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Das Zimmer wie in den beiden vorhergehenden Akten. Es ist ein Abend Ende November; im Ofen brennt Feuer, ein Licht steht auf dem Tisch. Die Mitteltür ist geschlossen. Aus dem oberen Stockwerk des Hauses dringt gedämpft Tanzmusik. Hanne, jetzt Frau Henschel, sitzt am Tische und strickt; sie ist adrett und sauber in blauen Kattun gekleidet, dazu trägt sie ein rotes Brusttuch. Meister Hildebrant, der Schmied, kleine, nervige Erscheinung, kommt.
Hildebrant. Gu'n Obend, Henscheln! Wu is denn dei Moan?
Frau Henschel. Uf Breslau. A hult doch drei neue Fare.
Hildebrant. Do werd a wull hinte ni heemkumma? gell?
Frau Henschel. Vor'n Montiche nee.
Hildebrant. Heute hon m'r Sinnobend. Mer hon a Brettwoan wiedergebrucht. A stieht underm Soale. Mer hon missa oalle vier Reefa neumacha. Is Hauffe ni do?
Frau Henschel. Dar is doch schun lange ni meh bei ins!
Hildebrant. Woas Teifel räd' ich ock wieder fer Tummheeta. Ich meente ju ebens a neua Knecht. Is Schwoarzer nee do?
Frau Henschel. A is miite uf Breslau.
Hildebrant. Nee nee, mit Hauffa doas war ich wull wissa. A kimmt immer nunder ei de Schmiede und hot Mauloaffa feel, weil mir Eisa uflähn. A hot doch noch immer kee Under kumma.
Frau Henschel. De Leute soan, a fängt oa zu saufa.
Hildebrant. Ich gleeb' immer, 's werd wull ni anderscher sein, 's is halt schlimm fer da ala Kerl. 's wil'n doch emol kee Mensch meh hoan. – Woas is denn hinte do duba lus?
Frau Henschel. Tanzmusik. Halt de Resursche.
Hildebrant. Wie wärsch, wenn m'r nufginga, Henscheln, mitnander? Worum sulln mir ni au an Walzer mitmacha.
Frau Henschel. Do wern die ni schlecht die Auga ufreißa. – Woas wullda Sie denn vo Henscheln, Meester?
Hildebrant. D'r Oberamtmoan hot doch an Fuchshengst, doas Luder will sich ni lussa beschloan, do wullda mir Henscheln gern amol bitta. Wenn dar dan gehangna Hund nee zum Stiehn brengt, hernoert, do sol'n der Teifel schoarf macha. Gu'n Obend, Henscheln!
Frau Henschel. Gu'n Obend, Meester!
Frau Henschel horcht auf ein schleifendes Geräusch, welches draußen vom Gange herkommt. Woas is denn doas fer a Geschleife do dessa? Sie geht und öffnet die Tür. War macht denn hie dessa suchta Randal?
Franziska kommt hereingetanzt. Platz, Platz, Frau Henscheln, ich hab' keine Zeit! Sie dreht sich um den Tisch herum nach dem Takte des von oben klingenden Walzers.
Frau Henschel. Nanu schlät's dreiza! Woas fällt denn dir ei!? Dich hot wull a tuller Hund gebissa!? Franziska tanzt unbeirrt weiter und singt die Walzermelodie dazu. Frau Henschel, immer mehr belustigt. Im Gottes wille, dich riehrt ju d'r Schlaag. – Nee Madel, du werscht wull noch überschnoppa!
Die Musik bricht ab.
Franziska fällt erschöpft auf einen Stuhl. Ich könnte mich mausetot tanzen, Frau Henscheln.
Frau Henschel, lachend. Wenn du's asu treibst, doas will ich gleeba. Do werd ees ju trähnig bloßig beim Zusahn.
Franziska. Tanzen Sie gar nicht?
Frau Henschel. Ich? Eeb ich tanze? Nu freilich tanz' ich. A Poar neue Schuhe, doas koam o vir, die tanzt' ich o durch ei enner Nacht.
Franziska. Kommen Sie, tanzen Sie mal mit mir.
Frau Henschel. Gieh ock du nuff und tanz duba miite.
