Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Abrahams. Sanderus. Christoph. Johann.
Abrahams. Nun will ich Euch ein Abenteuer erzählen, das wird die ganze Stadt amüsiren. Wißt Ihr, was ich mir mit vier, fünf vornehmen Leuten ausgedacht habe?
Sanderus. Nein, das weiß ich nicht.
Abrahams. Kennt Ihr nicht Hermann von Bremen?
Sanderus. Das ist ja der Kanngießer, der solch ein großer Politikus ist, er wohnt in diesem Hause.
Abrahams. Eben der. Neulich war ich in Gesellschaft mit Einigen vom Rathe, die sich sehr über den Kerl ereiferten, daß er im Wirthshaus so dreiste Reden gegen die Regierung führt und Alles reformiren will. Sie hielten für zweckmäßig, Spione auszuschicken, damit man Zeugen für seine Reden habe und ihn bestrafen könne, Andern zum Exempel.
Sanderus. Das wäre allerdings zu wünschen, daß solche Kerle einmal bestraft würden. Die sitzen hinterm Bierkrug und kritisiren dabei Könige, Fürsten, Obrigkeiten und Generale, daß es wahrhaft schrecklich ist zu hören. Auch ist es nicht ohne Gefahr; denn der gemeine Mann hat nicht den Verstand und sieht nicht ein, wie ungereimt das ist, daß ein Kanngießer, Hutmacher oder Bürstenbinder mit dem geringsten Grund soll von solchen Sachen sprechen und Dinge sehen können, die der ganze Rath nicht sehen kann.
Abrahams. Das ist gewiß. Ein solcher Kanngießer 40 reformirt Euch das ganze römische Reich, während er einen Teller gießt; er ist beides auf einmal, Landflicker und Kannenflicker. Aber das Vorhaben der Rathsherren behagt mir doch nicht; solche Leute bestrafen oder arretiren, erregt nur Unzufriedenheit im Publikum und verhilft solchen Narren nur zu größerem Ansehen. Meine Meinung war daher, wir sollten lieber eine Komödie mit ihm spielen, die würde wol größere Wirkung haben.
Sanderus. Worin soll sie bestehen?
Abrahams. Darin, daß wir ihm Deputirte schicken, als kämen sie vom Rath, um ihm Glück zu wünschen zum Bürgermeister, und ihm dabei noch andere närrische Dinge aufzureden; da wird sich zeigen, in welche Noth er geräth, und er selbst wird dahinter kommen, welch ein großer Uuterschied das ist, über einen Gegenstand raisonniren und ihn verstehen.
Sanderus. Aber was wird daraus folgen?
Abrahams. Daraus wird folgen entweder, daß er aus Desperation aus der Stadt läuft, oder daß er demüthigst um seinen Abschied bittet und seine Untüchtigkeit zugesteht. Ich bin blos deshalb zu Monsieur Sanderus gekommen, um mir seine Hülfe bei Ausführung dieser Intrigue zu erbitten, da ich ja weiß, daß er für so etwas paßt.
Sanderus. Die Sache läßt sich hören; wir wollen selbst die Deputirten machen und gleich zu ihm gehen.
Abrahams. Hier ist ja sein Haus. Johann oder Christoph klopft mal an und sagt, es wären zwei Rathsherren draußen, die wollten mit Hermann von Bremen sprechen.
(Sie klopfen an.)
Hermann. Abrahams. Sanderus. Christoph. Johann.
Hermann. Mit wem wollt Ihr sprechen?
Johann. Hier sind zwei Rathsherren, die wollten gern die Ehre haben Ihm aufzuwarten.
Hermann. Element, was ist das? Ich seh' ja so dreckig aus wie ein Schwein. 41
Abrahams. Unterthänigster Diener, wohlgeborner Herr Burgemeister! Wir sind vom Rath hieher geschickt, um Ihm zu gratuliren zur Burgemeisterschaft hier in der Stadt. Denn der Rath hat mehr auf Seine Meriten als auf Seinen Stand und äußere Lage gesehen und hat Ihn zum Burgemeister gewählt.
