Leopold Kompert
Gottes Annehmerin
Leopold Kompert

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Sabbath war gekommen. Die Wintersonne strahlte freundlich in die Stube, wo der Sterbende lag. Zender war in die Synagoge gegangen. Da bemerkte die alte Chaje, wie sich das Antlitz des bis dahin ruhigen Kranken plötzlich verzerrte; alle Schrecken des Todes lagen darauf. Die Augen waren mit entsetzlicher Erweiterung aus ihren Höhlen getreten.

»Die Thür«, schrie er krampfhaft, »die Thür!«

Die alte Chaje suchte ihn zu beruhigen, aber die Aufregung des Sterbenden wuchs immer mehr.

»Das Kind hat ja nichts... ohne Thür!« knirschte er zwischen den Zähnen, und suchte sich, todtschwach, wie er war, im Bette aufzurichten.

Dann schloß er die Augen und lag einige Minuten in anscheinender Regungslosigkeit da. Mit einem Male öffnete er wieder die Augen, sie waren klar, und schon glaubte Chaje, die Besinnung sei dem Kranken wiedergekehrt. Als sie aber seine Hand faßte, strömte ihr eine eisige Kälte entgegen.

»Chaje«, sagte plötzlich Josel mit gänzlich veränderter Stimme, denn sie klang voller und kräftiger, als sie sie jemals vernommen, »Chaje, gib mir Deine Hand darauf, Du wirst mein Kind nicht vergessen, denn man nennt Dich nicht umsonst die Annehmerin. Vor Allem aber gib Acht auf die Thür... man hat mir groß Unrecht gethan... die Thür...«

Noch ehe er den Schlußsatz vollenden konnte, war er todt.

Anfangs war die alte Chaje trotz ihrer starken Natur aufs Äußerste erschrocken. Sie hatte zwar ihren ›Sarwer‹ sterben gesehen, aber wie ganz anders waren die letzten Augenblicke dieses feinen und wohlerzogenen Menschen, verglichen mit denen, die sie soeben erlebt hatte? Sie hatte ein Vermächtniß vernommen, – hatte es ihr der Fiebertaumel eines mit dem letzten Strohhalm des Daseins Ringenden zugerufen? Sie fühlte etwas wie kalte Schauer über sich hinrieseln; aber die alte Chaje war kein Weib der Furcht. Sie wußte nur das Eine in diesem Augenblick: daß jemand ihre Annehmerschaft aufgerufen hatte und daß auf den Lippen eines Todten noch die Worte schwebten, die ihr ein hilfloses Kind auf die Seele banden.

Nach diesem Kinde sah sie sich zuerst um; sie hob es auf ihre Arme und stellte sich mit ihm gerade vor die Leiche hin.

»Hast Du schon einmal Schmah Jisroel gesagt?« fragte sie, indem sie dem kleinen Mädchen fest in die großen Augen sah.

»Alle Tage zweimal«, antwortete das Kind, nicht ohne Verwunderung die strenge Frau mit dem starkknochigen Antlitz anblickend.

»So sag's!« gebot Chaje.

Ohne Widerstreben ließ sich das Kind herbei, die verlangte Gebetformel Wort für Wort herzusagen.

»Jetzt ist's gut«, meinte dann Chaje, »jetzt hast Du Deinem Vater einen Gefallen gethan; denn er hat es vielleicht doch noch gehört, wie gut Du Dein ›Schmah Jisroel‹ kannst. Von künftig an wird er Dich nicht mehr hören. Dafür aber werde ich Deine Mutter sein, und Du wirst mein Kind sein, und wenn Du mir folgen und gehorchen wirst und wirst mich als Deine Mutter ansehen, so sollst Du es niemals empfinden, daß Dein Vater Josel und Deine Mutter draußen auf dem ›guten Ort‹ liegen. Übrigens weiß ich nicht, ob es nicht überhaupt besser wäre, wenn wir Beide unser Haus da draußen hätten, Du bei Deinen Eltern, und ich bei meinem guten ›Sarwer‹.«

Das Kind schien von dieser Rede sehr erschreckt; es begann heftig zu weinen, und auch die alte Chaje hatte die Augen voll Thränen, aber sie wurde ihrer bald Herr.

