Hans Hopfen
Peregretta
Hans Hopfen

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I.

Es mag wohl einst eine Zeit kommen, da selbst die Geprüftesten unter den Sterblichen nicht mehr zu sagen wissen, was ein Stellwagen ist. Auf Millionen dampfgetriebener Maschinen rollen wir dieser schönen Zeit immer näher und näher; wie weit wir aber bei alledem noch von ihr entfernt sind, habe ich nie peinlicher empfunden als an einem herrlichen Frühsommernachmittag, da ich die Eisenbahnstation Grimmelsdorf verließ, um mich von dem verwerflichsten aller Gesellschaftskästen drei Meilen landeinwärts rädern zu lassen, nach einem kleinen, selten genannten Landstädtchen, wo ferne von dem polternden Treiben der großen Welt mir ein Universitätsfreund wohnte, ein treuer Genosse meiner lebensfrohen Jugend.

Gegenüber einer von ihrer Herrschaft wegen Subordinationsfehler wider den hochwohlgeborenen Zögling verabschiedeten Gouvernante, eingeklemmt zwischen zwei rivalisirenden Roßtäuschern, die mein armes Haupt in eine dichte Wolke verabscheuungswürdigen 4 Knasters einhüllten und meine unschuldigen Hosen mit ihrem Schnupftabak bestreuten, erlöste mich endlich ein hochwillkommener Schlummer, der sich weder durch die himmlische Sonne, die auf das niedere Wagendach herabfeuerte, noch durch die heftigen Stöße beirren ließ, welche das Ueberbleibsel einer noch Vor-turn- und taxis'schen Beförderungsmethode in genialer Unregelmäßigkeit erduldete.

Als ich endlich erwachte, lagen bereits lange Schatten auf der Landstraße. Die Pferde hielten vor einer Tränke, der Wagen war, einen in der jenseitigen Ecke schlummernden Handwerksburschen und mich selbst ausgenommen, leer geworden.

Auch ich verließ nun den Verschlag, um meine Glieder zu strecken und mir die Gegend zu betrachten, in der wir uns befanden. Ich ließ meine Augen rund um mich gehen, und ein seltsames, meinethalben ein thörichtes Gefühl überkam mich, in Folge dessen ich dem Kutscher meine sieben Sachen befahl, und die letzten Fünfviertelstunden zu Fuße zurückzulegen beschloß.

Ich erinnere mich, einmal von einem Manne gehört zu haben, der, nachdem er seine erste Geliebte durch den Tod verloren, nochmals auf's Freien ausging. Er lernte zwei Schwestern kennen, die eine von tadelloser Schönheit und nicht zu trübender 5 Liebenswürdigkeit, die andere etwas verstimmteren Gemüths, mit einem von merklichen Pockennarben entstellten Gesicht. Und er führte bald die Letztere zum Altar, denn auch jene Frühverlorene war ein wenig pockennarbig gewesen. Er genoß eine glückliche Ehe, und die Liebe zu seiner Gattin lebte noch in dem alten Mann, den seine Enkel umspielten.

Alles, was uns an die Geliebte denken heißt, erfüllt unser Herz mit wehmüthig wohlthuender Zuneigung. Und so war mir auch auf diesem Wege geschehen. Die sanftanschwellenden, grünen Hügelzüge, sie erinnerten mich an eine schwesterähnliche Gegend im fernen Frankenland. Genau so schlängelte sich der gewundene Pfad zwischen den Obstbäumen nach der Höhe, also hingen zur Rechten in der Ferne hinter bunten Feldern kleine Dorfschaften an den Bergen, also rauschten zur Linken im Thale die Mühlen. Das Glück in Haupt und Herzen bin ich oft jenes Wegs gewandert; denn wenn man droben war, konnte man schon durch die Fruchtzweige die ersten Häuser des alten Reichsstädtleins winken sehen, und im allerersten Hause wohnte ja sie, die ich geliebt so manches Jahr.

All' das war damals auch schon lange her; aber die Aehnlichkeit der mich umgebenden Natur hatte alte Zeit und altes Glück vor meine Seele gerufen, und wie ich so thalaufwärts stieg, bedachte ich mir's 6 ausführlich, wie denn das Alles so gekommen, und warum es so, und nicht wie ich mir gedacht, hat sein müssen. Und ich hielt lautlos eine lange Rede über Mädchenlaunen und Weibertreue, über Kindespflicht und Nächstenliebe, und am Ende war ich wieder bei der alten Frage: Ob es nicht besser sei, das Weib, welches bestimmt ist, die höchste Leidenschaft in uns zu entflammen, niemals im Leben mit Augen zu schauen? ob auch das höchste Glück die Leiden aufwöge, mit denen zuletzt die Liebe lohnt?

Es gibt verschiedene kurze und weitschweifige Antworten auf diese Frage. Wem die Freude seines Lebens, die er fest und unentreißbar zu halten wähnte, zwischen seinen Händen in Asche zerfiel, er meint darüber wohl anders, als wer noch im Besitze schwelget.

