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Von den Sandwich-Inseln nach Radack.

Den 17ten Dezember. Breite 19º 44', Länge 160º 7'. Von der Insel Wahu bis hierher haben wir immerfort entweder Windstille, oder sehr schwachen Wind aus SO gehabt; dabei brachte uns der starke Strom aus SW in drei Tagen 45 Meilen nach NO; dieser aber hat jetzt seine Richtung nach SW genommen.

Den 21sten um 6 Uhr Abends befanden wir uns in der Breite 16º 55', Länge 169º 16', folglich auf der nämlichen Parallele, und 15 Meilen von den Cornwallis-Inseln entfernt. Unaufhörlich saß ein Matrose auf der Spitze des Mastes, ohne Land entdecken zu können, an dessen Nähe durch die Menge der Seevögel, welche uns umflatterten, doch nicht zu zweifeln war. Sobald die Sonne ins Meer tauchte, hielt ich das Schiff gegen den Wind, und lavirte die Nacht unter geringen Segeln, in der Hoffnung, die Insel, welche sehr niedrig seyn mußte, zu entdecken, wenn ihre Lage nicht ganz falsch bestimmt war.

Den 22sten. Bei Anbruch des Tages richtete ich den Lauf wieder nach W, und erwartete jeden Augenblick, vom Mastkorbe aus die Nachricht zu erhalten, daß Land zu sehen sey; allein vergebens! Um acht Uhr befanden wir uns der Schiffsrechnung nach in der Breite 16º 56', Länge 169º 21', also ungefähr auf dem Punkte, wo die Inseln liegen sollten, doch immer ohne das Mindeste zu entdecken. Noch erhielten die vielen Seevögel meine Hoffnung wach; als aber am Mittag unsere Länge die der Insel weit übertraf, mußte ich sie aufgeben, denn jetzt war es wahrscheinlich, daß die Fregatte Cornwallis in der Bestimmung der Länge gefehlt hatte. Unsere observirte Breite am Mittag war 17º 3', Länge 170º 1', wir waren also durch den Strom in 24 Stunden sechs Meilen nach N getrieben, und hätten nothwendig, wenn ihre Breite richtig bestimmt war, den Cornwallis-Inseln in so geringer Entfernung vorbeisegeln müssen, daß wir sie sehen konnten, wenn sie auch noch so niedrig waren. Am Mittag gab ich das fernere Suchen der Inseln auf, in der Ueberzeugung, ihnen vorbeigesegelt zu seyn, was auch die geringe Zahl der Seevögel bestätigte, und steuerte jetzt SW, in der Absicht, in die Breite der Insel St. Pedro zu gelangen, deren Länge ich zu bestimmen wünschte, wenn sie überhaupt existirte. Ein starker O Wind förderte unsere Fahrt, das Wetter war heiter, nur schien ein unaufhörlicher Nebel am Horizont zu ruhen; dieses in den Tropen ungewöhnliche Wetter wirkte auch auf den Barometer, der eine Linie niedriger als gewöhnlich stand, was ich früher in den Tropen nicht bemerkt habe. Starken Wind erhielten wir den 24sten Dezember, als wir uns in der Breite 14º 42', Länge 173º 10' befanden, und er hielt bis 27sten an, wo unsere Breite 11º 3', und die Länge 179º 28' war. Vom 26sten bis 28sten haben wir auf der Parallele der Insel St. Pedro 2º von O nach W zurückgelegt, ohne die Insel zu entdecken, woher zu vermuthen ist, daß sie entweder gar nicht, oder anderswo existirt. Von hier nahm ich also einen südlichen Cours, um die Parallele 10º zu erreichen, die ich gerade nach W verfolgen wollte. Seit wir die Gegend der Cornwallis-Inseln verließen, sahen wir täglich Seevögel, und zuweilen in so großer Anzahl, daß sich hier nothwendig noch unentdeckte Inseln befinden müssen; obgleich sich aber immer vom Auf- bis zum Niedergang der Sonne ein Matrose auf dem Maste befand, so bin ich doch nicht so glücklich gewesen, eine Entdeckung zu machen. Man könnte vielleicht glauben, daß unsere Länge nicht richtig gewesen, wogegen ich aber täglich gemachte Observationen zwischen Sonne und Mond vom 23sten bis zum 29sten aufzuweisen habe, die mir gewiß die Fehler meiner Chronometer genau angegeben hätten.

Den 29sten. Breite 9º 52', Länge 186º 34'. Um ja die Kette Mulgrave nicht vorbei zu segeln, in deren Nähe wir uns jetzt befinden mußten, lavirten wir während der Nacht unter wenigen Segeln, und setzten bei Anbruch des Tages wieder den Cours nach W fort.

Den 30sten. Breite 9º 48', Länge 187º 9'. Wir hatten frischen Wind aus N, und außerordentlich hohe Wellen aus N.t.W. Der Strom hatte uns seit gestern 27 Meilen nach W gebracht; Vögel sahen wir mehr als gewöhnlich.

Den 31sten. Breite 9º 49' 57", Länge nach der Schiffsrechnung von den Chronometern hergeleitet 188º 33'. Den ganzen Tag hatten wir trübes Wetter mit feinem Regen, was den Tropen sonst nicht eigen ist; der Wind variirte von N nach NNO und NNW. Das veränderliche Wetter gab mir viel Hoffnung, in der Nähe des Landes zu seyn; ich sah mich aber vergebens darnach um. Um drei Uhr Nachmittags befanden wir uns gerade in N, 15 Meilen von unserer Cours-Linie des vorigen Jahres entfernt, und waren nun zum zweiten Mal durch die Kette der Mulgraves gesegelt, ohne sie gesehen zu haben. Ich richtete jetzt meinen Lauf so nördlich, als der Wind es mir erlaubte, den Kutusofs-Inseln zu, die ich näher zu untersuchen versprochen habe, und wir lavirten die Nacht unter geringen Segeln, um weder zu scheitern, noch das Land zu verfehlen.

Den 1sten Januar 1817. Breite 10º 10', Länge nach den Chronometern reduzirt vom 2ten Januar 189º 54'. Schwacher Wind, der von NNW nach NNO variirte, verbunden mit feinem Regen. Um vier Uhr Nachmittags klärte sich das Wetter auf, und wir erhielten vom Salnik die Nachricht, daß gerade da, wohin unser Cours uns führte, in NNW Land zu sehen sey. Es war eine niedrige mit Wald bewachsene Insel, deren Länge von N nach S drei Meilen, und die Breite ¾ Meilen betrug. Da in dieser Gegend keine einzeln liegende Insel bekannt ist, weshalb ich sie für eine neue Entdeckung hielt, so nannte ich sie, da sie am Neujahrstage zuerst gesehen worden war: Neujahrsinsel. Der zu schwache Wind erlaubte heute keine nähere Untersuchung; in unzähliger Menge spielten die Fische um den Rurick; Vögel sahen wir weniger, woraus ich schloß, daß die Insel bewohnt sey. Wir lavirten während der Nacht, das Wetter war ungemein schön, der volle Mond stand prachtvoll am sternenhellen Himmel und schützte uns vor jeder Gefahr.

Den 2ten. Bei Anbruch des Tages lag uns die Insel in W.t.N. fünf Meilen entfernt; da sich am nördlichen Theile derselben ein sehr langer Riff nach N erstreckte, so richtete ich den Cours südlich, wo keine Brandung zu sehen und die Möglichkeit einer Landung zu hoffen war; wir hatten schönes Wetter, aber nur sehr schwachen Wind aus ONO. Das liebliche Grün der Insel gewährte einen freundlichen Anblick, und die emporsteigenden Rauchsäulen darauf hatten etwas sehr einladendes für uns. Als wir uns der Südspitze auf ein Paar Meilen genähert, überraschten uns sieben Canots, die, jedes von 5 bis 6 Mann gerudert, gerade auf uns zu kamen. Die Bauart derselben war, wie wir sie im vorigen Jahre bei der Kutusofs-Gruppe bemerkt, nur waren sie beträchtlich kleiner und aus lauter ganz kleinen Brettchen zusammengefügt. Diese Art, die Böte zusammen zu flicken, deutet auf Mangel an Bauholz; sie haben die Unbequemlichkeit, immerfort das hereindringende Wasser ausschöpfen zu müssen, und da sie nur bei vollkommener Windstille die Insel verlassen, so haben die Böte weder Masten noch Segel. Diese hatten sich uns mit vieler Anstrengung auf 100 Faden genähert, und bewegten dann die Ruder nur nachlässig, um das Schiff mit Aufmerksamkeit und Bewunderung zu betrachten. Ihr Betragen dabei war vernünftig; wir bemerkten weder das Geschrei, noch die lächerlichen Bewegungen, wodurch die Wilden bei einer ersten Zusammenkunft mit Europäern sich auszuzeichnen pflegen; sie beschäftigten sich nur mit dem Schiffe, das sie voll Erstaunen von der Spitze des Mastes bis ins Wasser hinein betrachteten. Nicht minder neugierig sahen wir diese Wilden an, die mir alle lang und schmächtig schienen; ihre ohnehin dunkle Leibesfarbe erscheint in geringer Entfernung, weil sie tatuirt sind, ganz schwarz; die Gesichter tatuiren sie nicht. Eine hochgewölbte Stirn, gebogene Nase und lebhafte braune Augen zeichnen die Bewohner der Neujahrsinsel vor den übrigen Südseeinsulanern vortheilhaft aus; ihr langes, schwarzes Haar reiben sie mit Cokosöl ein, binden es über den Scheitel zusammen, und schmücken es mit Blumen und Muschelkränzen; um den Hals tragen sie Verzierungen von rothen Muscheln. Ihre Kleidung war verschieden; einige hatten ein Paar feine Matten um den Leib gewunden, andere trugen einen geflochtenen Gürtel, von dem die Grasfäden bis auf die Füße herab hingen und sie ganz bedeckten. Am auffallendsten waren uns ihre Ohrlöcher, die mehr als drei Zoll im Diameter enthielten, worin sie grüne zusammengerollte Blätter trugen; Einige hatten auch solche Rollen aus Schildpatt hineingesteckt. Auf jedem Boote befand sich ein Anführer, dadurch kenntlich, daß er, ohne zu rudern, nur Befehle ertheilte. Dieser befindet sich immer auf einer Seite des Boots mit untergeschlagenen Beinen auf einem erhöheten Sitze, und erscheint da ganz anständig. Einer dieser Vornehmen, ein langer, wohlgewachsener Mann mit starkem Bart, schien mehr tatuirt als die übrigen; in der Hand hatte er eine große Muschel, der er öfters sehr laute und hohle Töne entlockte; was seine Absicht dabei war, weiß ich nicht; ich erinnere mich aber, auf den Marquesas-Inseln den Gebrauch dieser Muscheln bemerkt zu haben, die indeß dort nur im Kriege gebraucht wurden. Durch wiederholte Einladungszeichen und Eisen, das wir ihnen zeigten, bewogen wir sie, dem Schiffe näher zu kommen, das aber keiner von ihnen zu betreten wagte. Es begann ein lebhafter Tauschhandel; für kleine Stücke Eisen von alten Faßbändern gaben sie gern die künstlichsten und mühsamsten ihrer Arbeiten hin, und der Anführer trennte sich sogar von seinem schönen Muschelhorn, um ein kleines Stück altes Eisen zu haben, das er, nachdem er es mit Entzücken betrachtet, in seinen Gürtel verbarg. Sie handelten mit großer Ehrlichkeit, und ihr Charakter schien mir heiter, und sogar spashaft; ihre erbärmlichen Waffen, die aus nachlässig gearbeiteten Lanzen bestehen, beweisen, daß sie keine Krieger sind; ihre übrigen Arbeiten aber sind zierlicher, als ich sie sonst wo gesehen, und an ihrem Körper beobachten sie eine auffallende Reinlichkeit. Früchte und andere Lebensmittel scheint die Insel nur sparsam hervorzubringen, wenigstens hatten diese nichts bei sich, als einige Pandanus-Körner, die sie unaufhörlich kauten. So viel man dem flüchtigen Blick, den wir auf die Bewohner der Kutusoss-Inseln geworfen, trauen kann, scheinen sie mit diesen zu einem Stamme zu gehören.

Kein Lüftchen beunruhigte das Meer, wodurch wir eine vortreffliche Observation erhielten. Die SW Spitze der Insel lag uns in N nach dem wahren Compas drei Meilen entfernt; wir fanden die Breite der Mitte der Insel 10º 8' 27'' N, Länge nach den Chronometern, verbessert durch die letzte Monddistanz, 189º 4' 46'' W. Ich benutzte die Windstille, und schickte den Lieutenant Schischmareff, in Begleitung der Herren Gelehrten, in zwei bewaffneten Böten, um, wenn es möglich wäre, eine Landung zu wagen. Sie kamen nach einigen Stunden zurück, ohne ihren Zweck erreicht zu haben. Die Bemerkungen des Lieutenants Schischmareff auf seiner Fahrt gleichen denen, welche d'entre Casteaux auf Vendola, einer der Admiralitäts-Inseln, machte, und folgen hierbei:

Bericht des Lieutenants Schischmareff.

Als die Insulaner, welche sich in Böten neben dem Schiffe befanden, sahen, daß wir uns von ihm entfernten und ihrer Insel zuruderten, folgten sie uns unverzüglich; wir näherten uns einer Stelle, die uns zum Landen bequem schien; die Brandung war gering, und wenn die Insulaner uns nicht verhindert hätten, so wären wir ans Land gestiegen. Es hatten sich ihrer eine große Anzahl am Ufer versammelt, bewaffnet mit Lanzen, an welche schartige Spitzen befestigt waren, andere umringten in ihren Böten die unsrigen, und so beschloß ich, hier auf dem Wasser, in der Nähe des Ufers, einen Tauschhandel mit ihnen zu beginnen; sie warfen sich haufenweise ins Wasser, schwammen zu uns, und brachten uns Matten, Halsbänder von Muscheln, Cokosnüsse, Pandanus-Früchte, und frisches Wasser in Cokosschalen; auch ihre Lanzen boten sie uns zum Tausche, nebst zwei kleinen Bogen von Brettern, welche sie durch Haifischzähne zu einer Waffe gemacht hatten; sie waren 1½ Fuß lang und gegen 2 Zoll breit. Die Zahl der schwimmenden Insulaner nahm immer zu, und die Böte hatten einen vollkommenen Kreis um uns gebildet; wir ließen aber keins davon unsern Fahrzeugen ganz nahe kommen; sie wurden sehr dreist, sogar unverschämt, und boten uns Cokosschalen mit Seewasser gefüllt; ein alter Mann wollte durchaus in die Schaluppe steigen, in welcher ich saß; ich schlug ihm auf die Hände, drohte mit dem Säbel, aber er ließ von seinem Vorhaben nicht ab, bis ich ihm einen Faustschlag auf den Kopf versetzte, worauf er mich verließ und ans Ufer schwamm. Ein anderer alter Mann wollte sich das Steuerruder der Baydare zueignen, wodurch der Steuermann so in Zorn gerieth, daß er auf ihn schießen wollte; die Herren Gelehrten, welche sich darauf befanden, hielten ihn davon ab, und um unangenehme Vorfälle zu vermeiden, entschloß ich mich, lieber aufs Schiff zurückzukehren. Die Insel ist mit Riffen von rothen Corallen umgeben; an dem Fleck, wo wir standen, ist das Wasser nicht höher als einen Fuß. Am Riff selbst hat es fünf Faden Tiefe, und weiter, etwa 15 Faden vom Ufer, konnten wir den Grund nicht erreichen; auf diesem Riffe hatten sich die Insulaner versammelt, daher konnten wir auch ohne Gefahr nicht landen. Es waren etwa 18 Böte, die uns umringten, keins hielt mehr als sechs Mann, mehrere einen oder zwei, auch waren sie alle ohne Masten. Die Zahl der Insulaner auf den Böten und am Ufer belief sich auf 200; aber wir sahen unter ihnen nur wenige Frauen, und gar keine Kinder. Die Insel ist sehr waldig, und man sah sehr viele Pandanus, hingegen aber nur wenige und niedrige Cokosbäume. Diese Insulaner waren alle tatuirt, so wie die, welche am Schiff waren, und hatten auch zusammengerollte Blätter in den Ohren.

Daß wir das neue Jahr gleich mit einer Entdeckung angefangen, schien uns von guter Vorbedeutung, und freute uns alle sehr. Ich veränderte jetzt meinen Plan, nach der Kutusofs-Gruppe zu segeln, und steuerte, da sich in der Nähe der Neujahrsinsel noch mehrere Gruppen vermuthen ließen, mit Hülfe eines schwachen N Windes, SW, um wieder in die Parallele 10º zu gelangen und dann einen westlichen Cours einzuschlagen. Die Parallele 10º in der Länge 189º ist auf Arrowsmiths Karte mit einer so großen Menge Inseln besäet, daß ich sie nicht verfehlen konnte, wenn auch nur der zehnte Theil davon wirklich existirte. Mit Untergang der Sonne verloren wir die Neujahrsinsel aus dem Gesicht, obgleich wir nur wenige Meilen davon entfernt waren, und lavirten während der Nacht unter geringen Segeln, um das Schiff auf Einem Punkt zu erhalten.

Den 3ten Januar. Breite 9º 59' 47'' N, Länge 189º 38', setzten wir unsern Cours nach W fort, sahen viele Schnepfen, aber kein Land, und befanden uns bald nach der Schiffsrechnung in der Breite 10º 2', Länge 189º 40'. Ich hielt es jetzt für unnöthig, weiter nach W zu gehen, in der Ueberzeugung, daß die auf Arrowsmiths Karte angedeuteten Inseln sich hier wenigstens nicht befanden, und ließ das Schiff nach SO umlegen, um mein Glück in dieser Richtung zu versuchen. Als ich bis 7 Uhr Abends diesen Cours fortgesetzt, befanden wir uns in der Breite 9º 37', sieben Meilen westlich von der Courslinie des vorigen Jahres, ohne von der Spitze des Mastes Land entdecken zu können. Kurz vor Sonnenuntergang bestraften wir einen Pelikan für die Dreistigkeit, uns so nah über die Köpfe zu fliegen, daß wir ihn mit den Händen hätten greifen können; ein Flintenschuß warf ihn ins Meer, und ich schickte, trotz der hohen Wellen, ein Boot aus, um diese seltene Beute für unser Naturalienkabinett zu erlangen. Während der Nacht behaupteten wir unter wenigen Segeln unsern Platz; nur selten hat man in diesen Gegenden einen reinen Horizont, immer scheint ein dichter Nebel auf ihm zu ruhen.

