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Augsburg.
Baderstube.
Theobald (allein, einen Blumenstrauß in der Hand). Ich weiß nicht, was ich tun soll. (Er hält den Blumenstrauß empor.) Zertret ich dich? Um die schönen Rosen wär's schade, die sind unschuldig! Oder überreich ich dich? Nein, gewiß nicht, und das hätt' ich ihm gleich gesagt, dem Herrn Ungetreu, der zu glauben scheint, daß ich keine Augen habe, und kein Herz, und kein Blut, wenn – ja, das war's ja! Ich wollte sie prüfen! Da kommt sie! Mit dem Morgensüppchen des Vaters! Oh, wie das schmecken muß! Wenn die für mich einmal kochte, ich – (Verbirgt den Strauß.)
Agnes (tritt ein mit einer Suppe). Guten Morgen, Theobald!
Theobald. Danke schön, Jungfer, danke schön! Wohl geschlafen?
Agnes. So sollt' ich Euch fragen! Ihr werdet oft herausgeklopft, wenn sie gerauft haben, und ein Pflaster brauchen.
Theobald. Das bemerkt Ihr? (Für sich.) Ich geb ihr den Strauß und bestelle alles! Wenn sie dann ein Gesicht macht und pfui sagt und mich anfährt: dazu gibst du dich her –
Agnes. Was verbergt Ihr denn hinter dem Rücken?
Theobald (zeigt den Strauß). Ja so, das hätt' ich bald vergessen!
Agnes. Ah, der ist schön! Gebt ihn mal her! (Sie riecht.) Wenn wir doch auch einen Garten hätten! Wessen Namensfest ist denn heute? (Sie will ihn zurückgeben.)
Theobald. Behüte, er gehört Euch!
Agnes. Mir? Oh, da dank ich! Aber da geht's mit Eurem alten Ohm wohl bald zu Ende?
Theobald. Mit meinem Ohm?
Agnes. Nun ja, weil er seine Blumen zu verschenken anfängt, das pflegt ein Gärtner nicht zu tun, und gekauft habt Ihr sie doch gewiß nicht?
Theobald. Er ist nicht von mir!
Agnes. Nicht von Euch? Von wem denn?
Theobald. Ratet!
Agnes. Von – – Nein, Barbara kann's nicht sein, die sieht mich nicht mehr an, ich weiß zwar nicht, warum.
Theobald. Es ist keine Sie!
Agnes. Keine Sie? Und Ihr seid's auch nicht? (Sie legt den Strauß auf den Tisch.)
Theobald. Gottlob, ihr fällt sonst niemand ein!
Agnes. Aber, da muß ich Euch doch fragen – –
Theobald. Scheltet nur! Ich wollt's bloß wissen!
Agnes. Was?
Theobald. Ob Ihr vielleicht in der Kirche nach ihm geblinzelt, oder ihm wohl gar bei einem Tanze die Hand gedrückt hättet!
Agnes. Wem denn?
Theobald. Es ist schon gut, wenn Ihr nicht von selbst auf ihn kommt! (Er nimmt den Strauß.) Ha, unserer alten Gertrud will ich ihn jetzt verehren, die soll ihn an die platte Brust stecken, wenn sie auf den Markt humpelt, und sich mit einem Knicks bedanken, wenn sie sich an dem Hause vorbeischiebt! (Er springt.) Ich könnte jetzt – – (Er singt.)
Wenn zwei sich die Hände geben – –
Jungfer, es ist ein schönes Lied! (Singt wieder.)
Und wer ein guter Geselle ist,
Der wird wohl auch ein Meister!
Oder ist das nicht wahr?
Agnes. Ihr seid zu früh lustig! Spät am Abend ist besser, als früh am Morgen.
Theobald. Und doch singen die Vögel, wenn sie erwachen, und nicht, wenn sie einschlafen. (Er faßt ihre Hand.)
Agnes (zieht sie zurück). Was wollt Ihr?
Theobald. Bloß nachsehen, ob – Ihr habt sie mir einmal gelassen!
Agnes. Als Ihr mir eine Ader öffnen solltet!
Theobald. Nun freilich! (Er nimmt die Hand wieder.) Ließ mein Schnepper keine Spur? Ich machte es ungeschickt!
Agnes. Zittert Ihr immer so dabei, wie damals?
Theobald. O nein! mir ward nur so wunderlich, als ich Euch weh tun sollte. Aber wie rot Euer Blut ist! (Für sich.) Aus meinen Lippen hätt' ich gern den Verband gemacht, wenn der Vater nicht dabeigestanden wäre!
Knippeldollinger (ruft ins Fenster). Guten Morgen, Patchen!
Agnes. Guten Morgen, Herr Gevatter!
Theobald. Ist der alte Geck auch schon da?
Knippeldollinger. Ich habe von Euch geträumt!
Agnes. Danke der Ehre.
Theobald. Von deinem Begräbnis hätt'st träumen sollen! Das hätt' sich besser geschickt.