Wie mochte der darüber denken, den ich eben aufzusuchen unterwegs war, der im Vollbehagen seiner jungen Häuslichkeit die Welt vergaß und ein Gleiches von der Welt begehrte? Ich konnte mir's denken.

Er war immer ein gutes Stück Enthusiast gewesen, der alte Heinrich, schnell erregbar in Zorn und Freude, und alsdann von nachhaltender Hitze. Er war einer von jenen Poeten, die niemals einen Vers gemacht; er dichtete nicht mit Feder, Pinsel oder Meißel, aber es war ihm Bedürfniß, Gedichte zu 7 erleben. Er war der unglückseligste Mensch, wenn ein Tag aussah wie der andere, wenn zwei Wochen hingegangen, ohne daß ein Unglück geschehen oder eine Dummheit begangen worden. Er machte fortwährend Jagd nach absonderlichen Situationen, wobei es ihm ziemlich einerlei war, ob er oder andere eine peinliche Rolle dabei spielten, und auch die gewöhnlichsten Lebensvorkommnisse liebte er mit dem Scheine des Außerordentlichen verzierend zu umkleiden. So mußten stets frische Blumen auf seinen Tischen und Kästen stehen, seine gewöhnlichen Trinkgeschirre hatten die Form einer antiken Schaale oder eines altdeutschen Stiefels, je nachdem er Wein oder Bier genoß; als Waschbecken diente ihm eine ungeheuerliche Seemuschel. Aus dem Fenster seiner Schlafkammer hatte er die landesübliche farblose Durchsichtigkeit aushängen, und dafür ein aus runden, bunten Glasscheiben zusammengebautes Kunstwerk an die Stelle setzen lassen, welchem links das Wappen seiner Familie, rechts das unserer Universitätsstadt eingefügt war. Im Studierzimmer sahen kleine Gypsnachbildungen des borghesischen Fechters, der Venus von Melos, des Apollo von Belvedere aus dunkelrothen Nischen auf ein staubiges Durcheinander von Folianten, Zeitungen, Miniaturausgaben, Küchengeschirren, Schreibmaterialien, Fechtapparaten und 8 Notenheften herab, welches bei Strafe seines höchsten Zornes keine ordnende Hand berühren durfte. Seine Lampe konnte nicht auf den Tisch gestellt werden, sondern schwebte in einer zierlichen Vorrichtung von der Decke herab über seinem Pulte. Auch hatte er genau genommen keinen ordnungsmäßigen Stuhl, wohl aber ein kleines lederüberzogenes Schraubböckchen, eine breite Ottomane, einen aus verschiedenen Querhölzern zusammengefügten Waschsessel, zwei türkische Polster mit etwas verbrauchten Teppichen, einen amerikanischen Fauteuil, der statt auf vier Füße auf zwei Wiegenhölzer gestellt war, eine kleine Staffelei, die man in der Mitte zusammenklappen und sie dann zum Sitzen benützen konnte, und endlich einen ehrwürdigen Urgroßvaterlehnstuhl, auf den er besonders große Stücke hielt, obwohl oder vielmehr weil ihm sein Roßhaar und Seegras zu allen Ecken und Ohren herausguckte.

Die reguläre Höflichkeit häuslicher Theegesellschaften vermied er bis zur Ungezogenheit, es wäre denn da der Faden einer Intrigue anzubinden gewesen. Dagegen liebte er rauschende Feste, Bälle, Schlittenfahrten, Maskeraden und jede Gelegenheit, wo es hoch und laut herging. Er schwärmte für alle neun Musen, besonders für Thalia, Melpomene und Terpsychore, und war ihren besseren Priesterinnen mit 9 einer rührenden Verehrung zugethan. Auch dem unkünstlerischen Theile des schöneren Geschlechts war er nie abhold gewesen, er kannte das Schöne und wußte es zu schätzen, obwohl er es lieber in den beweglicheren Schichten der Gesellschaft im näheren und nächsten ungebundenen Verkehr aufsuchte, als daß er in den höheren Regionen, jenseits des Kleinbürgerthums und der Grisettenwelt, fernab seufzender Bewunderung oblag. Indessen erinnerte ich mich keiner ernsteren Herzensneigung aus jener Zeit; er hatte es bei keiner lang ausgehalten, wie er denn überhaupt auf die Dauer lieber mit Männern als mit Frauenzimmern verkehrte.

Er war ein verlässiger Kamerad, ein stets opferbereiter Freund, und verlangte sogar im Kreise seiner engeren Bekanntschaft die gegenseitige Beobachtung einer Art liebenswürdigen Zeremoniells, das auch er seinerseits auf's Gewissenhafteste befolgte. So hielt er auf Rechts und Links beim Spazierengehen, erwartete, daß bei abendlichen Zusammenkünften ihm jeder wenigstens Einmal einen guten Zug vortrank; er kannte keinerlei Indiskretion auch nicht im Scherz oder Rausch, und alle Freundesangelegenheiten hatten für ihn einen familiär-korporativen Charakter.