Franziska. Ja, wenn ich bloß dürfte! Wissen Sie was, ich schleiche mich rauf. Ich schleiche mich rauf auf die Galerie. Sind Sie da schon mal oben gewesen? Im großen Saal auf der Galerie? Wo die Säcke stehen mit den gebackenen Pflaumen. Da geh' ich ganz frech rauf und gucke runter. Da ess' ich Pflaumen und gucke runter. Warum soll ich denn da nicht runtergucken?
Frau Henschel. Verleicht läßt dich Siebenhoar runderhuln.
Franziska. Ich gucke ganz frech. Das ist mir ganz gleichgiltig. Und wenn eine mit'n Herrn Siebenhaar tanzt, die bombardier' ich mit Pflaumenkernen.
Frau Henschel. Ei Siebenhoarn bist du doch reene vernorrt!
Franziska. Der ist auch der allerfeinste von allen. Musik. Nu geht's wieder los. Nu spielen sie Polka. Wieder tanzend. Mit Herrn Siebenhaar möcht' ich gleich mal tanzen. Da würde ich ihm, eh' er sich versieht, ganz einfach 'nen Kuß geben, mir nichts – dir nichts.
Frau Henschel. Mir wär' d'r Siebenhoar freilich zu alt.
Franziska. Ihr Mann ist doch ebenso alt, Frau Henscheln.
Frau Henschel. Du Dare, du; mei Moan is im finf Johr jinger, verstanda?
Franziska. Aber er sieht doch viel älter aus. Der sieht doch so alt aus und so verrunzelt. Puh, nee, dem möchte ich keinen Kuß geben.
Frau Henschel. Nu sieh, doaß du furtkimmst, suste nahm' ich a Basen. Mach' du mer menn Moan schlecht! Wo sol ich denn glei an bessern harnahma? Woart ock, wenn du ei de Johre kimmst, du werscht o schun merka, woas doas heeßt, an Moan hoan dohie.
Franziska. Ich heirate gar nicht! Ich warte mal ab, bis'n feiner Herr kommt, am liebsten 'n Russe – im Sommer – 'n Kurgast –, von dem lass' ich mich mitnehmen, raus in die Welt. Weit fort in die Welt; die Welt will ich sehn, nach Paris will ich reisen. Dann schreibe ich Ihnen auch mal, Frau Henschel.
Frau Henschel. Ich gleeb' immer, doaß du amol durchgiehst, Madel.
Franziska. Da könn Sie sich heilig drauf verlassen. Herr Siebenhaar war ja auch in Paris, bei der Revolution, der kann fein erzählen. So 'ne Revolution möcht' ich auch mal mitmachen; da muß man mit Barrikaden baun ...
Wermelskirchs Stimme. Franziska, Franziska! Wo steckst du denn wieder?
Franziska. Pst. Sagen Sie nichts.
Wermelskirchs Stimme. Franziska! Franziska!
Franziska. Pst. Stille. Ich soll wieder vorne bedienen. Das ist mir scheußlich, das mag ich nicht.
Wermelskirchs Stimme. Franziska!
Franziska. Das ist doch Papas Sache oder Mamas, oder sollen sie sich einen Kellner halten. Ich lasse mich nicht zur Biermamsell machen.
Frau Henschel. Doas is doch's Schlimmste no lange nee.
Franziska. Ja, wenn das vornehme Herren wären, aber nichts wie Brunnschöpfer, Kutscher und Bergleute. Da dank' ich dafür. Das paßt mir denn doch nicht.
Frau Henschel. Wenn ich wie du wär', mir wär' doas a leichtes; ich tät' mer a schienes Trinkgeld macha. Du kennt'st d'r an'n hibscha Biehma derspoarn, an hibscha Fennig beiseite lähn.
Franziska. Böhmens und Sechser nehm' ich nicht an. Und wenn der Herr Siebenhaar oder der Baumeister oder der Dr. Vallentiner mir mal was schenkt, da vernasch' ich's gleich.
