der Türe aufgestellt hatte. – ›Nun sagt mir zuerst genau, wie alles zusammenhängt,‹ sagte der Häusler. Da fingen seine Frau und sein Kind an zu berichten, und in ihrem Eifer nahmen sie einander wiederholt das Wort vom Munde weg. Der Häusler war ein älterer Mann und sah klug und bedächtig aus. Aufmerksam betrachtete er sich den ausgebrochenen Sträfling, während die anderen erzählten. – ›Der Ärmste sieht ja aus, als wäre er todkrank,‹ dachte er. ›Wenn er noch eine Nacht in der Blockhütte zubringen muß, ist es um ihn geschehen.‹
›Auf der Landstraße begegnet man vielen, die gefährlicher aussehen als Ihr, ohne daß es jemand einfällt, sie gefangen zu nehmen,‹ sagte er, als die anderen schwiegen. – ›Ich bin auch gar nicht so gefährlich,‹ erwiderte der Flüchtling. ›Aber es hatte mich einer gereizt, als ich betrunken war.‹ – Der Häusler wollte nicht, daß der Flüchtling im Beisein des Jungen mehr von der Sache erzählte, und so unterbrach er ihn: ›Ja, ich kann mir wohl denken, daß es derartig zugegangen ist,‹ sagte er.
Nun herrschte vollkommenes Schweigen in der Stube. Der Häusler saß nachdenklich da, und die anderen sahen ihn ängstlich an. Niemand wagte, noch ein weiteres Wort zugunsten des Flüchtlings zu sagen. Endlich wandte sich der Häusler an seine Frau. ›Ich weiß nicht, ob ich unrecht tue,‹ sagte er. ›Aber es geht mir wie dir; da sich der Junge nun einmal seiner angenommen hat, kann ich ihn nicht aus dem Hause jagen.‹
Somit wurde beschlossen, der Flüchtling solle über Nacht dableiben und am frühen Morgen weitergehen. Aber am nächsten Morgen hatte er so hohes Fieber, daß er sich nicht auf den Füßen halten konnte. Und auf diese Weise sahen sich die Leute genötigt, ihn ein paar Wochen bei sich zu behalten.«
Als der Fuhrknecht bei dem Punkt angekommen ist, wo er berichtet, wie der Flüchtling in der Wohnung behalten wurde, bieten die beiden Brüder, die der Erzählung lauschen, einen merkwürdigen Anblick. Der Kranke hat sich in seinem Bett zu sanfter Ruhe ausgestreckt. Die Schmerzen scheinen von ihm gewichen zu sein, und er lebt völlig in einer glücklichen Vergangenheit. Aber mißtrauisch sitzt der andere da, er ahnt, daß sich hinter all diesem eine geheime Falle verbirgt. Einmal ums andere versucht er dem Bruder ein Zeichen zu machen, nicht so ruhig dazuliegen, aber es gelingt ihm nicht, seine Aufmerksamkeit zu erregen.
»Sie wagten es nicht, einen Arzt zu holen,« setzte der Fuhrknecht seine Erzählung weiter fort. »Und sie wagten auch nicht um Arznei in die Apotheke zu gehen. Der Kranke mußte sich ohne Mittel behelfen. Wenn jemand vorbeikam und Anstalt machte, in die Kathe zu treten, so stellte sich die Frau auf die Schwelle und erzählte, Bernhard habe einen so sonderbaren Ausschlag am ganzen Körper, sie fürchte fast, es sei das Scharlachfieber. Und sie könne die Verantwortung nicht auf sich nehmen, jemand ins Haus hereinkommen zu lassen.
Als sich der Flüchtling nach vierzehn Tagen allmählich etwas erholte, sagte er sich, er könne nun nicht länger bei seinen freundlichen Wirtsleuten bleiben, sondern müsse sich davonmachen; unter keinen Umständen dürfe er den armen Leuten noch länger zur Last fallen.
Um diese Zeit fingen seine Wirtsleute ein Gespräch mit ihm an, das ihm schwer aufs Herz fiel. Eines Abends fragte ihn nämlich Bernhard, wohin er sich wenden wolle, wenn er von ihnen fortgehe. – ›Ich gehe wohl am besten wieder hinaus in den Wald,‹ antwortete er. – ›Ich will Euch etwas sagen,‹ fiel die Frau ein. ›Das hat keinen Sinn, wenn Ihr in den Wald hinausgeht. An Eurer Stelle würde ich danach trachten, wieder mit dem Gesetz aufs Gleiche zu kommen. Es kann doch kein Vergnügen für Euch sein, wie ein wildes Tier im Walde zu hausen.‹ – ›Es ist aber auch kein Vergnügen für mich, im Loch zu sitzen.‹ – ›Nein, aber wenn das doch einmal durchgemacht sein muß, so ist es gewiß am besten, es je eher je lieber überstanden zu haben.‹ – ›Ach, ich hätte gar nicht mehr so lange sitzen müssen, als ich durchging,‹ sagte er. ›Aber jetzt bekomme ich wahrscheinlich noch mehr aufgebrummt.‹ – ›Ja, diese Flucht ist ein rechtes Elend,‹ meinte die Frau. – ›Nein,‹ entgegnete rasch der Flüchtling. ›Es ist das Beste, was ich in meinem Leben getan habe.‹
Als er das sagte, schaute er dem Jungen in die Augen und lächelte ihn an, und dieser lachte und nickte ihm zu. Dieses Kind war ihm ans Herz gewachsen. Am liebsten hätte er es aus dem Bett herausgeholt, auf seine Schultern gehoben und es mit sich fortgenommen, wenn er nun weitergehen mußte. ›Es wird Euch schwer fallen, wieder mit Bernhard zusammenzutreffen, wenn Ihr Euer ganzes Leben lang als armer Flüchtling umherschweifen müßt,‹ sagte die Frau. – ›Aber es würde noch viel schwieriger sein, wenn ich mich wieder einsperren ließe,‹ versetzte er.
