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O Lamm Gottes, ewig über Zeit und Raum, o Lamm, geschlachtet von Ewigkeit her, ehe der Welt Grund gelegt ward! O Lamm, dessen Opfer ewig vor Gottes Thron ist, laß das Blut des Lebens, das von Dir fließt, mir Vergebung erwerben für die Vergangenheit, laß das Wasser des Lebens, das aus Dir quillt, mir Kraft verleihen für die Zukunft. Ich komme hier vor Dich, um abzuthun mein eigen Leben, dies Leben voll von eignem Ich und Selbstsucht, unrein und verrottet in den Lüsten des Fleisches, sodaß ich's nicht mehr leben mag. Ich komme, o HErr, um Dein Leben zu empfangen, das Gott nachgebildet ist in Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit, daß ich's leben möge für alle Ewigkeit, ach, daß ich's erkenne als einen Quell des Lebens, der in mir hervorbricht zum ewigen Leben. Ewige Güte, mache mich gut gleich Dir. Ewige Weisheit, mache mich weise gleich Dir. Ewige Gerechtigkeit, mache mich gerecht gleich Dir. Ewige Liebe, mache mich liebevoll, gleich Dir! Amen.
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O HErr, Liebe, die das Weltall umfängt, Licht, das voranleuchtet jedem Menschen, der in diese Welt geboren wird, nimm von mir alle Finsternis der Seele, alle Härtigkeit des Herzens! Fülle mich mit Deinem Licht, daß ich alle Dinge im Licht anschaue. Erfülle mich mit Deiner Liebe, daß ich alle Dinge lieben möge, die du gemacht hast. Amen.
Komm zu uns, o HErr, öffne die Augen unsrer Seele und zeige uns den Pfad des Lebens; zeige uns, was zu unserm Frieden dient, damit wir klar erkennen mögen, daß, ob auch aller Menschen Erfindungen und Pläne zunichte werden müssen, Deine Gedanken und Wege groß und weit sind – breit genug für arm und reich, für den Gelehrten, den Handwerker, den Tagelöhner; für unser Gedeihen in diesem Leben und zu unserer Seligkeit im zukünftigen Leben! Amen.
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O HErr, tilge in uns alles, was selbstsüchtig, träge, niedrig ist, und zeitige zum Leben alles, was göttlich ist, was zur Ehre Gottes gereicht, daß wir also zuletzt gelangen mögen zum wahren Ruhm; nicht zu dem Ruhm, der hervorgeht aus selbstsüchtigem Ehrgeiz, aus selbstsüchtigem Stolz, aus selbstsüchtiger Trägheit – dem Suchen des eignen Ich – sondern aus dem Absterben der Selbstsucht in allen ihren Gestalten; diesem Ruhm, der allein in Vollkommenheit Christo innewohnt, diesem Ruhm, vor dem jedes Knie sich eines Tages beugen wird, sei's im Himmel oder auf Erden! Ja, hier sei's der Ruhm, treu unsere Pflicht zu erfüllen, unbekümmert welche Kämpfe, welche Überwindung es uns kostet in dem Beruf, welchen der Vater im Himmel einem jeden von uns gegeben hat. Amen.
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O HErr Jesus Christus! Ziehe mich zu Dir empor, daß ich das Geheimnis des Lebens verstehen könne, und also das Irdische gebrauchen als Ausdruck und Gleichnis des Himmlischen, und indem ich zu Deiner Ehre, im natürlichen Leib wandle, würdig werde zum Anthun des geistlichen Leibes. Amen.
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Reinige du mich, o HErr, sonst kann ich nie rein werden, wasche Du mich, HErr, dann allein schwinden meine Flecken. Denn Du hast nicht Gefallen an Stimmungen und Gefühlen, noch an Stolz oder Eigenliebe, sondern an innerer Wahrheit, und willst mich heimliche Weisheit verstehn lehren. O Gott, Du bist gut, und ich bin schlecht. Ich komme, daß Du mich besserst! Ich bete an Deine Güte und sehne mich danach, ihrer teilhaft zu werden. Aber Du weißt, ich kann's nicht, so Du mir nicht hilfst. Schaffe in mir ein reines Herz, befreie mich von meinen verborgenen Fehlern, durchdringe mein Innerstes mit Wahrheit. Thue mit mir, was Du willst; führe, erziehe mich, wie Du willst, strafe mich, wenn es nötig ist; – nur mache mich gut. Amen.