»Du kannst weinen«, sagte sie, indem sie das Kind in eine Ecke der Stube setzte; »was soll aber ich damit? Mein Kopf muß jetzt stark sein, damit ich nicht vergesse, was Dein Vater (mit dem der Friede sei) mir aufgetragen hat. Ich weiß nicht, ob das die Kräfte der alten Chaje nicht übersteigen wird; aber wenn ich verhüten kann, daß der Name Gottes nicht entheiligt wird, soll ich mich dagegen aufthun und sagen: Lebendiger König im Himmel, warum suchst Du Dir nicht Andere heraus, die stärker sind und mehr ertragen können, als Deine alte Annehmerin?«

Wie man sieht, hatte die seltsame Frau, während sie sich mit dem Kinde des todten Mannes so ›ausredete‹, bereits den hellen Kern gefunden, der ihr als Leitstern für ihr zukünftiges Thun dienen sollte. Ein Sterbender hatte ihr ein Unrecht geklagt; an ihm konnte es nicht mehr gut gemacht werden, aber es war eine Waise da, und das Unrecht an Waisen begangen, das nannte sie einfach eine »Entheiligung des göttlichen Namens«.

Für die alte »Annehmerin« umschlossen diese wenigen Worte eine wunderbare Gefühlswelt, in deren Tiefe zu blicken uns kaum gegönnt ist. Seltsame Wandlung der Zeiten! Was einst die Zauberformel ungezählter Jahrhunderte und ungezählter Millionen Menschen bildete, das ist ein fast klangloser Begriff geworden, der sich jetzt selten mehr über die Lippen, noch weniger durch die Herzen schleicht. Es ist fast, als wollte man ein lang gehegtes Geheimniß verrathen, und ein Geheimniß von tiefernster Bedeutung ist es, daß diese engen ›Gassen‹ mit diesen wenigen Worten keiner Heimsuchung, wie wuchtig sie auch traf, unterliegen konnten! Entheiligung des göttlichen Namens! Wie an einem Felsenwalle brachen sich daran die Wogen des Hasses und der Verfolgung, und die auf diesem Walle ihr Dasein vertheidigten, gingen kräftiger als je aus diesem furchtbaren Kampfe hervor. Mit keiner Miene, ja mit keiner Geberde wollten sie ihren Feinden verrathen, daß auch in ihrer Mitte die Saat der bösen Leidenschaften Raum fand, wo sie in giftiges Unkraut aufschossen. Wenn Einer hinging und seinen Nächsten verrieth, wenn das Weib, die Krone des Hauses, von den guten Geistern der Zucht verlassen ward, wenn mitten in der Familie der Hader sein Haupt erhob, daß es weit sichtbar ward und die Augen der Gerechtigkeit auf sich zog: immer war es die Überzeugung, daß der göttliche Name nicht entheiligt werden dürfe. Und ohne Geheiß, fast nur dem Walten eines Naturgesetzes, das der Selbsterhaltung folgend, gab sich das Gemeinwesen der ›Gasse‹ das Wort, die grauenhafte Wunde, die am Innern fraß, vor Aller Augen zu verbergen, daß die da ›draußen‹ nicht gewahrten, wie da ›drin‹ der Name des rächenden Gottes entheiligt wurde. Opfer, daran die Herzen verbluteten, wurden gebracht, – aber die zu Gerichte saßen, wurden es niemals gewahr. Hundert aufgehobene Finger zeigten nach der Sünde, die mit stolz emporgerichtetem Haupte durch die ›Gassen‹ schritt; aber wenn der Mund die Anklage aussprechen sollte, so verstummte er. Denn über aller Anfechtung erhaben, hatte sich der Glaube festgesetzt, daß der Gott der Väter doppeltes Weh empfände, wenn von einem Kinde seines Volkes die Hand gegen Gesetz und Sitte frech erhoben ward; und wie wollte man bestehen am jüngsten Tage des Gerichts, welche Worte der Reue konnten diejenigen vorbringen, die es nicht zu verhüten gewußt hatten, daß »der göttliche Name entweiht und entheiligt wurde«?

