Ludvig Holberg
Der elfte Juni
Ludvig Holberg

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Zweiter Akt.

Erste Scene.

Ochsendorf. Heinrich. Ochsendorf, in einem altmodischen Rocke mit silbernen Knöpfen daran, eine Peitsche in der Hand, kommt in die Stadt. Die Studenten rufen »Fuchs« hinter ihm drein.Zu Johannis fand damals alljährlich eine große gelehrte Prüfung statt, zu der sich viele angehende Studenten aus der Provinz einzustellen pflegten, und ist es daher ganz naheliegend, daß auch Ochsendorf, indem er am 11. Juni, also kurz vor Johannis, in Kopenhagen einrückt, für einen jungen Studenten, einen »Fuchs« oder, wie die Dänen, sagen: einen »Russen« gehalten wird. A.d.Ü.

Ochsendorf. Ei, so ruft, Ihr Canaillen, daß Ihr verrückt werdet!

(Hinter der Scene: »Fuchs, Fuchs, Fuchs, Fuchs!«)

Hol' mich der Teufel, wenn ich deponirt habe oder Zeit meines Lebens deponiren werde; ich bin ein Pächterssohn aus Jütland, und komme, Geld einzukassiren.

(Wie oben: »Fuchs, Fuchs, Fuchs, Fuchs!«)

Ei, haltet die Mäuler, Ihr Racker, der Satan soll mich holen, ich bin kein Fuchs, wißt Ihr's nun?

(Wie oben: »Fuchs, Fuchs, Fuchs, Fuchs!«)

Nein, nun hör' mal Einer die Kuchenjungen, wie die rufen!

(Wie oben: »Fuchs!« . . . .)

Kommt mal an, Ihr Hunde, Einer nach dem Andern, ich will Euch, hol' mich der Satan, schon weisen, mit wem Ihr zu thun habt!

(Wie oben: »Fuchs, Fuchs, Fuchs, Fuchs!«)

Ja, ruft nur, daß Euch die Kaldaunen zum Halse 'raus kommen! Ihr habt wol auch 'ne rechte Ehre davon, fremden Leuten nachzurufen, Ihr, die Ihr selbst mal geistliche Herren werden wollt!

(Wie oben: »Fuchs!« . . . .)

Hört Ihr denn nicht, Ihr verfluchten Kerle, Ihr seht ja 209 doch wol, daß ich kein Student bin, noch denk' ich daran, je einer zu werden?!Student werden oder, wie es in der akademischen Sprache heißt, sich immatriculiren lassen, nennen die Dänen noch heute mit einem Ausdruck, der auch bei uns bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts üblich war, nämlich: deponiren. Zu den (zum Theil sehr barbarischen) Feierlichkeiten dieser Deposition gehörte auch, daß dem angehenden Studenten, nach glücklich bestandener Prüfung, was wir jetzt Abiturientenexamen nennen, von dem Decan der Facultät etwas Salz oder auch ein Bissen Brod mit Salz in den Mund gesteckt und ein wenig Wein auf den Kopf gegossen ward: symbolische Zeichen der höheren Erleuchtung, die ihm mit seiner Aufnahme in den Orden der Studenten gekommen war. A.d.Ü.

(Wie oben: »Fuchs, Fuchs!«)

Element, könnt' ich nur einen Stein finden, Euch sollte das Donnerwetter! Hört, Kerle, nehmt Euch in Acht, wen ich packe, dem schlag' ich den Kopf von einander, daß ihm die eine Hälfte auf der einen Schulter baumeln soll und die andere auf der andern. Hört Ihr wol? Das war nun auf gut Jütländisch!

Heinrich (leise). Element, da ist er, nun geht die Komödie sogleich los, nun heiß' ich nicht mehr Heinrich, sondern Niels Christensen. (Laut) Ei, Ihr unverschämten Menschen, so dazustehen und einer fremden Person nachzurufen! Das ist ja ein Schimpf und eine Schande für die ganze Stadt, wenn die Fremden nach Hause kommen und erzählen, wie man ihnen hier begegnet ist. Ihr könnt doch wol sehen, daß das kein Fuchs ist? Und gesetzt, es wäre ein Fuchs, müßt Ihr ihn darum so verfolgen? Ich merke schon, es ist ein artiger, vornehmer Herr, der hieher gekommen ist, Geld einzufordern und auszuleihen, nicht um sich Salz und Wein auf den Kopf schütten zu lassen. Pfui, schämt Euch, es schneidet mir in das Herz, so etwas von Euch, meinen Ordensbrüdern, zu hören!