Er konnte ausgelassen lustig sein, blieb aber der unausstehlichste Kumpan von der Welt, so lange 10 nichts Absonderliches aufzutreiben war. Alsdann mochte es noch geschehen, daß er Winters mit der Straßenpolizei anband, um auf der Wachtstube zu übersitzen, oder daß er Sommers noch in der Nacht über Land lief, um in einem Kahne zu schlafen oder doch einem Sonnenaufgang entgegenzuwandern. Am liebsten sah er sich zu Pferd und – bei Tische.

Mit seinem Kunstsinn und seiner Abenteuersucht ging Hand in Hand eine zur Virtuosität ausgebildete Feinschmeckerei; ja es schien nicht selten, als sei diese gar die stärkste seiner Leidenschaften. Den langweiligsten, eintönigsten Regentag konnte eine gutbesetzte Tafel in's Rosigste und Kurzweiligste verzaubern. Zwischen die Wahl gestellt, ein üppiges Souper oder die Aufführung einer mozart'schen Oper zu versäumen, entschied er sich, wenn schon immerhin nach reiflichem Erwägen, jedesmal zu Gunsten des gastronomischen Genusses. Auch er war »malgré sa poésie gourmand et gourmet«.

Neigung und Verständniß dehnten sich in gleicher Weise auf den Keller aus. Ich erinnere mich aus jener schönen Zeit, wo man eine göttliche Berechtigung hat über den Durst zu trinken, an manchen übermüthigen Streich. Wenn ihm der Wein die Zunge zu lösen begann, liebte er es, einen Kranz von Epheu, von Rebenlaub, oder wenn sonst nichts 11 Besseres zur Hand war, ein grünes Weidengeflecht auf's muntere Haupt zu setzen und lateinische Verse zu deklamiren, was er mit meisterhaftem Ausdruck verstand.

Bei all' diesen absonderlichen Gewohnheiten und Neigungen würde man irren, falls man glauben wollte, sein äußeres Thun und Lassen hätte ein genialitätsüchtiges, verrücktes Ansehen gehabt. Im Gegentheil gehörte Heinrich, was sein persönliches Auftreten vor der Welt anlangte, zu den gehobeltsten, schlichtesten Männern der Gesellschaft. Seine Kleidung zeigte von Geschmack und Einfachheit, seine Manieren von gewandter Weltläufigkeit, sein Gespräch von umfassender, eindringlicher Bildung. Er haßte alles Prunken und Prahlen auf offenem Markt, alles geflissentliche Veranstalten, um gesehen zu werden; auch hielt er sich niemals für außerordentlich begabt oder zu absonderlichen Unternehmungen berufen. Er war empfänglich und mittheilsam, anerkennend bis zur Bewunderung, bewundernd bis zum Enthusiasmus. Die kleinen Narrheiten seines intimen Lebens drängten sich nie vor die Augen der Gesammtheit; wer ihn nicht innerhalb seiner vier Pfähle oder im Freundeskreise kannte, mochte ihn für einen ganz gewöhnlichen, erfahrungsmäßigen Menschen halten, der für sein gutes Geld sich gute Tage einzukaufen wisse, 12 und zwischen Studium und Jugendgenuß ein Leben hinterbringe wie Andere mehr.

Die Aeußerungen seiner Absonderlichkeit, seine Neigung nach Ungewöhnlichem, nach Neuem, nach Auffälligem entsprang aus dem erhöhten Bedürfniß, täglich und stündlich sich seines Daseins froh bewußt zu werden; Lebenskraft und Lebensmuth war die Quelle seiner Lebensweise. Er hielt ein ausführliches Tagebuch, und jeder Tag, den nicht ein bemerkenswerthes Ereigniß auszeichnete, den nicht Freud oder Leid mit einem vollen Strahl berührt, galt ihm ein verlorener und wurde nicht verzeichnet. Dennoch fehlten in seinem Kalender jedes Jahr nur sehr wenige Tage. Er war damals ein glücklicher Mensch.

Seit ich ihn zum letzten Male gesehen, ihm zum letzten Mal die treue Hand gedrückt, waren viele Jahre über's Land gegangen. Das war auf dem Bahnhofe zu P., wohin wir dem bemoosten Haupte das Geleite gegeben. Er sprang rasch in den Wagen, und als der Zug von dannen fuhr, winkte er uns noch lange mit einem Schnupftuch zu, das die Farben unserer landsmannschaftlichen Abzeichen trug, während wir Zurückgebliebenen ihm ein donnerndes Hurrah nachsandten. Wir haben Hurrah geschrieen, sehr laut geschrieen, und das in einem öffentlichen, wohlgezimmerten Bahnhof germanischer Nation – das mußte lange, recht lange her sein.