Frau Henschel. Doas is ju ebens. D'r Oapel fällt ebens ni weit vom Stamme. Voater und Mutter sein au ni viel andersch. Ihr nahmt euch die Schenkstube ebens ni woahr. Wenn ihr euch doas Geschäfte tät woahrnahma: ausgeborgt mißt't ihr schunn hoan's Geld.
Franziska. Wir sind eben nicht so geizig wie Sie.
Frau Henschel. Ich bin ni geizig, ich hal's ock zusammen.
Franziska. Die Leute sagen, Sie wären geizig.
Frau Henschel. De Leute kenn mich sicha, verstanda! und du derzune; mach, doaß de nauskimmst. Ich hoa's 'n soat, dei Gelapsche do; und wieder brauchst de au ni zu kumma. Mir is noch ni bange gewast noch dir. Oam besta, man sieht und hiert nischt vo euch! vo dar ganza Pakasche mitsoamma dohie.
Franziska, schon an der Tür, sich wendend, böse. Wissen Sie, was die Leute noch sagen?
Frau Henschel. Nischt will ich wissa, ock naus mit dir. Sieh du dich ock vier, doaß du nischt zu hiern kriegst. War wiß, wie du stiehst mit Siebenhoarn. Ihr beede werd's wissa, und ich wiß au. Zwanzigmol werd ihr schun rausgefleun mit eurer pulscha Wertschoaft do vurna. Ma meßte doch Siebenhoarn suster ni kenn!
Franziska. Pfui, pfui und pfui! Ab.
Frau Henschel. Pakasche, soa ich!
Die Mitteltür ist offengeblieben. Der eine von oben kommend, der andre den Gang herauf, treffen sich Siebenhaar und der Kellner George, so daß ihre Begegnung im Rahmen der Türe sichtbar wird. George ist wienerisch gekleidet, Hut, Stöckchen, langer Paletot, bunter Schlips.
Siebenhaar. Was wünschen Sie hier?
George. Sie wern verzeihn, ich habe beim Fuhrmann Henschel zu tun.
Siebenhaar. Der Fuhrmann Henschel ist nicht zu Hause. Sie haben das nun schon dreimal gehört; in meinem Haus ist kein Platz für Sie. Wenn Sie sich nun das künftig nicht merken, dann lasse ich Ihr Gedächtnis auffrischen; durch den Gendarm, verstehen Sie mich!
George. Herr Siebenhaar: ich muß doch sehr bitten, ich komm' nicht zu Ihn. Die Leute wohnen in Ihrem Hause. Sie kenn mir nichts Ehrenrühriges nachweisen.
Siebenhaar. Aber wenn ich Ihnen wieder begegne, dann lass' ich Sie durch den Hausknecht rausschmeißen. Also richten Sie sich gefälligst danach. Ab.
George tritt ins Zimmer ein, fluchend. Das lass' ich druf ankomm! Das wolln mer erscht abwarten.
Frau Henschel schließt heftig die Tür, die Wut über Siebenhaar schwer bemeisternd. Mir sein au noch do, a sol's erscht versicha. Hie is inse Stube, ni seine Stube, und war de zu ins kimmt, dar kimmt zu ins! do hot a kee Wort ni neizuräda.
George. Wir wolln's amal abwarten, sag' ich bloß, das kennt'n doch teuer zu stehn komm. Das kost Pinkepinke, wenn ma das anzeigt. Er is schon mal äklich reingesaust mit dem Alfons, der vor zwee Jahren hier war. Mit mir fällt er noch viel äklicher rein: dreißig Taler Schmerzensgeld is mir zu wenig.
Frau Henschel. Die hot a irscht goar ni meh ei d'r Tosche: dar Hungerleider, verdommte, dohie. Eim ganza Kreese muß a sich rimpumpa. Nischte wie Schulda, wu ma hinhiert. Wie lange werd's dauern, do is a fartig, do muß a salber naus aus dam Hause, stoats doaß a andre Leute läßt nausschmeißa.