Sanderus. Der Rath kann das nicht zugeben, daß solch ein weiser Mann von solchen niedrigen Verrichtungen occupirt ist und sein großes Pfund so in die Erde vergräbt.
Hermann. Ihr Herren Collegä, vermeldet Einem Löblichen Rath meinen Gruß und Dank und versichert ihn meiner Protection. Es ist mir lieb, daß man auf diesen Gedanken gekommen ist, lediglich um der Stadt, nicht um meinetwillen. Denn hätte mich nach Hoheit verlangt, hätte ich längst zur Genüge davon haben können.
Abrahams. Wohlgeborner Herr Burgemeister, unter solcher hochweisen Obrigkeit können Rath und Bürgerschaft nichts Anderes erwarten als die Wohlfahrt der Stadt . . . .
Sanderus. Und darum sind so viele andere reiche und vornehme Männer übergangen worden, die sich um den hohen Posten beworben haben.
Hermann. Ja, ja. Na, ich hoffe, sie sollen ihre Wahl auch nicht bereuen.
Abrahams und Sanderus. Wir recommandiren uns sammt und sonders in des Herrn Burgemeisters Gewogenheit.
Hermann. Es wird mir ein Vergnügen sein, Wohldenselben einen Dienst zu erweisen. Entschuldigen Dieselben, daß ich sie nicht weiter begleite.
Sanderus. Ei, das würde sich auch für den Herrn Burgemeister nicht schicken, weiter mitzugehen.
Hermann (ruft einen von den Bedienten). Ihr da, Kamerad, da habt Ihr was zu einer Kanne Bier.
Die Bedienten. Ach wir können das nicht annehmen, Euer Wohlgeboren.
(Sanderus, Abrahams und die Bedienten ab.) 42
Hermann. Geske.
Hermann. Geske! Geske!
Geske (drinnen). Ich habe keine Zeit.
Hermann. Komm heraus, ich habe Dir was zu sagen, was Du Dir Zeit Deines Lebens nicht hast träumen lassen!
Geske (kommt heraus). Nu, was ist denn das?
Hermann. Hast Du Kaffe im Hause?
Geske. Ach Schnack, wann brauch' ich denn Kaffe?
Hermann. Aber Du wirst ihn von jetzt an brauchen; in einer halben Stunde kriegst Du Visite von sämmtlichen Rathsfrauen.
Geske. Ich glaube, der Mann träumt.
Hermann. Ja, ich träume so, daß ich uns eine Burgemeisterei an den Hals geträumt habe!
Geske. Hör' Mann, mach' mich nicht böse! Du weißt, wie es Dir neulich ging.
Hermann. Hast Du nicht zwei Herren mit ihren Bedienten gesehen, die hier vorbeigingen?
Geske. Ja, die habe ich gesehen.
Hermann. Die waren hier und verkündigten mir im Namen des Raths, daß ich Burgemeister geworden bin.
Geske. I den Teufel auch!
Hermann. Zeige nun, theure Frau, daß Du Dich von jetzt ab eines vornehmen Wesens befleißigst und daß keine von den alten Kanngießernicken in Dir stecken geblieben ist.
Geske. Ach ist es denn wahr, mein Herzensmann?!
Hermann. So wahr ich hier stehe. Gleich werden wir das ganze Haus voll Gratulationen haben und gehorsamste Diener und Dienerinnen.
Geske (auf den Knieen). Ach mein Herzensmann, vergieb mir, wenn ich Dir früher Unrecht gethan habe.
Hermann. Alles vergeben! Gieb Dir nur von jetzt ab Mühe, ein wenig vornehm zu werden, so soll Dir meine Gnade erhalten bleiben. Aber wo kriegen wir nur schnell einen Bedienten her? 43
Geske. Wir nehmen schnell etwas von Euern Kleidungsstücken und ziehen es dem Heinrich an, bis wir ihm eine Livree kaufen können. Aber hört, mein Herz, da Ihr nun doch Burgemeister geworden seid, so will ich bitten: bestraft doch Geert den Kürschner für den Tort, den er mir gestern angethan hat.