13 Der Strom des Lebens hatte uns weit aus einander verschlagen, und ich habe von meinem guten Heintz die Jahre nichts mehr gehört, als einmal, daß er die Staatsdienstcarrière verlassen und sich verlobt, ein andermal, daß er geheirathet und sich auf's Land gezogen habe.

Durch den eigenthümlichen Gang meiner Geschäfte einmal in diese Provinz gerufen, trieb mich das Herz nach dem braven Kauz umzusehen; ich schrieb einen Brief an den muthmaßlichen Ort seines Aufenthalts, eine kurze, freudige Antwort erweckte mich schon am Morgen des zweiten Tages, und nun war ich dahergekommen über Schienen und Straßen.

Ich mußte mich, wie ich so in Rückerinnerungen vertieft dahinwanderte, besinnen, daß ich seit seiner Verlobung auch den Namen der erwählten Braut gehört, und daß ich vor etwa vier oder fünf Wintern das Fräulein Natalie von Püren in der Residenz persönlich kennen gelernt hatte. Ein hübsches, liebenswürdiges Kind von etwa sechzehn Jahren, welches eben aus der Pension zurückgekommen war, und auf alle Fragen, so ihr von einer exemplarischen Frau Mama gestellt wurden, ein bescheidenes, halblautes Ja hauchte. Mein erster Besuch unterbrach sie in einem bereits sechsthalb Seiten langen Brief an eine Institutsfreundin, »die sie über Alles liebte«, wie sie 14 mir versicherte. Sofort nach den üblichen Begrüßungsfragen ward sie von der Mutter an den Flügel kommandirt, dessen sie sich ohne Weigern im nächsten Moment bereits bemächtigt hatte. Sie spielte mir ohne abzusetzen fünf Mendelssohn'sche »Lieder ohne Worte« vor mit eigenthümlich ungebundener Rhythmisirung, und mit betäubender Vorliebe für die Begleitung im Allgemeinen und das Pedal insbesondere. Ich bat unter gesellschaftgeläufigen Ausdrücken um Gnade, worauf sich Mama mir zu erzählen beeilte, daß Natalchen eben unter ihrer höchsteigenen Leitung Paul et Virginie in's Deutsche, und dann aus ihrem Deutsch in's Französische zurück, und endlich aus ihrem Französischen auch in's Englische übersetze, eine Arbeit, die ungemein bildend sei.

Ich staunte und schwieg, und Frau von Püren sandte ihren »Augapfel« (wie sie ihre Tochter fortwährend titulirte) mit Adjutantenaufträgen, die von den pomphaften Kunstausdrücken des gallischen Speisezettels strotzten, nach der Küche, um ohne Aufregung jungfräulicher Eitelkeit an mich eine vertrauliche Geschäftsfrage zu stellen. Sie beabsichtigte nämlich, die eben erwähnten Paul et Virginie-Uebersetzungen in der Trippelallianz ihrer Sprachverschiedenheit zum Gebrauch für höhere Töchterschulen und adelige Fräuleininstitute im Buchhandel erscheinen zu lassen, und 15 bat mich, da ich ja doch vom Fach wäre, ihrem gebildeten Kinde ein zartverhüllendes, wohlklingendes Pseudonym für das Titelblatt suchen zu helfen.

Ich entschuldigte mich damit, daß ich weder französisch, noch englisch, noch ordentlich deutsch verstünde, daß ich, in Folge der einseitigen Vertiefung in meine neuesten Studien, mich nur mehr das Mittelhochdeutsche und Anglonormannische orthographisch zu schreiben getraute, daß meine sämmtlichen Gedichte, Novellen und Kritiken aus den hinterlassenen Papieren meines seligen Urgroßvaters mütterlicher Seits herstammten, welcher, Gott habe ihn selig, noch vor Anfang des Jahrhunderts zu Verona Todes verblichen wäre, daß ich meine juristische Bildung nur der Aehnlichkeit mit einem im zarten Knabenalter verstorbenen Bruder verdankte, und eigentlich und genau genommen kein Aesthetiker, sondern meines Zeichens ein Schwimmlehrer wäre.

Die gnädige Frau warf noch einen zweideutigen Blick nach meinen tadellosen hechtgrauen Handschuhen, und wir trennten uns für alle Zeit.

Auf der Stiege kam mir das Stubenmädchen derer von Püren entgegen, welches eine riesige, im babylonischen Thurmbaustyl aufgewundene Torte die Stufen hinan schleppte.

Als ich letztere Begegnung den Freunden 16 mittheilte, welche mich den genannten Damen vorgestellt, versicherte jeder, daß auch an ihm auf der Treppe jenes Hauses ein ähnlicher Konfekthügel vorübergetragen worden sei. Wir schlossen daraus, daß die sorgsame Mutter auf diese Weise jedem heirathsfähigen Manne die schmackhafte Behäbigkeit des Püren'schen Familienlebens symbolisch zu verstehen gebe.