Du weißt, o HErr, die Geheimnisse unserer Herzen. Verschließe nicht Dein gnädig Ohr vor unserm Gebet, aber schone unser, o HErr, der Du heilig und mächtig bist! Du gerechter Richter, Ewiger, lasse es nicht zu, daß wir um irgendwelcher Versuchung der Welt, des Fleisches oder des Teufels von Dir abfallen. Ich, HErr, bin ich und was ich bin – ach ein sehr armseliges, elendes, sündiges Wesen, und Du HErr, bist Du und was Du bist – Vollkommenheit. Du bist aber auch die Güte selbst! Darum kannst Du und willst Du aus mir machen, was ich sein sollte – nämlich einen guten Menschen. Zu Dir, o HErr, darf ich die Bürde bringen dieses meines nie sterbenden Ichs, das ich mit mir trage, ach nur zu oft in Schande und Betrübnis. Ich bitte Dich, hilf Du mir's tragen! Leite mich, lehre mich, stärke mich, bis ich so bin, wie Du mich haben willst: rein und sanftmütig, edelsinnig, mutig und tüchtig, freundlich und großmütig, pflichtgetreu und nützlich, wie Dein Sohn Jesus Christus. Amen.
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O HErr, ich bin beklommen, bedrückt, mein Herz ist zerschlagen in mir. Ich weiß nichts für mich vorzubringen – ich kann Dir auf Tausend nicht eins antworten. Nimm Du meine Rechte in Deine Hand, o HErr, laß mich nicht zuschanden werden! Ich weiß es, ich bin schwach, unwissend, ich kann nichts ausrichten, bin voller Fehler, voller Fehltritte, ach, darum muß ich mich meiner selbst schämen an jedem neuen Tage! Ich bin vom rechten Wege abgekommen wie ein verirrt Schaf. Aber suche Du mich, o HErr, denn ich habe Deine Gebote doch nicht vergessen, ich strebe danach, meine Aufgabe zu lernen, meine Pflicht zu erfüllen. Ich klammere mich an Deine Verheißungen, o HErr, erbarme Dich meiner, lasse mich nicht zuschanden werden! – Würde ich auch vor Menschen zuschanden, nur nicht vor Dir, o HErr, in Deiner Barmherzigkeit, Deinem Mitleid!
Ach lasse mich nicht, wenn ich sterbe, oder ehe ich sterbe, zur furchtbaren Überzeugung gelangen, daß alle Arbeit meines Lebens nichtig – umsonst gewesen, daß ich nicht weiser, nicht nützlicher geworden bin; lasse meine grauen Haare nicht mit Schande ins Grab gehn! Ach, lasse mich nur nicht sterben mit dem elenden Gedanken, daß, ob ich gleich fort und fort danach gerungen, meine Pflicht zu erfüllen, mein Leben doch ein verfehltes gewesen, und ich ein Thor war. Lasse mich im Jenseits nicht erwachen zu völliger Beschämung, zum Bewußtsein, daß alles an und in mir verkehrt gewesen, und daß mir nichts bleibt als bittere Enttäuschung, daß ich in schmerzlicher Verwirrung mein Antlitz verhüllen muß. O, HErr Jesu, der Du alle Schande für mich gelitten, rette mich vor solcher bitteren Schande! Du bist gut und gerecht, Du wirst meine Seele nicht in der Hölle lassen! O HErr, auf Dich traue ich, lasse mich nimmermehr zuschanden werden! Amen.