Knippeldollinger. Kirschen gab ich Euch, von den großen, fremden, die ich an der Mauer aufziehe!
Agnes. Sind die schon so weit?
Knippeldollinger. O ja, es kommt heut abend ein Korb voll davon aufs Tanzhaus!
Theobald. Da werden sie gut bezahlt!
Knippeldollinger. Und während Ihr sie verzehrtet, führte ich Euch spazieren!
Theobald (laut). Auf den Kirchhof, jawohl, ich war mit dabei!
Knippeldollinger. Spaßvogel, ist Er auch da?
Theobald. Ihr tratet auf einen Totenkopf, und der schnappte nach Euch, es war der von Eurer letzten Frau!
Agnes. Pfui!
Knippeldollinger. Nicht doch, nicht doch, Patchen, ein Bader muß spaßig sein, man will doch was hören, wenn man sich den Bart oder das Haar scheren läßt. Der Theobald taugt zum Geschäft! Nur in die Ohren muß er niemanden schneiden, wie neulich mir! Nun, geh ich heute leer aus, bekomm ich das Patschchen nicht?
Agnes. Ich habe wieder die Blattern!
Knippeldollinger. Halt mir das nicht immer vor! Nun, ich werde dich nachher noch sehen, denn die Muhme wird dich zum Turnier abholen, ich habe für Plätze gesorgt. Das wollt' ich dir eigentlich sagen!
Agnes. Danke! Zwar weiß ich nicht –
Knippeldollinger. Ei, es kommt nicht alle Tage. Ritter, Grafen und Barone sind schon hier in Augsburg selten, nun gar ein Herzog von Bayern – der Tausend, da wird niemand, als der Scharfrichter mit seinen Freiknechten fehlen, der freilich gute Gründe hat, nicht unter ehrlichen Christenmenschen zu erscheinen!
Theobald. Da humpelt er hin auf seinen drei Beinen. Ihr steht doch in seinem Testament? Nun, recht hat er, es wird lustig zugehen, ich freu mich auch! (Es wird etwas durchs Fenster geworfen.) Was ist denn das? Es klirrt ja!
Agnes. Schlüssel!
Barbara (tritt in die Tür). Darf ich sie wiederholen?
Agnes. Barbara!
Barbara. Agnes?
Agnes. Du kamst lange nicht!
Barbara (nimmt die Schlüssel auf). Und jetzt hab ich hier etwas zu tun! Siehst du?
Agnes. Wir waren immer so gut miteinander: was hast du jetzt gegen mich?
Barbara. Oh, das bin ich nicht allein!
Agnes. Heilige Mutter Gottes, was sagst du da?
Barbara. Du siehst deine Gespielinnen wohl gar nicht mehr an, daß du nicht weißt, wie sie dich ansehen?
Agnes. Es ist wahr, ich erhalte meinen Gruß nicht immer so freundlich zurück, wie ich ihn biete!
Barbara. Glaub's!
Agnes. Aber bei Gott, wenn mir das mit einer begegnete, so dacht' ich: Sie hat schlecht geträumt oder sie ist von der Mutter gescholten oder sie hat ihren Ring verloren –
Barbara. Dabei kamst du denn freilich gut weg.
Agnes. Was tu ich denn? Sag's!
Barbara. Tun! Was tun! Wenn's schon so weit gekommen wäre, so würde man leicht mit dir fertig!
Agnes. Barbara!
Barbara. Sag doch einmal, warum – – (Sie zeigt auf Theobald.) Nun, da steht ja gleich wieder einer und gafft! (Zu Theobald.) Nicht wahr, ich bin gar nicht da! (Zu Agnes.) Gehst du heute? Zum Turnier, mein ich! Ja? Nun, da will ich's allen ansagen, damit sie zu Hause bleiben, ich zuerst!
Agnes. Das ist zu arg, das muß mein Vater wissen.
Barbara. Bewahre! Niemand red't dir was Übles nach!
Agnes. Und doch flieht man mich? Doch will man mich ausstoßen?
Barbara. Agnes, sieh mich mal an!
Agnes. Nun?
Barbara. Wie wär' dir wohl zumute, wenn – laß uns hinaufgehen in deine Kammer!
Theobald. Ich will nicht im Wege sein, wenn gebeichtet werden soll! (Ab.)
Barbara. Ja, wie wär' dir zumute, wenn du, wie sag ich, nun, wenn du einen gern hättest, und der hätte nur Augen für mich?
Agnes. Wie soll ich das wissen!
Barbara. So will ich's dir sagen! Du würdest – – Doch ich will mich nicht lächerlich machen, du weißt es selbst recht gut! Und meinst du, daß es anderen besser geht? (Bemerkt den Strauß.) Woher kommt der?
Agnes. Das weiß ich nicht!