Sollte es wirklich die gastronomische Seite gewesen sein, auf welcher mein Freund Heinrich sich vom Hausgeiste seiner Schwiegermama hatte besiegen lassen? Sollte die Lust zum Ehestand auf dem Umweg durch die Küche ihn überrumpelt haben? Ich konnt' es doch nicht glauben. Er pflegte, wenn man über Weiber und Mädchen zu reden kam, zu wiederholen, ein Wesen, das ihn dauernd fesseln solle, dürfe nothwendigerweise zweier Eigenthümlichkeiten nicht entbehren, sie müsse von festem, sicherem Charakter und seelenwarmer Leidenschaftlichkeit sein.

Charaktergröße, Leidenschaft – und jene blaßblonde Mendelssohnschlägerin aus dem löblichen Fräuleinpensionate der Madame Marie Antoinette Carafon, nach einem zierlichen Pseudonym blätternd, das reimte sich nicht. Ich wußte nicht, sollt' ich meinen Freund bedauern, sollt' ich nicht. Als vernünftiger Mensch beschloß ich zu warten, und dachte nur abwechselnd: Liebe thut Wunder und Liebe ist blind.

17 Unter solchen Selbstgesprächen hatte ich längst den aufsteigenden Weg zurückgelegt und schritt gemächlich auf der ebenen Straße dahin. Es war brauner Abend und schwarze Nacht geworden, und ich hatte es kaum gemerkt. Jetzt hatte ich den Ort meiner Bestimmung erreicht und befand mich zwischen den ersten Häusern des weitausgelegten, stattlichen Fleckens.

Heinrich's Wohnsitz war schwer zu verfehlen. Der ortskundige Kutscher hatte mich an das erste Gehöfte rechter Hand gewiesen. Es lag etwas seitab von der Landstraße. In einem großen, mit vielen Bäumen bepflanzten Garten stand ein einstöckiges Haus aus rothem, polirtem Sandstein erbaut. Zu den Fenstern des Erdgeschoßes in der Vorderfronte führte eine mit Orangenbäumen reichlich bestellte Estrade von grauem Marmor, vor welcher drei kleine Springbrunnen geschwätzig emporsprudelten. Zwei entferntere Hintergebäude schienen Ställe und Dienerwohnungen zu enthalten. Das Ganze war nach der Straße zu vorne von einem zierlichen Eisengitter, auf den drei anderen Seiten von einer etwa sechs Fuß hohen Mauer umgeben, aus welcher zur rechten Hand eine Thür in's freie Feld führen konnte.

Es giebt Menschen, die, wenn ihnen der Briefträger einen Brief gebracht, auf dessen Couvert sie 18 die Züge einer lieben Hand erkennen, denselben unerbrochen mitten auf ihren Schreibtisch legen, und erst, indem sie noch eine häusliche Verrichtung vornehmen, ehe sie das Siegel lösen, sich so die behagliche Unruhe einer sicher zu befriedigenden Erwartung anthun.

Ein ähnliches Gefühl verhielt auch mich vor der Thüre meines alten Freundes. Ich ging um das ganze Anwesen herum, ich zählte die Schornsteine, die Fenster, die Blitzableiter, ich horchte auf die verschiedenen unartikulirten Laute der zahmen Hausthiere, die sich zuweilen vernehmen ließen, ich sah den Wind über die Bäume des befreundeten Eigenthums biegen, ich stierte in die Rauchwölkchen, die aus dem Innern dieser Häuslichkeit geradeauf in den gestirnten Nachthimmel zogen, und bei alledem spielte ich mit dem Gedanken, wie's wohl drinnen aussehen möchte.

Die Thüre im Eisengitter war noch unverschlossen. Ich trat behutsamen Schrittes über den Kies des Vorderplatzes und in's dichte, blühende Fliedergebüsch mit dem fürwitzigen Wunsche, wo möglich noch ungesehen einen Augenblick in das familiäre Treiben meines Jugendkumpans zu werfen.

Aus zwei Fenstern an der linken Seite des Erdgeschoßes fiel ein gedämpftes Licht in den Garten, die Flügel des einen waren geöffnet, lagen jedoch für ein geräuschloses Erreichen zu hoch. Ich schlich sachte 19 heran, blieb aber bald verwundert stehen und horchte. Eine tiefklingende, volle Frauenstimme, welche durch das offene Fenster sich vernehmen ließ, sprach mit tadellosem Pathos langsam und scharf die Worte des Dichters:

Wie? wär' es Gift, das mir mit schlauer Kunst
Der Mönch bereitet, mir den Tod zu bringen,
Auf daß ihn diese Heirath nicht entehre,
Weil er zuvor mich Romeo'n vermählt?
So, fürcht' ich, ist's, doch dünkt mich kann's nicht sein
Denn er ward stets ein frommer Mann erfunden.
Ich will nicht Raum so bösem Argwohn geben. –
Wie aber, wenn ich in die Gruft gelegt,
Erwache vor der Zeit, da Romeo
Mich zu erlösen kommt?