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O Vater, verleihe mir Deinen Frieden, ach, ich habe keinen friedvollen Geist in mir, und ich weiß es: durch eigne Erkenntnis, durch Nachdenken oder Lesen werde ich ihn nie erlangen, denn Dein Frieden ist eben über alle Vernunft, ja, geht weit darüber hinaus, gründet sich auf Deine ungeteilte und unerschütterliche, ewige Gottheit, die kein Wechsel noch Verfall dieser geschaffenen Welt, noch Sünde, noch Thorheit von Mensch oder Teufel verändern kann, aber die für alle Ewigkeit beharrt in dem, was sie ist, in vollkommener Ruhe, vollkommener Macht, – ja in vollkommener Liebe. Ach! stille diese meine ruhelose, begehrliche, unbefriedigte Seele, wie eine Mutter ihr krankes, fieberndes Kind stillt! Wie Du es thun willst – ich weiß es nicht, das ist höher als alle Vernunft! Ob gleich das kranke, schwache Kindlein die Mutter nicht erreichen kann, die Mutter ist doch nahe und kann das Kind erreichen. Und Du bist mehr wie eine Mutter, Du bist unser Vater von Ewigkeit her. Der Adler, wenn er noch so hoch fliegt, kann die Sonne nicht erreichen, aber die Sonne kann nicht bloß den Adler, sondern die Erde erreichen und gießt ihr Licht und ihre Wärme auf jedes Ding. Du bist mehr wie die Sonne, Du bist das Licht und das Leben für alles Geschaffene. Ach HErr, gieße Dein Licht und Dein Leben über mich, daß ich sehen möge, wie Du siehst, leben, wie Du lebst, und in Frieden sein mit mir selbst und der Welt, wie Du in Frieden bist mit Deinem heiligen Selbst und allen Geschöpfen. Gieße Deine Liebe in mein Herz, daß ich lieben möge, wie Du liebst!
Wiederum sage ich: ich weiß nicht wie, denn es geht auch das über alle Vernunft; aber ich hoffe, ja ich vertraue fest, daß Du also an mir thun wirst, denn ich glaube, daß Du die Liebe bist, und daß Dein Erbarmen über allen Deinen Werken ist. Ich glaube es, HErr, daß Du die Welt also liebtest, daß Du Deinen eingeborenen Sohn gesandt hast, um mich und die Welt zu erlösen. Ich weiß auch hier nicht wie, denn auch das ist über alle Vernunft, aber ich glaube fest, daß Du's gethan hast und thun wirst, daß Du die Liebe bist, und daß Deine Barmherzigkeit über all' Deinen Werken waltet, auch über mir! Ich weiß, daß Dein Wille ist: Frieden auf Erden – selbst Friede für mich, den Geängsteten, Ruhelosen – und Dein Wohlgefallen über allen Menschen, – selbst über mir, dem vornehmsten unter allen Sündern! Amen.
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O treuer Jesu, Heiland, der Du Todesangst für uns erduldet hast! Allmächtiger Gott, der Du schwach wurdest aus Liebe zu uns! O schreibe diese Liebe so tief in unser Herz ein, daß nicht Freud' nicht Leid, weder Leben noch Tod sie auszulöschen vermögen. Du hast Dich für uns geopfert, o gieb uns die Freudigkeit, uns für Dich zu opfern! Du bist der Weinstock, wir die Reben, lasse Dein heiliges, kostbares Blut, das am Kreuz für uns vergossen ward, als lebenspendenden Saft durch unser Herz und unsern Geist fließen; fülle uns mit Deiner Gerechtigkeit, daß wir Dir wohl zubereitete Opfer sein mögen. Rege uns selbst dazu an, o HErr, daß wir Dir Leib, Seele und Geist darbringen, daß in allem, was wir lieben, was wir lernen, in allen unseren Plänen, ja in allem, was wir thun, unsre Arbeit, unsre Freude, unser Leid Dir geweiht sei, daß wir für Dein Reich wirken und schaffen, leben wie solche, die nicht sich selbst angehören, sondern die erkauft sind mit Deinem Blut, genährt mit Deinem Leib. Ach und nun, in diesem Deinem heiligen Sakrament mache uns fähig, Dir darzubringen unsre Reue, die Gebete unsres Herzens, unsre Lobpreisungen als lebendige, vernünftige geistliche Opfer! Dein von der Stunde unsrer Geburt an – Dein jetzt – Dein in alle Ewigkeit! Amen.