Hermann. Ei meine Herzensfrau, die Frau des Burgemeisters muß an das Unrecht nicht mehr denken, das der Frau des Kanngießers widerfahren ist. Und nun ruf' einmal den Heinrich her.
Geske. Hermann. Heinrich.
Geske. Heinrich!
Heinrich. He?
Geske. Heinrich, so darfst Du von jetzt ab nicht mehr antworten; weißt Du nicht, was uns widerfahren ist?
Heinrich. Nein, ich weiß nichts.
Geske. Mein Mann ist Burgemeister geworden.
Heinrich. Wovon?
Geske. Wovon? Von Hamburg!
Heinrich. I was den Henker, das ist ja ein teufelsmäßiger Sprung für einen Kanngießer.
Hermann. Heinrich, Du mußt Dich anständiger ausdrücken; bedenke, daß Du jetzt Bedienter bei einem großen Manne bist.
Heinrich. Bedienter? Na das Avancement ist so groß nicht.
Hermann. Du wirst schon noch avanciren, Du kannst mit der Zeit RentendienerSo hießen die bekannten Hamburgischen Magistratsdiener, die mit ihren langen schwarzen Mänteln und ihren runden gesteiften Kragen bis vor ganz Kurzem noch das Vergnügen der Hamburger Gassenjugend, sowie das Erstaunen der Fremden bildeten. A.d.Ü. werden, warte nur! Auch sollst Du blos auf ein paar Tage Bedienter sein, bis ich einen andern kriege. Er muß meinen braunen Rock anziehen, mein Herzchen, bis die Livree fertig ist.
Geske. Aber der wird ihm zu lang sein, fürcht' ich.
Hermann. Ja gewiß, er ist ihm zu lang; aber in der Eile muß man sich helfen, wie man kann.
Heinrich. Ach Herr je, der reicht mir bis an die Hacken, da seh' ich aus wie ein Judenpriester. 44
Hermann. Höre, Heinrich –
Heinrich. Ja, Meister.
Hermann. Du Schlingel, daß Du mir nicht mehr mit solchen Titeln kommst! Von jetzt ab, wenn ich Dich rufe, sagst Du: Herr! und wenn Jemand kommt und mich sprechen will, sagst Du: Burgemeister von Bremen ist zu Hause.
Heinrich. Soll ich das sagen, einerlei ob der Herr zu Hause ist oder nicht?
Hermann. Welch ein Gewäsche! Wenn ich nicht zu Hause bin, sollst Du sagen: Herr Burgemeister von Bremenfeld ist nicht zu Hause, und wenn ich nicht zu Hause sein will, sollst Du sagen: Herr Burgemeister von Bremenfeld giebt heute keine Audienz. Hör', mein Herz, Du mußt gleich etwas Kaffe machen; Du mußt doch etwas haben, die Rathsfrauen zu tractiren, wenn sie kommen. Denn davon hängt in Zukunft unsere Reputation ab, daß man sagen kann: Burgemeister von Bremenfeld giebt guten Rath und seine Frau giebt guten Kaffe. Ich bin so in Sorge, mein Herz, daß Ihr nichts verfehlt, bevor Ihr Euch an den Stand, in den Ihr nun kommt, gewöhnt habt. Heinrich, spring' Du mal hin nach einem Theebrett und einigen Tassen, das Mädchen soll mal für vier Schillinge Kaffe holen, man kann ja immer mehr kriegen. Bis auf Weiteres, mein Herz, laßt Euch das zur Regel dienen, nicht viel zu sprechen, bis Ihr gelernt habt einen honetten Discurs zu führen. Aber Ihr müßt auch nicht zu demüthig sein, sondern haltet auf Euren Respect und arbeitet vor Allem dahin, das alte Kanngießerwesen aus dem Kopf zu kriegen; Ihr müßt Euch einbilden, als ob Ihr schon lange Jahre Frau Burgemeisterin gewesen wärt. Für die Fremden, die des Morgens kommen, muß ein Theetisch gedeckt stehen, Nachmittags ein Kaffetisch und dabei wird dann Karten gespielt. Da giebt es ein gewisses Spiel, das heißt à l'hombre, hundert Thaler wollt' ich geben, wenn Ihr und unsere Tochter Fräulein Engelke das verständet. Ihr müßt nur fleißig Acht geben, wenn Ihr