Den 4ten. Breite 9º 43', Länge 189º 53'. Nur den heutigen Tag wollte ich noch in dieser Gegend verweilen; ich ließ bei Anbruch desselben alle Segel beisetzen, um bis zum Mittag den Cours W.t.S. zu verfolgen, und dann nach SO umzulegen. Ein frischer NNO begünstigte unsere Fahrt; der Rurick lief sieben Knoten; fast war es Mittag, und unsere Hoffnung beinahe gesunken, als wir plötzlich vom Salnik die erfreuliche Nachricht erhielten, daß in S.t.W. Land zu sehen sey. Um ein Uhr sahen wir schon von der Schanze in einer Entfernung von sechs Meilen, eine Reihe kleiner, stark mit Wald bewachsener Inseln, deren Zwischenräume durch Riffe ausgefüllt waren; sie dehnten sich aus, so weit das Auge reichte, und ich hatte ihrer schon über zwanzig gezählt. Ich verfolgte die Kette in einer Entfernung von zwei Meilen, sah die Brandung in den Zwischenräumen furchtbar wüthen, und das Wasser jenseits der Kette spiegelglatt. Um vier Uhr Nachmittags erreichten wir die westliche Spitze der Gruppe; die Inseln hatten hier ein Ende, aber ein langer Riff, der wenig aus dem Wasser hervorragte, erstreckte sich nach SW und nahm dann, unabsehbar weit, seine Richtung nach SO. Sobald wir die westliche Spitze des Riffs umsegelt, befanden wir uns unter dem Winde in ganz ruhigem Wasser, und da sich hoffen ließ, daß vielleicht zwischen den Riffen eine Passage zu entdecken sey, so näherte ich mich ihnen auf 200 Faden, und verfolgte sie in dieser Entfernung. Es war mir aus Erfahrung bekannt, daß die Tiefe neben solchen Korallen-Riffen immer sehr beträchtlich ist, und daher wagte ich der nahen, drohenden Gefahr zu trotzen; überdem ist es das einzige Mittel diese zu untersuchen, da schon in der Entfernung einer halben Meile die Passage nicht mehr sichtbar ist. D'entre Casteaux welcher, bei Aufnahme der Küste Neu-Caledoniens, auch einen Durchgang zwischen den Riffen zu finden hoffte, hat sich derselben, wie er sagt, nur auf drei Meilen genährt, und daher konnte er wohl die gewünschte Entdeckung unmöglich machen. Eine so gefährliche Navigation erfordert allerdings die höchste Vorsicht; nie darf sich der Matrose von der Spitze des Mastes entfernen, ein zweiter muß auf dem Bugspriet, ein dritter auf dem Vordertheile des Schiffs (Bock) und der Steuermann, mit einem guten Tubus versehen, im Mastkorbe sitzen, um zeitig vor jeder Gefahr zu warnen. Capt. Flinders sagt mit Recht in seiner Reisebeschreibung, als er die Torres-Straße untersuchte, die gleichfalls mit unzähligen Riffen besäet war: »wer keine starken Nerven hat, soll eine solche Untersuchung bleiben lassen.« – die meinigen erlaubten mir schon, einer solchen Gefahr ins Auge zu sehen, wenn gleich jede plötzliche Veränderung des Windes mit dem Tode drohte, da dann das Schiff sogleich scheitern konnte. Ich war aber auch mit allen meinen Gefährten nicht wenig auf der Huth, und die Mannschaft jeden Augenblick bereit, das Schiff umzulegen. Unter solchen Maaßregeln setzten wir unsern Weg rasch fort, ohne daß uns die geringste Lücke oder Krümmung des Riffs entging. Die Inselkette lag uns in N sechs Meilen entfernt, der Weg dahin war uns durch den zwei Faden breiten Riff erspart, jenseits desselben war das Wasser ruhig und die Tiefe schien beträchtlich. So weit wir sehen konnten, lief der Riff nach SO und wir bemerkten an seinem Ende, von der Spitze des Mastes eine kleine, aber höher als die übrigen liegende Insel, die sich wahrscheinlich mit dem Riff vereinigte. Endlich hatten wir die Freude zwei Durchgänge zu finden, wo wir, obgleich sie sehr enge waren, dennoch mit dem Rurick durchzukommen hofften. Diese Entdeckung, welche nicht allein uns, sondern jedem Seefahrer wichtig ist, wäre uns unfehlbar entgangen, wenn wir uns dem Riffe nicht bis auf einen Flintenschuß genähert hätten. Es war schon zu spät, um noch heute eine Untersuchung anzustellen, und wir verließen während der Nacht den gefährlichen Ort.

Den 5ten Januar. Breite 9º 27' 55'' N, Länge 190º 11' 30''. Der Strom hatte uns in der Nacht so weit nach NW getrieben, daß wir gar kein Land sahen; um sieben Uhr zeigte sich indeß die Insel wieder, und um neun Uhr befanden wir uns auf dem gestern verlassenen Punkte. Ich schickte jetzt den Lieutenant Schischmareff ab, um die nördlichste der beiden Passagen zu untersuchen, in welcher er zwar eine beträchtliche Tiefe fand, das Hineinbringen des Schiffs aber für unmöglich hielt, da das Fahrwasser nur selten fünfzig Faden breit, beständig Krümmungen macht, und überdem der Eingang die Richtung hatte, daß der Passat-Wind nimmer aus derselben blies. Jetzt mußte die Passage, welche sich vier Meilen südlicher befand, untersucht werden; wir hatten sie am Mittag erreicht, befanden uns mit dem Rurick 200 Faden von ihrem Eingange, und machten, während Schischmareff auf dem Boote den Durchgang sondirte, Mittagsobservationen, die die Länge und Breite dieser Straße genau bestimmten. Wir sahen Schischmareff glücklich zwischen den Riffen durchkommen, worauf er das Signal machte, im Durchgange selbst keinen Grund, an dem Orte aber, wo er sich jetzt befand, 100 Faden, und jenseits der Riffe 26 Faden Tiefe über Korallengrund, erreicht zu haben; die schmalste Stelle im Durchgange gab er auf 123 Faden an. Diese Nachricht erfreute mich ungemein, denn nun durfte ich hoffen, auch mit dem Schiffe dahin zu gelangen, und diese so merkwürdige Entdeckung zu machen. Hohes Interesse erwecken diese Inseln schon durch ihre Beschaffenheit, indem sie einzig durch Seethiere entstanden, und ich beschloß, recht viel zu wagen, ehe ich den Plan aufgäbe, in diese Insel-Kette zu dringen. Das Boot ward jetzt zurückgerufen, da ein sich frisch erhebender Wind die weitere Untersuchung schwierig machte; auch unser Stand ward jetzt gefährlich, da der Tag sich bereits neigte, und ich sann nur auf Mittel mich während der Nacht in dieser eben so interessanten als gefährlichen Gegend zu erhalten; endlich fiel ich auf eines, das wir, so gewagt es auch war, dennoch ergriffen, um nur diesen Ort nicht verlassen zu dürfen. Der Lieutenant Schischmareff nämlich fuhr mit Werpankern ans Riff, befestigte diese daran, und als er ein Zeichen gegeben, daß es ihm gelungen war, richtete ich den Rurick dahin, brachte ihn bis auf 50 Faden von dem Ort, nahm dort alle Segel ein, und hierauf wurde das Schiff mit einem Kabeltaue von 175 Faden Länge an die Werpanker befestigt. Es war geschehen, und so lange der Passat aus NO seine Richtung behielt, hatte es auch keine Gefahr, sobald dieser aber, was hier öfter geschieht, sich nach SO wandte, so waren wir ohne Rettung verloren. Da stand nun der Rurick mitten im Ocean, befestigt an einer Korallenklippe, unter dem Schutze Gottes, auf dessen Hülfe ich baute; es ergriff mich in dieser sonderbaren Lage ein seltsames Gefühl; ein Blick aufs wildempörte Meer machte mich schaudern; wendete ich diesen aber wieder auf den Durchgang, so belebte mich die angenehmste Hoffnung, der ich mich gern ergab. Die Riffe bestehen hauptsächlich aus grauen Korallen, die nur mit wenigen rothen untermischt sind; bei niedrigem Wasser sind die Felsen ein Paar Fuß hoch sichtbar, was auch der Fall war als wir die Werpanker legten, alles aber war bald bei zunehmendem Wasser bedeckt. Wir hatten in geringer Entfernung davon 40 Faden Tiefe, die aber etwas weiter so zunahm, daß kein Grund zu erreichen war. An der östlichen Seite der Straße hat sich eine kleine Sandinsel gebildet, die gewiß mit der Zeit sich ausdehnen, und mit Vegetabilien bedeckt, die Gestalt der andern Inseln annehmen wird. Eine Menge Haifische umgaben uns, die alles begierig verschlangen, was über Bord geworfen wurde; diese schienen sich hauptsächlich an der Passage aufzuhalten, weil da vermuthlich viele Fische bei dem regelmäßigen Strom heraus und hineinschwimmen. Auch fliegende Fische stiegen oft in die Luft, die sich wahrscheinlich vor den Raubthieren zu retten suchten. Das Boot, welches die Straße sondirte, wurde von Haifischen angegriffen, die sich durch Ruderschläge nicht verscheuchen ließen; zwei davon wurden gefangen, was sehr leicht war, da sie den Hacken immer gleich verschluckten, sobald man ihn ins Wasser warf. – Wir hatten jetzt die Untersuchung vollendet; ein heftiger Windstoß aus ONO, der uns eine halbe Stunde früher sehr gestört hätte, beunruhigte uns wenig, da das Kabeltau hielt. Um Mitternacht bemerkten wir den Strom aus der Straße, dessen größte Stärke sich auf einen Knoten belief.

Den 6ten Januar um vier Uhr Morgens, wandte sich bei noch völliger Dunkelheit der Wind nach O und bald darauf nach O.t.S., wodurch der Rurick dem Riffe so nahe kam, daß man mit Leichtigkeit einen Stein in die Brandung werfen konnte; die Tiefe betrug hier 23 Faden. Da es jetzt nur einen Strich mehr aus S bedurfte, um uns an dem Felsen zu zerschellen, so mußte ich von meinem Posten fort, und sogar die Werpanker zurücklassen, die tief unter Wasser, uns zu viel Zeit geraubt hätten. Das Kabeltau wurde gelöst, die Segel aufgezogen und wir entfernten uns unbeschädigt vom Riff, in der Nähe desselben lavirend. Sobald aber die Sonne über dem Horizont erschien, nahmen wir den Lauf wieder dem Eingange zu, fanden den Wind von O und O.t.S, benutzten diesen Augenblick da er uns erlaubte ohne zu Laviren in den Canal zu dringen, in welchen wir mit allen aufgespannten Segeln einfuhren. Um neun Uhr vierzig Minuten befanden wir uns in der Mitte des Canals; es herrschte eine Todtenstille auf dem Schiffe, bei der man die brausende Brandung auf beiden Seiten hörte, und jeder stand auf seinem Posten. Endlich rief der Steuermann vom Mastkorbe: es sey keine Gefahr mehr, denn das Wasser nehme eine dunkle Farbe an. Wirklich segelte der Rurick auf spiegelglattem Wasser, wir hatten die Brandung im Rücken, wünschten einander Glück zum vollbrachten Wagstück, und schauten nun die Insel neugierig an, die wir bald zu erreichen hofften. Der Strom, welcher in der Enge zwei Knoten lief, hatte uns jeder Gefahr schnell vorüber geführt, indem wir nur 15' vom Anfang bis zum Ende der Straße zubrachten. Die Passage erhielt den Namen: die Rurickstraße. Der Wind erlaubte einen geraden Cours auf die westlichsten Inseln, wo wir auf der 4ten Um jeden Irrthum zu vermeiden, werde ich die Inseln von W nach O gerechnet, nummeriren. Von W nach O Rauchsäulen und durch ein Fernrohr auch Menschen sahen; ein Anblick der unsern Triumph, hier eingedrungen zu seyn, sehr erhöhte; trotz der Begier aber die Bewohner dieser unbekannten Insel kennen zu lernen, segelten wir nur langsam und vorsichtig, und warfen oft das Senkblei, um auf keine Untiefe zu gerathen. Gleich nachdem wir die Rurickstraße verlassen, betrug die Tiefe 26 bis 27 Faden über einen Boden von lebendigen Korallen; indem wir uns der Insel näherten, nahm sie regelmäßig ab, und wir fanden in einer Entfernung von zwei Meilen 18 Faden. Der Grund, welcher mitunter aus feinem Korallensande bestand, ließ uns hoffen, in der Nähe der Insel guten Ankergrund zu finden, und der Lieutenant Schischmareff, welcher mit dem Boote voraus war, gab uns bald das Signal, zehn Faden Tiefe über feinem Korallensande gefunden zu haben, worauf wir unsern Cours dahin nahmen. Auf der hier von uns verfertigten Karte, ist unser Ankerplatz und die Lage der Inseln genau zu sehen. S. Plan von der Inselgruppe Rumanzoff. Im N lag uns jetzt in einer Entfernung von 200 Faden der Riff, welcher die dritte Insel mit der vierten vereinigte; in der nämlichen Entfernung schützte uns in O ein, bei niedrigem Wasser sichtbarer Korallenriff, und wir lagen in ganz glattem Wasser, das auf dieser Stelle selbst durch den heftigsten Wind nicht beunruhigt wurde. Unsere Aussicht beschränkte sich jetzt in O auf die Inselkette, in W sah man den Riff, welchen wir von Außen umsegelt; in S hatten wir reinen Horizont vor uns, da selbst von der Spitze des Mastes, der Riff durch welchen wir gesegelt, nicht entdeckt werden konnte, und nur die kleine hohe Insel, von der ich früher sprach, war sichtbar. Die weitere Geographie dieser Inselgruppe war bis jetzt für uns in Dunkel gehüllt, doch ließ sich vermuthen, daß in O eine Verbindung statt finden mußte, da aus der Gegend keine hohe Wellen kamen. Wir waren fürs erste mit unserer Lage so angenehm beschäftigt, daß wir die weitere Untersuchung aufschoben; ich beschloß den Ort nicht eher zu verlassen, als bis ich ihn durch verschiedene Observationen astronomisch bestimmt, meine Chronometer zur weitern Fahrt geprüft, und einige Schiffsarbeiten vollbracht hatte, die sich in offener See nicht machen ließen. Auf unserm Ankerplatz fanden wir das Wasser so klar, daß auf 10 bis 12 Faden der Grund zu sehen war; dabei hatten wir das herrlichste Wetter. Die Herren Naturforscher, welche eine Excursion nach der dritten Insel unternommen hatten, kehrten Abends mit Muscheln und Pflanzen zufrieden zurück. Die Inseln 1. 2. Und 3 haben wir unbewohnt gefunden, obzwar überall Menschenspuren sichtbar waren. Um drei Uhr Nachmittags, sahen wir ein Boot unter Segel aus O kommen, das an der vierten Insel landete, dort etwas auslud, und dann seinen Weg auf uns zunahm. An dem großen Segel, und an den künstlichen Manövers bemerkten wir, daß es ganz denen an der Kutusoffs-Gruppe glich. Es näherte sich dem Rurick auf 50 Faden, das Segel wurde eingenommen, und ein alter Mann am Steuer, wahrscheinlich der Befehlshaber, zeigte uns einige Früchte, wobei er viel sprach; das oft wiederholte Aidara erinnerte uns an die Neujahrsinsel, wo wir es öfter gehört hatten. Sie näher ans Schiff zu locken, gelang uns nicht, immer wußten sie sich durch laviren in einer gewissen Entfernung zu halten; das Schiff betrachteten sie mit vieler Neugier, uns aber schenkten sie nicht die geringste Aufmerksamkeit. Ich versuchte endlich ein kleines Boot zu ihnen abzuschicken, sobald sie dieses aber in See sahen, entfernten sie sich, und als das unsrige sie einholte, warfen sie sehr erschrocken über dessen Annäherung, Brodfrucht, Cocosnüsse und Pandanus hinein; einige Stücke Eisen indeß, die man ihnen anbot, verminderten ihre Furcht, und sie nahmen sie gern an. Es ward jetzt viel gesprochen, ohne einander verständlich zu werden, und endlich verließen uns die Wilden, indem sie ihren Weg nach der vierten Insel nahmen, wohin sie auch uns durch Zeichen einluden. Aus dieser ersten Zusammenkunft ließ sich schließen, daß wir es mit einem gutmüthigen Volk zu thun hatten. Ihre Art sich zu tatuiren und zu kleiden, ist dieselbe, wie auf der Neujahrsinsel, und es ist höchstwahrscheinlich der nämliche Stamm. Wir schätzten uns sehr glücklich, auf diesem sichern Platz zu seyn, als das Wetter trübe und der Wind sehr frisch ward.

Den 7ten Januar früh schickte ich die Barkasse und Baydare nach dem zurückgelassenen Werpanker ab, den sie Nachmittags glücklich an Bord brachten. Auch heute manövrirten unsere neuen Bekannten in unserer Nähe, alle mit Blumenkränzen geschmückt und im höchsten Staat. Ich schickte den Lieutenant Schischmareff und Herrn von Chamisso nach der vierten Insel ab, um wo möglich durch Freundlichkeit das Zutrauen ihrer Bewohner zu gewinnen, die uns durchaus nicht nahen wollten, und als der Alte merkte, daß unsere Schaluppe diesen Weg einschlug, so säumte er keinen Augenblick, ihr mit lauten Freudenbezeugungen zu folgen. Wir sahen beide Böte landen, und was dort weiter geschah, berichtet hierbei Lieutenant Schischmareff selbst.

Bericht des Lieutenant Schischmareff.