Barbara. Nicht? Kommen so viele? Wenn er von meinem Wolfram käme, ich – – Und es ist gern möglich, gerade die Blumen stehen in seinem Garten! Gestern den ganzen Tag sah ich nach seinem Vetter, zwang mich, dem gleichgültigen Menschen verliebte Blicke zuzuwerfen und dachte, er würde rasen. Abends, als wir zu Hause gingen, strich er den Burschen selbst gegen mich heraus, es war ihm recht gewesen, ich hatte ihm einen Gefallen damit getan!
Agnes. Arme!
Barbara. Daran bist du schuld, niemand schuld, als du! Als er dich noch nicht kannte, hing er an mir, wie eine Klette. In den Bärenzwinger wär' er für mich hinabgestiegen und hätte meinen Handschuh heraufgeholt. Und nun – pfui!
Agnes. Du schiltst mich, und ich weiß nicht einmal, wovon du sprichst!
Barbara (nimmt den Strauß). Ich will schon dahinterkommen, ich nehm ihn mit!
Agnes. Mir gleich!
Barbara. Allen machst du abspenstig, was ihnen gehört! Ich würde mich schämen!
Agnes. Kannst du sagen, daß ich auch nur einen ansehe?
Barbara. Das ist's vielleicht eben! Nonne und doch keine! Heilige, aber noch nicht im Himmel! Die muß man Gott abjagen! Da muß man alles daransetzen! Ei, sei, wie wir, kuck auf, sprich, und es wird sich geben!
Agnes. Tät' ich's, so würdest du wieder schmälen!
Barbara. So geh ins Kloster, wirf den Schleier über, den niemand heben darf! Ich dich um Vergebung bitten? In Ewigkeit nicht!
Agnes. Wer verlangt's denn?
Barbara. Mein Beichtvater! Glaubst du, ich kam von selbst? Aber nein, lieber auf Erbsen knien! (Hält den Strauß in die Höhe.) Den werd ich ihm jetzt schenken! Kennt er ihn nicht, so schick ich dir einen doppelt so schönen! (Ab.)
Agnes. Sie tut mir leid! Aber kann ich's ändern?
Theobald (tritt wieder ein). Die hat die arme Gertrud ja beraubt!
Agnes. Sie scheint den Verstand verloren zu haben!
Theobald. Das möcht' ich doch nicht sagen!
Agnes. So hätte sie recht?
Theobald. Ich glaube fast! Jungfer, ich könnt' Euch alle Morgen – –
Caspar Bernauer (tritt mit einem Buch ein, das in ein rotes Tuch gewickelt ist; zu Agnes). Ja, ja, ja! Wenn ich nur nicht mit soll! Nun geh hinauf und lege dein Kettlein an. Sie blasen schon am Fronhof.
Agnes. Nein, Vater, ich bleibe zu Hause!
Caspar Bernauer. Wie? Was? Warum wartest du hier denn auf mich? (Zu Theobald.) An den Destillierkolben! Das Feuer wird zu schüren sein!
Theobald (geht ab).
Caspar Bernauer. Nun?
Agnes. Vater, all die Augen – es ist mir, als ob mich geradesoviel Bienen stächen! Und Er weiß ja, sie sehen alle nach mir!
Theobald (tritt wieder ein).
Caspar Bernauer. Sieh du sie wieder an! Nun, wenn du lieber deinen Rosenkranz abbetest, meinetwegen! (Sieht sich um, zu Theobald.) Noch keine Salben abgerührt? Hat der Hahn heut morgen nicht gekräht?
Theobald (geht ans Geschäft).
Agnes. Barbara war hier, alle hassen mich, ich verderb ihnen den Tag, wenn ich komme.
Caspar Bernauer. Und darum willst du ausbleiben? Nichts da! Dann dürfte der beste Ritter ja auch nicht kommen, denn der verdirbt den übrigen ja auch den Tag. Und der nächstbeste ebensowenig, und wer noch, bis auf den letzten, der nur zum Umpurzeln da ist! Torheit und kein Ende! Hinauf! (Zu Theobald.) Und du hole die Flasche mit dem Wundwasser herunter!
Beide (ab).
Caspar Bernauer. Die Suppe ist kalt geworden! Ich nehm's für genossen! (Legt das Buch auf den Tisch.) Bischöfliche Gnaden haben recht, wenig bring ich heraus und gerade die Hauptsachen nicht, die vom Hippokrates, denn die sind griechisch. Ich muß es so zurücktragen.
Knippeldollinger (tritt herein). Guten Morgen, Gevatter! Ah! Das ist wohl ein Buch? Ja?
Caspar Bernauer. Und das ist wohl ein funkelnagelneues Wams?
Knippeldollinger. Nun, wenn alte Leute nichts mehr machen ließen, würde mancher Schneider hungern! (Sieht ins Buch.) Herrje, wie kraus und bunt! Und das versteht Ihr, wie der Bischof?
Theobald (tritt mit der Flasche ein und macht sich wieder zu tun).
Caspar Bernauer. Ihr müßt immer fragen!
Knippeldollinger. Wie alt das wohl ist?