Als ein riesiges Band, das Himmel und Erde mit einander verknüpfte, reichten diese Worte durch das ganze Leben der ›Gasse‹; Geschlechter vererbten sie auf Geschlechter, und auch unsere alte Chaje, die Annehmerin, hatte ihren Antheil davon erhalten!

Wir würden übrigens der Wahrheit geradezu entgegentreten, wenn wir behaupten wollten, es habe der alten Frau dabei eine Persönlichkeit vorgeschwebt. Sie dachte nur an Eines: wenn das Unrecht herauskommt, was dem todten Manne angethan worden, wie fange ich es dann an, daß das ›Criminal‹ davon nichts erfährt? In ihrem Kopfe wirbelten in dieser Beziehung die krausesten Vorstellungen durcheinander; sie war nämlich fest überzeugt, daß die »oben« nur darauf warteten, mit gieriger Hand zuzugreifen, wenn sich in der ›Gasse‹ irgend etwas ereignete, und so war es kein Wunder, wenn ihr schon jetzt alle Schrecken der strafenden Gerechtigkeit vor Augen schwebten. Polizeileute mit hochgeschwungenen Schwertern, und zwischen ihnen ein gefesselter Mann, dessen Ketten schauerlich rasselten... Und der gefesselte Mann war ein Kind der Gasse!

Vorläufig that also die alte Annehmerin nichts, als das am Todtenbette Josel's Vernommene in die geheimnisvollste Kammer ihrer Seele verschließen. Sie sprach mit Niemandem davon: sie verrieth sich mit keiner Geberde. Nur einmal fragte sie das Kind Josel's, indem sie es auf den Schooß nahm:

»Perlchen, mein Herz, weißt Du etwas von einer Thür?«

Das Kind starrte sie verwundert an.

»Hat Dein Vater, mit dem der Friede sei, niemals von einer Thür gesprochen?«

Das Kind verneinte entschieden eine Frage, deren Sinn es gar nicht begriff.

»Aus Dir werde ich auch nichts herausbringen«, klagte Chaje, indem sie das Kind mit heftiger Geberde von sich stieß. Dann aber hob sie es wieder auf und bedeckte es mit Küssen.

»Und wenn ich mit der Thür auf dem Rücken durch halb Böhmen wandern müßte«, rief sie leidenschaftlich, »so muß ich Dir doch Recht verschaffen.«

Als die ›Schiwe‹, die siebentägige Trauer, vorüber war, nahm Chaje das Kind und begab sich mit demselben zu Zender. Es war ihr doch seltsam auf das Gemüth gefallen, daß er sich während der ganzen sieben Tage um das verlassene Kind seines Bruders nicht gekümmert hatte: Sie erklärte sich diesen Umstand damit, daß Zender's Trauer um den Bruder eine fast namenlose war; er hatte sich am Tage der Bestattung wie ein Verzweifelnder geberdet, und alle Welt hatte gesagt, Zender sei mehr zu beklagen als Josel: er würde den Verlust schwer überleben.

An einem Sonntage machte sich also Chaje mit dem Kinde auf den Weg. Zender wohnte am entgegengesetzten Ende der Gasse in einem halbverfallenen, ärmlichen Hause. Sie traf ihn, wie er gerade die Gebetriemen vom linken Arme streifte; wie er aber das Kind Josel's erblickte, schrie er laut auf und Thränen entstürzten seinen Augen.

»Der ganze Josel«, meinte er, indem er das Kind auf die Arme nahm; »gerade solche Augen hat er auch gehabt.«

Dann streichelte er dem Kinde die blassen Wangen.