Ihrem Befehle zufolge habe ich mich auf die Ziegeninsel begeben, um ihre Bewohner kennen zu lernen. Ich steuerte gerade einer Stelle zu, die mir zum Landen bequem schien, und die Insulaner lavirten in ihrem Boote eben dahin: ich erblickte beim Herankommen einige Menschen, welche um ihre Hütten herum spazirten, sogleich aber in den Wald flüchteten als sie uns erblickten. Ich stieg in der Nähe einer Hütte ans Land, und als ich niemand in derselben fand, ging ich nicht weiter, sondern erwartete das Boot der Insulaner, die, da sie dort nicht hatten anlegen können, wo ich gelandet war, ¼ Meile niedriger hatten steuern müssen. Ich ließ meine Leute in der Schaluppe, und ging allein zu ihnen; es stiegen sechs Menschen aus dem Boote, einige von den Flüchtlingen kamen ihnen entgegen, entfernten sich aber bald wieder und drei der eben gelandeten mit ihnen; die drei übrigen kamen mir entgegen. Ich sah nicht ein was sie in den Wald trieb, ob Furcht oder der Plan zu einem Ueberfall, der mir indeß nicht gefährlich erschien, da ich zwei Pistolen bei mir, und meine bewaffnete Leute in der Nähe hatte; doch als sie sich mir genähert, sah ich, daß sie ganz ohne Waffen waren, und sich alle drei vor mir fürchteten. Sie blieben zwanzig Schritt von mir stehen; ein ältlicher Mann hielt auf Baumblättern etwas weißes in der Hand, was er mir bestimmt zu haben schien, wagte aber nicht, mir näher zu treten; inzwischen brach er einen belaubten Ast von einem Baume, wahrscheinlich als Friedenszeichen, ich that sogleich dasselbe und trat auf ihn zu, der Mann wich Anfangs scheu zurück, doch reichte er mir endlich seine Gabe, und wiederholte dabei immer das Wort: Aidara; ich empfing sein Geschenk, und obgleich ich die Bedeutung des Worts nicht verstand, so wiederholte ich doch: Aidara. In der Folge habe ich erfahren, daß es Freund bedeutet. Hierauf reichte mir das Weib, welches bei ihm und wahrscheinlich das seinige war, einen Pandanuszweig; und die dritte Person, ein junger Mensch von zwanzig Jahren, der kein Geschenk für mich bereit hatte, reichte mir seinen eigenen Halsschmuck, mit welchem ich meinen Hut schmückte; hierauf nahm der ältliche Mann einen Blumenkranz von seinem Haupte, und ich wand ihn sogleich um das meinige; das gab ihnen, wie es schien, Muth und wir gingen nun zusammen zu den Hütten, wo unser Naturforscher zu uns stieß, den sie ebenfalls mit Blumenkränzen und Halsschmuck beschenkten. Jetzt ließ ich mir Eisen reichen, womit ich Ihre Geschenke erwiederte; auch die Uebrigen aus dem Walde erschienen, und wurden ebenfalls mit Eisen beschenkt; sie freuten sich sehr darüber, und drückten ihre Freude und Dankbarkeit durch wiederholte Ausrufungen und große Freundlichkeit aus. Jetzt umringten uns alle Insulaner deren dreizehn vorhanden waren, und bewiesen sich freundschaftlich und offen, doch immer etwas furchtsam; sie waren alle unbewaffnet. Die Gesellschaft bestand aus einem Manne von etwa vierzig Jahren, zwei ältlichen Frauen und einer jungen, aus drei jungen Leuten von zwanzig Jahren und Kindern von neun bis fünfzehn Jahren; eins war nur drei Jahr alt, und wurde noch auf den Armen getragen, der ältliche Mann hatte einen kurzen schwarzen Bart, kurzes schwarzes Haar, und trug um den Leib eine kurze Matte; die übrigen waren ohne Bart; die jungen Leute trugen auch Matten, die Kinder aber waren ganz nackt. Die Frauen waren von den Hüften bis auf die Füße herab in Matten gehüllt; sie waren alle von ziemlich dunkler Farbe, aber hager und von schwachem Körperbau. Sie erschienen mir reinlich; die Männer waren mit verschiedenen Vierecken von dunkelblauer Farbe bemalt, wie auf der Neujahrsinsel; die Weiber hatten nur wenig von dieser Malerei am Hals und auf dem Busen, alle trugen in ihren großen Ohrlöchern zusammengerollte Blätter; der Hals war mit einem Schmuck von Muscheln geziert, und auf dem Kopfe trugen sie Blumenkränze. – Sie haben viel Aehnlichkeit mit den Bewohnern der Neujahrsinsel; ihre Gesichter drücken Gutmüthigkeit aus; ich muß bemerken, daß wir hier eine Familie vor uns hatten, von der der ältliche Mann das Haupt war. – Unser Naturforscher gab dem Vater Wassermelonen-Samen, und lehrte ihn denselben pflanzen; und ich erkundigte mich, so gut es gehen wollte, wo sie das Wasser hernähmen, das ich in Cocosschalen bei ihnen fand. Sie verstanden mich, und führten mich an den Ort, wo fast in der Mitte der Insel, sich in einer Grube das Regenwasser von den höhern Stellen der Insel sammelt; hierauf gingen wir ans Ufer, wo wir einige große Bäume fanden, welche die See hergetrieben, und die den Eichen ähnlich waren. Wieder bei den Hütten angekommen, wurden wir von dem Oberhaupt in die seinige geladen, welche aus einem Dache auf vier Pfählen ruhend bestand; im Innern waren zwei Matten ausgebreitet, auf welche wir uns setzen mußten. Eine Frau bereitete eine Pandanus-Frucht, indem sie sie mit einem Stein weich klopfte, dann preßte der Mann den Saft in eine Muschel, und obgleich dieses alles mit den Händen geschah, so wurde es doch sehr reinlich verrichtet, und als der Alte mir den Saft reichen wollte, und etwas hinein fiel, nahm er es nicht mit den Fingern, sondern mit einem Spahn heraus; während der Zeit ward unser Matrose in einer andern Hütte bewirthet. Ich schenkte dem Oberhaupte zwei Messer und einige Stücke Eisen, und Herr von Chamisso Angelhacken. Wir luden ihn ein aufs Schiff zu kommen, und er schien sehr zufrieden mit uns. So hatten wir eine neue Freundschaft geschlossen, und das Wort: Aidara, ward oft zwischen uns gewechselt – auch begleiteten uns unsere neue Freunde bis ans Ufer, und halfen uns unsere Schaluppe wieder aufs Wasser bringen. –

Die geringe Menschenmenge, welche Schischmareff dort traf, läßt mich vermuthen, daß sie ihren eigentlichen Wohnort anderswo haben müssen, und diese Insel nur zu Zeiten besuchen. Man brachte mir einen weißen Klumpen, der lockerer Kreide glich, und dessen Gebrauch ich erst später erfuhr, als ich mit den Insulanern bekannter wurde; es gibt hier nämlich eine Pflanze von den Einwohnern Mogomuk genannt, deren Wurzel, welche das Ansehn einer kleinen Kartoffel hat, in der Sonne getrocknet und zerrieben, ein feines Mehl gibt, das in Klumpen gedrückt, lange Zeit aufbewahrt werden kann, ohne zu verderben. Soll er gegessen werden, so bricht man etwas von diesem Klumpen ab, rührt ihn in einer Cocosschale mit Wasser durch, und kocht ihn, bis er zu einem dicken Brei aufquillt; der Geschmack davon ist nicht übel, und unsern Kartoffeln sehr ähnlich; die Pflanze wächst wild.

Den 8ten früh sahen wir das Boot unserer Freunde nach O segeln, wo es bald verschwand. Vermuthlich gingen sie nach entferntern Inseln, um die Nachricht von dem angekommenen großen Schiffe mit den weißen Menschen hinzubringen. Nachmittags fuhr ich ans Land, in der Hoffnung noch einige Menschen vorzufinden, sie waren aber alle fort, und ich bedauerte das um so mehr, da ich mich mit nützlichen Geschenken versehen hatte; sechs Ziegen, ein Huhn, ein Hahn und allerlei Sämereien nebst Jams, waren lauter Dinge, die hier nicht zu vermuthen waren, und womit ich sie für die Zukunft zu bereichern hoffte. Wir landeten der Hütte gegenüber, wo gestern Schischmareff so freundlich aufgenommen war; die Ziegen erhielten ihre Freiheit und machten sich eilig über das schöne Gras her, das sie nach einer so langen Seereise hier gleich neben der Hütte fanden; der Hahn bestieg mit seiner Henne das Dach derselben, und kündigte durch lautes Krähen an, daß er Besitz davon genommen, indem er eine Eidechse, die er dort erhaschte, zärtlich mit seiner Gattin theilte. Ich pflanzte die Jams in der Nähe der Wohnung, und bei einem Spaziergange, den wir ins Innere der Insel unternahmen, säete Herr von Chamisso unsere mitgebrachte Sämereien, an verschiedenen Orten aus. Nach flüchtiger Untersuchung fanden wir, daß diese Insel, gleich allen übrigen, aus Korallen-Trümmern besteht. Das Thier baut aus der Tiefe des Meeres hinauf und stirbt ab, sobald es die Oberfläche erreicht; aus dem Gebäude bildet sich dann durch das ewige Heranspülen des Meeres, ein grauer, kalkartiger Stein, der bei allen Inseln die Basis zu seyn scheint und nach und nach mit Sand beworfen, eine Sandinsel wird, die mit der Zeit an Größe zunimmt, und durch den Samen Dieser Same ist von einer solchen Beschaffenheit, daß er Jahrelang auf der See herumtreiben kann, ohne zu verderben, da er in einer dicken Schale verborgen liegt. Seinen Ursprung hat er wahrscheinlich an den Küsten Amerikas, von wo er durch Flüsse ins Meer getrieben, durch den starken Strom, der zwischen den Tropen gewöhnlich von O nach W geht, endlich nach diesen Inseln gebracht wird. Um sich von der Möglichkeit zu überzeugen, erinnere man sich des japanischen Schiffs, welches durch den Strom von O nach W in siebenzehn Monaten von der japanischen Küste bis nach Californien gebracht ward. welchen die See hinspühlt, sich mit Vegetabilien bedeckt, die durch das Abfallen der Blätter zuletzt eine schwarze kräftige Erde hervorbringen. Ich kann mich in keine ausführliche Erklärung über das Entstehen der Koralleninseln einlassen; sie gehört in das Fach der Gelehrten, und von diesen erwarte der Leser nähere Auskunft hierüber. Die Insel war an manchen Stellen mit undurchdringlichem Walde bedeckt, worunter der Pandanus, welcher einen lieblichen, aromatischen Geruch verbreitet, am häufigsten zu sehen ist; den Brodfruchtbaum, der hier eine ungeheure Dicke und Höhe erreicht, sieht man ebenfalls oft; die Zeit der Früchte aber schien vorüber zu seyn. Cocosbäume gibt es selten, indeß fanden wir junge Bäume dieser Gattung die erst kürzlich angepflanzt waren. Von Thieren haben wir nur mittelmäßig große Ratten und Eidechsen gesehen; erstere sind so dreist, daß sie neben uns herliefen, ohne sich im geringsten zu fürchten; Landvögel wurden nicht entdeckt. In einer viereckigen Grube, an einer niedrigen Stelle der Insel, fanden wir klares Wasser, von so reinem Geschmacke, daß ich seitdem täglich davon holen ließ. Als wir die Insel verließen, der ich den Namen: Ziegeninsel, gegeben, sahen wir die Ziegen nebst Hahn und Huhn auf dem alten Platz. Gewiß werden sich die Einwohner über die neuen Gäste höchlich verwundern, aber sich zugleich überzeugen, daß wir nur in guter Absicht hier waren, da ich auch ein Stück Eisen dort zurückließ.

Den Abend und die folgende Nacht hatten wir starke Windstöße aus O.t.N. mit Regen, und den 9ten verging uns der Morgen unter allerlei Arbeiten und vergeblichem Erwarten der Insulaner. Nachmittags schickte ich ein Boot, um Wasser zu holen, und zugleich mußte der Steuermann Chramtschenko dort eine Grundlinie ziehn, und Winkel nehmen. Abends kam das Boot mit der Nachricht zurück, daß man dort Menschen gefunden, die wahrscheinlich in der Nacht angekommen waren. Der Steuermann berichtete mir: man habe ihn sehr freundlich aufgenommen, einigen Schmuck den er anzunehmen sich geweigert, ihm aufgedrungen, ihn mit Pandanussaft bewirthet, und es überdem an Unterhaltung nicht fehlen lassen; er bemerkte ferner, daß er weder Weiber noch Kinder gesehen, aber wohl einen ganz alten Mann, den er früher nicht gekannt. Unsere hingebrachten Geschenke fand Chramtschenko wieder, indem der Bock mit den Ziegen eine kleine Hütte neben der Hauptwohnung zum Nachtlager eingenommen hatte. Nur verstohlene Blicke warfen die Insulaner auf diese Thiere, und waren bereit, bei jeder ihrer Bewegungen, davon zu laufen. Man kann sich denken, welchen Eindruck ein solches nie gesehenes Thier mit Hörnern und langem Barte, auf die Wilden machen mußte, und es ist nicht zu verwundern, daß alle mit einem lauten Geschrey auseinanderliefen, als man den Versuch machte, ihnen eins näher zu bringen. Die Beschreibung ihres Schrecks erinnerte mich an Robinsons Freytag, der ebenfalls über einen Ziegenbock die höchste Angst ausgestanden hat. Der Steuermann suchte ihnen begreiflich zu machen, daß die Ziegen ein Geschenk von uns und zu ihrer Nahrung bestimmt wären, was sie endlich zu verstehen schienen, da sie oft das Wort Aidara wiederholten; mit diesem Worte nämlich drücken sie sowohl freundschaftliche Gesinnungen als Dankbarkeit aus. Die Hühner waren ihnen bekannt; sie nannten den Hahn: Kahu, und die Henne: Lia-Lia-Kahu. Ein Stück Zeug, das wir gestern in der Hütte zurückgelassen, lag noch an dem nämlichen Platze und machte ihnen eine unbeschreibliche Freude, als der Steuermann es jetzt vertheilte. Wir hielten dieses für große Ehrlichkeit, fanden aber bei näherer Bekanntschaft, daß sie arge Diebe und nur aus Furcht so enthaltsam waren. Während der Zeit unseres Hierseyns haben wir verschiedene Observationen gemacht, und eine Menge Distanzen genommen.

Den 10ten Januar. Nachdem nun die Länge und Breite unsers Ankerplatzes sorgfältig bestimmt war, beschloß ich, die Inselkette weiter nach O zu verfolgen, und fertigte deshalb den Lieut. Schischmareff mit der Barkasse schon um fünf Uhr Morgens ab, um einen Ankerplatz zu suchen, den wir von hieraus in einem Tage erreichen konnten; denn da der Wind hier gewöhnlich östlich und am Tage frisch weht, so kann man in dieser Richtung nicht weit vorrücken, was mich indeß von meinem Plan nicht abbringen konnte. Am Morgen hatten wir schönes Wetter, Nachmittags aber erhob sich ein heftiger Sturm, der die Barkasse zwang, ans Schiff zurückzukehren. Der Lieut. Schischmareff war sieben Meilen vorgedrungen, ohne einen sichern Ankerplatz zu finden; wenn gleich Boden und Tiefe an manchen Stellen das Ankern erlaubten, so war man doch nirgend vor den Wellen aus O geschützt, die ein starkes Schwanken des Schiffs hervorbringen, und dadurch die Ankertaue der Gefahr aussetzen von den Korallen zerschnitten zu werden. Er bemerkte auf dieser Fahrt verschiedene Korallenbänke, die von der Inselkette aus nach S lagen; dicht neben den Riffen, welche die Inseln verbinden, besteht der Boden aus feinem Sande, den Inseln gegenüber aber aus lebendigen Korallen. Indem Schischmareff die Ziegeninsel passirte, sah er Menschen auf den Zwischenriffen, welche die Zeit der Ebbe benutzten, um von einer Insel zur andern zu gehn; alle übrigen Inseln schienen ihm unbewohnt.

Den 11ten. Da nach Schischmareffs Bericht, die Untersuchung mit der Barkasse Schwierigkeiten hatte, theils weil der heftige Wind ihr wenig vorzudringen erlaubte, theils auch weil die Wellen beständig hinein schlugen; so beschloß ich, bei dem ersten schönen Wetter, mit dem Rurick selbst einen Versuch zu machen. Der heutige Tag war diesem Unternehmen nicht günstig, ich blieb also vor Anker und fuhr Nachmittags auf die Ziegeninsel, um dort Observationen mit dem Inclinatorium zu machen. Menschen sah ich dort nicht, aber destomehr Ratten, die mich oft in meiner Arbeit störten, indem ich sie verjagen mußte. Eine von den Ziegen, die sich wahrscheinlich durch die veränderte Kost eine Indigestion zugezogen, fand ich todt. Unserm Ankerplatze habe ich den Namen: Weihnachtshafen gegeben, weil wir dem alten Styl nach, diese Feiertage dort zubrachten.

Den 12ten. Der Wind wehte heftig aus ON und schien meiner Unternehmung nicht günstig; dennoch befanden wir uns schon um sechs Uhr Morgens unter Segel, weil ich hoffte, daß das schöne Wetter sich auch heute mit dem Aufgang der Sonne wieder einfinden würde, wie es schon oft geschehen war. Wir lavirten Anfangs mit gutem Erfolg, doch dauerte die Freude nicht lange; der Wind wurde immer heftiger, die Luft so trübe, daß uns oft das Land verborgen war; die Marssegel mußten am Ende mit einem Riff getragen werden, wodurch die Marsascoten oft zerrissen, und uns viel Zeit raubten. Alle diese Unannehmlichkeiten hätten wir indeß muthig ertragen, als aber jetzt die Sonne durch einen einzigen Blick die Gegenstände um uns her erhellte, schrie die Wache von der Spitze des Mastes, und zugleich der Steuermann aus dem Mastkorbe: wir sind umringt von Untiefen! wir sind umgeben von Korallen-Riffen! In einem Nu ward das Schiff gegen den Wind gewandt, und es war die höchste Zeit, denn eben waren wir im Begriff über eine Untiefe zu segeln, die das trübe Wetter uns verborgen; kaum aber hatten wir Zeit, unsere sehr gefährliche Lage zu erkennen, als die Sonne auch wieder von Wolken bedeckt war, und wir von Neuem in Gefahr kamen. Die meisten dieser Bänke erreichen kaum die Oberfläche des Meeres, haben einen geringen Umfang, und steigen senkrecht aus dem Grunde empor. Bei heiterm Wetter wird man sie schon in beträchtlicher Entfernung gewahr, da sich jede Untiefe durch einen dunkeln Fleck auf dem Wasser auszeichnet, ist es aber trübe, so hat die ganze Oberfläche eine dunkle Farbe, und man merkt die Gefahr erst, wenn man ihr kaum mehr ausweichen kann. So ging es auch uns, denn wie das Schiff nur seinen Lauf begann, erblickten wir eine Untiefe; es wurde gewandt und wieder gewandt, und endlich bekamen wir einen Regen, der uns in Finsterniß hüllte, und Windstöße, die abermals die Marsascoten zerrissen. Ich dachte jetzt nicht mehr an ein weiteres Vordringen, und war nur besorgt, das Schiff unbeschädigt in unsern Hafen zurückzubringen. Nach unzähligen Wendungen zwischen Korallenbänken und Untiefen, gelang es uns wirklich, unsern Ankerplatz glücklich aber sehr erschöpft zu erreichen, nachdem wir drei Stunden in einer wahrhaft peinlichen Thätigkeit zugebracht hatten. Wir waren auf dieser mißlungenen Expedition sieben Meilen nach O vorgedrungen, hatten in dieser Richtung von der Spitze des Mastes Land gesehen, und vermutheten daher, daß wir uns in einem Inselkreise befänden. Nicht allein diesen Tag sondern auch noch den 13ten hatten wir schlechtes Wetter, ein Windstoß folgte auf den andern, und einige waren so heftig, daß ich für das Ankertau besorgt war; nach einem heftigen Platzregen, ward es stiller. Ich schickte Nachmittags ein Boot nach der Ziegeninsel, um Wasser zu holen, was täglich geschah, um unsern Wasservorrath von den Sandwich-Inseln zu sparen. Das gesammelte Regenwasser taugt nicht zum Aufbewahren, da es schon nach sechs Tagen stinkend wird. Wir sahen unterdeß, ein Boot aus O kommend, an der Ziegeninsel landen, und der Unterofficier berichtete mir, er habe dort Menschen vorgefunden, die ihn freundlich empfangen, wobei sogar einige Weiber sich beeifert hätten ihn mit Gesang und Tanz zu unterhalten. Wir feierten heute das Neujahr (alten Styls) durch Ruhe, und ich beschäftigte mich mit dem Plan, eine Fahrt auf Böten zu unternehmen, sobald das Wetter etwas freundlicher würde.