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Vater, ich habe gegen Dich gesündigt, ich bin nicht wert, daß ich Dein Kind heiße –, aber doch komme ich zu Dir! – Vater, ich verabscheue mich selbst, Du aber hast mich lieb. Ich verstehe mich nicht, Du aber verstehst mich und wirst barmherzig sein gegen das Geschöpf Deiner Hand.
Ich kann mich selbst nicht führen, ich kann mir nicht helfen, aber Du kannst und willst es thun, weil Du mein Vater bist, und nichts kann mich scheiden von Deiner Liebe, oder scheiden von der Liebe Deines Sohnes, meines Königs. Ich komme und fordere meinen Teil an Dir, gerade weil ich nichts habe und kann Dir nichts bringen, kann nichts thun, als an Deiner Thüre liegen wie ein Bettler voll Wunden und Schwären, der da begehrt, daß Du ihn sättigst mit den Brosamen von Deinem reichen Tisch. Wenn ich jedem Elenden gern helfen möchte, wieviel mehr wirst Du mir beistehen! Dein Name ist ja Liebe, und Deine Herrlichkeit ist auch die Herrlichkeit Deines Sohnes, Jesu Christi, der da gesagt hat: »Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.« »Wenn ihr, die ihr arg seid, könnet euern Kindern gute Gabe geben, wieviel mehr wird euer Vater im Himmel den heiligen Geist geben denen, die Ihn darum bitten.« Amen.
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O Gott, mein Vater, ich bin Dein, errette mich, denn meine Augen sehen auf Deine Gebote. Ich bin Dein – nicht bloß Dein Geschöpf, o Gott, das sind die Vögel, die Bienen, die Blumen ja auch, ach, und sie thun ihre Pflicht doch besser, als ich (HErr vergieb mir) die meine!
Ich bin Dein, nicht nur Dein Kind, sondern Dein Schulkind, o HErr Jesus Christus, ich verlange nur Deinen Beistand, Du mein Lehrer, mein HErr und Erlöser! Ich bin das letzte, geringste Deiner Schulkinder, und vielleicht das unwissendste, thörichtste, unbegabteste. Ich gebe nicht vor ein Gelehrter, ein Philosoph, ein Heiliger zu sein; nein, ich bin nur ein sehr schwacher, ungenügender Schüler, der in der untersten Klasse sitzt von Deinem großen Schulhaus (das da ist die ganze Welt). Dort versuche ich nur die einzelnen Buchstaben Deines Alphabets zu buchstabieren, in der Hoffnung, daß ich einst fähig werden möge, ganze Worte, ganze Sätze Deiner Gebote zu fassen, und wenn ich sie gelernt habe, sie auch zu thun.
Lehre mich Deine Gebote, o HErr, dann will ich streben sie zu halten bis zum Ende. Ach mein Herz sehnt sich danach, zu den Deinen zu gehören, in Deinem Dienst Arbeit zu thun. Ich sehne mich danach, besser zu werden und meinem Nächsten auf dem Lebensweg zu helfen; ich sehne mich danach, nützlich zu sein und nicht mehr müßig, ein Baum, der da Früchte trägt, und nicht ein schädliches Unkraut in Deinem Garten. Und darum bete ich zu Dir, daß du mich nicht abhauen wollest, oder mich mit der Wurzel ausrotten. Habe Erbarmen mit mir, o HErr, in meiner Not, um der Wahrheit willen, die ich lernen will, um des Guten willen, das ich thun möchte. Bin ich auch nur ein armes, schwaches Pflänzchen, so bleibe ich doch eine Pflanze, die Du gepflanzt, die danach ringt zu wachsen, zu blühen und Frucht zu tragen zum ewigen Leben. Und Du wirst das Werk Deiner Hände nicht verachten, o HErr, der Du starbst, daß ich leben möge. Du willst mich nicht umkommen lassen. Ich halte mich an Deine Zeugnisse, o HErr, lasse mich nicht zuschanden werden! Amen.