Der Häusler, der eben in der Stube anwesend war, mischte sich nun auch ins Gespräch. ›Wir haben uns recht an Euch gewöhnt,‹ sagte er in seiner bedächtigen Art. ›Aber nun Ihr wieder auf seid, können wir Euch nicht länger vor den Nachbarn verborgen halten. Wenn Ihr Eure richtige Entlassung aus dem Gefängnis hättet, wäre es etwas anderes.‹ Den Flüchtling durchzuckte plötzlich ein Verdacht. Vielleicht sollte er überredet werden, sich selbst zu stellen, damit die Leute keine Unannehmlichkeiten mit dem Gesetze zu gewärtigen hätten. Hastig gab er zur Antwort: ›Ich fühle mich so gesund, daß ich gut morgen meines Weges gehen kann.‹ – ›Das war es nicht, was ich sagen wollte,‹ erwiderte der Häusler. ›Aber wenn Ihr frei gewesen wäret, hätte ich Euch angeboten, bei uns zu bleiben und uns bei der Feldarbeit zu helfen.‹
Der Flüchtling wußte, wie schwer einer, der im Zuchthaus gewesen ist, wieder Arbeit findet, und wurde darum bei diesem Anerbieten ganz gerührt. Aber es widerstrebte ihm sehr, in die Gefangenschaft zurückzukehren, und so blieb er schweigend sitzen.
An diesem Abend war der Junge weniger wohl als sonst. ›Sollte man ihn nicht lieber ins Spital bringen, damit er dort behandelt werde?‹ fragte endlich der Flüchtling. – ›Ach, er ist schon mehrere Male dort gewesen, aber die Ärzte sagen, es helfe alles nichts, wenn er nicht Seebäder nehmen könne; aber wer kann das bezahlen?‹ versetzte die Mutter. – ›Es ist wohl eine sehr weite Reise?‹ fragte der Flüchtling. – ›Es ist nicht allein die Reise, denn wo sollten wir das Geld für Kost und Wohnung hernehmen?‹ – ›Nein, dies ist natürlich gänzlich unmöglich,‹ sagte der Flüchtling.
Wieder saß er eine Weile schweigend da, aber in seinem Herzen spielte er mit dem Gedanken, wie er vielleicht eines Tages imstande wäre, Bernhard das Geld zu einer Badereise zu verschaffen.
Dann wendete er sich an den Häusler und nahm selbst das frühere Gespräch wieder auf: ›Es ist keine leichte Sache, einen Sträfling in Dienst zu nehmen,‹ streckte er zuerst einen Fühler aus. – ›O, das würde schon recht werden,‹ erwiderte der Häusler. ›Aber Ihr seid vielleicht einer von denen, die auf dem Lande nicht recht gedeihen und auf alle Fälle in der Stadt sein wollen?‹ – ›An die Stadt denke ich niemals, wenn ich in meiner Zelle sitze,‹ antwortete der Sträfling. ›Da denke ich nur immer an die grünen Fluren und die Wälder.‹
›Wenn Ihr Eure Strafe abgesessen hättet, so bekämt Ihr das Gefühl, als ob ein großer Teil der Last, die jetzt Euer Gemüt bedrückt, von Euch abgefallen wäre,‹ meinte der Häusler. – ›Ja, das sage ich auch,‹ stimmte die Frau mit ein.
›Könntest du uns nicht etwas vorsingen, Bernhard? Aber du fühlst dich vielleicht heute abend zu schwach dazu?‹ – ›Ach nein,‹ erwiderte der Junge. – ›Deinem Freund würde es gewiß Freude machen,‹ sagte die Mutter. Dem Sträfling wurde ganz ängstlich zumute, fast als stünde ihm ein Unheil bevor. Er wollte den Jungen bitten, das Singen lieber zu unterlassen; aber da hatte dieser schon angefangen. Er sang mit weicher heller Stimme, und es war höchst merkwürdig: erst wenn er sang, wurde einem so recht klar, daß auch er ein Gefangener auf Lebenszeit war, der sich nach Freiheit und Bewegung sehnte.
Der Sträfling barg das Gesicht in den Händen, aber die Tränen tropften ihm zwischen den Fingern hindurch. ›Ich, aus dem doch nie etwas Rechtes werden kann, will versuchen, etwas dazu beizutragen, dieses Kind aus seinen Banden zu befreien,‹ dachte er.