Caspar Bernauer. Seit der Kreuzigung unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi sind jetzt verflossen eintausendvierhundertsechsundzwanzig Jahre, aber der Autor dieses Buches, das ist zu sagen der Urheber, nämlich der Mann, der es gemacht hat, war schon über vierhundert Jahre tot, bevor der Herr auf Erden im Fleisch unter uns erschien.
Knippeldollinger. Macht an die zweitausend Jahre! Sollte man's glauben, daß es Leute gibt, die solche Bücher so lange aufheben? Es ist doch kein Gold! Denkt nur an all die Feuersbrünste und Überschwemmungen, an Pestilenz und Seuchen! Sieh, sieh!
Caspar Bernauer. Es gab immer gelehrte Männer!
Knippeldollinger. Freilich, freilich! Was gab's nicht! Wenn man das so erwägt, Gevatter, und gehörig bedenkt – Ja, ja! Nicht wahr? Sagt selbst!
Caspar Bernauer. Ich weiß nicht, was Ihr meint!
Knippeldollinger. Ho, ho! Besser, als ich! Damit kommt Ihr mir nicht durch. Nun, wie Ihr wollt! Wo bleibt denn mein Patchen? Die Muhme wird schon warten!
Caspar Bernauer. Ja, die hatte Grillen! (Zu Theobald.) Spring einmal zu ihr hinauf! Bring gleich das Besteck mit! Wir werden's brauchen.
Theobald (ab).
Knippeldollinger. Ihr geht nicht auch? Wir könnten zusammenrücken!
Caspar Bernauer. Mich kümmern bei einem Turnier nur die Beulen und Wunden, und die krieg ich hier schon zu sehen, denn man trägt mir die Krüppel her!
Knippeldollinger. Aber der Herzog, der Herzog von Bayern –
Caspar Bernauer. Mich lüstet nicht nach seiner Bekanntschaft, und ich will ihm wünschen, daß er auch die meinige nicht suchen muß, denn dazu führt nur ein Rippenbruch! Heut abend ist das was anders.
Knippeldollinger. Denkt Euch, hinter der alten Klostermauer, wo mein Vetter wohnt, hat man letzte Nacht einen Toten gefunden!
Caspar Bernauer. Da ist viel zu wundern! Kommen jemals Reichsknechte nach Augsburg, ohne daß es etwas gibt?
Knippeldollinger. Wohl! Aber dieser ist so entstellt, daß man ihn gar nicht mehr erkennen kann!
Caspar Bernauer. So soll man drei Tropfen seines Blutes nehmen und sie um Mitternacht, mit einem gewissen Liquor vermischt, auf eine glühende Eibenkohle träufeln. Dann wird der Verstorbene im Dampf erscheinen, wie er leibte und lebte, aber in durchsichtiger Gestalt, gleich einer Wasserblase, mit einem dunkelroten Punkt in der Mitte, der das Herz vorstellt.
Knippeldollinger. Ei! Ei! Habt Ihr den Liquor?
Caspar Bernauer. Wenn Ihr ihn hättet, so ließet Ihr's durch den Ratsweibel ausrufen!
Agnes (kommt im Putz. Theobald folgt).
Knippeldollinger. Sieh da! (Faßt ihre Hand.) Nun bekomm ich sie doch?
Caspar Bernauer (zu Agnes). Soll ich dir jetzt mit dem Korkstöpsel ein neues Gesicht machen, wie zum Schönbartlaufen, da du das alte nicht gern mehr herumträgst?
Agnes. Kommt, Gevatter!
Knippeldollinger (führt sie ab, in der Tür). Wißt Ihr, daß der Syndikus sich wieder verheiratet? Er ist zehn Jahr älter, wie ich!
Caspar Bernauer. Ihr irrt, nur fünf! Viel Vergnügen! Wenig Rippenstöße!
Knippeldollinger (mit Agnes ab).
Caspar Bernauer. Alter schützt vor Torheit nicht! Nun, Caspar, nicht hochmütig, du hast wohl auch deinen Sparren! (Zu Theobald.) Geh nur auch, aber sei zur rechten Zeit wieder da! Du siehst's ja schon! Wenn sie einen forttragen!
Theobald (ab).
Caspar Bernauer (nimmt das Buch wieder). Ich will's noch einmal versuchen! Ich schäm mich doch, es so wiederzubringen! Wahrhaftig, mich ärgert der babylonische Turmbau weit mehr, als der Sündenfall, denn ohne den sprächen wir mit unserer einen Zunge doch auch nur eine Sprache, und verständen uns nicht bloß, wenn wir schreien. Das hat mich schon in meiner Jugend verdrossen. Wie gern wär' ich als Geselle in die weite Welt gegangen, ob ich das Einhorntier, den Vogel Phönix, die Menschen, die auf Bäumen wachsen, irgendwo zu sehen bekäme, oder gar in der Türkei, wo sie doch gewiß viele unschuldig hängen, ein Alräunchen erwischte! Aber dann dacht' ich immer: du verstehst die Leute ja nicht und sie dich auch nicht! und blieb daheim! (Ab.)
