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Es ist etwas sehr Bemerkungswürdiges, daß wir die Möglichkeit keines Dinges nach der bloßen Kategorie einsehen können, sondern immer eine Anschauung bei der Hand haben müssen, um an derselben die objektive Realität des reinen Verstandesbegriffs darzulegen. Man nehme z. B. die Kategorien der Relation. Wie l) etwas nur als Subjekt, nicht als bloße Bestimmung anderer Dinge existieren, d. i. Substanz sein könne, oder wie 2) darum, weil etwas ist, etwas anderes sein müsse, mithin wie, etwas überhaupt Ursache sein könne, oder 3) wie, wenn mehrere Dinge da sind, daraus, daß eines derselben da ist, etwas auf die übrigen und so wechselseitig folge, und auf diese Art eine Gemeinschaft von Substanzen statthaben könne, läßt sich gar nicht aus bloßen Begriffen einsehen. Eben dieses gilt auch von den übrigen Kategorien, z. B. wie ein Ding mit vielen zusammen einerlei, d. i. eine Größe sein könne usw. Solange es also an Anschauung fehlt, weiß man nicht, ob man durch die Kategorien ein Objekt denkt, und ob ihnen auch überall gar irgend ein Objekt zukommen könne, und so bestätigt sich, daß sie für sich gar keine Erkenntnisse, sondern bloße Gedankenformen sind, um aus gegebenen Anschauungen Erkenntnisse zu machen. – Eben daher kommt es auch, daß aus bloßen Kategorien kein synthetischer Satz gemacht werden kann. Z. B. in allem Dasein ist Substanz, d. i. etwas, was nur als Subjekt und nicht als bloßes Prädikat existieren kann; oder, ein jedes Ding ist ein Quantum usw., wo gar nichts ist, was uns dienen könnte, über einen gegebenen Begriff hinauszugehen und einen anderen damit zu verknüpfen. Daher es auch niemals gelungen ist, aus bloßen reinen Verstandesbegriffen einen synthetischen Satz zu beweisen, z. B. den Satz: alles zufällig Existierende hat eine Ursache. Man konnte niemals weiter kommen, als zu beweisen, daß, ohne diese Beziehung, wir die Existenz des Zufälligen gar nicht begreifen, d. i. a priori durch den Verstand die Existenz eines solchen Dinges nicht erkennen könnten; woraus aber nicht folgt, daß eben dieselbe auch die Bedingung der Möglichkeit der Sachen selbst sei. Wenn man daher nach unserem Beweise des Grundsatzes der Kausalität zurück sehen will, so wird man gewahr werden, daß wir denselben nur von Objekten möglicher Erfahrung beweisen konnten: alles was geschieht (eine jede Begebenheit) setzt eine Ursache voraus, und zwar so, daß wir ihn auch nur als Prinzip der Möglichkeit der Erfahrung, mithin der Erkenntnis eines in der empirischen Anschauung gegebenen Objekts, und nicht aus bloßen Begriffen beweisen konnten. Daß gleichwohl der Satz: alles Zufällige müsse eine Ursache haben, doch jedermann aus bloßen Begriffen klar einleuchte, ist nicht zu leugnen; aber alsdann ist der Begriff des Zufälligen schon so gefaßt, daß er nicht die Kategorie der Modalität (als etwas, dessen Nichtsein sich denken läßt), sondern die der Relation (als etwas, das nur als Folge von einem anderen existieren kann) enthält, und da ist es freilich ein identischer Satz: was nur als Folge existieren kann, hat seine Ursache. In der Tat, wenn wir Beispiele vom zufälligen Dasein geben sollen, berufen wir uns immer auf Veränderungen und nicht bloß auf die Möglichkeit des Gedankens vom GegenteilMan kann sich das Nichtsein der Materie leicht denken, aber die Alten folgerten daraus doch nicht ihre Zufälligkeit. Allein selbst der Wechsel des Seins und Nichtseins eines gegebenen Zustandes eines Dinges, darin alle Veränderung besteht, beweist gar nicht die Zufälligkeit dieses Zustandes, gleichsam aus der Wirklichkeit seines Gegenteils, z. B. die Ruhe eines Körpers, welche auf die Bewegung folgt, noch nicht die Zufälligkeit der Bewegung desselben, daraus, weil die erstere das Gegenteil der letzteren ist. Denn dieses Gegenteil ist hier nur logisch, nicht realiter dem anderen entgegengesetzt. Man müßte beweisen, daß, anstatt der Bewegung im vorhergehenden Zeitpunkte, es möglich gewesen, daß der Körper damals geruht hatte, um die Zufälligkeit seiner Bewegung zu beweisen, nicht daß er hernach ruhe; denn da können beide Gegenteile gar wohl miteinander bestehen.. Veränderung aber ist Begebenheit, die, als solche, nur durch eine Ursache möglich, deren Nichtsein also für sich möglich ist, und so erkennt man die Zufälligkeit daraus, daß etwas nur als Wirkung einer Ursache existieren kann; wird daher ein Ding als zufällig angenommen, so ist's ein analytischer Satz, zu sagen, es habe eine Ursache.
