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Um einzusehen, daß ein Ding nur als Zweck möglich sei, d. h. die Kausalität seines Ursprungs nicht im Mechanism der Natur, sondern in einer Ursache, deren Vermögen zu wirken durch Begriffe bestimmt wird, suchen zu müssen, dazu wird erfordert: daß seine Form nicht nach bloßen Naturgesetzen möglich sei, d. i. solchen, welche von uns durch den Verstand allein, auf Gegenstände der Sinne angewandt, erkannt werden können; sondern daß selbst ihr empirisches Erkenntnis, ihrer Ursache und Wirkung nach, Begriffe der Vernunft voraussetze. Diese Zufälligkeit seiner Form bei allen empirischen Naturgesetzen in Beziehung auf die Vernunft, da die Vernunft, welcher an einer jeden Form eines Naturprodukts auch die Notwendigkeit derselben erkennen muß, wenn sie auch nur die mit seiner Erzeugung verknüpften Bedingungen einsehen will, gleichwohl aber an jener gegebenen Form diese Notwendigkeit nicht annehmen kann, ist selbst ein Grund, die Kausalität desselben so anzunehmen, als ob sie eben darum nur durch Vernunft möglich sei; diese aber ist alsdann das Vermögen, nach Zwecken zu handeln (ein Wille); und das Objekt, welches nur als aus diesem möglich vorgestellt wird, würde nur als Zweck für möglich vorgestellt werden.
Wenn jemand in einem ihm unbewohnt scheinenden Lande eine geometrische Figur, allenfalls ein reguläres Sechseck, im Sande gezeichnet wahrnähme; so würde seine Reflexion, indem sie an einem Begriffe derselben arbeitet, der Einheit des Prinzips der Erzeugung desselben, wenn gleich dunkel, vermittelst der Vernunft inne werden, und so, dieser gemäß, den Sand, das benachbarte Meer, die Winde, oder auch Tiere mit ihren Fußtritten, die er kennt, oder jede andere vernunftlose Ursache nicht als einen Grund der Möglichkeit einer solchen Gestalt beurteilen: weil ihm die Zufälligkeit, mit einem solchen Begriffe, der nur in der Vernunft möglich ist, zusammenzutreffen, so unendlich groß scheinen würde, daß es ebensogut wäre, als ob es dazu gar kein Naturgesetz gebe, daß folglich auch keine Ursache in der bloß mechanisch wirkenden Natur, sondern nur der Begriff von einem solchen Objekt, als Begriff, den nur Vernunft geben und mit demselben den Gegenstand vergleichen kann, auch die Kausalität zu einer solchen Wirkung enthalten, folglich diese durchaus als Zweck, aber nicht Naturzweck, d. i. als Produkt der Kunst, angesehen werden könne (vestigium hominis video).
Um aber etwas, das man als Naturprodukt erkennt, gleichwohl doch auch als Zweck, mithin als Naturzweck, zu beurteilen: dazu, wenn nicht etwa hierin gar ein Widerspruch liegt, wird schon mehr erfordert. Ich würde vorläufig sagen: ein Ding existiert als Naturzweck, wenn es von sich selbst (obgleich in zwiefachem Sinne) Ursache und Wirkung ist; denn hierin liegt eine Kausalität, dergleichen mit dem bloßen Begriffe einer Natur, ohne ihr einen Zweck unterzulegen, nicht verbunden, aber auch alsdann, zwar ohne Widerspruch gedacht aber nicht begriffen werden kann. Wir wollen die Bestimmung dieser Idee von einem Naturzwecke zuvörderst durch ein Beispiel erläutern, ehe wir sie völlig auseinandersetzen.
Ein Baum zeugt erstlich einen andern Baum nach einem bekannten Naturgesetze. Der Baum aber, den er erzeugt, ist von derselben Gattung; und so erzeugt er sich selbst der Gattung nach, in der er, einerseits als Wirkung, andrerseits als Ursache, von sich selbst unaufhörlich hervorgebracht, und ebenso, sich selbst oft hervorbringend, sich, als Gattung, beständig erhält.
Zweitens erzeugt ein Baum sich auch selbst als Individuum. Diese Art von Wirkung nennen wir zwar nur das Wachstum; aber dieses ist in solchem Sinne zu nehmen, daß es von jeder andern Größenzunahme nach mechanischen Gesetzen gänzlich unterschieden, und einer Zeugung, wiewohl unter einem andern Namen, gleich zu achten ist. Die Materie, die er zu sich hinzusetzt, verarbeitet dieses Gewächs vorher zu spezifisch-eigentümlicher Qualität, welche der Naturmechanism außer ihm nicht liefern kann, und bildet sich selbst weiter aus, vermittelst eines Stoffes, der, seiner Mischung nach, sein eignes Produkt ist. Denn, ob er zwar, was die Bestandteile betrifft, die er von der Natur außer ihm erhält, nur als Edukt angesehen werden muß; so ist doch in der Scheidung und neuen Zusammensetzung dieses rohen Stoffs eine solche Originalität des Scheidungs- und Bildungsvermögens dieser Art Naturwesen anzutreffen, daß alle Kunst davon unendliche weit entfernt bleibt, wenn sie es versucht, aus den Elementen, die sie durch Zergliederung derselben erhält, oder auch dem Stoff, den die Natur zur Nahrung derselben liefert, jene Produkte des Gewächsreichs wieder herzustellen.
Drittens erzeugt ein Teil dieses Geschöpfs auch sich selbst so: daß die Erhaltung des einen von der Erhaltung der andern wechselsweise abhängt. Das Auge an einem Baumblatt, dem Zweige eines andern eingeimpft, bringt an einem fremdartigen Stocke ein Gewächs von seiner eignen Art hervor, und ebenso das Pfropfreis auf einem andern Stamme. Daher kann man auch an demselben Baume jeden Zweig oder Blatt als bloß auf diesem gepfropft oder okuliert, mithin als einen für sich selbst bestehenden Baum, der sich nur an einen andern anhängt und parasitisch nährt, ansehen. Zugleich sind die Blätter zwar Produkte des Baums, erhalten aber diesen doch auch gegenseitig; denn die wiederholte Entblätterung würde ihn töten, und sein Wachstum hängt von ihrer Wirkung auf den Stamm ab. Der Selbsthilfe der Natur in diesen Geschöpfen bei ihrer Verletzung, wo der Mangel eines Teils, der zur Erhaltung der benachbarten gehörte, von den übrigen ergänzt wird; der Mißgeburten oder Mißgestalten im Wachstum, da gewisse Teile, wegen vorkommender Mängel oder Hindernisse, sich auf ganz neue Art formen, um das, was da ist, zu erhalten, und ein anomalisches Geschöpf hervorzubringen: will ich hier nur im Vorbeigehen erwähnen, ungeachtet sie unter die wundersamsten Eigenschaften organisierter Geschöpfe gehören.