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5.

Giafar begab sich in Begleitung Asuphs zu Astarte. Man wagte einen Mann wie ihn, nicht aufzuhalten, und er überraschte sie in einem Bosket ihres Gartens, in eben dem Augenblick, da sie von Hasans vertrautem Sklaven die purpurnen Wachteln empfing. Astarte stand betroffen über die plötzliche Gegenwart eines Mannes, den sie haßte und den sie so wenig erwartete. Bald schien sie es aber noch mehr von seiner Gestalt zu sein, und da ihre Schönheit, ihre blühende Jugend, ihre feurigen, geistreichen Augen einen noch stärkern Eindruck auf Giafar machten, so stand er in einer begeisterten Bewunderung eine Weile vor ihr, die mehr als Worte dazu diente, den gegen ihn gefaßten Groll im Herzen der Kaiserin zu dämpfen. Er wußte hierauf, belebt durch das Gefühl, das sie ihm einflößte, seinen Entschuldigungen über sein voriges Betragen eine so feine und schmeichelhafte Wendung zu geben, seine angebliche Unterwerfung, die in seinem Herzen schon an eine wirkliche grenzte, so schön darzustellen, daß Astarte sich wunderte, wie man ihr so schwarze Dinge von einem so gefälligen, sanften und liebenswerthen Manne hätte vorsagen können. Ihre Sinne verglichen ihn flüchtig mit dem rauhen Hasan und glaubten bei gleichem Vortheil noch einen Gewinn zu finden, auf den sie nicht gerechnet hatten. Ihr Gespräch ward bald vertraulich, und der Barmecide ergoß sich in ein feuriges Lob ihrer Reize, die er sehr fein als das liebliche Gewand ihrer Tugend bewunderte. Er durchflocht überdas seinen Lobgesang mit vielen lyrischen Sprüngen einer furchtsamen und doch schwer zurückzuhaltenden Leidenschaft, die bei Weibern, und sollte sie auch der Glanz der Majestät umgeben, selten ohne Wirkung sind. Astarte, ob sie gleich niemals von dieser schwärmerischen Deutung ihrer Reize gehört hatte, noch viel weniger sie ahnete, wußte sich gleichwohl sehr schnell hineinzuschicken und Das in sich zu sehen, was Giafar in ihr wollte entdeckt haben. Sie erwiederte ihm auf eine noch feinere Art ein Gleiches und glaubte endlich, ihm die Wirkung, die er auf sie gemacht, nicht besser zeigen zu können, als daß sie ihm vertraute, was sie von ihm gehört, gedacht und gefürchtet habe. Sie hüllte das Bittere dieser Offenherzigkeit in ein liebliches Lächeln ein und endigte damit, daß sie ihn ganz leise vernehmen ließ, was sie nun von ihm hoffte. Den Barmeciden entzückte diese Aufrichtigkeit, er erkannte darin eine edle, erhabene Seele, die er gerne zu der Beherrscherin der seinigen machen würde, wenn es ihm erlaubt wäre, so verwegen zu denken. Dieses Geständnis bewog Ihre Majestät, ihm sogar den Plan zu seinem Sturz mitzutheilen, bei welcher Gelegenheit sie ihm mit vieler Anmuth zu verstehen gab, wie nöthig ihm ihr Schutz und wie unbedeutend, ja gefährlich die Gnade des Kaisers ohne denselben sei. Nach dieser Aeußerung deutete sie nachlässig auf die purpurnen Wachteln, die sich in einem Käficht auf einem Tischchen vor ihnen befanden.

Giafar betrachtete diese purpurnen Wachteln mit vieler Aufmerksamkeit und entdeckte endlich mit vielem Erstaunen, es sei ein Betrug, und das schöne Gefieder von einem sehr künstlichen Pinsel gemalt. Da er der Kaiserin seine gemachte Entdeckung mittheilte, erröthete sie zwar, antwortete aber mit vieler Fassung:

Gleichviel, Barmecide, gemalte oder natürliche Wachteln, wir brauchen bloß den Schein davon, der am Hofe Alles entscheidet.

Giafar (murrend). Gemalte Wachteln sollten einen Barmeciden stürzen.

Astarte sagte kein Wort; sie sah wohl, der Barmecide sei in Hofsverhältnissen, wie in der Liebe, ein Neuling, und keines von beiden war ihr zuwider. Endlich sagte sie kalt:

Da wir nun diesen Schein nicht mehr brauchen, so kannst du die Wahrheit der Sache nutzen. Eine Wirkung müssen die Wachteln nun wohl thun, für oder wider dich.

Giafar faßte den Sinn ihrer Worte schnell auf und entwarf eben so schnell einen Plan in seinem Geiste, der den Vizir und seinen Anhang gänzlich zerschmettern sollte. Hierauf bat er Astarte, die gemalten Wachteln in demselben Augenblick zum Kaiser zu schicken, als er sich bei demselben befinden würde. Man sieht wohl, daß Giafar nicht so ganz Neuling in diesem Punkte war.

Die Kaiserin lächelte und antwortete: »Du hast den Takt oder das feine Gefühl, das man am Hofe haben muß. Wohl, braucht unser Bündniß ein Opfer, so nimm es hin. Weiß ich doch, daß ich zu einem königlichen Prinzen rede.«

Dieses Bündniß ward geschlossen, und geheime Wünsche, lüsterne Flammen, weite Aussichten des Ehrgeizes zogen es so fest zusammen, daß von diesem Augenblick das Schicksal Indostans für immer daran zu hängen schien.

Nach einem zärtlichen Abschied, den eine so reizende Kaiserin dem berauschten Barmeciden erlaubte, begab er sich zu dem Monarchen, um seine Entwürfe auszuführen.


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