Und so ging's weiter im göttlichen Text. Ich weiß nicht mehr recht, war es in der That bloß die Wirkung des Vortrags, oder that die Aufregung, in die ich mich gebracht hatte, das Ihrige dazu? Aber mich dünkte damals, ich hätte Shakspeare mein Tag nicht treffender zur Geltung kommen hören.

Mir schien's, als hielt die Nacht ihren Athem an, um dem Wohllaut dieser Stimme zu lauschen; kein Lüftchen war zu spüren, kein Fliederglöckchen bewegte sich, auch die Springbrunnen hört' ich nicht mehr, und ohne einen Hauch zu verlieren, wogten wie flüssiges, klingendes Silber die Worte der 20 unsterblichen Liebe Capulet's in die duftschweren Lüfte des dunklen Gartens.

An einem Schatten, welcher am Ende der Zimmerdecke und der oberen Wand zu sehen war, mußte ich bald abmerken, daß keineswegs im Sitzen gesprochen oder gar vorgelesen wurde. Die Veränderungen des schwarzen Streifens ließen bald auf schlaffe, bald auf heftige Bewegungen einer stehenden Person schließen.

Nun war sie zu den Worten gekommen:

O seht! mich dünkt ich sehe Tybalt's Geist!
Er späht nach Romeo, der seinen Leib
Auf einen Degen spießte. – Weile, Tybalt!

Das klang, als wäre es mit höchster Anstrengung, mit todesängstlicher Steigerung durch einen von unsichtbarer Riesenfaust gewürgten Hals hervorgestoßen. Dann ward Alles still. Dem Schatten nach zu schließen, wankte die Gestalt, wie um Athem zu schöpfen, dem offenen Fenster zu, und aber nach einer kleinen Pause erst erklang es wie Orgeltönen, mit einer Stimme, die von Lust und Liebe bebte:

Ich komme, Romeo! Dies trink' ich Dir!

Ich ertappte mich gerade noch zur rechten Zeit, wie ich schon unwillkürlich einen Freudenschrei der Bewunderung hervorstoßen wollte, eines jener seltenen naturnothwendigen »brava!« die zuweilen selbst von den festen Lippen geschworener Schweiger ausbrechen, 21 als sich drinnen eine andere, eine männliche Stimme vernehmen ließ. Ich kannte sie wohl, diese Stimme, und sie sprach in einer Mischung von gemüthlichem Hausvaterton und lautwerdendem Lehrerernst:

»Mein liebes Mäuschen, Du bist noch immer nicht ganz dialektfrei. Es klang das zweite Mal mehr wie ›Leuchentuch‹ als wie ›Leichentuch.‹ Ueberhaupt nimmst Du zuweilen die Klangfarbe zu tief, und man glaubt alsdann ›Göbein‹ statt ›Gebein‹ zu hören. Auch meint' ich, Du solltest, wenn Du den Schlaftrunk genommen, nicht gleich zusammenstürzen, sondern ruhig, wie in einer monumentalen Stellung, das Fallen des Vorhangs erwarten. Ich kann das viele Umpurzeln auf der Bühne nicht ausstehen.«

Was zum Teufel, dacht' ich bei mir, richtet der Heinrich in ländlicher Zurückgezogenheit Bühnentalente zu, oder bereitet er für ein Familienfest ein Liebhabertheater vor? Indessen schien's, als schickte sich die schöne Stimme an, den Monolog von Vorne anzufangen, und ich schwor in meinem entzückten Herzen, so lange diese Wohlthat währen wollte, nicht von der Stelle zu weichen, und müßt' ich die ganze Nacht im Freien bleiben. Da packte mich plötzlich Einer von Rückwärts am Rockkragen und am rechten Arm, und inquirirte mich quoad personalia.

Ich konnte den Biedermann rasch befriedigen, 22 erklärte schließlich, die Thüre nicht haben finden zu können, und hier von dem herrlichen Deklamiren wider Willen im Grünen festgehalten worden zu sein.

»Ach ja,« erwiederte ganz in Höflichkeit getaucht der wackere Dienstmann; »ach, unsere gnädige Frau, sie kann so reden, daß einem das Herz im Leibe weint, und lacht, und wiederum weint, gerade wie sie will.«

Was, sprach ich zu mir, seine gnädige Frau? Julia von Püren? Natalie Capulet?

Aber der Andere ließ mir nicht Zeit zum Verwundern.