Herberge.
Herzog Albrecht, Freiherr von Törring, Nothhafft von Wernberg und Ritter Frauenhoven, vom Turnier kommend, nebst Knappen und Dienern. Bürgermeister Nördlinger.
Albrecht. Ich danke jetzt, Herr Bürgermeister, ich danke für das Geleite!
Bürgermeister. Gestrenger Herr, ich kenne meine Pflicht! (Ruft.) Wein her!
Nothhafft von Wernberg (zum Herzog). Ihr könnt ihn nicht vor dem Trunk verabschieden.
Albrecht. Frauenhoven!
Frauenhoven. Was ist's?
Albrecht. Hast du das Mädchen gesehen – Aber, du mußt ja, du mußt ja!
Frauenhoven. Welche denn?
Albrecht. Welche! Ich bitte dich, geh, ihr nach! Vom Pferd hätt' ich mich geworfen und wäre ihr gefolgt, wenn nicht (er zeigt auf den Bürgermeister) der da – –
Bürgermeister (mit einem Pokal). Gestrenger Herr, die reichsfreie Stadt Augsburg heißt Euch nach ruhmvoll bestandenem Turnier in Eurer Herberge willkommen, und dankt Euch, daß Ihr ihre Patrizier einer Lanze gewürdigt habt.
Albrecht (trinkt). Sie lebe hoch, denn sie verdient's! Ha, wo solch ein wunderbares Licht der Schönheit leuchtet – (streift sich mit der Hand über die Stirn) ja, sie verdient's! (Wendet sich.) Frauenhoven, du bist noch da?
Frauenhoven. Aber –
Bürgermeister. Verhoffe demnach – –
Albrecht. Heute abend auf dem Tanzhaus – das versteht sich! Nichts kann mich zurückhalten, vorausgesetzt, daß auch sie – – Verzeiht, ich bin ganz verwirrt! Ein Bote von meinem Vater –
Bürgermeister. Ich hatte die Einladung nach Amtspflicht zu wiederholen, muß jedoch als Patrizier bemerken: es ist nicht bloß Geschlechter-Tanz. Auch die Zünfte kommen!
Albrecht. Ich wollte, die ganze Stadt wäre da!
Bürgermeister. Empfehle mich zu Gnaden! (Ab.)
Albrecht (zu Frauenhoven). Und nun, du lieber, lieber Herzensfreund, schnell, schnell! Oder besser: ihr alle! Du die eine Straße hinunter, du die andere, du die dritte!
Frauenhoven. Ihr gabt mir heut morgen den Auftrag, dem Werdenberg nachzureiten! Er hat Euch Eure Braut, die Gräfin von Württemberg, entführt, wißt Ihr's noch?
Albrecht. Nenne sie nicht mehr!
Nothhafft von Wernberg. Ja, und ich sollte dem Württemberger die Schlüssel von Göppingen abfordern, weil die Heirat durch die Flucht seiner Tochter unmöglich geworden sei, und also das Reugeld herausgezahlt werden müsse!
Törring. Und ich sollte nach München zu Hof und Eurem Vater beides melden!
Albrecht. Das ist vorbei, das ist, als ob's nie gewesen wäre! Ich jauchze, daß Elisabeth eine Kette zerbrochen hat, die ich sonst selbst zerbrochen haben würde. Ich will nicht einen Dachziegel von Göppingen oder einen Pfenning zur Auslösung, denn ich könnte mir das Leben, das Atemholen, ebensogut bezahlen lassen, wie meine neue Freiheit, und was meinen Vater betrifft, so steht mir seit lange eine Bitte an ihn zu, und das soll die sein: daß er es ganz so verhalten möge, wie ich!
Törring. Dieser Wechsel ist rasch!
Nothhafft von Wernberg. Und kostet Bayern fünfundzwanzigtausend Gulden!
Albrecht. Ich kenn euch nicht mehr! Knapp', schäl mich ab, ich will selbst fort, und in diesem Aufzug schlepp ich einen Schweif von Hunderten hinter mir her.
Ein Knappe (entkleidet den Herzog des Panzerhemdes usw.).
Albrecht. Da liegt der Herzog! – Habt ihr Augen? (Schnallt sein Schwert ab.) Und da der Ritter! Blumen her, daß ich sie vor ihr ausstreuen kann, wo ich sie finde! (Setzt ein Barett auf.) Wird mich nun noch jemand erkennen?
Törring. Ohne Schwert? Jeder wird sich zu täuschen glauben!
Albrecht (indem er abgeht). Freunde, habt Geduld mit mir! (Ab.)
Törring. Begreift ihr das?
Nothhafft von Wernberg. Herzog Ernst wird Augen machen! Der besinnt sich etwas länger, wenn sich's um den Verlust von fünfundzwanzigtausend Gulden handelt.