Ochsendorf. Monsieur, ich danke gehorsamst für die Güte, die Er mir erweist; ich wünschte von Herzen, ich könnte Ihm wieder dienen, weiß aber nicht, woher diese Güte gegen mich rührt, da ich Ihm ja doch ganz unbekannt bin.

Heinrich. Monsieur, mir blutet das Herz im Leibe, wenn ich sehe, daß man fremden Leuten Unrecht thut.

Ochsendorf. Ich merke schon, Monsieur ist ein vortrefflicher Mann und ein rechtschaffener Christ.

Heinrich. Ich werde wirklich noch krank davon werden, so ärgre ich mich.

Ochsendorf. Das nenn' ich ein redliches Gemüth.

Heinrich. Wartet nur, Ihr Lausekerls, ich werde Euch gleich weisen, was das heißt einen armen Fremden zu verfolgen!

Ochsendorf. Der arme Kerl nimmt sich die Sache mehr zu Herzen, als ich selbst. 210

Heinrich. Solchen braven anständigen Herrn!

Ochsendorf. Es sollte mir leid thun, wenn Monsieur sich ereiferte und Schaden nähme um meinetwillen.

Heinrich. Der Euch nie was zu Leide gethan hat!

Ochsendorf. Gebt Euch zufrieden, gutes Herrchen, ich hab' es schon vergessen.

Heinrich. Hätt' ich Euch nur, ich wollte Euch schön durchschmieren!

Ochsendorf. Ei, Monsieur muß ihnen nicht nachlaufen, er könnte ein Unglück dabei haben.

Heinrich. So wollt' ich sie tractiren! (Packt Ochsendorf bei den Haaren und wirft ihn zur Erde.)

Ochsendorf. Element, die christliche Liebe geht doch zu weit!

Heinrich. Verzeihung, Monsieur, ich bin so zu sagen außer mir vor lauter Eifer.

Ochsendorf. Wo findet man noch solche Leute? Aber darf ich fragen, wie mein Herr heißt, damit ich Ihn dafür rühmen kann?

Heinrich. Monsieur, ich verlange keinen Ruhm, das ist nichts, als was ich und Jedermann verpflichtet sind, zu thun. Uebrigens aber heiße ich Niels Christensen, zu dienen.

Ochsendorf. Niels Christensen? Den Namen kenn' ich, meiner Six.

Heinrich. Je nun, mein Herr, hier in Kopenhagen giebt es über hundert Niels Christensen; sowie einer, der Christen heißt, auf den Einfall kommt, seinen Sohn Niels zu nennen, so ist der Niels Christensen fertig.

Ochsendorf. So hieß also meines Herrn Vater Christen?

Heinrich. Ich hoffe doch, sintemal man mich Niels Christensen nennt. Beschwören freilich kann ich es nicht, das wird meine Mutter am besten wissen.

Ochsendorf. War denn sein lieber Vater verheirathet?

Heinrich. So viel ich weiß.

Ochsendorf. Mit einer Frau?

Heinrich. Das ist eine närrische Art zu fragen, ich dächte doch, mit Kühen verheirathet man sich nicht. 211

Ochsendorf. Apropos, da wir doch von Kühen sprechen – ja, wie war das doch, was wollt' ich doch sagen – wie hieß denn Seine liebe Mutter?

Heinrich (leise). Wäre der Bengel nicht so dumm, man sollte denken, er thäte es aus Bosheit. (Laut) Meine Mutter heißt Elisabeth Hansen.

Ochsendorf. Lisbeth Hansen? Ich kenne eine Frau, Namens Lisbeth Hansen, die mit mir verwandt ist.

Heinrich. Das kann schon sein, Monsieur, ich kenne eine Menge Frauenzimmer dieses Namens, es giebt, glaub' ich, keine Straße in Kopenhagen, wo man nicht ein Stücker sechzehn Lisbeths finden kann.

Ochsendorf. Ist mein Herr nicht in Jütland geboren?

Heinrich. Nein, aber mein seliger Vater hat da lange gewohnt und meine Mutter wohnt noch da und ich habe Verwandte daselbst.

Ochsendorf. Wohnt Sein seliger Vater denn gegenwärtig in Kopenhagen?

Heinrich. Nein, Monsieur, seit er todt ist, nicht mehr.

Ochsendorf. Herr Gott, ist der selige Mann todt?

Heinrich. Ja, sonst könnt' er wol nicht gut selig sein.

Ochsendorf. Das ist auch wahr, meiner Six, ich stehe hier nur so und schwatze in Gedanken so hin.