»Ich bitte Sie doch, kommen Sie nur recht rasch herein. Der Herr und die Gnädige haben Sie zwar erst morgen Mittag erwartet – ich weiß das, weil er auf Früh fünf Uhr den Wagen bestellt hat, um Sie in Grimmelsdorf von der Eisenbahn zu holen. – Aber mein! ich sag' Ihnen, die ganzen zwei Tage erzählt er der gnädigen Frau schon von Ihnen, und von der alten Zeit. und der alten Freundschaft. Ich bitte, hier um die Ecke und belieben jetzt nach Links u. s. w.«

Ich trat in ein kühles, geräumiges Gemach, dessen fensterfreie Hauptwand ganz mit dichtem Epheu überzogen war, und sonst keinen Schmuck hatte als ein großes, viereckiges Spiegelglas in breitem Goldrahmen. An der gegenüberstehenden Seite zwischen 23 den Fenstern hing eine gelungene Kopie des rembrandt'schen Ganymed. Hüben wie drüben befanden sich kleine, bequeme Sophas, und vor jedem ein Marmortisch, aus den von der Decke eine Bronzelampe herabhing. In den Ecken standen Wandschränke mit hohen Aufsätzen, welche mit verschiedenen Nutz- und Ziergeräthen bestellt waren; in der Mitte des Zimmers, wahrscheinlich von wegen der Juliaszene, zwei verlassene Stühle.

Der Tisch zur Linken trug ein noch unberührtes Abendmahl; vor dem anderen, dem Spiegel gegenüber, saß Heinrich auf einem Sopha, in ein Buch vertieft, darin er nach einer bestimmten Stelle zu suchen schien. Ein Weib, das der Thüre den Rücken kehrte, stand vor ihm. Die beiden Arme auf die Steinplatte gestützt, schien sie auf das Ergebniß seiner Nachforschung zu harren. Sie trug ein weißes, faltenreiches Nachtkleid; über der einen Schulter hing eine lange, dunkelbraune Flechte in irren Ringeln herab, welche unter einem himmelblauen Bande losgeworden war, das den Kopf umschlang.

Auf den Lärm, den der Diener anhub, warf Heinrich das Buch weg und fiel mir um den Hals. Das Weib hob das Buch allsogleich auf, legte es unter den gekreuzten Arm, und sah sonder Gruß und Zeichen wie eine Forschende den lauten 24 Freudenbezeugungen zu, mit welchen ihr Gatte den Gast überhäufte.

Ihr Gesicht war nicht gerade schön zu nennen; aber große, graublaue Augen, schwellende, breitgeschweifte Lippen und eine feingezeichnete, starke Nase verliehen ihm einen so lebensfrischen, bestimmten Ausdruck, daß man nach dem ersten raschen Anblick sofort hätte die Wimpern schließen können, ohne seines genauen Abbildes in der inneren Vorstellung los zu werden.

Während der erste Begrüßungssturm in durcheinandergeworfenen Fragen und Antworten, in häuslichen Anordnungen und bunten Projekten für die nächsten Tage allmälig vertobte, setzten wir uns an die Mahlzeit. Heinrich sprach in einem Athem fort, während seine Frau bald mich, bald ihren Gatten ihrer schweigenden Beobachtung unterzog, und mir selbst in Mitten dieser befreundeten Häuslichkeit nicht recht sicher und behaglich werden wollte.

»Aber, Grettchen,« fuhr auf einmal Heinrich sich selbst unterbrechend fort, »Du schweigst und thust, als hättest Du einen wildfremden Menschen vor Dir. Sei gut, und reiche meinem Alten über dem Verbrechen seiner nächtlichen Ueberraschung die hausmütterliche Rechte.«

Ihre bisher so starren Züge nahmen plötzlich 25 einen Ausdruck lächelnden Wohlwollens an, und sie gab mir eine kleine, weiche, weiße Hand, deren durchsichtige Glätte das bläuliche Aderngeflecht durchschimmerte.

»Ich war bloß sprachlos vor Verwunderung über meinen Mann,« sagte sie, »vor Verwunderung über die Meisterschaft, mit welcher er innige Gefühle Jahre lang zu verbergen, oder, wenn sie so lange geschlafen haben, auf Einen Schlag in's volle Leben zurückzuzaubern vermag. Thut er nicht mit Ihnen wie eine Thekla Wallenstein, die ihren zertretenen Piccolomini nach der Auferstehung des Fleisches gesund und ganz im Jenseits wiederfindet? Und glauben Sie mir: in den drei Jahren unserer Ehe hat er Ihrer nicht ein einziges Mal erwähnt. Ich habe Ihren Namen ehegestern zum ersten Mal vernommen. Seitdem sprach er auch von nichts Anderem mehr. Aber so seid ihr Männer, veränderlich wie Wetter und Wind.«

Wir legten Beide einmüthig Verwahrung ein gegen diese unterschiedslose Verdammung unseres Geschlechts, und rasch war jede störende Fessel des Verkehrs entfernt; bald ernst, bald scherzend floß die Wechselrede durch Vergangenheit und Gegenwart dahin.