Noch merkwürdiger aber ist, daß wir, um die Möglichkeit der Dinge, zufolge der Kategorien, zu verstehen, und also die objektive Realität der letzteren darzutun, nicht bloß Anschauungen, sondern sogar immer äußere Anschauungen bedürfen. Wenn wir z. B. die reinen Begriffe der Relation nehmen, so finden wir, daß l) um dem Begriffe der Substanz korrespondierend etwas Beharrliches in der Anschauung zu geben, (und dadurch die objektive Realität dieses Begriffs darzutun) wir eine Anschauung im Raume (der Materie) bedürfen, weil der Raum allem beharrlich bestimmt, die Zeit aber, mithin alles, was im inneren Sinne ist, beständig fließt. Um Veränderung, als die dem Begriffe der Kausalität korrespondierende Anschauung, darzustellen, müssen wir Bewegung, als Veränderung im Raume, zum Beispiele nehmen, ja sogar dadurch allein können wir uns Veränderungen, deren Möglichkeit kein reiner Verstand begreifen kann, anschaulich machen. Veränderung ist Verbindung kontradiktorisch einander entgegengesetzter Bestimmungen im Dasein eines und desselben Dinges. Wie es nun möglich sei, daß aus einem gegebenen Zustande, ein ihm entgegengesetzter desselben Dinges folge, kann nicht allein keine Vernunft sich ohne Beispiel begreiflich, sondern nicht einmal ohne Anschauung verständlich machen, und diese Anschauung ist die der Bewegung eines Punktes im Raume, dessen Dasein in verschiedenen Ortern (als eine Folge entgegengesetzter Bestimmungen) zuerst uns allein Veränderung anschaulich macht; denn, um uns nachher selbst innere Veränderungen denkbar zu machen, müssen wir die Zeit, als die Form des inneren Sinnes, figürlich durch eine Linie, und die innere Veränderung durch das Ziehen dieses Linie (Bewegung), mithin die sukzessive Existenz unser selbst in verschiedenem Zustande durch äußere Anschauung uns faßlich machen, wovon der eigentliche Grund dieser ist, daß alle Veränderung etwas Beharrliches in der Anschauung voraussetzt, um auch selbst nur als Veränderung wahrgenommen zu werden, im inneren Sinne aber gar keine beharrliche Anschauung angetroffen wird. – Endlich ist die Kategorie der Gemeinschaft, ihrer Möglichkeit nach, gar nicht durch die bloße Vernunft zu begreifen, und also die objektive Realität dieses Begriffs ohne Anschauung, und zwar äußere im Raum, nicht einzusehen möglich. Denn wie will man sich die Möglichkeit denken, daß, wenn mehrere Substanzen existieren, aus der Existenz der einen auf die Existenz der anderen wechselseitig etwas (als Wirkung) folgen könne, und also, weil in der ersteren etwas ist, darum auch in den anderen etwas sein müsse, was aus der Existenz der letzteren allein nicht verstanden werden kann? Denn dieses wird zur Gemeinschaft erfordert, ist aber unter Dingen, die sich ein jedes durch seine Subsistenz völlig isolieren, gar nicht begreiflich. Daher Leibniz, indem er den Substanzen der Welt, nur, wie sie der Verstand allein denkt, eine Gemeinschaft beilegte, eine Gottheit zur Vermittlung brauchte; denn aus ihrem Dasein allein schien sie ihm mit Recht unbegreiflich. Wir können aber die Möglichkeit der Gemeinschaft (der Substanzen als Erscheinungen) uns gar wohl faßlich machen, wenn wir sie uns im Raume, also in der äußeren Anschauung vorstellen. Denn dieser enthält schon a priori formale äußere Verhältnisse als Bedingungen der Möglichkeit der realen (in Wirkung und Gegenwirkung, mithin der Gemeinschaft) in sich. – Ebenso kann leicht dargetan werden, daß die Möglichkeit der Dinge als Größen, und also die objektive Realität der Kategorie der Größe, auch nur in der äußeren Anschauung könne dargelegt, und vermittelst ihrer allein hernach auch auf den inneren Sinn angewandt werden. Allein ich muß, um Weitläufigkeit zu vermeiden, die Beispiele davon dem Nachdenken dem Lesers überlassen.
Diese ganze Bemerkung ist von großer Wichtigkeit, nicht allein um unsere vorhergehende Widerlegung des Idealismus zu bestätigen, sondern vielmehr noch, um, wenn vom Selbsterkenntnisse aus dem bloßen inneren Bewußtsein und der Bestimmung unserer Natur ohne Beihilfe äußerer empirischer Anschauungen die Rede sein wird, uns die Schranken der Möglichkeit einer solchen Erkenntnis anzuzeigen.
Die letzte Folgerung aus diesem ganzen Abschnitte ist also: alle Grundsätze des reinen Verstandes sind nichts weiter als Prinzipien a priori der Möglichkeit der Erfahrung, und auf die letztere allein beziehen sich auch alle synthetischen Sätze a priori, ja ihre Möglichkeit beruht selbst gänzlich auf dieser Beziehung.