Heinrich. Hat nichts zu sagen, Monsieur, man kann sich ja wol mal versprechen. Uebrigens war das noch immer besser, daß Er fragte, ob der selige Mann todt, als wenn Er gefragt hätte, ob der todte Mann selig. Es war übrigens noch ein ganz junger Mann, da er starb.

Ochsendorf. Da condolire ich meinem Herrn, es thut mir von Herzen leid, daß sein guter Vater so zeitig in den Himmel gekommen ist.

Heinrich. Ich danke gehorsamst, Monsieur, und wünsche, daß Seine guten Eltern nicht so rasch dahin kommen.

Ochsendorf. Serviteur. Aber da mein Herr doch Freunde in Jütland hat, kennt Er nicht einen Mann, mit Namen Henning Ochsendorf? 212

Heinrich. Ist das nicht der Pächter Henning Nielsen?

Ochsendorf. Ja, früher hieß er Henning Nielsen, seit er aber das Gut geerbt hat, von dem Ihr vielleicht gehört habt, heißt er Pächter Henning Ochsendorf. Meine Mutter wollte eigentlich, er sollte sich Henning von Ochsendorf nennen, aber er wollte absolut nicht, solch ein ehrlicher, altfränkischer Mann ist er.

Heinrich. Wie sollt' ich denn nicht meiner eigenen Mutter Bruder kennen?

Ochsendorf. Ach, ist es möglich?! So seid Ihr ja der richtige Niels Christensen, den ich suche, an den ich einen Brief habe?!

(Sie umarmen einander und weinen.)

Heinrich. Das ist doch wirklich, wie es im Sprüchwort heißt: das Blut mag so dünn sein, wie es will, es ist doch immer dicker als Wasser.

(Sie weinen wieder.)

Ochsendorf. Hier ist der Brief, den mein Vater an Monfrere geschrieben hat: a Monsieur Monsieur Niels de Christensen, Sacrosanctae Philosophiae Studiosus, abzugeben im Hungershof in Kopenhagen.

Heinrich (liest den Brief.) Ach mein Herzensmonfrere, alle diese Complimente waren nicht nöthig, ich bin ja obligirt, Ihm mit allem zu dienen, was mir möglich ist.

Ochsendorf. Gehorsamster Diener, mein allerliebster Monfrere und Cousin! Will Er mir nun aber erstlich den Dienst erzeigen und mich nach meinem Logement in den drei Hirschen weisen?

Heinrich. Pfui, da darf Er wahrhaftig nicht logiren, da ist es zu unruhig, ich werde Ihn zu meinem Schwager bringen.

Ochsendorf. Ich möchte doch lieber im Wirthshaus wohnen, Monfrere, denn vielleicht, wenn der Mann aus Rücksicht auf die Schwägerschaft kein Geld nehmen wollte, so würde mich das nur geniren.

Heinrich. Er hält ebenfalls ein Wirthshaus, Monfrere, und läßt sich bezahlen, obschon er nicht so theuer ist wie die Andern.

Ochsendorf. Na, dann ist's gut, dann will ich Monfrere 213 auf dem Flecke folgen. (Sie gehen auf die andere Seite des Theaters und klopfen an; der Wirth vom Paradies kommt heraus.)

Zweite Scene.

Ochsendorf. Heinrich. Jacob.

Heinrich. Guten Tag, Schwager. Dieser gute Mann, den Ihr hier seht, ist mein Vetter und eben von Jütland gekommen; ich recommandire ihn dem Schwager, als wäre ich es selbst. Er wollte in den drei Hirschen einkehren, aber beim Schwager, denk' ich mir, ist er besser aufgehoben.

Jacob. Das würde mir leid gethan haben, wenn Er wo anders eingekehrt wäre. Ich gratulire Ihm zur Ankunft in der Stadt.

Ochsendorf. Das ist mir lieb, daß ich gleich einen Schwager gefunden habe, bei dem ich logiren kann; wenn Er mich bei sich logiren will, soll mich's freuen. Wüßt' ich aber, daß Er kein Geld nehmen will, so möcht' ich Ihn nicht incommodiren, sondern lieber in den drei Hirschen einkehren.

Jacob. Ei ja doch, wir werden schon zurecht kommen.

Ochsendorf. Mein Herr Schwager muß mir erst versprechen, daß Er sich auch hübsch will bezahlen lassen.

Jacob. Ei, mache der Herr Schwager sich doch darum keine Gedanken, das hat gute Wege.