Den 14ten Morgens sahen wir abermals von O aus ein Boot unter Segel an der Ziegeninsel landen; es war das zweite der Art, und ich hoffte jetzt gewiß, daß der wahre Aufenthalt dieser Wilden am östlichen Theil der Inselgruppe seyn müsse. Der Steuermann, den ich in Geschäften zur Insel geschickt, kehrte mit der Nachricht zurück, er habe fremde Insulaner vorgefunden, sey mit gesottenen Fischen und gebackener Brodfrucht bewirthet und ebenfalls von den Weibern mit Gesang und Tanz unterhalten worden. Jede Zusammenkunft, die wir bis jetzt mit den Wilden gehabt, bewies uns ihre gutmüthige Natur. Die Ziegen waren ihnen noch immer ein Gegenstand der Angst, und heute hatte sich eine noch besonders furchtbar gemacht; als nämlich der Steuermann zu den Hütten trat, überreichte ihm der Aelteste, als Friedenszeichen, einen Blumenstrauß; der Bock läuft in dem Augenblick auf seinen Reisegefährten los und reißt im Vorbeigehn dem erschrockenen Wilden den Strauß mit solcher Geschwindigkeit aus der Hand, daß dieser einen Stoß mit den Hörnern bekam; natürlich lief er mit allen seinen Gefährten unter lautem Geschrei davon, und nur mit Mühe gelang es dem Steuermann, sie zu ihren Wohnungen zurückzulocken, nachdem er die Ziegen ins Gebüsch getrieben.

Das Wetter war heute ungemein schön und zu unserm Unternehmen günstig; es wurden eilig alle Anstalten dazu getroffen, und um 1 Uhr Nachmittags verließ ich mit zwei gut bewaffneten Böten in Begleitung der Herren Gelehrten, des Lieutenant Schischmareffs und mehrerer Matrosen den Rurick. Wir waren in allem neunzehn Mann, und hatten uns auf fünf Tage mit Lebensmitteln versehen. Um drei Uhr Nachmittags erreichten wir die fünfte Insel, wo ich die Nacht zu bleiben beschloß, um bei Anbruch des Tages, die Reise nach O weiter fortzusetzen. Ich machte absichtlich heute nur einen so kurzen Weg, damit meine Leute, die immerfort rudern mußten, nicht zu sehr ermüdeten; überdem wünschten wir alle hier unsere Wißbegierde zu befriedigen, indem wir die Korallen, sowohl auf der Insel, als auf den Riffen untersuchen wollten. Es traf sich, daß wir gerade beim höchsten Stande des Wassers landeten, und daher die Böte bequem in einen Kanal bringen konnten, der sich zwischen der fünften und sechsten Insel gebildet; beim Eintritt der Ebbe lagen sie freilich auf dem Trocknen, weshalb wir zur Zeit der Fluth nach zwölf Stunden nicht versäumen durften, sie wieder flott zu machen. Das Lager ward auf einer freundlichen Wiese, unter dem Schatten eines Pandanus aufgeschlagen, und während man Feuer machte, um Thee zu bereiten, durchstrich ich mit meiner Flinte die Insel, und die Herren Naturforscher beschäftigten sich mit den Korallen. Bald hatte ich die Insel in allen Richtungen durchschnitten, da sie nur eine halbe Meile im Umfange enthält. Das Innere derselben besteht aus großen, abgestorbenen Korallenblöcken, die nur höchstens mit einer Schichte von zwei Zoll Dammerde bedeckt ist, während diese auf der Ziegeninsel an manchen Stellen schon drei Fuß beträgt. Dieser Unterschied beweist, wie viel später diese kleine Insel entstanden ist, und auf der ganzen Kette hat sich uns nachher die Bemerkung bestätigt, daß die kleinen, im Vergleich mit den großen Inseln, um vieles zurück, und die Vegetation nur kümmerlich ist, da es ihnen noch an Erde mangelt, die sich erst in langen Jahren durch Abfallen und Faulen der alten Blätter erzeugt. Der Punkt, auf dem ich stand, erfüllte mich mit Staunen, und ich betete die Allmacht Gottes an, die auch diesen kleinen Thieren die Kraft verlieh, solche Werke zu schaffen. Meine Gedanken verwirrten sich, als ich die ungeheure lange Zeit erwog, die vergehen muß, ehe eine solche Insel aus der unermeßlichen Tiefe des Meeres, auf der Oberfläche desselben sichtbar wird! In der Zukunft werden sie eine andere Gestalt annehmen, indem sich alle Inseln vereinigen und einen kreisförmigen Landstrich bilden, in dessen Mitte sich ein Teich befindet; und auch diese Gestalt verändert sich wieder, denn immer bauen ja diese Thiere fort, bis sie die Oberfläche erreichen; und so wird hier einst das Wasser verschwinden, und eine einzige große Insel sichtbar seyn. Es ist eine seltsame Empfindung auf einer lebendigen Insel herumzugehen, an deren Tiefe alles in größter Tätigkeit ist; und in welchen Winkel der Erde könnte man dringen, wo man nicht auch schon Menschen fände! Im tiefsten Norden zwischen Eisbergen, unter der brennenden Sonne des Aequators, und selbst mitten im Ocean, auf Inseln die durch Thiere entstanden sind, trifft man sie an.

Ich besuchte auch die sechste Insel, wohin ich zur Zeit der Ebbe trocknen Fußes gelangen konnte, und fand sie der fünften ganz ähnlich; an den Ufern, die der offenen See ausgesetzt sind, wüthet die Brandung furchtbar, das schäumende Wasser spritzt mehrere Faden in die Höhe, und lange Korallenblöcke, die wahrscheinlich bei heftigen Stürmen von den Riffen abgebrochen, ans Land geschleudert sind, liegen zerstreut umher; eine Menge Muscheln verschiedener Gattung und Korallen-Trümmer bedeckten das Ufer. Nachdem ich mich vergebens nach einem Vogel umgesehen, der es verdient hätte in unsere Sammlung aufgenommen zu werden, kehrte ich ins Lager zurück, wo wir uns alle fröhlich um den Theekessel versammelten, und uns herzlich freuten, auf einer so merkwürdigen Insel zu sitzen, die wir selbst entdeckt hatten. Chamisso und Eschscholz kehrten mit einer Menge seltener Korallen und Seethiere zurück, ihre Unterhaltung darüber war belehrend, und wir hörten mit Aufmerksamkeit zu, bis Ratten und Eidechsen uns zerstreuten, indem sie unsern Zwieback stahlen. Nach Chamisso's und Eschscholz Behauptung unterschieden sich diese Ratten und Eidechsen nicht von den europäischen; man warf die Frage auf, wo sie hergekommen? und diese Aufgabe läßt sich nur durch das Scheitern eines Schiffes an diesen Inseln, lösen. Dieselbe Frage entstand auch, als unsere Stubenfliegen uns hier in unaufhörlicher Thätigkeit erhielten. An den Bäumen sahen wir viele Muschelkrebse herumkriechen, die ihre Wohnung immer mit sich tragen. So rückte der Abend unter allerlei interessanten Untersuchungen und Bemerkungen heran, und unser Mahl, das aus englischem Patentfleisch bestand, und uns herrlich schmeckte, erfüllte uns mit Dank gegen den Erfinder desselben.

Die Nacht ließ ich Feuer brennen, und zwei Schildwachen mit geladenem Gewehr, mußten ihre Posten an beiden Seiten des Lagers nehmen, um es im Fall der Noth durch einen Schuß in Bewegung zu bringen; überdem schliefen wir in Kleidern, und hatten unsere Waffen zur Seite. Obgleich diese Maaßregeln unter einem so gutmüthigen Völkchen fast zu ängstlich waren, so mochte ich doch von dem Gesetz, das ich mir gemacht, nie die höchste Vorsicht zu verabsäumen, auch hier nicht abgehen. Wir brachten die Nacht ruhig zu, dennoch floh mich der Schlaf, den die Erwartung der zu hoffenden Entdeckungen verscheuchte. Das Feuer im Walde in der finstern Nacht, das Rufen der Wachen, der wilde Gesang der Insulaner auf der Ziegeninsel, das dumpfe Gebrause der Brandung, und der ganz fremde Ort, an dem ich mich befand, brachten ein wunderbares Gefühl in mir hervor, das mich munter erhielt, und fast beneidete ich meine Gefährten die alle ruhig schliefen.

Um drei Uhr Morgens mußte, meiner Berechnung nach, das Wasser seinen höchsten Stand erreicht haben; ich eilte zu unsern Böten, und fand zu meinem Verdruß, daß der Canal zu wenig Wasser enthielt, um sie herauszubringen, weshalb wir gezwungen waren, die Fluth, mit der wir gelandet, auch heute wieder zu erwarten. Wir beschäftigten uns unterdeß, da das Wetter herrlich war, mit Untersuchung der Korallen, und als das Wasser anschwoll, befahl ich, die Barkasse zu beladen. Eben als wir bereit waren, unsere Reise wieder anzutreten, rief der wachthabende Matrose: er sähe zwei Böte aus O kommen, wovon das eine sehr groß sey; sie hätten uns bemerkt und kämen gerade auf die Insel zu. Ich beschloß die Böte zu erwarten, ließ die Gewehre in Bereitschaft setzen, und stand selbst mit Schischmareff und den Herren Gelehrten unbewaffnet, mit gespannter Erwartung am Ufer. Bald ankerten beide in geringer Entfernung, und die Geschicklichkeit mit der sie ihre Canots unter den Wind brachten und die Segel einnahmen, bewies uns, daß sie sehr geübte Seeleute waren, und machte uns viel Vergnügen. Ihre Segel bestanden aus fein geflochtenen Matten, und hatten einen so künstlichen Schnitt, daß auch der schärfste Seitenwind hinein fassen mußte. Das große Boot, auf dem wir fünf und zwanzig Mann zählten, war dreißig Fuß lang, hatte auf dem Balancier ein kleines Häuschen, und von dem sehr hohen Maste hingen eine Menge Taue herunter. Nachdem sie unter vielem Lärm ihre Arbeiten vollbracht hatten, sprangen vier Mann ins Wasser und schwammen auf uns zu. Mit einem grossen Muschelhorn führte einer von diesen den Zug an, die Uebrigen folgten mit Cocosnüssen und der Pandanus-Frucht, und die Zurückgebliebenen erwarteten mit Stillschweigen den Erfolg der Gesandtschaft, die mit vieler Sicherheit zu uns trat. Der Anführer mit dem Muschelhorn zeichnete sich durch sein ganzes Wesen vortheilhaft aus; er war ein langer schlanker Mann von dreißig Jahren; sein schwarzes, auf dem Kopfe zierlich zusammen gebundenes Haar, schmückte ein weißer Blumenkranz, in Form einer Krone geflochten; in den auffallend großen Ohrlöchern (wie ich sie schon auf der Neujahrsinsel bemerkt) trug er Rollen von Schildpatt mit Blumen verziert, um den Hals hing viel bunter Schmuck, auch war er verschieden von den Uebrigen und weit stärker tatuirt, was ihm das Ansehen eines geharnischten Mannes gab, sein durch vielsagende Augen belebtes Gesicht, zierte ein kleiner Schnurrbart und Knebelbart. Erstaunen, Furcht und Neugier wechselten in seinen Zügen, aber sich selbst überwindend, trat er mit majestätischem Gange auf mich zu, und überreichte mir mit dem wiederholten Ausruf: Aidara! sein Muschelhorn. Ich habe nachher erfahren, daß der Anführer sich dieses Horns im Kriege bedient, und nur seinem Sieger überreicht. Wahrscheinlich hielten sie uns für überirdische Wesen und sich schon dadurch für besiegt. Seine Begleiter legten mir die Früchte zu Füßen, sahen uns erzwungen freundlich an, zitterten aber sehr, besonders Einer von ihnen, der wirklich konvulsivische Bewegungen hatte. Wir suchten der Gesandtschaft Muth einzuflößen, was uns bis auf den einen auch ziemlich gelang, und unser freundliches Betragen, schien sie sehr zu überraschen. Ich ließ am Ufer ein rothes Tuch ausbreiten, nöthigte den Anführer zum sitzen, und setzte mich, während die andern uns im Kreise stehend umgaben, neben ihn. Er saß mit vielem Anstande auf asiatische Manier, wurde immer lebhafter, und that viele Fragen, indem er bald auf das Meer, bald auf die Sonne und den Himmel wies; ich begriff endlich, daß er zu erfahren wünschte, ob wir aus dem Meer oder vom Himmel kämen; und als ich ihm zu verstehen gab, daß ich seine Sprache nicht verstünde, ward er unwillig über sich selbst, und sprach immer lauter und schneller, indem seine Blicke auf allen, ihm ganz neuen Gegenständen rastlos umherschweiften, ohne ihn doch in seiner Unterhaltung zu unterbrechen. Gefiel ihm eine Sache besonders, so konnte er sich nicht enthalten, darnach zu greifen und sich nach dessen Gebrauch zu erkundigen, konnten wir ihm solchen begreiflich machen, so äußerte er sein Erstaunen durch ein gedehntes lautes O...h! seine Begleiter, die sonst keinen Laut von sich gaben, wiederholten es, und das dritte Echo des langen O–h erschallte von den Canots. Er selbst schrie ihnen laut zu, was er gesehen; wieder ertönte das O–h, und dann setzte er sein Gespräch fort, bis ein neuer Gegenstand seine Aufmerksamkeit fesselte. Unter andern griff er nach einer blechernen Dose, die er neugierig von allen Seiten besah, und als ich den Deckel öffnete, mit seinem lauten O–h zurücksprang. Er rief gleich den Leuten auf dem Canot die wunderbare Begebenheit zu, und als ich jetzt mehrere Dosen öffnete, gerieth er vor Erstaunen außer sich, und die eintönige Ausrufung nahm kein Ende. Ich werde diesen wißbegierigen Mann Rarick nennen, denn so nannten ihn seine Begleiter, und es war mir ergötzlich, daß sein Name sich nur in Einem Buchstaben von dem unseres Schiffs unterschied. Nachdem ich mich lange mit dem liebenswürdigen Rarick unterhalten, und er mir Muschelkränze und verschiedene andere seiner zierlichen Arbeiten aufgedrungen hatte, ließ ich von den Böten einige Messer, Scheeren und Eisen bringen, und kaum erschien letzteres, das aus drei Zoll langen Stücken von alten Faßbändern bestand, so äußerten sie abermals ihr Erstaunen durch ein lautes O–h, und man las die Begierde, diesen Schatz zu besitzen, in ihren feurigen Blicken. Möll! Möll! (so nannten sie das Eisen) Der Gebrauch desselben ist diesen Insulanern bekannt, wir haben in der Folge ein paar Stücke bei ihnen gefunden, die sie wahrscheinlich von den Balken eines gescheiterten Schiffes erhielten. Selbst solche Balken, die aus amerikanischem Holze zu seyn scheinen, sind uns später zu Gesicht gekommen. ertönte jetzt von Mund zu Mund, auf den Canots entstand ein furchtbares Geschrei, und sechs Mann, die der anziehenden Kraft nicht widerstehen konnten, sprangen ins Wasser, gesellten sich zu uns, um das Eisen anzugaffen, und man hörte nichts als Möll! Möll! Ich schenkte dem Rarick einige Stücke Eisen, ein Messer und eine Scheere, er faßte seinen Schatz mit beiden Händen, drückte ihn fest an seine Brust, als ob er fürchtete, ihn wieder zu verlieren und konnte sich mit dem Gedanken nicht vertraut machen, eine so unermeßliche Kostbarkeit zu besitzen, die die übrigen mit gierigen Blicken verschlangen; als endlich auch an sie die Reihe kam, erheiterten sich ihre neidischen Gesichter; der Jubel war entsetzlich, alle sprangen mit ihrem Eisen wie wahnsinnig umher, indem sie unaufhörlich Möll! Möll! schrieen; ihre Kameraden auf den Böten wurden unruhig, einige wagten sich schwimmend ans Land, und als auch diese beschenkt waren, ertönte der schreckliche Lärm von Neuem. Jetzt war der Freundschaftsbund geschlossen, die Wilden wurden immer freier, scherzten und umarmten uns oft. Ich suchte dem Rarick begreiflich zu machen, daß ich nach O wollte, wo ich seine Wohnung vermuthete; er verstand mich und setzte sich bereitwillig in mein Boot; wir brachen auf, Rarick saß neben mir, und die Wilden brachten ihr Canot mit bewundrungswürdiger Schnelligkeit unter Segel, um zu laviren, da ihre Böte nicht zum rudern eingerichtet sind. Als wir uns aber etwas von ihnen entfernen mußten, um einander nicht im Wege zu seyn, so sank dem Rarick der Muth, mit uns allein zu seyn schien ihm doch gefährlich, und seine Furcht leuchtete aus jeder Bewegung hervor, so sehr er sie auch zu verbergen strebte. Von den Canots rief man ihm oft etwas zu, das Gespräch zwischen ihm und seinen Unterthanen, ward immer lebhafter und seine Angst stieg mit jedem Ruderschlage; vergebens bemühten wir uns, ihn zu beruhigen, ehe wir es uns versahen, lag er mit all seinen Schätzen im Wasser und schwamm eilig seinem Canot zu, das er bestieg und plötzlich der Ziegeninsel zulenkte. Unmöglich konnten wir glauben, daß sie uns, nachdem sie so reichlich beschenkt waren, ganz verlassen würden, wahrscheinlich aber war die Nachricht von den bärtigen gehörnten Thieren auch zu ihren Ohren gekommen, die sie jetzt betrachten wollten, und wirklich bestätigte mein Steuermann, der sich zufällig dort befand, meine Vermuthung; sie hatten mit großem Erstaunen die Ziegen angesehen, waren entsetzt davon gelaufen wenn diese meckerten und hatten sich hierauf immer gegenseitig über ihre Furcht ausgelacht. Um drei Uhr verließen uns unsere Begleiter, und wir eilten noch vor Untergang der Sonne die neunte Insel zu untersuchen, welche wir um sieben Uhr erreichten und wo ich die Nacht zu bleiben beschloß, da meine Matrosen von dem Rudern gegen den Wind sehr erschöpft waren. Wir waren jetzt fünf Meilen von dem Schiff entfernt und sahen noch immer in O die freie See. Sobald wir angekommen, durchstrichen wir die Insel nach allen Richtungen, um Menschen zu entdecken, fanden aber nur Spuren von ihnen und eben verlassene Hütten. In der Mitte der Insel stand ein Haus, das ganz denen auf der Ziegeninsel glich, nur beträchtlich größer war, es hatte die Form eines chinesischen Tempels; ein quadratförmiges, sehr sauber aus Schilf gearbeitetes Dach, das nach oben zu spitz wurde, ruhte fünf Fuß über der Erde auf vier Säulen und schützte gegen die brennende Sonnenhitze, zwischen den Säulen wehte der Wind kühlend durch; der Boden war mit Korallensteinen gepflastert, der inwendige Raum von der Spitze des Daches bis an die Säulen durch ein hübsch gearbeitetes Gitterwerk abgetheilt, in dessen Mitte eine viereckige Oeffnung angebracht war, so groß, daß man bequem hindurch kriechen konnte. Gewiß haben die Ratten die Bewohner dieser Insel auf die Idee gebracht, ihre Häuser auf Säulen zu bauen, denn ich bemerkte, daß sie ihre Vorrathskammern innerhalb des Gitters haben, wohin die Ratten an den platten Pfeilern nicht gelangen können. Ihre Schlafhäuser sind auf die Erde gebaut und bestehen nur aus einem Dach mit zwei Eingängen; die Wohnungen für den Tag sind so groß, daß sich 20-30 Menschen darin aufhalten können. Das Haus welches wir besuchten, war angefüllt mit Geräthschaften aller Art; Fischnetze, Fischhaken, Schnüre, Gefäße aus Cocosschalen und dergleichen mehr, lag bunt durcheinander. Seine Lage schuf es zu einer freundlichen Einsiedelei, denn es stand in der Mitte eines kleinen Grasplatzes, umringt und beschattet von Brodfruchtbäumen, die so dicht standen, daß man nur auf einem schmalen Fußwege zu dem Hause gelangen konnte.