Frauenhoven. Brüder, richten wir nicht, daß wir nicht gerichtet werden! Das haben wir alle entweder hinter uns oder vor uns. Wenn ihr's noch nicht wißt, so seht ihr's jetzt, warum unsre Altvordern für das Weib den Namen Mannrausch erfanden! Doch diesen Rausch vertreibt man durchs Trinken, wie den andern durch Enthaltsamkeit; je tiefer der Zug, je rascher die Nüchternheit! Darum müssen wir ihm beistehen!
Nothhafft von Wernberg. Aber die absonderlichen Reden wollen wir uns merken, wir können sie einmal wieder ausspielen, sei's auch nur, um uns selbst unsrer Haut gegen ihn zu wehren. »Habt ihr Augen? – Blumen her! – Ich kenn euch nicht mehr!« Damit belad ich meinen Esel. Sammelt ihr auf, was heut abend abfällt, denn ohne Zweifel trifft der neue Adam seine Eva beim Tanz. Vielleicht ist's der Engel von Augsburg!
Törring. Der Engel von Augsburg?
Nothhafft von Wernberg. So nennt man hier eine Baderstochter, Agnes Bernauer, deren Schönheit die halbe Stadt verrückt machen soll. Wollen wir die Bude ihres Vaters einmal aufsuchen? Wir können uns die Bärte stutzen lassen, und wer weiß, ob wir das Wunder bei dieser Gelegenheit nicht zu sehen bekommen.
Frauenhoven. Topp!
(Alle ab.)
Großer Saal im Tanzhause der Stadt.
Festlich geschmückt mit den Panieren der Zünfte und den Wappen der Geschlechter. Abend. Die Gäste versammeln sich rasch, die Zunftmeister empfangen.
Bürgermeister Hermann Nördlinger kommt mit Nothhafft von Wernberg.
Bürgermeister. Ja, Herr Ritter, so läuft nun alles seit jenem unseligen Katharinen-Abend, wo wir den Pöbel mit in den Rat aufnehmen mußten, bei uns durcheinander! Perlen und Erbsen in einem Sack, der Herzog wird das Ausklauben mühsam finden, mich wundert, daß er kommt!
Nothhafft von Wernberg. Ihr habt Euch noch immer nicht gewöhnt? Es ist doch schon lange her.
Bürgermeister. Noch nicht lange genug, daß die Hoffnung auf die Rückkehr der guten alten Zeit schon ganz erstickt sein sollte. Seht den Dicken da, das ist der Zunftmeister der Bäcker, der macht die Ehre der Stadt. Seht doch hin! Wenn er dem ankommenden Gast, den er zu begrüßen hat, nicht mit seinem Stierkopf den Brustkasten einstößt, so zerschmettert er einem schon anwesenden ganz sicher durch den Kratzfuß das Schienbein! Was sagt Ihr? Ist's nicht, als wenn ein Pferd ausschlüge? Und das sollte man gewöhnen!
Nothhafft von Wernberg. Ihr hättet Euch besser wehren sollen!
Bürgermeister. Wir wurden überrumpelt! Kaiser und Reich hätten uns besser beistehen sollen! Was nötigte die Majestät, den vermaledeiten Zunftbrief, der uns abgezwungen wurde, hinterher mit Ihrem Siegel zu versehen? Wir hatten genug zu tun, daß wir uns nur nicht selbst unter die Metzger und Handschuhmacher aufnehmen lassen und unsere alten Namen mit neuen vertauschen mußten. Denn das wurde verlangt.
Frauenhoven und Törring kommen.
Frauenhoven. Da steht der Bürgermeister, der kann es uns sagen! (Tritt zum Bürgermeister heran.) Ist es wahr, wie man im Reich erzählt, daß der Boden von Augsburg keine Ratten duldet?
Bürgermeister. Gewiß ist es wahr, man trifft dies Ungeziefer nimmer! Das war schon so zu den Zeiten des Drusus.
Törring. Kurios!
Trompeten.
Bürgermeister. Seine Gnaden der Herzog! (Eilt zum Eingang und begrüßt den eintretenden Herzog Albrecht.)
Albrecht (tritt zu Frauenhoven, Törring und Nothhafft von Wernberg heran). Da seid ihr!
Frauenhoven. Wir haben den ganzen Nachmittag gesucht –
Albrecht. Und gefunden –
Nothhafft von Wernberg. Eben jetzt!
Albrecht. Mich, meinst du! Oh, köstlicher Fund! Ich bedanke mich!
Frauenhoven. Ich strich allein und –
Albrecht. Es ging dir besser, wie mir? Du entdecktest ihre Spur!
Frauenhoven. Ja!
Albrecht. Warum treff ich dich erst jetzt!
Frauenhoven. Dies Mädchen – – Oh! Wohl hattet Ihr recht, uns zu fragen, ob wir Augen hätten!
Albrecht. Du liebst sie auch?
Frauenhoven. Könnt' ich anders?