»Wirst Du Deinen Vetter Zender auch gern haben, Perlchen, mein Leben?« fragte er das Kind im zärtlichsten Tone, der auch in dem Gemüthe der alten Chaje wiedertönte:

»Nun, Zender«, sagte sie nach einer geraumen Weile, »was gedenkst Du mit dem Kinde anzufangen?«

»Was ich mit ihm anzufangen gedenke?« antwortete Zender, indem er das kleine Perlchen hastig, fast allzuhastig, auf den Boden setzte. »Kann ich denn überhaupt daran denken, etwas anzufangen? Ich meine, Du sollst das einsehen.«

»Ich versteh' Dich nicht, Zender«, sagte Chaje ganz verwirrt.

»Du hast ja selber Kinder gehabt, Chaje«, meinte Josel's Bruder, »und da wirst Du wissen...«

»Ich habe keine Kinder gehabt«, rief die alte Annehmerin mit einer gewissen schmerzlichen Herbigkeit.

»Was thut das auch zur Sache?« meinte Zender, »aber so viel wirst Du doch wissen, daß, wenn man schon sechs Kinder sein eigen nennt, die alle gesunde und frische Mäuler haben, so macht ein siebentes, was dazu kommt, schon einen großen Unterschied.«

»Ich möcht' so etwas nicht zählen«, sagte Chaje aufs Neue durch die Reden Zenders in Verwirrung gebracht. »Ich mein' nämlich, wenn Gott Einem den Segen in's Haus stellt, so darf der Mensch es sich nicht beifallen lassen, nachzusehen, ob's nicht zu wenig ist. So ist es mit Kindern. Wie Du sie zählst, so zählt sie Dir Gott nach, und ehe Du Dich umsiehst, kann Dir Eines oder das Andere fehlen.«

»Gott soll mich behüten und beschützen«, rief Zender erschrocken. »Was redest Du da, Chaje, und wie kann Dir nur einfallen, daß mir meine sechs Kinder zu viel sind?«

In der Seele der alten Chaje begann von diesem Augenblicke an ein eigenthümliches Gedankenleben; wie aus der Tiefe eines Brunnens, kamen allmälig helle Lichter an die Oberfläche ihres Denkens; es war ihr, als hätten unsichtbare Stimmen aus weiter Ferne ihr zugerufen, von nun an die Worte dieses Mannes wie ein angezweifeltes Gewicht auf der feinsten Waage zu prüfen!

»Sag's also kurz, Zender«, rief sie mit Einem Male, »Deines Bruders Waise ist Dir zu viel, Du hast an Dir genug zu tragen?«

Zender's Augen schwammen voll Thränen; er ergriff die Gebetriemen, die noch auf dem Tische lagen.

»Chaje,« rief er betheuernd, »ich schwör' dir's bei den Köpfen meiner sechs Kinder, ich bin ein armer Mann –«

»Lebendiger Gott!« schrie Chaje, ihm den Arm zurückhaltend, »bin ich denn ein Richter, daß Du Dich zum Schwören anschickst?«

Sie war aufs tiefste erschüttert.

»Du willst mir ja nicht glauben, Chaje«, sagte er.

Nach einer geraumen Weile schickte sich die alte Annehmerin zum Weggehen an. Sie hob das Kind Josel's wieder auf den Arm; das Herz war ihr wie von eisernen Reifen umspannt.

»Das kleine Perlchen werd' ich einstweilen bei mir behalten«, sagte sie, indem sie die Thürklinke ergriff, »ich seh' ja doch, der oben im siebenten Himmel will schon, daß die alte Chaje auch wissen soll, was eine Mutter ist. So will ich sie einstweilen bei dieser Waise vorstellen. Bist Du's zufrieden, Zender?«

»Das kann Dir gar nicht unvergolten bleiben, Chaje; Kinder und Kindeskinder werden davon sprechen, wenn Du längst nicht mehr bist, was du an einem fremden Kinde gethan hast.«

Chaje ging; Zender gab ihr bis an die Hausthüre das Geleite. Erst da kam es ihr in den Sinn, daß sie mit dem Oheim der angenommenen Waise noch nicht über die Hauptsache gesprochen hatte. Die Worte kamen ihr nur schwer über die Lippen.