George hat den Überrock abgelegt, den Hut dazu aufgehangen und sucht nun die Federchen von Rock und Beinkleidern. Nu freilich. Das is ja auch goar kee Geheimnis mehr. Se reden ja schon am Stammtisch davon. Kee Mensch hat Mitleed, se genn's 'n alle. Mei jetziger Chef kann 'n schon gar nich verknusen. Bloß wenn er den Namen hört, wird er schon giftig. Holt Taschenspiegel und Taschenkämmchen heraus und schniegelt sich. Weeß Gott, sagt a immer, der Siebenhaar! Wahrhaft'ch, ich hab' in den Manne mehr Haare gefunden wie bloßich sieben.
Frau Henschel. Doas wil ich gleeba, do werd a wull recht hoan.
George. Nu sag' amal, haste was Warmes, Hannchen?
Frau Henschel. Warum bist de denn nächta nee gekumma?
George. Du denkst woll, ich kann alle Tage weg? Ich hab' mich schwer genug heute kenn losmachen. Gestern ging's bis um dreie in der Nacht.
Frau Henschel. Woas war denn lus?
George. Enne Feuerwehrsitzung. Se ham doch 'ne neue Spritze gekooft. Da wolln se halt nächstens 'n Einweihungsfest geben. Da ham se eben 'ne Sitzung gehabt.
Frau Henschel. Wenn die ock an Vierwand zum Saufa hoan. Derweile hoa ich alleene gesassa und hoa gewoart bis tief ei de Nacht. Eemol – ich wiß ni, woas doas muß gewast sein! a Vogel muß sein oas Fanster geschloan –, do ducht' ich, du werscht's, und do ging ich oas Fanster und machte's uf. Hernoert do woard ich asu verbust, ich künde die hoalbe Nacht ni eischlofa. Sie schlägt mit der Faust schwach auf den Tisch. Ich wiß nee, ich bin au noch immer verbust.
George. I goar! Was soll mer sich lassen die Laune verderben. Er faßt sie um. Das is ja nich neet'ch! Warum nich goar!
Frau Henschel entwindet sich ihm. O nee! 's is woahr! Ich wiß nee, wie's kimmt, 's muß een o immer oalles verquer giehn. De ganze Wuche sitzt Henschel derheeme, und wenn a nu werklich amol a wing furt is, do muß ma de Zeit verstreiche lon.
George. Na oaber, mer ham doch heute noch Zeit. A kommt doch erscht Montag wieder, denk'ch.
Frau Henschel. War weeß, eeb's woahr is?
George. Warum sollt's 'n nich wahr sein, das wißt 'ch doch nich?
Frau Henschel. Dar Moan muß eemol derheeme quetscha. Frieher woar doas ni hoalb asu schlimm. Do woar a wuchalang uf d'r Reese, hinte da boarmt a war weeß wie siehr, wenn a ock eene Nacht sol wuandersch schlofa. Und wenn a soat, ich bleibe drei Tage! do kimmt a merschtens a zweete schun heem. – Nu hierschte 's: ich gleebe, doas sein se goar schun. War wär' denn suster asu knoalln ein Hofe.
George, nachdem er gehorcht, unterdrückt. Da soll 'n doch gleich der Teifel holn. Verfluchtes Gemähre, verdammtes, dahier. Ma hat sich ja kaum ä bißchen erwärmt. Da wer ich wohl gleich wieder fortmissen, was? Das hab' ich mir freilich anders gedacht. Er zieht den Paletot wieder an und nimmt den Hut in die Hand.
Frau Henschel reißt ihm den Hut aus der Hand. Hie werd geblieba, woas brauchst de denn furtgiehn? Vor wan sol ich mich ferchta, etwan vor Henscheln? Dar hot zu kuscha! Doas selde mir eifoalln. Werscht du gestern gekumma, ich hoa dir's gesoat. Do wär' ins kee Mensch ni d rzwischagekumma: kee Henschel nee und kee Siebenhoar au nee, hinte do is d'r Teifel lus!
Pferdehändler Walther tritt ein, ein hübscher, strammer Kerl, gegen vierzig Jahr alt. Baschlikmütze, Pelzjackett, Jagdstrümpfe und langschäftige Stiefeln; Fausthandschuhe an Schnüren.
Walther. Henscheln, dei Moan is dessa eim Hofe. Gu'n Abend! Ich kumm' ock schnell amol rei! Ich wil d'r an guda Obend soan. Hernoert muß ich glei wieder uf's Fard. Schiene Brabaner hoan mer gehandelt. A hot d'r o suster woas miitegebrucht.