Ochsendorf. Nein, auf meinen Eid, Schwager, ich kehre nicht eher bei Ihm ein, als bis Er mir verspricht, daß Er sich will von mir bezahlen lassen wie von jedem andern Fremden.

Heinrich. Hör', Schwager, anders thut's mein Vetter nun einmal nicht.

Jacob. Nun ja, ja, so soll Er denn bezahlen wie ein Anderer, ich wollte nur, ich könnte Ihm einige Unterhaltung verschaffen; ich selbst, wie der Herr Schwager sieht, bin ein einfältiger, schlichter Mann, und meine Liebste ist ebenso.

Heinrich (zu Ochsendorf gewendet). Das Letztere muß Monfrere nun nicht glauben; seine Frau ist eine der artigsten Frauen in 214 der Stadt. Aber er selbst ist etwas zu eifersüchtig, obwol ich mich darauf zu schwören getraue, daß er keine Ursache dazu hat. Denn Alle, die sie kennen, halten sie für eine tugendhafte und ehrsame Dame. Aber Monfrere weiß wol selbst, wie das geht, wenn ein alter Mann sich eine junge hübsche Frau nimmt.

Ochsendorf. Da fürcht' ich ja, wir gerathen einander in die Haare; ich habe gar zu gern mein kleines Späßchen mit den Frauenzimmern.

Heinrich. Ei, das hat nichts auf sich, er ist im Uebrigen eine gute ehrliche Haut.

Ochsendorf. Aber doch ein bischen eifersüchtig. Ha ha ha!

Jacob. Worüber lacht der Schwager so von Herzen?

Ochsendorf. O bitte, Schwager, über nichts, es war nur wegen einer närrischen Geschichte, die mein Vater in dem Briefe an meinen Monfrere Niels Christensen geschrieben hat.

Jacob. Will der Herr Schwager nicht so gut sein und hineinspazieren?

Ochsendorf. Ich muß wol erst zu meinem Wagen, er steht hier gleich an der Ecke. Will der Herr Schwager nicht mitkommen?

Heinrich. Ich muß Dieselben auf eine halbe Stunde verlassen, werde aber die Ehre haben, Dieselben sogleich im Hause wieder zu sehen.

Ochsendorf. Adieu denn so lange.

(Ochsendorf und Jacob ab.)

Dritte Scene.

Heinrich allein.

Heinrich. Die Sache macht sich, die Sache macht sich wirklich; nie hätt' ich einen passenderen Kerl finden können, meine Künste an ihm zu üben. Was sollte dem wol abgehen, der in solche gute Hände fällt, der mich zum Vetter und den Paradieswirth zum Schwager hat? Aber da kommt mein Herr. 215

Vierte Scene.

Schuldenborg. Heinrich.

Schuldenborg. Nun, wohlgelahrter Heinrich Gaudieb, wie geht's?

Heinrich. Wie geschmiert; er küßt mich und nennt mich seinen Vetter und den Paradiesjacob seinen Schwager. Was meint der Herr, ist der Anfang nicht gut?

Schuldenborg. Ha, ha! Wie nun weiter?

Heinrich. Laßt mich nur machen, ich habe schon den ganzen Kopf voll Tollheiten; ich werde Jacob weitere Anweisung geben, was er zu thun hat.

Schuldenborg. Aber wenn Jacob ihm nun all sein Geld stiehlt und fortläuft, so ist unsere Sache ja erst recht verdorben?

Heinrich. Um ihn daran zu verhindern, will ich in demselben Hause logiren.

Schuldenborg. Ja, so geht's.

Heinrich. Aber um das Project auszuführen, das ich im Kopfe habe, müssen wir noch einige Mitspieler haben.

Schuldenborg. Ich werde ein paar gute Freunde schaffen, die sich schon dazu bequemen.

Heinrich. Sieh, da kommt er zurück; nun geht nur fort.

(Schuldenborg ab; Heinrich in den Hintergrund.)

Fünfte Scene.

Ochsendorf. Jacob. Später Heinrich.

Ochsendorf. War das nicht ein verfluchter Kerl, der unterstand sich, zwei Schillinge zu fordern, blos für den Koffer hinaufzutragen.

Jacob. Ja, Herr Schwager, das sind unverschämte Leute, die sehen sich um zwei Schillinge noch nicht mal um.

Ochsendorf. Als ob zwei Schillinge nicht Geld wären! 216

Jacob. Wol wahr, man soll lange suchen, bis man zwei Schillinge auf der Straße findet.