Diese Insel schien uns älter als die Ziegeninsel, was wir aus der sehr üppigen Vegetation und der hohen Dammerde schlossen. Cocosbäume waren auch hier selten, überall aber sahen wir junge, erst eben angepflanzte Bäume dieser Art; es scheint fast als wären die Inseln nur erst seit kurzem bewohnt. Nachdem wir uns vergebens nach Menschen umgesehen, ließ ich unser Lager auf einem grünen Platze am Ufer aufschlagen, denn ermattet durch die Hitze des Tages, sahen wir alle voll Sehnsucht dem Abend entgegen. Die Nächte sind hier sehr schön und haben den Vorzug vor jenen anderer warmen Länder, daß hier kein Thau fällt, da die Koralleninseln nicht ausdünsten. Man kann ruhig und unbesorgt unter dem sternhellen Himmel schlafen, erquickt und gekühlt von dem lauen Passat, der durch keine hohe Insel aufgehalten, herüber weht. Der Kessel mit dem Patentfleische versammelte uns zu einem fröhlichen Mahle, und hierauf lagerten wir uns auf unsere Grasbetten, der blaue Himmel war unser Dach, freundlich funkelte der Sirius über uns und eine herrliche warme Luft umgab uns wohlthätig. Die Schildwachen waren vertheilt wie in der vorigen Nacht, wir hatten aber wieder nur die Angriffe der Ratten auszustehen. Ich erwachte als der Tag dämmerte, und ergötzte mich an dem Aufgang der Sonne; nie schien es mir, sah ich sie herrlicher aus dem Meere steigen, als auf dieser niedrigen Insel; noch ruhte die Nacht über der Tiefe, ein goldner Rauch am Saume des Horizontes verkündete den nahen Aufgang der Sonne, nach zwei Augenblicken stand sie prachtvoll da, das Meer strahlte in ihrem Wiederscheine, und gewährte den entzückendsten Anblick.

Den 16ten Januar waren wir schon um sechs Uhr unterweges; ein schwacher Wind und der kühle Morgen erlaubten uns rasch zu rudern. An der neunten Insel gestattete die Beschaffenheit des Bodens zwar zu ankern, doch nicht so bequem als in unserm Weihnachtshafen. Je höher die Sonne stieg, um so frischer ward der Wind, und erst am Mittag erreichten wir die dreizehnte Insel, nachdem wir von unserm Nachtlager vier Meilen zurückgelegt hatten. Hier stärkten wir uns durch ein Mahl, und meine Matrosen, die ich der anstrengenden Arbeit in der brennenden Sonnenhitze nicht aussetzen wollte, ruheten einige Stunden. Die Insel hatte nur eine Meile im Umfange und war unbewohnt, wenigstens entdeckten wir weder Hütten noch Wasserbehälter. Nach S erstreckt sich von hieraus ein Riff, durch welchen sich am südwestlichen Theile ein kleiner Hafen bildet, der gegen O geschützt ist. Wir erkletterten einen ziemlich hohen Baum und sahen in SO Land, wodurch ich in meiner Vermuthung, daß wir uns hier in einem Kreise befänden, bestärkt ward. In NO 1½ Meile von uns entfernt, lag eine kleine Insel, die höher schien, als alle bis jetzt gesehenen. Nachdem wir unser Mittagsmahl beendigt, kündigten uns die Schildwachen drei Menschen an, die von W längs dem Riff angestiegen kamen; die Zeit der Ebbe gestattete ihnen diesen Spaziergang, und obzwar das Wasser an einigen Stellen doch so tief ist, daß es durchschwommen werden muß, so bedienen sich doch die Einwohner dieses Weges mit einer Sicherheit, wie wir uns unserer Heerstraßen. Durch das Fernrohr erkannte ich den Rarick mit seinen Begleitern und bald erschienen sie unbewaffnet und sehr erfreut, uns wieder zu sehen, in unserer Mitte. Mein Freund war wieder ungemein beredt und ob ich Anfangs gleich kein Wort verstand, so verhalf uns doch nach und nach diese Beredsamkeit zu einem Schatz von Ausdrücken, die wir aufschrieben, wenn wir sie begriffen zu haben glaubten; so erfuhren wir, daß ein Mann: Mamuan, ein Weib Redgini Das gi wird französisch ausgesprochen. heißt; Tamon, heißt Anführer und ein solcher war Rarick, von der ganzen Inselgruppe. Mit unbeschreiblicher Lebhaftigkeit drang er jetzt auf mich ein, und niemand konnte begreifen was er eigentlich zu erfahren wünschte; endlich nannte er alle seine Begleiter, dann sich selbst, und als er hierauf mich fragend ansah, erriethen wir, daß es ihm um meinen Namen zu thun war. Er war sehr erfreut, als er sich verstanden sah, nannte sich jetzt nach meinem Namen, und mich nach dem seinigen, wobei er zu erforschen suchte, ob ich auch damit zufrieden sey. Da mir schon früher der Gebrauch auf den Südsee-Inseln die Namen bei Freundschaftsbündnissen zu vertauschen, bekannt war, so nahm ich seinen Vorschlag gern an; ich hieß jetzt Rarick und er, da er meinen Namen nicht anders aussprechen konnte, Totabu. Die Begleiter Totabus tauschten unterdeß die Namen der Herren Gelehrten gegen die ihrigen ein, und unser Umgang war hierauf um vieles vertrauter. Jetzt gingen Totabus gelehrte Nachforschungen von Neuem an; meine Flinte, deren Gebrauch ich ihm nicht zu zeigen wagte, beschäftigte ihn sehr, unsere Kleider waren ihm ein Gegenstand der höchsten Neugier und unsere Schuhe erregten ein unmäßiges Gelächter, besonders als Einer von ihnen bei dem ersten Versuche damit zu gehen, der Länge nach hinfiel. Ins höchste Erstaunen aber geriethen alle, als ich meine Jacke auszog und meinen Arm entblößte; sie waren bestürzt, ihn weiß zu sehen und konnten nicht aufhören, ihr lautes O–h darüber auszustoßen. Alle Kostbarkeiten, die ich gestern dem Rarick geschenkt, trug er wohlverwahrt in Pandanus-Blättern an sich, um sich daran zu ergötzen und um eilig etwas mit der Scheere zu zerschneiden, wickelte er sie zuweilen auf, aber bald verbarg er sie wieder im Gürtel. Ein kleiner Spiegel kam nicht aus seinen Händen, er sah unaufhörlich hinein, und seine Begleiter, denen er auch zuweilen einen Blick hinein vergönnte, griffen hastig hin, um ihre Ebenbilder zu fangen, was ihnen allen unendlich viel Spaß machte. Unterdeß ankerten Rariks Böte an unsere Insel; er bat mich, ihn in seine Heimath zu begleiten, wobei er nach O zeigte und wir kamen überein, daß er vorausfahren und wir auf unsern Böten ihm folgen wollten. Die Uhr war vier, als wir uns einschifften, und ich nahm den Weg nach der hohen Insel in NO die ich zu untersuchen beschloß, weil ihre Höhe im Vergleich mit den übrigen uns merkwürdig schien. In einer Stunde hatten wir sie erreicht, konnten aber lange keinen Landungsplatz ausfindig machen, da sie von Riffen umringt war und mußten, um unsere Neugier zu befriedigen, bis über die Knie durchs Wasser waten. Die Insel, ungefähr so groß wie die eben verlassene, hatte fast gar keine Erde, sondern war bedeckt mit ungeheuer großen Korallenblöcken, die sich unregelmäßig übereinander thürmten, und mit Gewalt dahin geschleudert schienen, was vielleicht durch einen heftigen Sturm aus N geschehen seyn konnte. Trotz der wenigen Erde wurzelten zwischen den Blöcken Bäume, die an Höhe und Dicke unsern ältesten Eichen gleich kamen und auch ungefähr das Ansehen derselben hatten. Eine Menge Vögel von der Gattung der Seeschwalben, welche auf den Bäumen nisteten, erhoben bei unserm Anblick ein furchtbares Geschrei.

Da sich auch an dieser Insel sehr gute Ankerplätze für ein Schiff fanden, so änderte ich meinen Plan, den Rarick in seiner Heimath zu besuchen; ich hoffte mit dem Rurick bis ans Ende der Gruppe durchzudringen, und trat, um keine Zeit zu verlieren, sogleich den Rückweg an, nachdem ich dieser hohen Insel den Namen: Vogelinsel gegeben. Es erstreckte sich von ihr in NO ein langer Riff, an dessen Ende man Land unterschied; auf unserer Fahrt hatten wir nur wenige Korallen-Bänke bemerkt. Rarick hatte unterdeß mit seinen Böten, die scharf gegen den Wind segelten, so viel gewonnen, daß er kaum mehr am Horizont sichtbar war; auch wir spannten jetzt unsere Segel auf und erreichten bei einem frischen Winde gegen Abend glücklich unser Schiff.

Den 17ten brachten wir in Vorbereitungen zur bevorstehenden Navigation zu; am Abend wandte sich der Wind zum ersten Mal so lange wir hier waren nach NNO und wir wünschten mir daß er sich den folgenden Tag noch so erhalten, und uns das Vordringen nach O erleichtern möchte.

Observationen, die im Weihnachtshafen gemacht worden sind.

Breite unseres Ankerplatzes, das Mittel aus täglichen Beobachtungen: 9º 32' 36" N.

Länge aus Abständen zwischen Mond und Sonne,
Das Mittel einer großen Anzahl Beobachtungen an verschiedenen Tagen gemacht

190º 6' 50" W.
Abweichung der Magnetnadel 11º 00' O.
Inklination der Magnetnadel 17º 55'  
Chronometer Barands 190º 13' 30" W.
  Chronometer Hardy  190º 6' 48"  

Den 6ten Januar, an dem Tage, als wir den Ankerplatz erreichten, gaben unsere Chronometer folgende Länge, verbessert durch die letzt erhaltenen Mond-Abstände:

Nach Chronometer Barands ist die Länge der Weihnachtsinsel bestimmt worden, welche von der wahren nur sieben Meilen abweicht; diese Verbesserung habe ich nachher bei dem Entwurf der Karte angebracht.

Den 18ten Januar. Der Wind wehte mäßig aus NNO, wir lichteten die Anker und waren um sechs Uhr Morgens schon unter Segel. Da der Wind uns heute gestattete den Cours parallel mit der Insel zu nehmen, so wichen wir den Korallenbänken glücklich aus, die uns bei dem ersten Versuche so viel Schreck verursacht hatten. Als wir uns nach ungefähr drei Stunden bei der elften Insel befanden, wandte sich der Wind nach NO und zwang uns zu laviren; bei der dreizehnten Insel begann die gefährliche Navigation; wir waren wieder von Korallenbänken umgeben, hatten aber helles Wetter, und da wir uns schon mehr an den Anblick der gefährlichen Klippen gewöhnt, auch immer zeitig genug von der Spitze des Mastes gewarnt wurden, so war zwar das beständige Wenden des Schiffs sehr ermüdend, aber um so belohnender die Aussicht, unsern Plan auszuführen, und wirklich befanden wir uns schon am Mittag der Vogelinsel gegenüber. Die größte Tiefe welche wir fanden als wir uns dem Mittelpunkte des Kreises näherten, betrug 31 Faden; der Grund bestand aus lebendigen Korallen, von denen mit dem Senkblei kleine Stücke mit heraufgebracht wurden; in der Nähe eines Riffs betrug die Tiefe zwischen 10 und 12 Faden und der Boden bestand aus feinem Korallensande. Um vier Uhr Nachmittags erreichten wir die siebenzehnte Insel, welche die nördlichste Spitze der ganzen Gruppe bildet, und warfen ¾ Meilen davon entfernt, die Anker auf 15 Faden Tiefe über feinem Korallensand.

Hier lagen wir so sicher wie im schönsten Hafen, da das Schiff von N nach O ganz gedeckt und das Wasser spiegelglatt war. Wir übersahen jetzt den ganzen östlichen Theil der Gruppe, die aus lauter kleinen, dicht nebeneinanderliegenden Inseln bestand und von der siebenten ihre Richtung nach SO nahm. Unsere Mühe war belohnt, da wir unsern Zweck erreicht hatten, denn jetzt konnte es uns nicht schwer werden mit einem SO Cours die weitere Untersuchung der Kette fortzusetzen. Die siebenzehnte Insel, welche etwas größer als die Ziegeninsel ist, gewährte uns durch ihre üppige Vegetation und ihre großen Bäume, worunter sich besonders viele Cocosbäume befanden, einen anmuthigen Anblick. Wir sahen viele Hütten; Menschen wandelten am Ufer und schienen sich über unser Schiff zu wundern; Böte segelten nach SO, andere kamen von daher und uns schien es, als befänden wir uns erst jetzt in dem eigentlich bewohnten Theile der Inselgruppe. Ein Boot unter Segel besuchte uns und einer von Raricks Begleitern, den ich sogleich erkannte, überreichte mir einige Cocosnüsse mit den wiederholten Ausrufungen: Rarick! Totabu! Aidara! Seine Freude ward noch erhöht durch etwas Eisen, das ich ihm schenkte, aber ans Schiff zu kommen, wagte weder er noch einer seiner Begleiter, so dringend wir sie auch darum baten. Ich ließ ein Boot ausrüsten, damit die Herren Naturforscher Gelegenheit hätten, die Insel zu untersuchen und die Wilden segelten zugleich mit den Unsrigen ab. Den morgenden Tag wollte ich diesen Ankerplatz noch behaupten, um ihn mit mehr Genauigkeit astronomisch bestimmen zu können. Vom Weihnachtshafen bis hierher, betrug die Entfernung in gerader Linie zwanzig Meilen. Abends kehrten unsere Herren zurück, sehr zufrieden mit der freundlichen Aufnahme der Insulaner, deren hier überhaupt dreißig sichtbar waren. Ein alter Mann, der nach seinem Putz zu urtheilen, Befehlshaber war, hatte Herrn von Chamisso, zum Beweis seiner guten Gesinnung, eine Speise vorgesetzt, die aus einem Gemisch von gequetschten Pandanus und Brodfrucht bestand und nicht übel schmeckte; alle hatten sich neugierig um die weißen Männer versammelt, die sie voll Erstaunen betrachteten.

Als wir nach Rarick fragten, zeigte man nach SO, dort also war seine Residenz, und wir durften hoffen, in dieser mehr Menschen anzutreffen als bisher. – Wir erfuhren daß sie die siebenzehnte Insel Ormed nannten, und überhaupt eine Insel Enns nennen.