Frau Henschel. Ich duchte, ihr werd irschte a Montig heemkumma!
Walther. Doas wär' au ni anderscher sein gewurn, mer sein ebens bloß bis Kanth gerieta, durte hoan mer de Fare verloada missa, suster hätta se Hoals und Beene gebrocha, asu schlechte Laufa woar bei dam Gloatteis.
George. Mit d'r Eisenboahne geht's freilich schneller.
Walther. Woas is denn doas noch fer a Moansbild dohie? Sie mocha sich ju reene unsichtbar! Doas is wull Schurschla? Ich gleebe immer! Dar Kerl sitt ju aus wie a richt'ger Baron!
George. Ma verdient äben besser drieben im »Stern«. Ich steh' mich halt äben bei weitem besser. Hier hat man sich alles vom Halse gerissen. Ich war ja dahier fast nackt zuletzt, jetzt kann man sich eben wieder was anschaffen.
Walther. Nu rat amol, woas a d'r miitbrengt, Henscheln.
Frau Henschel. Woas denn do, hä?
Walther. Eeb de wull werscht ane Freede hoan!?
Frau Henschel. Mer wern ju sahn! Je nochdan's werd sein.
Walther. Nu do lab ock gesund, suster beeßt mei Weib.
Frau Henschel. Lab gesund!
Walther. Lab gesund!
George. Ich gomme gleich mit, gu'n Abend, Frau Henscheln.
Frau Henschel. Wullda Se nee mit Henscheln no sprecha?
George. Das hat je doch Zeit, das eilt je doch nich.
Walther. Wenn Se woas miit'n zu reda hoan, do lussa Sie's lieber bis murne, Schurschla. Hinte hot a andre Sacha eim Kuppe. Wißte denn, woas a d'r miitebrengt, Henscheln?
Frau Henschel. Woas soll a'n miitbrenga? Schwutz ni asu!
Walther. Nu halt deine Tuchter brengt a d'r mute.
Frau Henschel. – Woas brengt a mer mute? – Ich hoa's ni gehurt!
Walther. Mer woarn halt ei Quolsdurf und hoan se gehult.
Frau Henschel. Ihr seid wull besuffa, hä, ihr zwee beeda?
Walther. Nee nee, woas ich soa!
Frau Henschel. Wan hoat ihr gehult?
Walther. Mir hot a ju nischte dervone gesoat; mer woarn halt uf eemol dieba ei Quolsdurf und soaßa eim Kratsch'm.
Frau Henschel. Nu, und woas wetter?
Walther. Mer soaßa halt do, und noch an klenn Weilchen, do koam halt dei Voater und brachte dei Madel.
Frau Henschel. 's is ni mei Madel!
Walther. Doas wiß ich ju nee. Bloß asu viel wiß ich: a hot's halt dessa. A ging zu denn Voater hie und soate: doas Madel wär' hibsch. – Dernochert noahm a's halt uf a Oarm und toat miit'n schiene. »Sol ich dich miitnahma?« freut a's dernoch, und do wullt's halt glei.
Frau Henschel. Nu, und mei Voater?
Walther. Dei Voater kannte doch Henscheln nee.
Frau Henschel. Doas is ju noch besser! Wetter nischt?! –
Walther, nun mehr an George seine Worte richtend. – Wetter woar ni viel. A noahm's halt miit raus und soate zu Voatern: »Ich wil ock das Madel amol uf's Fard setza.« Die prillte ock immer: »Reita, reita!« Nu setzt' a sich halt uf senn grußa Brabaner, ich mußt'n 's Madel geruhig rufreecha: dernoert soat' a hadje und riet lus.
Frau Henschel. Und Voater hot sich doas lussa bieta?