Albrecht. Frauenhoven, das ist ein großes Unglück! Ich glaub's dir, daß du nicht anders kannst, es wäre Wahnsinn von mir, wenn ich verlangte, daß du entsagen solltest, hier hört die Lehnspflicht auf. Aber wahrlich, auch die Freundschaft, hier beginnt der Kampf um Leben und Tod, hier fragt sich's, in wessen Adern ein Tropfen Bluts übrigbleiben soll! Du lächelst? Lächle nicht! Wenn du das nicht fühlst, wie ich, so bist du nicht wert, sie anzusehen!
Frauenhoven. Diese pechschwarzen Augen – und wie sie den Hals trägt, recht, um sich daran aufzuhängen und vor allem diese kastanienbraunen Haare –
Albrecht. Faselst du? Goldne Locken sind's, die sich um ihre Stirn ringeln – demütiger ward nie ein Nacken gesenkt und ihre Augen können nicht schwarz sein! Nein, nein, wie Meeresleuchten traf mich ihr Strahl, wie Meeresleuchten, das plötzlich fremd und wunderbar aus dem sanften blauen Element aufzuckt und ebenso plötzlich wieder erlischt!
Frauenhoven. Gnädiger Herr, ich weiß nichts von ihr, es war ein Scherz, den Ihr dem lustigen Ort, wo wir uns befinden, verzeihen mögt!
Albrecht. So flieh! flieht alle, daß nicht Ernst daraus wird, fürchterlicher Ernst, denn ich sage euch, die sieht keiner, ohne die höchste Gefahr!
Agnes (erscheint, von Caspar Bernauer und Knippeldollinger begleitet).
Albrecht (ausbrechend). Da ist sie!
Nothhafft von Wernberg und Frauenhoven. (zugleich). Wunderschön, das ist wahr!
Törring. Und der Engel von Augsburg, das ist auch wahr! Dort steht ja der Vater!
Albrecht. Kennst du sie?
Törring. Man nennt sie hier allgemein den Engel von Augsburg. Sie ist die Tochter eines Baders, gnädiger Herr! Wir ließen uns vorhin die Bärte bei ihm stutzen. (Er zeigt auf seinen Bart.) Seht Ihr? Der Mann ist geschickt, nicht wahr? Es könnte dem Eurigen auch nicht schaden! (Er tritt auf die Gruppe zu.) Guten Abend, Meister, da sehen wir uns schon wieder!
Caspar Bernauer. Viel Ehre für mich!
Albrecht (folgt, zu Agnes). Jungfrau, warum erteilt Ihr auf den Turnieren nicht den Dank? Was durch Eure Hände geht, ist edler, als Gold, und köstlicher, als Edelstein, wär's auch nur ein grüner Zweig, vom nächsten Busch gebrochen!
Caspar Bernauer. Meine Tochter ist an solche Reden nicht gewöhnt, gnädiger Herr; fragt sie aus den sieben Hauptstücken unseres allerheiligsten Glaubens, und sie wird nicht verstummen!
Agnes. Nicht doch, Vater, der Herzog von Bayern will seine Braut so anreden und macht bei der Bürgerstochter von Augsburg nur die Probe!
Caspar Bernauer. Wohl gesprochen, Agnes, aber zum Antworten hast du keine Vollmacht, darum danke Seiner Fürstlichen Gnaden für die Herablassung und komm!
Albrecht. Warum, störriger Alter? Noch habe ich ja kaum den Ton ihrer Stimme gehört, noch kamen die vierundzwanzig Buchstaben nicht alle über ihre Lippen! (Abgewandt.) Ha, ich könnt' sie bitten: sprich dies Wort aus, oder das, oder jenes, nicht des Sinns wegen, nur damit ich erfahre, mit wieviel Musik dein Mund es beschenkt! (Zu Caspar Bernauer.) Ihr geht doch? So müßt Ihr mir gestatten, Euch zu begleiten! Euer Schatten weicht eher von Euren Schritten, als ich!
Caspar Bernauer. Euresgleichen würde neidisch werden!
Törring (faßt Caspar Bernauer unter dem Arm). Bayerns Herzog hat hier seinesgleichen nicht!
(Er führt ihn ab, Nothhafft von Wernberg gesellt sich zu Knippeldollinger und folgt.)
Albrecht (zu Agnes, die ebenfalls folgt und sich ihrem Vater zu nähern sucht). Mädchen, ich täuschte mich nicht, du hast heut morgen nach mir gesehen. Galt der Blick mir oder meinem venezianischen Helmbusch?
Agnes. Ich zitterte für Euch, gnädiger Herr, Ihr schautet zu mir herüber und rittet gegen den Feind, ich dachte, Ihr müßtet Schaden nehmen!
Albrecht. Und das war dir nicht gleichgültig?
(Sie verlieren sich, nebst den andern, im Gewimmel.)
Barbara (mit Martha und andern Mädchen hervortretend). Ha, ha, ha! Sagt' ich's euch nicht, daß es besser sei, zu Hause zu bleiben? Nun freut euch, wenn ihr könnt!
Martha. Ei, dies ist ja gut! Wenn der Herzog sie mitnimmt, steht sie uns ebensowenig mehr im Wege, als wenn sie gen Himmel fährt!