Andere spielen seht, um es zu lernen. Des Morgens müßt Ihr bis neun oder halb zehn im Bette bleiben; denn das sind blos gemeine Leute, die des Sommers mit der Sonne 45 aufstehen. Sonntags jedoch müßt Ihr etwas eher aufstehen, denn an diesem Tage beabsichtige ich zu mediciniren. Auch müßt Ihr Euch eine hübsche Schnupftabaksdose anschaffen, die müßt Ihr neben Euch auf den Tisch legen, wenn Ihr Karten spielt. Wenn Einer Eure Gesundheit trinkt, müßt Ihr sagen: mon très humble serviteur, ich danke, und wenn Ihr gähnt, müßt Ihr Euch ja nicht den Mund zuhalten, das ist bei vornehmen Leuten nicht mehr Mode. Endlich wenn Ihr in Mannsgesellschaft seid, müßt Ihr nicht zu prüde sein, sondern den Anstand ein bischen bei Seite setzen . . . . Hört, ich habe noch was vergessen: Ihr müßt Euch auch einen Schoßhund zulegen, der Euch so lieb sein muß wie Eure eigne Tochter; das ist ebenfalls vornehm. Unsere Nachbarin Arianke hat einen hübschen Hund, den kann sie Euch leihen, bis wir selbst einen kaufen. Dem Hunde müßt Ihr einen französischen Namen geben, es wird mir schon noch einer einfallen, wenn ich nur erst Zeit habe, darüber nachzudenken. Der muß beständig auf Eurem Schoße liegen, und wenn Fremde dabei sind, müßt Ihr ihn wenigstens ein halb Mandel mal küssen.
Geske. Nein, mein Herzensmann, das kann ich unmöglich thun, man kann ja nie wissen, wo so ein Hund sich herumgewälzt hat, davon könnte man ja den Mund voll Läuse und Flöhe kriegen.
Hermann. Ei was, kein Geschwätz! Wollt Ihr eine Dame sein, müßt Ihr auch Damenmanieren habenEin dänisches Sprüchwort, das vollständig lautet: »Damen müssen Damenmanieren haben, sagte Annemarie, und damit schleppte sie ihr Kleid in den Rinnstein.« A.d.Ü.. Ueberdies kann solch ein Hund Euch zur Einfädelung eines Discurses dienen; denn wenn Ihr nicht wißt, von was Ihr sprechen sollt, so könnt Ihr von den Qualitäten und Tugenden Eures Hundes erzählen. Thut nur was ich sage, mein Herz, ich verstehe mich auf die vornehme Welt besser als Ihr; spiegelt Euch nur an mir! Ihr sollt sehen, daß auch nicht die geringste von den alten Gewohnheiten bei mir zurückbleiben soll. Mir soll es nicht gehen, wie einem gewissen Fleischer, der, als er Rathsmann geworden war, wenn er eine Seite geschrieben hatte, und das Blatt umwenden wollte, die Feder quer in den Mund nahm, wie er ehemals mit seinem Fleischermesser gewohnt gewesen war. Geht jetzt nur hinein 46 und trefft Eure Anstalten, ich habe noch etwas mit Heinrich allein zu sprechen.
(Geske geht ab.)
Hermann. Heinrich.
Hermann. Hör, Heinrich!
Heinrich. Herr Burgemeister!
Hermann. Meinst Du nicht, daß meine Erhöhung mir viel Neider machen wird?
Heinrich. Ei was, an Neider muß der Herr sich nicht kehren! Ich wollte nur, man hätte mich auf diese Weise zum Burgemeister gemacht, meine Neider sollte gewiß die Schwerenoth –
Hermann. Das Einzige, wovor mir bange ist, sind einige kleine Ceremonien; denn auf solche Lappalien sehen die Leute mehr als auf solide Dinge. Hätte ich nur den ersten Tag überstanden, wo ich meinen Einzug aufs Rathhaus halten muß, da wollt' ich schon zufrieden sein. Denn was die einzelnen soliden Geschäfte betrifft, die sind ein Butterbrod für mich. Aber darauf muß ich mich vorbereiten, wie ich das erste Mal meine Collegusser empfangen soll, um keinen Verstoß gegen die herkömmlichen Ceremonien zu machen.