Walther. Woas wullt' ar'n macha? Do hätte ju freiste ganz Quolsdurf kinn oaricka. Woas Henschel amol ei a Hända hot ... doas wullt' ich kenn Menscha ni rota dohie! Do getraut sich o kenner eim ganza Kreese, im biesa mit Henscheln oazubinda. D'r Voater wüßt' ju nee, woas'n geschoah. Uf eemol prillt' a ju dann ganz derbärmlich und schrieg und fluchte ju meh wie genung. De Leute lachta. Se kannta doch Henscheln. Oader dar meente ock ganz geruhig: »Lab gesund, Voater Schäl, ich nahm' se miite. De Mutter d'rheeme woart schun druf. Hier uf zu saufa«, soat' a'n noch, do wer au fer Voatern bei euch no a Ploatz woarn.
George. Adje, ich wer lieber morgen mal vorsprechen. George ab.
Frau Henschel. Und do denkt a, ich selde se hiebehaln? Und nie und nimmer werd doas geschahn. Doas is ni mei Kind. Wie sol ich itzt dostiehn vor a Leuta? Irschtlich ei Quolsdurf, dernochert hie. Hot ma sich ernt ni genug geschind't! Tag und Nacht, mecht' ma sprecha, mit Gustlan. Nu kennde die Schinderei wieder oafanga. Doas wär' asu woas! A sol sich in acht nahma.
Henschel kommt herein, ebenfalls in Pelzjacke, Schaftstiefeln, Jagdstrümpfen und Lederhosen etc., wie er vom Pferde gestiegen, erscheint in der Mitteltür. Er führt ein sechsjähriges Mädchen, welches sehr schmutzig und zerlumpt angezogen ist, herein.
Henschel, halb fröhlich mit Bezug auf Hannes letzte Worte. War sol sich in acht nahma?
Frau Henschel. – O ich wiß nee.
Henschel. Sieh amol, Hanne, war hie kimmt! – Zu dem Mädchen. Gieh amol, Berthla! und soa: Gu'n Obend. Gieh ock und soa's! Soa: Gu'n Obend, Mutter.
Berthla geht, nachdem sie sich schwer von Henschel losgemacht, welcher sie durch einige freundliche Schubse vorwärtsbringt, quer durch das Zimmer auf Hanne zu, die in der Haltung einer Schmollenden auf der Ofenbank sitzt.
Frau Henschel, als das Kind ratlos vor ihr steht. Woas willst denn du hie?
Berthla. Ich bin gerieta uf an schien Farla.
Henschel und Walther lachen herzlich.
Henschel. Nu also: do wern mer se hiebehaln! – Gu'n Obend, Hannla! – Nu? Biste verbust?
Frau Henschel. Du soast doch, du wullst irschte om Montig heemkumma. Itze hoa ich reen nischte zum Obendassa.
Henschel. A Sticke Brut und Speck werd wull do sein. Er hängt die Mütze auf.
Frau Henschel reißt unsanft an der kleinen Bertha herum. Wie sist'n du aus?
Henschel. – Du werscht'r bal miega woas keefa zum Oaziehn. Se hot bal goar nischte meh uf'n Leibla. 's woar gutt, doaß ich tichtig Decka miit hoatte, suster wär' se mer vunt erstorrt hierieber. Nachdem er die Pelzjacke aufgehangen, sich die Hände gewärmt etc. etc. Oam besta: Nei ei a Woschtrog mit'r.
Frau Henschel, unwillkürlich. Oam besta, du häst se gelon, wu se woar.
Henschel. Woas soaste?
Frau Henschel. Nischte.
Henschel. Ich duchte, du soast woas. – Immer nei ei a Waschtrog, hernochert eis Bette. A Kopp, dan koanst'r o a wing oabsicha. Ich gleebe immer, 's hot Einquortierung. Berthla heult. Woas is denn? Zerr se ock ni asu.
Frau Henschel. O plärr ni, Madel, doas fahlte noch.
Henschel. Du mußt a wing freindlich mit'r sein. Doas Madel is dankboar fer jedes Wort. Bis stille, Berthla, bis stille bis! –
Berthla. Ich wil zu Voatern.
Henschel. Du bist ju bei Muttern. Mutter is gutt. – Ich bin siehr zufriede, doaß m'r se dohoan, 's woar hichste Zeit. Suster hätt' ich se kinn uf n Kerchhofe sicha.
Frau Henschel. Doas is ni hoalb asu schlimm, wie du's machst.
Henschel, stutzig, doch gütig. Woas heeßt denn doas?