Den 19ten. Unser Freund von der Ziegeninsel langte heute hier an, wagte sich aber nur bis auf zwanzig Faden vom Schiff, und eilte, nachdem er uns Cocosnüsse gezeigt und viel gesprochen, der Insel Ormed zu. Dieser Mann hatte sich durchaus nicht über uns zu beklagen, da er reichlich beschenkt und freundlich behandelt worden war, dennoch konnte er seine Furcht nicht überwinden. Mit großem Erstaunen betrachteten sie das Schiff aus der Ferne, gesticulirten und sprachen heftig, und besonders oft riefen sie: Ellip Oa! (großes Boot.) Ich habe bemerkt, daß die Bewohner dieser Gruppe, sich vortheilhaft von denen der Oster- und Penrhyus-Inseln unterscheiden, durch ruhiges Ueberlegen und Nachdenken, womit die andern sich durchaus nicht abgeben. Nachdem ich die Ortsbestimmung beendigt, fuhr ich Nachmittags ans Land; mein Freund von der Ziegeninsel hatte mich bereits als den Tamon Oa Ellip (Befehlshaber des großen Boots) präsentirt, und alle eilten ans Ufer um mich zu empfangen; ein sehr alter Mann, mit ehrwürdigem Gesicht und langem grauem Bart, den ich nach der Beschreibung für den Anführer erkannte, sagte: Aidara, überreichte mir einige Cocosnüsse und nöthigte uns in seine nahgelegene Wohnung, wo zwischen vier Säulen zierliche Matten ausgebreitet waren, auf deren Mitte ich Platz nehmen mußte. Die übrige Gesellschaft, Männer und mitunter recht hübsche Weiber mit Kindern auf den Armen, schlossen einen Kreis um mich; alle betrachteten mich mit der höchsten Aufmerksamkeit und es herrschte eine feierliche Stille, plötzlich aber ward diese unterbrochen; wie von einem bösen Geiste getrieben, sprangen alle unter lautem Geschrei davon, und nur der Alte hielt sich zitternd an meinem Arm; den ganzen Aufruhr hatte ein Hund hervorgebracht, der sich an der Küste von Chili an uns geschlossen, und da er sich nie von mir trennte, auch jetzt unbemerkt in mein Boot gesprungen war. Er mußte, um mich hier zu erreichen, über die Schulter eines im dichten Kreise sitzenden Wilden setzen, und diese unerwartete Erscheinung brachte den lächerlichen Auftritt hervor, der noch komischer ward, als das sonst furchtsame Thier durch die Feigheit seiner Gegner ermuthigt, diese durch sein Gebell auf die Bäume trieb, die sie mit der Geschwindigkeit der Affen erkletterten. Nur mit Mühe gelang es mir dem Alten die Unschädlichkeit des Thieres zu beweisen und als mir das gelungen, rief er auch seine Unterthanen wieder zusammen, die nach und nach herbeischlichen, ohne indeß den Gegenstand ihrer Furcht aus den Augen zu verlieren, dessen geringste Bewegung ihnen Zuckungen verursachte. Da sie hier außer den Ratten keine vierfüßige Thiere kennen, und diese in ihrer Sprache Didirick heißen, so nannten sie den Hund: Didirick Ellip. Erst als ich den bösen Feind aufs Boot geschickt, erheiterten sich alle Gesichter und der Alte beschenkte mich mit Cocosnüssen und einem recht wohlschmeckenden, aus Pandanussaft bereiteten Kuchen, den sie: Magan nannten. Ich ließ jetzt auch meine Geschenke herbeiholen; ein großes Beil nebst zwei Messern entzückten den Alten unbeschreiblich, da er nie ein so grosses Stück Eisen gesehen, und als ich vollends ein Stück Holz mit dem Beile spaltete, erscholl das oft gehörte O–h im ganzen Kreise. Da sie sich hier hauptsächlich mit dem Schiffbau beschäftigen und ihre Böte nur mit Korallensteinen und Muscheln bearbeiten, so kann man sich vorstellen, wie unschätzbar ihnen das Beil erscheinen mußte. Hatte ich die Männer mit Messern erfreut, so beglückte ich die Weiber jetzt noch mehr durch Perlen und Spiegel; sie konnten nicht aufhören die herrlichen Dinge zu bewundern. Endlich beruhigten sie sich über ihre Kostbarkeiten, und nun wandten sich ihre Blicke nach mir, aber nur der Alte wagte es, mich zu berühren. Er erzählte seinen Untergebenen viel, die mit offenem Munde zuhörten; auch hier mußte ich meinen Arm entblößen, den sie sogar anfaßten, um sich zu überzeugen, daß die weiße Haut kein Zeug sey. Ich bemerkte zum ersten Mal eine gewisse Sittsamkeit bei den Weibern, die den andern Südseeinsulanerinnen so ganz fremd ist. Vergebens überredeten die Männer ihre Weiber, meinen Arm zu berühren, sie verweigerten es mit vielem Anstande. Auch in der Folge habe ich die natürliche Sittlichkeit der hiesigen Weiber oft bemerkt. Nachdem sie alles gehörig untersucht, wollte ich ihnen noch ein Schauspiel geben, und legte dem Alten meine Uhr ans Ohr, der vor Entsetzen über das Picken derselben zurückfuhr; sie horchten alle daran, das Gold erfreute sie, und die Bewegung des Secunden-Zeigers, setzte sie in Erstaunen; als ich die Uhr aber jetzt repetiren ließ, ward ihnen meine Zauberei fast furchtbar; sie entfernten sich und sprachen lang und ernsthaft über diesen wichtigen Gegenstand, bis ich durch einige Geschenke sie wieder an mich lockte. Nun kam die Reihe an sie, mich zu beschenken; die Weiber überreichten mir zierliche Muschelkränze, die sie sich vom Kopf nahmen und mir aufsetzten, die Männer banden ihren, mühsam aus rothen Korallen gearbeiteten Halsschmuck ab und gaben ihn mir; der Alte schenkte mir eine hübsche große Matte, indem er mir zu verstehen gab, daß ich darauf schlafen möchte, und endlich stimmten Männer und Weiber einen Gesang an, der an mich gerichtet war und vermuthlich ihren Dank aussprach. Auf einem Spaziergange, den ich durch die Insel machte, begleiteten mich mehrere, und Einer ging voran, um mir den besten Weg zu zeigen. Ich war unbewaffnet, denn unter diesen gutmüthigen Naturkindern, die, um mich zu erfreuen, spielend und tanzend vor mir herliefen, war ich ganz sicher. Diese Insel schien mir älter als alle bis jetzt gesehenen; Pandanus- und Brodfruchtbäume sah ich von seltener Höhe und Dicke, nur den Cocosbaum findet man auch hier nicht oft und gemeiniglich erst neu angepflanzt. Neben den Häusern bemerkte ich eine Pflanze mit schönen Blüthen, die sie blos cultiviren, um sich mit der Blume zu schmücken, und schon dieser Zug beweist, daß dieses Volk sich nicht ganz in dem rohen Zustande der übrigen Wilden befindet; ich bin überzeugt, daß es durch vernünftige Europäer sehr leicht zur wahren Bildung emporgehoben werden könnte. Indem ich an einem Cocosbaume vorbei ging, bemerkte ich, daß man an einen Ast desselben einen Stein gebunden hatte; ich fragte meine Begleiter, warum das geschehen, und erhielt zur Antwort: Tabui, wobei er mir begreiflich zu machen suchte, daß die Frucht nicht gegessen werden dürfe. Das Wort Tabui hat viel Aehnliches mit dem Tabu der Südseeinsulaner und scheint hier auch den nämlichen Sinn zu haben; ich habe es aber nachher nie wieder gehört. Es wäre merkwürdig, hier Worte zu finden, die uns durch ihre Aehnlichkeit beweisen könnten, daß die Bewohner dieser Insel-Gruppe vielleicht von Osten her gekommen sind; von allen Worten aber, die wir bis jetzt aufgezeichnet, deutet bis auf dieses kein einziges darauf. Wir stießen am Ufer auf ein einfaches Grabmahl, das aus einem von Korallensteinen erbaueten Vierecke bestand; es schien mir, als dürften die Einwohner nicht hinein treten, und nachher habe ich erfahren, daß nur die Anführer begraben, alle übrige Leichname aber ins Meer geworfen werden. Es ward Abend, ich mußte also meine Promenade endigen, und nahm von meinen Freunden Abschied, die mich bis ans Boot begleiteten, dort wurden sie noch eine Flinte gewahr, deren Gebrauch sie durchaus erfahren wollten, ich machte ihnen begreiflich, daß sie einen starken Knall von sich gäbe, sie aber verstanden mich falsch und meinten, daß ich sie gebrauchte, wie sie ihr Muschelhorn. Der Alte gab mir noch einige Cocosnüsse mit auf den Weg und rief mir sein Aidara zu.

Den 20sten Januar waren wir schon frühe unter Segel; ein frischer NNO Wind begünstigte den SO Cours parallel mit der Inselkette.

Die Breite unseres Ankerplatzes fanden wir 9º 33' 16" N.
Länge nach den Chronometern 189º 49' 2" W.
Abweichung der Magnetnadel 12º 14' O.  

Nachdem wir eine Stunde rasch gesegelt, ohne von Korallenbänken aufgehalten zu werden, zeigte sich in SO eine Insel, die alle vorige an Größe übertraf. Ich nahm meinen Lauf gerade dahin, und immer gewisser ward es mir, daß wir uns in einem Kreise befanden, als ich jetzt auch in S Land entdeckte. Um neun Uhr ließ ich eine viertel Meile von der großen Insel die Anker auf acht Faden Tiefe über seinem Sand fallen und wir lagen hier in einem herrlichen Hafen, im ruhigsten Wasser. Ein Boot das sich von Ormed mit uns zugleich auf den Weg gemacht, segelte zu unserm Erstaunen eben so schnell wie der Rurick. Ungewiß, ob wir uns jetzt an Raricks Residenz befänden, oder nicht, schickte ich, nachdem wir geankert, Herrn von Chamisso ans Land, um Erkundigungen hierüber einzuziehen. Nach einer Stunde kam er mit der Nachricht zurück, daß Rarick sich allerdings hier befände und mich gleich am Schiffe besuchen werde; übrigens hatte dort nichts dem Aufenthalte eines vornehmen Mannes entsprochen; alles war gerade wie auf der Insel Ormed, selbst die Bevölkerung gering, die mit Männern, Weibern und Kindern nur aus sechzig Personen bestand. Nachmittags stieß ein Boot von der Insel ab und wir erkannten bald den Rarick, der uns schon aus der Ferne, Aidara! zurief. Er war heute aufs prächtigste mit Blumen und Muschelkränzen geschmückt, um den Hals trug er allerlei Verzierungen und der Leib war in neue Matten gehüllt. Sein Boot kam ans Schiff, das er zu unserm Erstaunen ohne Bedenken bestieg, und aufgemuntert durch sein Beispiel, folgten ihm ein Paar seiner Begleiter. Vergebens würde ich versuchen, den ersten Moment als sie das Verdeck betraten zu beschreiben; wie versteinert blieben sie stehen, indem ihre funkelnden Blicke auf all den Gegenständen herumirrten; nicht einen Schritt weiter hätten sie gethan, wenn ich nicht den Rarick angefaßt und so ihn herum geführt hätte. Endlich erholte er sich etwas von seinem Erstaunen und nun war er wie neu belebt; so gewandt, so wißbegierig und kindisch hatte ich ihn noch nie gesehen. Er sprang von einem Gegenstande zum andern, befühlte jeden mit beiden Händen, fragte nach dessen Gebrauch, wartete aber nie die Antwort ab, sondern erfaßte immer wieder etwas anderes. Nicht einen Augenblick konnte er bei einer Sache verweilen, zu vieles nahm seine Aufmerksamkeit in Anspruch; Neugier und Furcht wechselten auf seinem Gesichte. Er sprang wie ein Wahnsinniger auf dem Verdeck umher, lachte bald aus vollem Halse, bald rief er voll Erstaunen O–h! wann ihn aber etwas ganz besonders überraschte, schrie er, Errio! Errio! (ein Wort das ich bei solchen Gelegenheiten oft hörte.) Seine Begleiter nahmen ebenfalls lebhaften Antheil an allem, wagten aber nicht sich in Gegenwart ihres Befehlshabers so laut zu äußern, wie er. Durch meine Schuld hätte ich jetzt beinahe meine Freunde verscheucht; wir hatten nämlich von unserm ganzen Vorrathe noch zwei Schweine übrig, die ich auf dieser Insel lassen wollte; um zu erfahren, ob ihnen diese Thiere vielleicht bekannt wären, ließ ich sie heraus bringen; das aber gab argen Spectakel, denn sie erschienen mit furchtbarem Geschrei. Meine Gäste geriethen in die höchste Angst, Rarick umklammerte mich mit beiden Armen, zitterte am ganzen Leibe, und schrie lauter als die Schweine, und ich eilte sie wieder fortzuschicken. Lange sahen die Insulaner noch mit wilden Blicken um sich und selbst meine Geschenke vermochten heute nicht, sie wieder in die frohe Stimmung zu versetzen, womit sie das Schiff betraten. Ich nöthigte jetzt den Rarick in die Kajüte, er aber schickte vorsichtig seine Begleiter zuerst hinein, die ihm mit sichtbarer Angst gehorchten und langsam die Treppe hinabstiegen; kaum aber waren sie drin, so war ihr Erstaunen grenzenlos; die vielen blanken Sachen gefielen ihnen unbeschreiblich und unter dem Ausruf- Errio! Errio! bedeckten sie sich das Gesicht mit beiden Händen. Ein Blick in den Spiegel erschreckte sie Anfangs sehr, sie sahen verstummt einander an, und dann wieder in den Spiegel; als sie sich aber darin erkannt hatten, umarmten sie sich, machten allerlei possirliche Bewegungen und lachten unmäßig. Rarick, der das von oben mit anhörte, konnte sich nicht länger halten, mit Einem Satz war er bei uns und jetzt überstieg sein Jubel alle Grenzen. Ich war wie von wilden Kindern umgeben, obgleich der ganz graue Bart des einen sein Alter verrieth; oft aber habe ich hier die Bemerkung gemacht, daß bei diesem Volke das Alter den kindischen Frohsinn nicht unterdrückt; einige, die sich vor Altersschwäche kaum mehr bewegen konnten, nahmen mit jugendlichem Geiste an allem Theil und nie sah ich sie mißvergnügt. In ihrem schönen Klima, und ihrer nur aus Früchten bestehenden Nahrung, mag der Grund von dieser bei uns so seltenen Erscheinung zu suchen seyn und an dem Genuß der Vegetabilien mag es auch liegen, daß das ganze Volk lang und sehr schlank ist. Ihre Knochen sind fein, wie bei Frauenzimmern; Hände und Füße ungemein klein. Mit anstrengenden Arbeiten geben sie sich wenig ab; ihre einzige Beschäftigung ist Böte zu bauen, die sie nun einmal nicht entbehren können; diese sind lang und schmal und liegen tief, weshalb sie gegen den Wind segeln können; die Segel und Taue werden von den Weibern aus Cocosrinde sehr geschickt verfertigt. Das Volk ist sanft und furchtsam, scheint indeß doch zuweilen Kriege zu führen, da sie Lanzen besitzen, die schlecht aus Holz gearbeitet, an der Spitze mit Widerhacken oder mit Haifischzähnen versehen sind, die allerdings arge Wunden verursachen müssen. Nachdem meine Freunde sich hinlänglich an dem Anblick meiner Kajüte ergötzt, führte ich sie aufs Verdeck zurück, wo sich unterdeß noch einige Insulaner eingefunden hatten, die sich jetzt viel von ihren Kameraden erzählen ließen. Noch einmal beschenkte ich Alle, und erfreute den Rarick sehr durch eine rothe Schürze, die ich ihm um die Hüften band, wofür er mir sogleich eine Menge Cocosnüsse aus dem Canot holen ließ. Als er ans Land fahren wollte, lud er mich ein, ihn auf seinem Canot dahin zu begleiten, ein Vorschlag den ich annahm, während die Herren Gelehrten uns auf einem Boote folgten. Rarick führte uns in seine Wohnung, die sich von den übrigen nur durch ihre größere Geräumigkeit unterschied und bewirthete uns mit einem Getränk aus Pandanussaft, das süß und gewürzhaft schmeckte. Einer unserer Herren behauptete ein Stück Eisen gesehen zu haben, daß nicht von uns kam und als ich mich an den Ort begab, wo eben ein Canot gebaut wurde, fand ich wirklich ein Stück, das vier Zoll lang und zwei Zoll breit, von dem Baumelster als Handaxt gebraucht wurde. Ich bot meine ganze mimische Kunst auf, um zu erfahren, wo sie es her hätten; sie verstanden mich, und erklärten mir, daß aus NO ein dicker Balken hergeschwommen sey, um dessen Mitte sich ein eiserner Reif befunden, den sie abgenommen, in mehrere Stücke zerschlagen, und unter sich vertheilt hätten. Das Kiel zu dem neuen Boote, welches mit unendlichem Zeitaufwande vermittelst des kleinen Stückes Eises ausgehölt wurde, war gelegt und es muß wenigstens ein Jahr vergehen, ehe ein Boot von zwanzig Fuß Länge fertig ist. Das Kiel wird gewöhnlich vom Brodfruchtbaume verfertigt und sie würden gern das ganze Boot daraus bauen, wenn die Frucht davon nicht einen Theil ihrer Nahrung ausmachte; jetzt müssen sie sich mit Treibholz begnügen, das aus O von entfernten Inseln, oder von der Küste Amerikas hergetrieben wird, und zuweilen sehr schwer zu bearbeiten ist. Da sie mit ihren jämmerlichen Instrumenten keine lange Bretter hervorbringen können, so gebrauchen sie zur äußern Bekleidung der Böte, kleine Stücke Holz, die sie mit Cocosschnüren an einander befestigen. Diese Fahrzeuge scheinen beim ersten Anblick alt und zusammengeflickt, sie wissen aber alle Löcher und Zwischenräume so gut zu verstopfen, daß nur wenig Wasser hinein dringen kann; vielleicht werden ihnen in Zukunft die Böte besser gelingen; vermittelst des Beils und der Handaxt die ich ihnen schenkte, indem ich sie in dem Gebrauche dieser Instrumente unterwies. Rarick und einige Insulaner begleiteten mich auf einem Spaziergange durch die Insel, welche 5½ Meile im Umfange hatte. Es fehlte hier nicht an der schönsten Erde, die sogar an manchen Stellen kleine Hügel bildet. Brodfrucht und Pandanus findet man sehr viel und letztere gewähren einen ganz sonderbaren Anblick indem die nackten Wurzeln derselben einige Fuß über der Erde, dem Stamme das Ansehn geben, als stände er auf Füßen. Auf unserm Rückwege kamen wir an einer Hütte vorbei, worin ein altes Weib, gewiß von hundert Jahren, mir auffiel, dürr und vertrocknet, glich sie einer Mumie; die Last der Jahre hatte sie gebeugt, keinesweges aber ihre Zunge gelähmt, denn ihre Redseligkeit war unbeschreiblich; dabei schien ihr zahnloser Mund von witzigen Einfällen zu sprudeln, denn meine Begleiter lachten sehr. Kinder sahen wir viele, und das machte uns die geringe Bevölkerung noch räthselhafter und deutet wie die jungen Anpflanzungen der Cocosbäume auf eine ganz neue Ansiedelung der Menschen auf diesen Inseln. Einer meiner Begleiter, ein bejahrter Mann, der besonders viel natürlichen Verstand zu haben schien, gefiel mir durch sein Betragen sehr. Lagediack hieß mein neuer Freund und Lehrer, denn ich habe wirklich in wenigen Stunden mehr Worte von ihm gelernt, als von den andern in einigen Tagen. Ich hatte mir sein Vertrauen durch einige Geschenke erworben und suchte manches über diese Inseln von ihm zu erfahren, da er sich mir sehr verständlich zu machen wußte; so sagte er mir z. B. daß diese Insel Otdia heiße, und die ganze Gruppe nach ihr benannt würde. Es wurde mir von Tag zu Tage leichter, die hiesige Sprache zu verstehen, da es ihr, wie ich bald merkte, ganz an Verbindungs-Worten fehlte. Ich lud meinen Freund ein, mich morgen auf dem Schiffe zu besuchen, indem ich folgende Worte aussprach: Ildiu, Lagediack, Waedack, Oa (morgen Lagediack kommen Schiff) er verstand mich vollkommen, antwortete inga, (ja) und umarmte mich vor Freuden, daß ich seine Sprache verstand; ich glaube aber, daß meine Freude hierüber, noch die seinige übertraf, besonders als ich bemerkte, daß ich mir durch meine Gelehrigkeit das Zutrauen der Wilden erwarb. Ich beschloß einige Wochen auf Otdia zu verweilen, theils um von hieraus auf Böten die südliche Gruppe der Inseln zu untersuchen, theils aber auch um die Sprache und die Gebräuche dieses merkwürdigen Volks näher kennen zu lernen, denn immer dünkt es mich, bei Entdeckung eines Landes oder einer Insel sehr interessant, auch die Bewohner, ihre Sitten und Gebräuche zu studiren; zudem habe ich in der Folge keine Ursache gehabt, den Zeitverlust zu bedauern, da er mir gerade die Mittel zu neuen Entdeckungen in die Hände gab.

Den 21sten schickte ich nach Wasser, das sich auf Otdia in verschiedenen Gruben sammelt und sehr gut ist. Nachmittags besuchten mich zwei Böte, auf dem einen befand sich Rarick mit seinem Gefolge und auf dem andern der Chef von Egmedio, einer kleinen Insel südlich von Otdia, die sich durch ein Wäldchen von alten Cocosbäumen auszeichnet, welches in der Mitte der Insel liegt und hoch über alle andere Bäume hervorragt. Diese, die hohe Vogelinsel und noch eine, südlich von unserm Ankerplatze, sind drei feste Punkte, die sich dem Seefahrer darbieten, wenn er bei dem östlichen Theil der Inselgruppe anlangt. Die vielen und alten Cocosbäume auf Egmedio, machten es mir noch unerklärlicher, warum man erst jetzt deren Verpflanzung auf den übrigen Inseln anfing, da es doch schon lange hatte geschehen können.