Barbara. Mitnimmt! Wo denkt ihr hin! Er wird sie schon hier lassen! Aber sie wird noch im Wert steigen, nun auch er genickt hat! Seht euch nur um, wie alles kuckt und flüstert!
(Gehen vorüber.)
Nothhafft von Wernberg (kommt mit Knippeldollinger, ihm tritt entgegen:)
Bürgermeister Nördlinger (mit einem Fräulein). Herr Ritter – meine Base, Juliana Peutinger – sie hat des Kaisers Majestät schon als vierjähriges Jungfräulein im Namen des Rats mit einer kleinen lateinischen Rede begrüßt! Ich möchte sie Seiner Gnaden gern aufführen!
Nothhafft von Wernberg (mit ihm weitergehend). Nachher, Herr Bürgermeister, nachher! (Leise.) Der Herzog ist von den Bürgern so warm empfangen worden, sie haben sich die Kehle fast abgeschrien, Ihr seht, er bezeugt sich dankbar!
(Gehen vorüber.)
Albrecht (kommt mit Agnes). Nun sprich auch du! Was sagst du dazu?
Agnes. Mir ist, als hört' ich eine Geige mehr, süß klingt's, auch träumt sich's schön dabei.
Albrecht. Ich frage dich, ob du mich lieben kannst!
Agnes. Das fragt eine Fürstentochter, doch nicht mich!
Albrecht. O sprich!
Agnes. Schont mich, oder fragt mich, wie man ein armes Menschenkind fragt, von dem man glaubt, daß ein ungeheures Unglück es treffen könne!
Albrecht. Dies Wort –
Agnes. Legt's nicht aus, ich bitt Euch, zieht niemanden die Hand weg, wenn er sie über die Brust hält.
Caspar Bernauer (der mit Törring gefolgt ist und sich Agnes zu nähern sucht). Morgen, Herr Graf, morgen!
Knippeldollinger (der mit Nothhafft von Wernberg neben den beiden geht, zu Törring). Einen, der das Blut besprach, habe ich selbst gekannt.
Albrecht. Agnes, du verkennst mich! Ich liebe dich!
Caspar Bernauer (tritt zwischen beide). Komm, mein Kind! Auch du hast Ehre zu verlieren! (Er will sie abführen.)
Albrecht (vertritt ihm den Weg). Ich liebe sie, aber ich würd's ihr nimmer gesagt haben, wenn ich nicht hinzufügen wollte: ich werb um sie!
Nothhafft von Wernberg. Gnädiger Herr!
Frauenhoven. Albrecht! Kennst du deinen Vater?
Törring. Denkt an Kaiser und Reich! Ihr seid ein Wittelsbach! Es ist nur zur Erinnerung.
Albrecht. Nun, Alter, fürchtest du noch für ihre Ehre?
Caspar Bernauer. Nein, gnädiger Herr, aber – – Vor funfzig Jahren hätte sie bei einem Turnier nicht einmal erscheinen dürfen, ohne gestäupt zu werden, denn damals wurde die Tochter des Mannes, der dem Ritter die Knochen wieder einrenkt und die Wunden heilt, noch zu den Unehrlichen gezählt. Es ist nur zur Erinnerung!
Albrecht. Und nach funfzig Jahren soll jeder Engel, der ihr gleicht, auf Erden einen Thron finden, und hätte ihn einer ins Leben gerufen, der dir noch die Hand küssen muß. Dafür soll mein Beispiel sorgen!
Frauenhoven. Er ist verrückt! (Zu Albrecht.) Nur hier nicht weiter, nur heute nicht! Alles wird aufmerksam und auf jeden Fall muß die Sache geheimbleiben!
Albrecht (zu Caspar Bernauer). Darf ich morgen kommen?
Caspar Bernauer. Wenn ich auch nein sagte, was hülfe es mir?
Albrecht. Agnes?
Agnes. Wer rief mir doch heute morgen zu: geh ins Kloster? Mir däucht, ich sehe jetzt einen Finger, der mich hineinweist!
Albrecht. Dir schwindelt! Halt dich an mich! Und ob die Welt sich dreht, du wirst fest stehen!
Caspar Bernauer. Gnädiger Herr, wir beurlauben uns! Die fällt mir sonst um!
(Ab mit Agnes und Knippeldollinger.)
Albrecht. Ich muß – (Will folgen.)
Frauenhoven. Keinen Schritt! Ihretwegen, wenn nicht deinetwegen.
Albrecht. Du kannst recht haben!
Frauenhoven. Sprich jetzt auch mit anderen! Sprich mit allen! Und lange, ich bitte dich, lange!
Albrecht. Ich hätte so gerne noch meinen Namen von ihren Lippen gehört! Doch – wer will denn auch Weihnacht, Ostern und Pfingsten auf einmal feiern! – –
(Er mischt sich unter die übrigen Gäste. Ihm tritt Bürgermeister Nördlinger mit dem Fräulein entgegen.)