O Gott, Du weißt es, Du allein, ob ich auf richtigem oder auf falschem Wege bin, ich gebe mich in Deine Hand, sicher, daß Du gelinde, gerecht, liebend mit mir verfahren wirst, wie der Vater mit seinem Kind. Ich möchte mich nicht für besser und nicht für schlechter ausgeben, als ich bin. Wahrlich ich weiß es selbst nicht. Ich armes, unwissendes, menschliches Wesen kann nicht erkennen, inwiefern ich recht oder unrecht thue. Ich fühle, wie Finsternis und Licht in meinem Herzen kämpfen, und vermag sie doch nicht zu scheiden. Du aber, HErr, kannst es, Du weißt es. Du hast mich geschaffen, Du liebst mich, Du hast Deinen Sohn in die Welt gesandt, daß Er mich zu dem mache, was ich sein soll. Du willst nicht mein Verderben, sondern daß ich zur Erkenntnis der Wahrheit komme, und darum glaube ich auch, daß ich nicht verderben, aber zur rechten Erkenntnis gelangen werde über Dich, Du heiliger Gott; zur Erkenntnis über meine eigne Seele, über alles, was mir notthut zu wissen.
Darum, HErr, will ich mutig vorwärts gehen, meine Pflicht erfüllend, so gut ich kann, ob auch in großer Unvollkommenheit, Tag für Tag; Dich Tag für Tag bittend, meine Seele zu nähren mit täglichem Brot. Du giebst meinem Leib das tägliche Brot, um wieviel mehr wirst Du mir Geist und Herz nähren, die so viel kostbarer sind wie der Leib! HErr, Dir will ich vertrauen für Seele und Leib! Thut mir Strafe not für meine Sünden, so weiß ich eins gewiß: es ist das Schlimmste, was mir oder irgendeinem Menschen begegnen kann, unrecht zu thun und nicht dafür gezüchtigt zu werden; ja, das Heilsamste bleibt, daß Du zurechtweisest, und sei's auch mit harten Strafen, wenn wir in der Irre gehn. Darum, HErr, will ich meine Strafe gelassen und männlich ertragen, ja versuchen Dir dafür zu danken, denn ich weiß es, Du wirst mich nicht härter züchtigen, als ich's verdiene, sondern weit gelinder, als ich's verdiene. Ich weiß, Du strafst mich nur, um mich zu mir selbst zu bringen, um mich zu bessern, zu reinigen, zu kräftigen.
Ich glaube, o HErr, auf die Bürgschaft hin Deines eignen Wortes, ich glaube es, daß Du mein Vater bist und mich liebst. HErr, Du verstößt nicht ewiglich, Du betrübest wohl, und erbarmest Dich wieder nach Deiner großen Güte, denn Du plagest und betrübest nicht von Herzen die Menschen. Du willst nicht, daß ich oder jemand verloren gehe, sondern Du willst, daß allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen, um Jesu Christi willen! Amen.
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O HErr, ich bin im Elend, meine Seele ist voll Unruhe, denn ich habe gesündigt und muß bekennen, daß ich den gerechten Lohn meiner Schuld empfange. Ich habe mir selber zugezogen, was an Schande und Trübsal über mich gekommen. Ich hab's alles verdient.
Ich blicke zurück auf vergeudete Zeit, verschwendete Kräfte, auf verlorene Gesundheit, vernichtete Hoffnungen, doch bekenne ich wiederum: alles Leiden, alle Demütigungen – ich habe sie verdient! Aber Du hattest mehr als das für mich erduldet, und hattest doch in nichts gefehlt. Für mich hast Du gelitten, für mich wardst Du gekreuzigt. In den langen Jahren, da ich der Eitelkeit nachging, hast Du mich zu retten gesucht! Habe ich Deine Liebe noch nicht ermüdet, habe ich Deine Geduld noch nicht erschöpft? Nun will ich mich in Deine offenen Liebesarme werfen.
O Jesus, ob ich gleich mein Elend verdient habe, doch bitte ich dich: HErr, gedenke mein, wenn Du in Dein Reich kommst! Amen.
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Druck von Friedrich Andreas Perthes in Gotha.