Ochsendorf. Sowie die einen Fremden sehen, so denken sie auch, es giebt was zu fischen. Aber von mir, da verlaßt Euch drauf, sollen sie nicht fett werden; die Ochsendorfs, das sind die Leute nicht, die sich an der Nase führen lassen, die wissen besser, wozu das Geld nütze ist.

Jacob. Nein, nein, soweit ich den Herrn Schwager kenne, wird Ihn Keiner so leicht hinter's Licht führen.

Ochsendorf. Den wollt' ich sehen, dem das gelingen sollte, und wenn es Alexander Magnus selbst wäre. Uebrigens wie klug der Kerl war, so hab' ich ihn doch angeführt: ich gab ihm einen halben Schilling, der war mit Quecksilber bestrichen, so daß er aussah wie ein Achtschillingstück, und so hab' ich sechs Schilling zurückgekriegt.

Jacob. Aber ich fürchte, wenn er das merkt, so kommt er wieder?

Ochsendorf. So leiste ich einen Eid darauf, daß er ihn nicht von mir gekriegt hat; so einige kleine Eide nämlich hab' ich immer in Reserve, mit denen ich mich frei schwören kann, ohne doch falsch zu schwören. So zum Beispiel: ich schwöre darauf, daß ich ihm kein Geld versprochen habe, so versteh' ich darunter zum Geschenk; hab' ich ihm nun gar nichts bezahlt, so schwöre ich doch darauf, daß ich bezahlt habe, nämlich nicht ihn, sondern einen Andern für andere Arbeit.

Jacob. Der Herr Schwager schlägt seinen lieben Eltern nach, die passiren allgemein als die schlausten Leute weit und breit; ein guter Baum giebt gute Frucht.

Ochsendorf. Das ist mein Hauptvergnügen, solche Leute anzuführen. Ich habe eine ganze Menge falsches Geld, das will ich den Leuten in Kopenhagen anschmieren, so kommt mir die Reise nicht so theuer; auf so etwas verstehen sich die Ochsendorfs und darum hab' ich auch was im Sack. Ich halte das auch für keine Sünde; steht ja doch geschrieben, daß Kaufleute klug sein sollen wie die Schlangen. Wie denkt der Herr Schwager darüber? 217

Jacob. Ei was Sünde, ein Dieb, der sich nährt, ist auch ein ehrlicher Kerl.

Ochsendorf. Da heißt es: thu' die Augen auf oder den Beutel.

Jacob. Ja, so steht's im Sprüchwort.

Ochsendorf. Das müssen doch herrliche Leute gewesen sein, die das Sprüchwort gemacht haben; die sind Gold werth, wahrhaftig.

Heinrich (kommt). Sieh da, willkommen zurück!

Ochsendorf. Schön Dank, mein Herzensvetter, könnt' ich Euch nur allezeit bei mir haben!

Heinrich. Wißt Ihr was? Ich werde hier im Hause logiren, so lange der Herr Vetter in Kopenhagen ist, das kommt für mich auf Eins heraus.

Ochsendorf. Ach, das wäre prächtig! Ich muß bekennen, Vetterchen, Ihr seid ganz so, wie man Euch mir beschrieben hat; wir können zusammen in einer Kammer und einem Bett logiren.

Heinrich. Ganz wohl, so bezahle ich die halbe Miethe.

Ochsendorf. So sparen wir beide einen Thaler Geld dabei. Aber hört, mein Herzensvetter, Ihr müßt mich zu einem Manne bringen hier in der Stadt, mit Namen Schuldenborg. Wenn der Kerl mich nicht bezahlt bis auf den letzten Heller, so soll ihn der Teufel holen; ich will ihm zeigen, daß ich Niels Henningsen Ochsendorf heiße. Wie steht's mit dem Manne? Geht's hinterwärts mit ihm?

Heinrich. Ei nein, er hat, wie ich weiß, auf einer Stelle allein viertausend Thaler stehen. Könnte Monfrere eine Anweisung auf diesen Mann bekommen, oder wollte selbiger Mann erlauben, daß das Geld auf ihn übertragen würde, und gäbe er Monfrere dafür eine Hypothek auf eins von seinen großen Häusern, da stünde das Geld schon sicher.

Ochsendorf. Wie heißt der Mann?

Heinrich. Er heißt Lars Andersen, einer der besten und zahlungsfähigsten Männer in der Stadt. 218

Ochsendorf. Ich habe von dem Manne gehört; wenn er mir nur für mein Geld gut stehen wollte.

Heinrich. Mache der Herr Vetter sich darum nur keine Sorgen, das wird alles in Richtigkeit gebracht werden. Nun laßt uns hineingehen.

(Sie gehen ab.) 219


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