Rarick stellte mir jetzt den Chef der Insel Egmedio vor, welcher Langin hieß; es war ein Mann über 36 Jahre, von mittlerer Statur und sehr schmächtig; sein ganzer Körper war tatuirt, seine Kleidung zierlich, sein Betragen bescheiden, nur fand ich ihn übertrieben furchtsam. Mein Freund Lagediack kam, seinem Versprechen gemäß, mit Rarick ans Schiff, und letzterer hatte heute schon den Muth sich zu dem Aufenthalt der Schweine führen zulassen, um sie genauer zu betrachten, war aber doch bei ihrem leisesten Grunzen zur Flucht bereit. Langin, der Furchtsamste von allen, hatte sich nicht so nahe gewagt, sondern war längs dem Tau auf den Mast geklettert und schauete von seiner Höhe auf sie herab. Mit meinem kleinen Valet waren sie schon so vertraut, daß sie mit ihm spielten, fing er aber aus Muthwillen an zu bellen, so hatte gleich alle Freundschaft ein Ende, und meine Gäste saßen alle in einem Nu auf den Wänten; Strickleitern, die in den Mastkorb führen und den Mast hatten. sie konnten sich während meines ganzen Aufenthalts bei ihnen, nicht an seine Lebhaftigkeit gewöhnen, besser gefiel ihnen ein anderer Hund, den ich in der Beringsstraße eingehandelt, durch sein Phlegma; dieser war von der Gattung die man in Kamtschatka zu Schlittenfahrten braucht, sein Fell glich dem, eines Eisbären; in einem kalten Lande geboren, konnte er die Hitze hier nicht ertragen und krepirte bald unter Convulsionen. Nachdem sich die Blicke der Wilden einigermaßen an den Gegenständen des Luxus gesättigt hatten, zog jetzt das Eisen sie an; ein so großes Stück wie z. B. eine Kanone oder ein Anker, schien ihnen ein unermeßlicher Schatz, und mit dem beständigen Ausruf: Möll! Möll! untersuchten sie alles genau. Ich beschenkte sie alle zu ihrer großen Zufriedenheit, besonders aber, die beiden Befehlshaber ausgenommen, den Lagediack, um mir seine Freundschaft immer mehr zu gewinnen. Er mußte sich zu mir setzen, und ich suchte meine ganze Sprachkenntniß hervor, um ihn zu fragen, ob außer dieser Inselgruppe ihm noch andere bekannt wären? Lange waren Reden und Pantomimem vergeblich, endlich aber verstand er mich doch, zeigte mit der Hand nach Süden, indem er sagte: inga eni cef-cef (ja Inseln dort) und meine Freude war doppelt groß, da ich meiner Sprachkenntniß die Entdeckung einer unbekannten Gruppe dankte. Ich befahl jetzt, den Peil-Kompaß aufzustellen, Alle versammelten sich gleich um das Instrument, das sie mit Aufmerksamkeit betrachteten; Lagediack besonders konnte seine Blicke nicht abwenden von der Magnetnadel, die sich, ohne berührt zu werden, drehete, und fragte mich wiederholt: wie das zugehe? Wie aber sollte ich ihm eine Erklärung über den Kompaß geben, selbst wenn er meiner Sprache vollkommen mächtig gewesen wäre; wie ihm Licht verschaffen über eine Sache, worin ich selbst noch erleuchtet zu werden wünschte? Daß das Gehäuse zu drehen war, während die Nadel immer dieselbe Richtung behielt, begriff er leicht, da er gleich ausfindig machte, daß die Nadel nach N und S zeigte. Ich bat ihn jetzt noch einmal, mir die Lage der unbekannten Inselgruppe zu zeigen und er ergriff sogleich den Kompaß, den er auf dem Statif so lange drehte, bis die Dioptern nach der verlangten Gegend gerichtet waren, indem er mir verständlich machte, daß die Inselgruppe dort läge. Die Richtung des Kompasses war SW, was ich sogleich auf der Tafel notirte. Das Schreiben war wieder eine neue Erscheinung, die sowohl ihre Aufmerksamkeit als ihr Nachdenken erregte. Ich suchte dem Lagediack begreiflich zu machen, daß alles was wir sprachen, auch auf die Tafel gebracht werden könne, schrieb seinen Namen hin und sagte: das ist Lagediack; er war sehr erschrocken, sich in so wunderbaren Figuren dargestellt zu sehen und schien zu fürchten, daß er durch Zauberei von nun an eine solche Gestalt annehmen müsse; die Andern lachten herzlich über den närrischen Lagediack auf der Tafel, während er selbst mit großer Angst die furchtbare Verwandlung erwartend, dastand. Ich erlöste ihn bald aus dieser peinlichen Lage, indem ich seinen Namen auslöschte; er umarmte mich voll Dankbarkeit und bat mich, jetzt den Langin auf die Tafel zu bringen; dieser aber, der meine Hexerei immer nur aus der Ferne zitternd angesehen, lief bei diesem Vorschlage unter lautem Geschrei an die andere Seite des Schiffs, wo er sich verbarg; seine Kameraden lachten ihn aus und meine Zauberei hatte für heute ein Ende. Ich suchte noch dem Lagediack begreiflich zu machen, daß er mir die ganze Inselgruppe Otdia auf die Tafel zeichnen möchte; er nahm auch den Griffel und zeichnete die Gruppe kreisförmig hin, wobei er unter dem Winde derselben fünf Durchgänge andeutete, die er Tier nannte; hierauf drehte er die Dioptern des Kompasses nach der hohen Insel in SW mit den Worten: ef-ef, ruo Tier (dort zwei Durchgänge); diese Nachricht war mir um so erfreulicher, da wir nun nicht nöthig hatten, denselben Weg zurück zu machen und vielleicht in unserer Nähe eine Passage fänden, die bequemer und sicherer wäre, als die Ruricksstraße. Lagediack mußte nun auch die andere Inselgruppe, welche er Enegup nannte, hinzeichnen, und er machte wieder einen Kreis von siebenzehn Inseln, der mit einigen Passagen unter dem Winde versehen war, zeigte darauf nach O und machte mir klar, daß, wenn man mit Aufgang der Sonne hier absegelte, man bei ihrem Untergange schon da seyn könnte. Nach dieser Beschreibung lag sie also nur in geringer Entfernung von Otdia, und ich zweifelte gar nicht mehr daran, sie ohne alle Schwierigkeit zu entdecken. Mein Freund erzählte mir noch, daß auf Enegup auch Pandanus (Bob) Brodfrucht (Mia) und Cocos (Ni) wüchsen; von der Bevölkerung aber brachte er mir eine sehr geringe Idee bei, indem er versicherte, daß sich da nur ein alter Mann mit drei Weibern befände. Der Alte war also nur Beherrscher seiner Weiber, oder vielleicht gar selbst ein dreifach Beherrschter. Als unsere Gäste das Schiff verließen, schenkte ich dem Lagediack noch ein Beil, das ihm Rarick beinah beneidete und wir schieden freundschaftlicher als je von einander. Einige unserer Herren hatten ihre Namen vertauschen müssen, Langin, der eine besondere Freundschaft zu dem Lieutenant Schischmareff gefaßt, nannte sich nach ihm: Timaro, und Chamissos Freund hieß Tamiso; anders die Namen auszusprechen, war ihnen unmöglich.

Ich wollte einen Tag abwarten, an dem der Wind frisch wehte, um die Durchgänge in SW zu untersuchen, und da ich schon lange den Plan gehabt hatte, auf Otdia einen Garten anzulegen, wo ich die Sämereien von den Sandwich-Inseln in Gegenwart der Einwohner aussäen könnte, so fuhr ich Nachmittags mit Herrn von Chamisso hin, um ein Stück Land zu diesem Zwecke auszusuchen. Neben Raricks Wohnung fanden wir einen freien Platz, in der Nähe einer Wassergrube, der diesem Zweck entsprach; die Erde war sehr schön und morgen wollte ich ihn bearbeiten. Auf dem Rückwege sahen wir wieder ein Begräbniß, ganz dem auf der Insel Ormed gleich, rund herum mit Cocosbäumen bepflanzt und man sagte mir, hier läge ein Tamon.

Den 22sten Morgens besuchten uns mehrere Canots, die uns Cocosnüsse mitbrachten; bei jedem Besuch der Einwohner, versuchte ich ihnen die Furcht vor den Schweinen zu verringern, weil ich diese bald ans Land zu bringen beschloß. Gleich nach Tische fuhr ich mit Herrn von Chamisso und mehreren Matrosen mit Schaufeln zur Insel, um frisch die Hand ans Werk zu legen, und den neuen Garten noch vor unserer Abreise zu vollenden. Rarick, Lagediack und viele Bewohner Otdias, sahen uns voll Neugierde zu, die Schaufeln erregten ihre Aufmerksamkeit, aber umsonst war mein Bestreben, ihnen meine Absicht begreiflich zu machen; sobald indeß unser Werk so weit vorgerückt war, daß wir die Sämereien zur Hand nahmen, schien ihnen ein Licht aufzugehn. Während einige Matrosen die Erde gruben und fein rieben, machten die andern einen Zaun, an dem Lagediack mitarbeitete, ohne daß es ihm geheißen war. Nach und nach hatten sich alle Otdianer um uns versammelt, und staunten hauptsächlich den Zaun an, dessen Bestimmung das glückliche Völkchen nicht kannte. Nachdem ein Theil des Gartens bearbeitet und einiges gesäet war, gaben wir dem Lagediack zu verstehen, daß sie hier Pflanzen und genießbare Früchte zu erwarten hätten, und ein gewaltiger Freudensprung bewies, daß er uns verstanden. Er begann jetzt laut dem Volke unsere Absicht zu erklären, alle hörten ihn mit gespannter Aufmerksamkeit an, und als er seinen weitläuftigen Vortrag geendigt, ward der Jubel allgemein. Wir endigten nach einigen Stunden für heute unsere Arbeit, um den Zuschauern keine Langeweile zu machen, und ich erklärte dem Lagediack noch, daß der Garten nur ihm und Rarick gehöre, und der Zaun dazu da sey, jedem andern den Weg zu versperren; auch dieses machte er sogleich bekannt, fühlte sich hoch geehrt in dieser Auszeichnung und schlang zwei verschiedene Knoten Mit diesen Knoten aus Pandanusblättern bezeichnen sie ihr Eigenthum; an der Beschaffenheit derselben wird der Eigenthümer erkannt; besonders oft findet man sie an Bäumen. aus Pandanus-Blättern, die sein und Raricks Zeichen bedeuteten; diese wurden an den Zaun gehängt, zum Beweis, daß Beide Besitzer des Gartens wären. Ich hatte während wir arbeiteten den Thee ans Land bringen lassen, und wir gingen jetzt zu Raricks Wohnung, wo der Kessel schon auf dem Feuer stand, um den sich die Eingebornen versammelten, das kochende Wasser betrachtend, das ihnen lebendig schien. Im Schatten der Palmen wurde die Serviette auf die Erde gebreitet, und wieder zogen sich Alle um dieses neue Wunder mit einem lauten O–h; als wir aber gar den Thee zu bereiten anfingen, da war des Redens und Lachens kein Ende und es entging ihnen keine unserer Bewegungen. Der Thee war fertig, und ihre Neugier, als sie uns trinken sahen, nicht zu beschreiben; ich bot dem Rarick eine recht süße Tasse, die er nur auf vieles Zureden an die Lippen zu bringen wagte; unglücklicherweise war der Thee noch heiß, er verbrannte sich den Mund und ich rettete mit genauer Noth meine Tasse, die er fortschmeißen wollte. Gleich einem elektrischen Schlage theilte der Schreck sich mit, und alle waren im Begriff davon zu laufen; endlich entschloß Rarick sich doch, ihn zu kosten, die andern sahen ihn voll Erstaunen an, und als er den Thee wohlschmeckend fand, wollten alle davon haben, und bewiesen durch lautes Schnalzen wiewohl er ihnen gefiel; auch Zwieback aßen sie gern dazu, der Zucker aber trug den Preis davon. Von Süßigkeiten sind alle Eingeborenen große Liebhaber und ihre Hauptnahrung, die sie aus der süßen Pandanus-Frucht ziehen, mag Schuld seyn, daß selbst Kinder von zehn Jahren selten gesunde Zähne haben, die ihnen im mittlern Alter schon fast gänzlich fehlen. Es war heute das erste Mal, daß die Einwohner sich entschlossen, von unsern Lebensmitteln zu kosten, ein Beweis, wie sehr ihr Vertrauen zugenommen, leider aber entwickelte sich auch mit dem Zutrauen der Hang zum Stehlen, und Rarick selbst ging mit diesem bösen Beispiel vor: die blanken silbernen Löffel stachen ihm so sehr in die Augen, daß er einen davon im Gürtel zu verbergen suchte, er wurde aber, da wir es bemerkten, noch durch einen Scherz daran verhindert. Ein kupfernes Maaß, dessen sich die Matrosen zum Wassertrinken bedienten, ward vermißt, und erst nach langem Suchen, wohlversteckt in einem Gebüsche gefunden. Da uns bis jetzt nie etwas gefehlt hatte, so war ich überzeugt, dieses Laster sey den Insulanern fremd; um so unangenehmer wurde ich heute davon überrascht. Ich äußerte meine Unzufriedenheit gegen die Anwesenden und befahl meinen Leuten in Zukunft aufmerksamer zu seyn, damit unsere Freunde nicht in Versuchung geführt würden.

Am 23sten Morgens besuchten uns Rarick und Langin mit einem zahlreichen Gefolge; sie brachten uns Cocosnüsse, und wurden freundschaftlich wie immer empfangen. Ganz unbefangen gingen sie jetzt schon überall umher, nur die Kanonen reizten noch ein wenig ihre Aufmerksamkeit und sie meinten, daß diese bei uns die Stelle ihrer Muschelhörner verträten, ohne zu ahnen, welch ein fürchterliches Mordgewehr sie vor sich hatten. Dem Einen von Langins Begleitern, der in der Kajüte ein Messer gestohlen, ward es wieder abgenommen; er schämte sich gewaltig, Langin war sehr aufgebracht und verließ uns, um auf seine Insel zu fahren, wohin er uns einlud. Nachmittags fuhren wir ans Land, um den Garten zu vollenden, und beim ersten Blick fiel uns hier die Verwüstung auf, welche die Ratten angerichtet; selbst durch unsere Gegenwart ließen sie sich nicht stören, indem einige den Samen ausgruben und andere mit ihrer Beute davon liefen. Ich machte dem Lagediack begreiflich, daß der ganze Garten zerstört werden würde, wenn sie ihn nicht bewachen ließen, und bald waren die Diebe mit Knitteln und Steinen verjagt. Wir brachten die Verwüstungen in Ordnung und bepflanzten den übrigen Theil noch mit Arbusen, Melonen, Mais, Bohnen, Erbsen, Zitronen und Jams. Daß alles genießbar wäre, hatte Lagediack wohl begriffen, nur die Art der Zubereitung mußte ihm noch erklärt werden; eine gebackene Jamswurzel, die ich noch hatte, ließ ich vertheilen, und sie fanden den Geschmack derselben so lieblich, daß sich dadurch ihr Interesse für den Garten sehr vermehrte. Wir theilten noch eine Menge Sämereien aus, die sie nach Belieben einlegen konnten; Herr von Chamisso ist unermüdlich gewesen, hier sowohl als auf allen übrigen Inseln, die wir in verschiedenen Gegenden berührten, allerlei auszusäen und ich bin überzeugt, daß seine Mühe nicht fruchtlos gewesen seyn wird. Wir kehrten nach vollendeter Arbeit, mit dem Gefühle, ein nützliches Werk vollbracht zu haben, aufs Schiff zurück, und schon jetzt war unsere kleine Mühe durch die Dankbarkeit der Insulaner belohnt, die sich mit Liebe an uns schlossen. Die Nahrung der Bewohner dieser Inselgruppe besteht in dieser Jahrszeit einzig aus Pandanusfrüchten, und nur als Leckerbissen betrachten sie die Cocosnüsse, deren es hier nur wenige gibt. Da aber der Pandanus wenig Nahrhaftes enthält, und keinesweges im Ueberfluß vorhanden ist, so kann man sich eine Idee von ihrer frugalen Kost machen, die ihnen indeß zuzusagen scheint, da sie bei außerordentlicher Gesundheit ein hohes und heiteres Alter erreichen. Eine dreifache Zunahme der Bevölkerung müßte hier eine Hungersnoth hervorbringen, der wir jetzt durch unsere Sämereien vorgebeugt zu haben hoffen dürfen. Es ist auffallend, daß sie den Fischfang so ganz vernachläßigen; nur ein Paar Mal, habe ich während unsers Aufenthalts die Leute an den Riffen eine Gattung kleiner Fische angeln sehen. Ein Hahn und eine Henne, die letzten Ueberreste unsers Geflügels, schenkte ich dem Lagediack, dessen Freude uns über den Verlust des Bratens tröstete.

Den 24sten Januar. Heute wurde die Schmiede am Lande aufgestellt, da verschiedenes Eisenwerk der Reparatur bedurfte. Die Neuheit des Schauspiels lockte alle Einwohner herbei, welche mit Erstaunen das Aufstellen der Maschine betrachteten; als aber der Blasebalg wirkte, die Kohlen glühten, und das geschlagene Eisen feurige Funken sprühte, da ergriffen die Männer ihre Weiber, diese ihre Kinder, und alles entfloh. Lagediack war der Erste, der sich von seiner ungegründeten Furcht überzeugen ließ; um ihn mit dem Nutzen der Schmiede bekannt zu machen, wurde eilig eine hübsche Harpune verfertigt, die ich ihm schenkte, und seine Freude darüber war unbeschreiblich. Die Harpune hoch über den Kopf haltend, rief er mit lauter Stimme seine Kameraden herbei, die durch sein Beispiel ermuthigt, sich auch wieder versammelten. Ich ließ in ihrer Gegenwart noch eine Harpune für den Rarick und einige Fischhacken für meine Günstlinge schmieden, und ihre Ergebenheit wuchs in dem Grade, als jede neue Kunst uns in ihren Augen erhob. Da die Schmiedearbeiten erst in einigen Tagen beendigt werden konnten, so ließ ich sie unter Aufsicht des Schmieds am Lande, und Lagediack versprach zu sorgen, daß während der Nacht nichts gestohlen würde. Herr von Chamisso blieb ebenfalls diese Nacht in Raricks Wohnung, um noch einige Gebräuche der Insulaner kennen zu lernen.