Am nächsten Tag nahm er Abschied und ging fort. Niemand fragte ihn, wohin er sich wende. Alle drei sagten nur: ›Auf Wiedersehen!‹«
»Ja, das taten sie,« sagte der Kranke, der nun endlich den Fuhrknecht unterbricht. »Wissen Sie, Herr Aufseher, daß das das Schönste ist, was ich je erlebt habe.« Er liegt ganz still da, während ihm sachte ein paar Tränen über die Wangen rinnen. »Ich bin froh, daß Sie, Herr Aufseher, das wissen,« fährt er fort. »Nun kann ich doch mit Ihnen von Bernhard reden – – – Es ist mir zumute, als hätte ich meine Freiheit wieder gehabt – – – Es ist mir, als sei ich bei ihm gewesen – – – Ich hätte nie geglaubt, daß ich heute nacht noch so glücklich werden könnte – – –«
Der Fuhrknecht beugte sich nun tief über den Kranken.
»Hört mich an, Holm!« sagt er. »Was würdet Ihr dazu sagen, wenn ich es nun so einrichten könnte, daß Ihr gleich wieder zu Euern Freunden kämet, wenn auch auf andere Weise, als Ihr Euch gedacht hattet. Wenn ich Euch nun das Anerbieten machte, Euch die langen Jahre der Sehnsucht abzukürzen und Euch noch in dieser Nacht frei zu machen; wäret Ihr bereit zu gehen?«
Während der Fuhrknecht das sagt, hat er die Kapuze heraufgezogen und die Sense ergriffen.
Der Kranke liegt da und sieht ihn mit großen Augen an, aus denen immer größere Sehnsucht spricht.
»Versteht Ihr, wie ich es meine, Holm?« fragt der Fuhrmann. »Ist es Euch klar, daß ich der bin, der alle Gefängnisse aufschließen kann, daß ich der bin, der Euch auf eine Flucht zu geleiten vermag, wo kein Verfolger Euch einholen kann?«
»Ich verstehe wohl, was du meinst,« antwortet der Gefangene. »Aber wäre das nicht wie ein Unrecht gegen Bernhard? Du weißt, ich bin hierher zurückgekehrt, damit ich auf ehrenhafte Weise frei würde und ihm dann helfen könnte.«
»Du hast ihm das größte Opfer gebracht, das du überhaupt bringen konntest,« erwiderte ihm der Fuhrknecht. »Und zum Lohn dafür wird deine Strafzeit abgekürzt und dir die große unverlierbare Freiheit schon jetzt angeboten. Und um Bernhard brauchst du dir keine Gedanken mehr zu machen.«
»Aber ich hatte ihn doch ans Meer führen wollen,« sagt der Kranke. »Als wir Abschied nahmen, hab ich ihm zugeflüstert, ich käme wieder und würde ihn dann ans Meer bringen. Ein Versprechen, das man einem Kinde gegeben hat, muß man doch halten.«
»Du willst also die Freiheit, die ich dir zu bieten habe, nicht annehmen?« fragt der Fuhrknecht und richtet sich wieder auf.
»Ach doch, doch!« ruft der Kranke eifrig und faßt nach dem Mantel des Fuhrmanns. »Geh nicht fort! Du weißt nicht, wie mich die Sehnsucht verzehrt. Wenn sich nur ein anderer fände, der Bernhard helfen könnte! Aber er hat ja niemand als mich.«
Plötzlich sieht er mit einem leisen Ausruf der Freude auf.
»Da sitzt ja mein Bruder David!« sagt er. »Jetzt hat es keine Not mehr. Ihn kann ich bitten, Bernhard zu helfen.«
»Dein Bruder David!« sagt der Fuhrknecht voll Verachtung. »Nein, ihn kannst du nicht bitten, ein Kind zu beschützen. Du solltest nur sehen, wie er seine eigenen Kinder behandelt.«
Er bricht ab, denn da sitzt David Holm schon auf der anderen Bettkante und beugt sich über seinen Bruder.
»David,« sagt der Kranke, »ich sehe grüne Fluren und das freie offene Meer vor mir. Ach, David, bedenke, ich habe gar so lange hier eingesperrt gesessen! Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, wenn mir die Freiheit winkt und ich sie annehmen kann, ohne ein Unrecht damit zu begehen. Aber da ist das Kind! Du weißt doch, ich habe es ihm versprochen.«
»Mach dir keine Sorgen!« sagt David Holm. »Ich sage dir, diesem Kind, diesen Leuten, die dir geholfen haben, werde auch ich helfen. Geh du nur hinaus in die Freiheit! Geh, wohin du willst! Ich werde für sie sorgen. Verlasse du nur ruhig dein Gefängnis!«
Bei diesen Worten fällt der Kranke in seine Kissen zurück.
»Du hast ihm das Todeswort gesagt, David,« spricht der Fuhrknecht. »Komm fort von hier! Es ist Zeit für uns zu gehen. Der Befreite soll uns nicht treffen, uns, die wir in Finsternis und Knechtschaft gebunden sind.«