Heinrich. Ei Narrenspossen, Herr Burgemeister! Das ist kein braver Mann, der sich an Ceremonien kehrt. Ich für meine Person, wenn ich solchen Einzug halten müßte, thäte weiter nichts, als ich reichte den Rathsherren meine Hand zum Küssen hin und zöge die Stirne tüchtig in Falten, und damit wollte ich ihnen denn schon schweigend zu erkennen geben, daß ein Burgemeister kein Krammetsvogel oder Pfannkuchen ist.
Hermann. Allein bedenke, daß ich gleich den ersten Tag, wo ich octroducirt werde, auch eine Oration halten muß. Nun kann ich allerdings eine Oration halten, so gut wie Einer in der Stadt, ja ich wollte mich obligiren, eine Predigt zu halten, und wenn das morgen sein sollte. Aber sintemal ich einem solchen 47 Act noch nie beigewohnt habe, so weiß ich nicht so recht, welche Formularien man dabei zu gebrauchen pflegt.
Heinrich. Ei Herr, das sind blos die Schulmeister, die sich an Formularien binden. Ich für meine Person, wenn ich Burgemeister wäre, begnügte mich, ihnen kurz und bündig einige Worte zu sagen, wie zum Exempel: Es scheint wol einigermaßen wunderlich, edle und wohlweise Herren vom Rath, daß ein miserabler Kanngießer so in einem Augenblick zum Burgemeister umgegossen ist . . . .
Hermann. Pfui, pfui, das wäre ein lumpiger Anfang.
Heinrich. Nein, das sollte auch der Anfang gar nicht sein, vielmehr würd' ich meine Rede so beginnen: Ich danke Euch, edle und hochweise Herren, für die Ehre, die Ihr mir angethan, indem Ihr einen armseligen Kanngießer, wie ich bin, zum Burgemeister gemacht habt . . . . .
Hermann. Kommst Du schon wieder mit Deinem verfluchten Kanngießer! Auf dem Rathhaus von so etwas zu sprechen, wäre unanständig; da muß ich thun, als wär' ich als Burgemeister zur Welt gekommen. Wollte ich solche Rede halten, würde ich blos verachtet und ausgespottet werden. Nein, nein, Heinrich, Du würdest einen schlechten Orator abgeben. Ein Schelm, der da sagt, ich wäre jemals Kanngießer gewesen! Nur zum Zeitvertreib habe ich mich ein bischen mit dem Gießen abgegeben, wenn ich vom Studiren ermüdet war.
Heinrich. Und wer mir sagt, daß ich ehemals Kanngießerjunge gewesen, ist ebenfalls ein Schelm.
Hermann. Warum willst Du denn, daß ich solche Rede halten soll?
Heinrich. Ei nur ein bischen Geduld, der Herr ist gar zu hitzig. Nebenbei würd' ich ihnen auf eine höfliche Manier bemerkbar machen, daß, wenn Einer sich darüber moquirte, daß ich früher Kanngießer gewesen, so sollte den das Donnerwetter regieren. Und wenn ich bei Einem die geringste moquante Miene bemerkte, so würde ich sagen: Edle und wohlweise Herren, bildet Ihr Phantasten Euch ein, daß Ihr mich zum Burgemeister gemacht habt, um mich zum Narren zu halten? 48 Und dabei würd' ich mitten in der Oration tüchtig aufs Katheder schlagen, so daß sie gleich an meiner Introductionsrede merken sollten, daß ich nicht mit mir spaßen lasse und daß sie einen Burgemeister gekriegt haben, der Haare auf den Zähnen hat. Denn wenn der Herr Burgemeister sich im Anfang unterkriegen läßt, so wird der Rath ihn allezeit für einen Schlingel halten.
Hermann. Du sprichst selbst wie ein Schlingel. Es wird mir schon noch einfallen, was für eine Rede ich halten will. Laß uns hineingehen.
(Beide ab.) 49