Den 25sten. Die Nacht war am Lande ruhig verstrichen und Niemand hatte gewagt, sich der Schmiede zu nähern. Als am Morgen die Arbeit wieder begann, trat plötzlich ein alter Mann hervor, ergriff rasch ein Stück Eisen und wollte sich eilig damit entfernen; seine Kameraden aber, die es bemerkten, setzten ihm mit dem Ausruf: Cabuderi! (stehlen) nach, holten ihn bald ein, und mußten ihm seine Beute, die er gutwillig nicht hergab, mit Gewalt abnehmen. Ohne die geringste Verlegenheit nahm er seinen Platz wieder ein, wüthete gegen alle, die ihm nachgesetzt und suchte gleich darauf sich eines andern Stücks zu bemächtigen, worauf er denn ganz fortgeschickt werden mußte. Man konnte diesen Alten, der von einer andern Insel zum Besuch da war, nicht eigentlich einen Dieb nennen, da er seinen Raub öffentlich beging; denn offenbar versuchte er nur, das Recht des Stärkern zu üben.

Schon seit einigen Tagen haben wir anhaltend NW Wind mit öfterem Platzregen, der mich verhindert, die von Lagediack angezeigte Passage zu untersuchen.

Den 26sten. Heute wurden die Schweine, an deren Anblick die Insulaner jetzt ziemlich gewohnt waren, ans Land gebracht und dem Rarick geschenkt, neben dessen Wohnung ein kleiner Platz für sie eingezäunt war. Ein Matrose mußte einige Tage am Lande bleiben, um sie in der Behandlung dieser Thiere zu unterrichten. Von der Sau ließ sich eine baldige Vermehrung hoffen. So lieb aber auch dem Rarick das Geschenk war, so getraute er sich doch nicht in die Nähe, als beim Landen ihr furchtbares Grunzen an seine Ohren schlug und die Weiber vollends, welche nie am Schiff gewesen, und die Thiere nur durch den Bericht der Männer kannten, liefen bei ihrem Anblick in den Wald. Ich durchstrich mit meiner Flinte die Insel, in der Hoffnung, irgendeinen Landvogel zu schießen, fand aber außer sehr wenigen wilden Tauben, keinen einzigen. Rarick und Lagediack begleiteten mich, ohne meine Absicht zu ahnen und um eine kleine Probe zu machen, zeigte ich ihnen einen Strandläufer (eine Gattung Wasserschnepfen) der fünfzig Schritt von uns entfernt, am Ufer stand, und schoß ihn nieder; in dem Augenblick aber mußte ich meine Unbesonnenheit bereuen, denn beide lagen ausgestreckt zu meinen Füßen und wimmerten laut, indem sie ihre Köpfe tief ins Gras steckten. Nur nach vielen Versicherungen, daß ihnen kein Leid geschehen, standen sie auf, zitterten aber heftig und sahen sich scheu nach der Flinte um, die ich an einen Baum gelehnt. Der Anblick des blutenden Vogels war nicht geeignet, aus dem Vorfall einen Scherz zu machen; sie blieben mißtrauisch und furchtsam, und liefen davon als sie sich einen Augenblick unbemerkt glaubten. Es hat mir viele Mühe gekostet, ihr Zutrauen wieder zu gewinnen und nie durfte ich mich mit der Flinte blicken lassen.

Den 28sten Januar. Um sieben Uhr Morgens verließ ich in Gesellschaft aller unserer Herren Gelehrten auf zwei Booten, die für drei Tage mit Lebensmitteln versehen waren, das Schiff, um das schöne Wetter zur Untersuchung der bewußten Passage zu benutzen. Zuerst fuhren wir nach Langins Insel Egmedio, wo wir nach einer Stunde eintrafen und aufs freundlichste von ihm empfangen wurden. Er führte uns sogleich in seine Hütte, seine Frau mußte allerlei herbeischaffen, um uns zu bewirthen, und er selbst konnte nicht aufhören, seine Freude über unsern Besuch an den Tag zu legen. Langin, der uns hier als ein gastfreier herzlicher Mann erschien, übertraf den Rarick, der dem ersten angenehmen Eindruck nicht entsprach, indem der Hauptzug seines Charakters, die Habsucht, sich grell aussprach. Die Bevölkerung auf Egmedio bestand nur aus Langin, seiner Frau und zwei Männern, die ihm unterthan schienen. Wir wußten jetzt schon aus eigener Erfahrung, daß die ganze Inselgruppe sehr menschenarm war; der südliche Theil derselben ist ganz unbewohnt. Man kann sich keinen Grund von dieser geringen Bevölkerung denken, als daß entweder erst vor Kurzem einige Menschen von entfernten Inseln hierher verschlagen, oder daß sie sich freiwillig vielleicht von überbevölkerten Inseln, hier niedergelassen haben. Langin führte uns auf seinem Eigenthume herum, das sich durch die schon erwähnten hohen Cocosbäume von den andern Inseln unterscheidet. Als wir, um nachher ohne Aufenthalt an den Ort unserer Bestimmung zu gelangen, ein Frühstück zu uns nahmen, war Langins Erstaunen, uns mit Messer und Gabeln von einem Teller essen zu sehen, sehr groß; er bemerkte, daß die Fliegen mich beim Essen störten, und befahl sogleich einem seiner Leute, sie mit einem Palmenzweige zu verscheuchen, eine Aufmerksamkeit, die mich von einem Wilden angenehm überraschte.

Um 1 Uhr Nachmittags hatten wir die Passage neben der hohen Insel erreicht, deren Breite an der schmalsten Stelle hundert Faden betrug; ihre Tiefe war unregelmäßig und verringerte sich von zwanzig bis fünf und an manchen Stellen bis auf drei Faden; die Insel bestand aus verschiedenartigen spitzen Korallen. Es war gerade die Zeit der Ebbe, der Strom lief mit ziemlicher Gewalt aus der Gruppe, wir ließen uns durch die Enge ins Meer treiben und kaum waren wir hindurch, so war mit dem Senkblei kein Grund mehr zu erreichen. Mit dem Rurick hindurch zu kommen, war zwar möglich, aber doch gefährlich. Ein starker Wind, der sich jetzt erhob, erlaubte uns heute nicht mehr, den zweiten Durchgang, der nach Lagediacks Beschreibung in W liegen mußte, zu untersuchen; ich verschob es also auf einen günstigern Tag, nannte diesen Lagediack, und wir traten den wegen des contrairen Windes sehr beschwerlichen Rückweg an. Es war unmöglich noch diesen Abend den Rurick zu erreichen, und wir sahen uns genöthigt auf der großen Insel, welche von Egmedio in S liegt, zu übernachten. Glücklicherweise kam uns hier einer meiner Günstlinge, der immer freundliche Labugar entgegen, brachte uns Cocosnüsse und Pandanus, und kündigte uns an, daß wir an seiner Insel gelandet, die er mit seiner Familie und einem alten Manne allein bewohne. Unser Lager ward am Ufer aufgeschlagen, um die Abendmahlzeit zu bereiten, und Labugar vertrieb uns mit seinem alten Freunde bis zum Untergang der Sonne die Zeit. Als wir am Morgen die Augen aufschlugen, saß Labugar nebst seiner Familie zu unsern Füßen und erwartete geduldig unser Erwachen, um uns ein Geschenk mit rein gemachten Cocosnüssen zu machen. Diese zarte Aufmerksamkeit rührte und erfreute mich. Bei einem Spaziergange fand ich ein Stück Holz, offenbar ein Glied von einem Schiffe, worin sich noch einige verrostete Nägel befanden. Gegen Mittag erreichten wir den Rurick.

Den 30sten Januar. Ich schickte heute einen Theil meiner Mannschaft ans Land, um Holz zu fällen, wovon wir jetzt einen großen Vorrath nöthig hatten, da weder in Unalaska noch in der Berings-Straße welches zu bekommen war. Als ich selbst ans Land kam, erzählte man mir, daß ein Eimer mit eisernen Bänden gestohlen sey; um einen zweiten Versuch der Art vorzubeugen, beschloß ich dießmal streng zu seyn; ich forderte den Rarick ernsthaft auf, mir sogleich den Dieb sammt seiner Beute herbei zu schaffen, und dieser, sehr erschrocken über mein Gesicht, daß er noch nie so verdrießlich gesehen, versicherte, den Vorfall schon erfahren, und dem Diebe, der sich auf eine andere Insel geflüchtet, bereits nachgeschickt zu haben. Ich war mit dieser Erklärung zufrieden, habe aber später Ursache gehabt zu glauben, daß er selbst mit einverstanden war.

Den 31sten. Ich erfuhr heute zu meinem Verdruß, daß der Eimer noch nicht abgegeben war. Rarick, der mit seinen Leuten beschäftigt war, ein Boot zu bauen, schien verwirrt, als ich nach dem Diebe fragte; er wandte sich verdrießlich an einen seiner Leute, der am Schluß eines sehr langen Gesprächs aufsprang und ins Gebüsch lief; dieses ist der Dieb, sagte Rarick, er wird das Gestohlene gleich holen. Zu meiner Freude las ich auf den Gesichtern aller Anwesenden, und besonders des Lagediack die größte Mißbilligung. Nach zehn Minuten kehrte der Dieb mit seinem Raube zurück, und obzwar seine widerwärtige Phisionomie mich schon aufbrachte, so ward ihm dennoch die Strafe erlassen. Nach der Erklärung, daß künftig jeder Diebstahl streng gerügt werden würde, fuhr ich nach dem Rurick zurück, wo wir uns eben zu Tische setzen wollten, als Labugar und Rarick mit einer alten, sehr geschwätzigen Frau, die zu seiner Familie gehörte, bei uns erschienen. Diese unliebenswürdigste ihres Geschlechtes, war das erste Weib von dieser Gruppe, welches das Schiff zu besteigen wagte. Wir luden unsere Gäste zur Tafel, die beiden Männer stiegen gern in die Kajüte, die Alte aber nahm auf der Schanze am Fenster Platz, durch welches sie zu uns hinein sah. Der lustige Labugar aß was man ihm vorlegte, fragte bei jeder Speise: was ist das? hatte sie aber schon verschlungen, ehe man ihm antworten konnte, und sorgte für gute Verdauung durch herzliches Lachen; selbst das Salzfleisch, wovon wir ihm sagten, daß es von solchen Thieren sey, wie sie deren zwei am Lande besäßen, behagte seinem Gaumen. Rarick war anfangs mäßig, als er aber sah, wie gut es dem Labugar schmeckte, trug auch er weiter kein Bedenken, sich den Magen stark zu füllen. Alles was der alten Frau durchs Fenster gereicht würde, verwahrte sie sorgfältig, indem sie den Mund weit aufsperrte, um uns zu zeigen, daß sie keinen Zahn mehr habe; wenn aber dieser Mangel sie auch am Kauen hinderte, so war ihr Mund um so thätiger in ewiger Geschwätzigkeit. Am Wein fand Labugar ganz besonderes Behagen, er freute sich zu fühlen, wie dieser ihm bis in den Grund des Magens drang, und hielt sich den Unterleib, damit er nicht wieder heraus laufen möchte; nachdem er zwei Gläser davon getrunken, trieb er die albernsten Possen. Um unsere Gäste hoch aufzunehmen, begann nach der Tafel ein Conzert. Es traten drei Matrosen in die Kajüte, mit Violin, Flöte und Tamburin, lauter Stümper in ihrer Kunst, unsern Wilden indeß schien es, als stiegen die Himmlischen hernieder, um die armen Sterblichen zu vergnügen. Die meiste Aufmerksamkeit erregte die Violine; daß der Ton derselben, durch den Bogen hervor gebracht wurde, glaubten sie nicht und hüteten sich wohl, dem Zauberinstrumente zu nahe zu kommen. Nachdem sie noch beschenkt waren, verließen sie in fröhlicher Stimmung das Schiff. Nachmittags fuhren wir ans Land, und ich sah zu meiner Freude, wie in dem Garten schon einige Sämereien aufgingen. Chamisso machte mich aufmerksam auf kleine Gärten, die hier und da von Einwohnern angelegt waren. Wir konnten hier im eigentlichsten Sinne des Worts sagen: der Same war auf guten Boden gefallen, und versprach für die Zukunft herrliche Früchte.

Den 2ten Februar. Nachdem wir heute starken östlichen Wind mit Regen gehabt, klärte es sich gegen Abend auf, und ich benutzte das gute Wetter, um meinen Freund Lagediack zu besuchen, durch den ich mir die geographische Lage der Inselgruppe Eregup deutlich wollte beschreiben lassen. Wirklich fiel er auf eine sehr sinnreiche Methode, mir einen genauen Begriff davon beizubringen; er zeichnete nämlich auf den Sand einen Kreis hin, der ungefähr die Form der Gruppe Otdia hatte, besetzte den Umfang derselben mit großen und kleinen Steinen, welche die Inseln vorstellten, und nachdem er auch die Durchgänge angezeigt, sagte er: das ist Otdia. Die Inselgruppe Eregup, welche er mir auf dieselbe Art versinnlichte, meinte er, müßte ich erreichen, wenn ich eine Tagereise nach SW gemacht. Ich habe später seine Angabe sehr richtig gefunden. Jetzt suchte ich noch herauszubringen, ob, wenn man nach NOS oder W segelte, noch auf Inseln stoßen würde? Er verstand mich zu meiner Freude, schleppte wieder eine Menge Steine herbei, und begann, nördlich von Otdia, drei etwas kleinere Gruppen zu bezeichnen, deren Zwischenräume immer eine, die letzte aber zwei Tagereisen betrug, und nannte diese Ailu, Udirick und Bigar. In der Entfernung einer Tagereise bezeichnete er nach NW noch eine, der er den Namen Ligieb beilegte. Als er im Norden fertig war, ging er nach S über, zeigte dort noch fünf Gruppen an, deren Zwischenräume ebenfalls 1-2 Tagereisen betrugen, und nannte diese Kawen, A-ur, Mediuro, Arno und Mille. Mehr von diesen Inselgruppen zu erfahren, gestattete meine geringe Sprachkenntniß nicht, aber auch diese Nachrichten waren mir sehr lieb und verschafften dem Lagediack reichliche Geschenke. Ich beschloß jetzt Otdia sobald als möglich zu verlassen, um meine Untersuchungen fortzusetzen; die Kutusofs- und Suworofs-Inseln lagen nach unserer Berechnung, fast in derselben Länge mit Otdia, die Breite war nur 1½º verschieden, und ich zweifelte nicht, daß sie sich unter der in N angegebenen Gruppe befänden.

Den 3ten fertigte ich um sechs Uhr Morgens den Lieut. Schischmareff auf der Barkasse ab, um den zweiten Durchgang zu untersuchen, und dieser kehrte Abends mit der Nachricht zurück, daß die Passage sehr sicher, und die engste Stelle 150 Faden breit sey; die Mitte hatte er grundlos und in der Nähe des Riffs 11 Faden Tiefe gefunden. Sehr erfreut über diese Nachrichten, befahl ich, den Rurick in segelfertigen Stand zu setzen, um Otdia in wenigen Tagen verlassen zu können. Diesen Mittag hatte ich noch einen unangenehmen Vorfall; Lagediack nämlich war bei Tische unser Gast; seinem Begleiter aber, (der Dieb des Eimers) wurde der Eingang in die Kajüte versagt, und er mußte sich auf der Schanze am Fenster mit dem Zusehen begnügen. Voll Mitleid reichte ihm Lagediack manchen Bissen, diesem aber gefielen die blanken Messer mehr als alle Speisen, er bat sich eins zum Anschauen aus, und steckte es, da wir ihn absichtlich nicht zu bemerken schienen, in seinen Gürtel; in der Hoffnung, daß er es wieder herausgeben werde, schwieg ich, als aber Lagediack ans Land fahren wollte und der Dieb im Begriff war, sein Canot zu besteigen, gab ich das verabredete Zeichen; vier Matrosen ergriffen ihn, und indem sie ihm das Messer abnahmen, streckten sie ihn nieder und bestraften ihn tüchtig. Lagediack erschrack heftig, bat für seinen Freund und wiederholte oft: Cabuderi emo Aidaro (Stehlen nicht gut); dieser aber begab sich nach der Execution gelassen in sein Canot und schien nur zu bedauern, daß er um das Messer gekommen war. Am Lande hatte man über diesen Vorfall sehr gelacht, und Nachmittags besuchten mich Rarick und Lagediack noch einmal und brachten Cocosnüsse und gebratene Fische mit, zum Beweis, daß sie mein Verfahren nicht mißbilligten. Ich kündigte jetzt meinen Freunden an, daß wir sie bald verlassen würden, was sie unangenehm zu überraschen schien. Lagediack wollte durchaus wissen, wohin wir gingen, und ob wir bald zurückkämen? Meine Antwort, daß wir zuerst nach Eregup und Kawen segeln wollten, um die Leute dort mit Eisen zu beschenken, und darauf ihre Inseln ganz verlassen würden, betrübte Alle sehr, besonders verdoppelte Lagediack seine Zärtlichkeit, indem er mich unaufhörlich umarmte. Er theilte mir seine Empfindung mit, auch mir war zu Muthe, als verließe mich ein alter Freund, wie er erst nach Sonnenuntergang mit Rarick von uns ging.

Den 6ten Februar. Die schnell verbreitete Kunde von unserer Abreise, zog uns eine Menge Abschiedsbesuche zu. Heute, als am letzten Tage unsers Hierseyns verließen meine besten Freunde das Schiff gar nicht mehr, und ich erfreute den Rarick und Langin noch mit kleinen Stücken Segeltuch zu ihren neuen Böten. Nachmittags besuchte uns der alte ehrwürdige Chef der Insel Ormed; dieser Greis ward von uns allen sehr geliebt und jetzt reichlich beschenkt; einen alten Rock mit blanken Knöpfen zog er an, sobald er ihn erhielt. Zum letzten Mal freute ich mich heute noch am Lande unsers Gartens, wo alles herrlich gedieh, und mit Thränen im Auge verließen uns nach Sonnenuntergang Lagediack und Rarick.

Observationen gemacht bei der Insel Otdia.

Das Mittel unserer täglichen Observationen, gab für die Breite unsers Ankerplatzes 9º 28' 9" N
Das Mittel aus 300 Abständen zwischen Sonne und Mond an verschiedenen Tagen genommen,
für die Länge desselben
189º 43' 45" W.
Declination der Magnetnadel 11º 38½' O.
Der mittlere Stand des Thermometers 82º Fahrenheit.
Der mittlere Stand des Barometers,
der sich überhaupt während unseres ganzen Aufenthaltes nur um wenige Linien verändert hatte
29º 7 Zoll.

Da das niedrige Land hier seinen Einfluß auf die Atmosphäre hat, so steigt und fällt der Barometer so gleichmäßig, wie es gewöhnlich zwischen den Tropen zu geschehen pflegt. Das Mittel unserer Beobachtungen bei Otdia gab für die Zeit der hohen Fluth im Voll- und Neumonde 2 Stunden 30 Minuten, die höchste Differenz der Wasserhöhe stieg auf 7 Fuß.

Diese Gruppe, welche aus 65 Inseln besteht, nannte ich Rumanzof.


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