»Zender«, sagte sie, »ich muß mit Dir noch von etwas reden, was Du vielleicht nicht weißt. Einige Minuten vor seinem Tode hat Dein Bruder Josel von einer Thür gesprochen und hat dabei ausgerufen: es wär' an ihm und an seinem Kinde ein großes Unrecht begangen worden. Ich muß immer daran denken, daß er etwas hat sagen wollen, was vielleicht für die Zukunft seines Kindes von großem Nutzen sein könnte. Warum hätte er in Einem fort: die Thür, die Thür! ausgerufen, wenn er nicht etwas damit gemeint hätte? Vielleicht hat er dort eine Schuld aufgeschrieben gehabt, und da solltest Du, weil doch ein Kind da ist von ihm, dafür sorgen, daß es nicht zu Nachtheil kommt?«

Ein stilles, trauriges Lächeln schlich über die Gesichtszüge Zender's.

»Was bist Du doch für ein Narrele, meine gute Chaje«, sagte er bedächtig, ohne auch in einem Worte eine höhere Erregtheit zu zeigen, »daß Du Dir solche Dinge in den Kopf setzest? Weiß ich denn nicht selbst am besten, wie es um ihn gestanden ist? Woher soll Josel, mein Bruder, sich so viel erübrigt haben, um es als Schulden an die Thüre zu schreiben? Josel war ein armer Mann, wie ich einer bin, und wenn ich heute sterbe, wer nimmt sich meiner sechs Kinder an?«

In diesem Augenblicke wußte die alte Chaje in der That nicht, was sie Zender antworten sollte. Sie fühlte, daß er die Wahrheit sprach, und doch – es regte sich kein Mitleid in ihr, es rieselte etwas Erkältendes aus den Worten Zender's und drang nicht an ihr Herz. Darum behielt sie ihr kühles Bewußtsein, und nach einer Weile fiel sie wieder in den frühern Gedankengang.

»Er hat aber doch so bestimmt von einer Thür gesprochen«, meinte sie, »und er war damals gerade so bei Vernunft, wie ich und Du. Es muß etwas Besonderes mit der Thür zusammenhängen, und das wird aus meinem Kopfe nicht herausgehen, als bis ich es gefunden habe.«

»Lass' das gut sein, Chaje«, sagte Zender mit demselben traurigen Lächeln um die dünnen Lippen. »Du hast meinen Bruder Josel nicht so gekannt wie ich. Er hat immer einen schwachen Kopf gehabt, und da darf es Dich nicht Wunder nehmen, daß er wenige Minuten vor dem Tode nicht stärker geworden ist. Mit der Thür magst Du Recht haben; aber was wird es gewesen sein? Er hat sich vielleicht die zwei ›Jahrzeiten‹ von Vater und Mutter aufgeschrieben gehabt, um sie nicht zu vergessen, und wie der Todesengel an sein Bett getreten ist, da mag er an die Thür gedacht haben; aber auf Schulden hat er in diesem Augenblicke nicht seine Gedanken gerichtet. Sein Kopf ist dafür zu schwach gewesen.«

Es überkommt die Seele zuweilen ein ahnungsvolles Schauen und Empfinden, das wie ein Blitz niederfährt, und gleich diesem wieder in das nächtige Dunkel zurückfährt. Während Zender so sprach, war es für die alte Annehmerin, als ginge sie in lauter Licht, alle Wege waren aufgehellt und auch nicht der kleinste Punkt in dem wirren Gedankenleben, das sie seit dem seltsamen Vermächtnisse Josel's führte, blieb ohne Beleuchtung. Jetzt wußte sie, was sie wissen wollte, jetzt war es ihr klar geworden, warum der Sterbende sich so entsetzensvoll an die... Thüre geklammert hatte. Da stand er vor ihr, der »den Namen Gottes« entweiht und entheiliget hatte...


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