Heinrich's Gattin nahm zwar noch immer wenig Theil am Gespräch. Da fügte es sich, daß unsere 26 Unterhaltung gelegentlich meines Aufenthalts in Dresden auf die Ristori und so auf Theater- und Bühnenwesen gerieth. Kaum daß ich das erste Wort gesprochen, legte meine Nachbarin Messer und Gabel hin, und nun war des Fragens und Ausforschens kein Ende mehr.

Sie ließ sich die szenische Anordnung der ihr unbekannten italienischen Stücke erzählen, verlangte mir nach und nach eine nach allen Seiten hinleuchtende Charakteristik der Künstlerin ab, und interessirte sich besonders für die Darstellung der Maria Stuarda mit einer so sehr in's Einzelnste gehenden Genauigkeit, daß mir, der ich weder alle Nüancirungen des Spiels, noch die Finessen der dadurch erzielten Bühnenwirksamkeiten, noch endlich gar Schnitt und Farbe der Kostüme behalten hatte, in dämmernder Ferne alte Examinationsfieberreminiscenzen aufstiegen.

Mein Freund mochte endlich mit mir fühlen und bemühte sich mehrmals, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben; seine Gattin ließ sich jedoch nicht leicht abbringen.

Auf eine verständliche Anmahnung erwiederte sie:

»Weiß ich doch aus dem biographischen Bruchstück eurer selbander verbrachten Jugendzeit, wie sehr sich unser Freund damals für die Bühne interessirte. Also spricht er auch wohl gerne davon mit mir, die ich so 27 lang, so lang jene Bretter nicht mehr gesehen habe, welche die Welt bedeuten. Wie, oder sollte auch diese Neigung wieder verflogen sein? Dann nehmen Sie meine Neugier als Strafe für Ihren leichten Sinn. Indessen sei's gesagt, daß ich in die Erzählungen meines verehrten Eheherrn gerechten Zweifel zu setzen anfange; denn offen gestanden, nach jenen habe ich Sie mir ganz anders vorgestellt, als ich Sie nun vor mir sehe.«

Ich lachte und äußerte, daß auch ich mir die Frau meines Freundes ganz anders eingebildet habe, und nun im Herzen vergnügt sei, daß ich es nicht so gefunden, als ich habe denken müssen.

»Die Bestien in der Residenz,« brummte Heinrich, »heraus damit, was sie Dir wieder aufgebunden haben!«

»Gar nichts,« erwiederte ich; »da ich aber Dank unseres längst in Treulosigkeit entschlafenen Briefwechsels seit Langem nichts von Deinem Leben erfahren habe, als Deine vor Jahren bekannt gewordene Verlobung, und später eine irre Kunde, daß Du nunmehr verheirathet seist, wie konnte ich Anderes gewärtigen, als in Deiner Gattin eine alte Bekanntschaft zu erneuern, die der wohledlen Natalie aus dem Hause Püren!«

Ich hatte dies Letztere lachend und arglos über's 28 Weinglas weggeredet und bemerkte erst jetzt, daß der Eindruck meiner Rede gar kein heiterer war. Die Gesichtszüge der schönen Frau hatten ein hartes, stolzes Ansehen angenommen, und ihre Augen hafteten wie forschend auf meinen Lippen.

Heinrich schien das nicht zu bemerken, trank seine Neige und sprach: »Dann weißt Du noch gar nichts, und ich bin Dir ein ganzes Kapitel zu erzählen schuldig. Aber wir haben keinen Wein mehr, und ich will selbst gehen und Dir einen gastlichen Ehrentrunk heraufholen.«

Er stand auf und nahm aus einem der Wandschränke einen krausbärtigen Schlüssel mit viereckiger, zierlicher Handhabe, den er wohlgefällig betrachtend über den Fingern wog. Seine Frau hatte sich gleichfalls erhoben. Sie gab mir die Hand und eine gute Nacht, und verließ am Arme des Gatten das Gemach.

Ich blieb nur kurze Zeit allein, um den Eindruck in mir zurecht zu rücken, den dieses außergewöhnliche Wesen auf mich ausübte, da kam mein Freund mit vollen Flaschen zurück, eine kleine, dunkelrothe Mappe unter dem Arm, aus der da und dort Papierstücke, getrocknete Kräuter, rothe Läuber u. dgl. hervorguckten.

Er fing an, mir des Weitläufigeren die 29 Gelegenheit zu rühmen, welche es ihm möglich mache, seinen Sauterne direkt von echten Quellen zu beziehen, doch ich drängte ihn zu seinem Versprechen nach der Geschichte seiner Verlobung und Verheirathung zurück.

Mit vorschmeckendem Behagen erhob er blinzelnd die weite, flache, gläserne Schale auf dem schlanken Stengel und ließ die goldene Flüssigkeit, die sich in zähen Tropfen, ölgleich, an die Ränder klebte, im Licht seiner Lampe schimmern. Dann that er einen guten Schluck und hub an zu erzählen wie folgt.

 


 


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