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Begleitwort

Am 2. April hat Paul Heyse die schönheitsfreudigen Augen für immer geschlossen. Noch bis in die letzten Wochen seines arbeitsreichen Lebens war es dem Nimmermüden vergönnt, dichterisch zu schaffen und sich im Dienste seiner Kunst über die trüben Beschwerden des Alters zu erheben. So entstanden die Übertragungen italienischer Volksmärchen und italienischer Renaissance-Komödien, die im Frühjahr und Sommer dieses Jahres erschienen sind – ein Scheidegruß des großen Sprachmeisters und Übersetzungskünstlers an den von ihm mit echt deutscher Sehnsucht geliebten Süden. Daneben aber schrieb er noch die hier vorgelegten drei Novellen, die uns nun die letzte Gabe des reichsten Novellisten deutscher Zunge bedeuten. Nicht mit der farbenprächtigen Glut und Leidenschaft der Jugend sind sie geschrieben, sondern mit der sicheren Umrißzeichnung und der gedämpften Milde des Alters. Aber wie in dem reinen Stile des künstlerischen Vortrags verleugnen sie ihren Verfasser auch nicht in der fesselnden Stellung der Probleme, die sie gestalten. In den Menschen und Schicksalen, die er uns hier vorführt, gibt der Dichter noch einmal vernehmlich Kunde von seinem Verhältnis zu den großen Lebensrätseln, zu der sittlichen Wertung menschlicher Überzeugungen und Handlungen und zu dem Glauben an eine jenseitige bessere Welt. Und ein erneutes Bekenntnis zu der entscheidenden Macht der Liebe bildet den bezeichnenden Schlußton, in dem sein Lebenswerk harmonisch ausklingt.

[X] Es ist eine gewaltige, sturmvolle Zeit, in der diese stillen Novellen hinausgehen, gar wenig geeignet für ein ruhiges Sichversenken in die Schöpfungen eines Dichters, der in abgeklärter Schönheit den edelsten Trost über Tod und Schicksal suchte und fand. Allein es mag wohl auch heute nicht ganz an Lesern fehlen, die trotz der schwer lastenden Gegenwart zeitweise gern in der lichteren Welt der Kunst einkehren mögen, wenn nur deutscher Geist sich in ihr offenbart. Und mögen Paul Heyses letzte Novellen augenblicklich noch so wenig zeitgemäß erscheinen, auch sie legen Zeugnis ab von der aufrechten Kraft der Selbstbehauptung und dem tapferen Bekennermut, in denen der Dichter vorbildlich unserm Deutschtum angehört, das in diesen Tagen seinen großen Daseinskampf stark und – so vertrauen wir zuversichtlich – siegreich ausficht.

München, im Oktober 1914
Erich Petzet

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