Pause.
Walther. Itze labt m'r gesund, ich mach' mich dervone.
Henschel. Nee woart ock, mer trinka erscht a Gloas Grog.
Frau Henschel. Juju, wenn ock Rum eim Hause wär'.
Henschel. Du koanst'n doch huln bei Wermelskercha.
Frau Henschel. Ich wil mit da Leuta nischt ni zu tun hoan.
Walther. Nee nee, ich muß heem. Ich hoa keene Zeit. Ich hoa noch an hoalbe Stunde zu troaba. Zu Hanne. Ich war d'r beileibe ni zur Loast liega.
Frau Henschel. War hot denn dodervone gered't?
Walther, launisch. Nischte! Ich wullde au goar nischt gesoat hoan. Gott sol mich bewohrn! Ich luss' mich ni ei. Mit dir is a biese Kerschaassa. Hadje, labt gesund!
Henschel. Lab gesund! – An schien Gruß fer dei Weib, verstanda?
Walther, schon von außen. 's is gutt! Gu'n Obend! Ich warsch ni vergassa. Walther ab.
Henschel. Nu? Hoa ich's nu ernt ni recht gemacht?
Frau Henschel. Woas sol ich denn ieber de Leute soan?
Henschel. – – – Du werscht dich doch denner Tochter ni schama!
Frau Henschel. – War soat denn doas, hä? – Mir is doas egoal! – Du willst's ju ni anderscher, wenn se mich schlechtmacha. Du stellst's ju druf oa! Zu dem Kinde, barsch. Dohie, trink Milch! dernochert furt und schlofa mit dir. Berthla trinkt.
Henschel. Wärscht du doas dohie asu wettertreiba?
Frau Henschel. Woas treib' ich denn Bieses?
Frau Henschel. Die war ich ni frassa, beileibe ni! Sie bringt das still weinende Kind in die Kammer, zu Bett.
Henschel, hinter ihr dreinsprechend. Zum Frassa is se ju au ni do. Do hätt' ich se ni irscht braucha mitbrenga. Kleine Pause, Hanne kommt allein wieder. Wenn ma's ock weßte, wie ma's euch recht macht, 's is eemol kee Auskumma mit euch Froovelkern. Du hust dich doch immer asu gestellt ...
Frau Henschel, boshaft weinerlich. Doas is an Liege, wenn de's willst wissa.
Henschel. Woas wär' an Liege?
Frau Henschel, wie oben. Ich bin dir mit Berthlan niemols gekumma. Kaum doaß ich dir eemol hoa von'r gered't!
Henschel. Doas soa ich ju nee! Woas prillst'n asu! – Drum ebens, weil de nischt hust gesoat, do wullt' ich d'r weghalfa ieber dei Schweiga.
Frau Henschel. Kunnst de ni freun? – Ma freut doch, eeb ma asu woas oastellt.
Henschel. Nu war ich d'r woas soan: 's is hinte Sinnobend. Ich hoa mich gesputt asu viel, wie ich kunde, bloß doaß ich und wullde derheeme sein. Ich duchte, du werscht mich andersch empfanga. Nu wenn's halt ni is, do koan ich's ni ändern. Ock luß mir men Frieda. Huste gehiert!
Frau Henschel. Dan raubt dir kee Mensch ni.
Henschel. Huste gehiert? Ich will menn Frieda und wetter nischt. Asu weit hust du's richtig gebrucht. Ich hoa mer nischt Bieses derbeine geducht. Gustla is tut. Die kimmt ni meh wieder. Die hot sich de Mutter a noch gehult; 's Bettla is lahr; m'r sein alleene. Warum selda mir ins des Madels ni oannehma? Ich denke asu und bin ni sei Voater. Im wieviel mehr seilst du asu denka, do du doch Mutter bist zu dan Kinde.
Frau Henschel. Do huste's! Nu werd's een'n schun viergeschmiessa.
Henschel. Wenn de ni ufhierst, gieh' ich avier zu Wermelskercha und kumme de ganze Nacht ni heem. Du willst mich wull goar aus'm Hause treiba? – Ich denk' immer, 's werd amol anderscher warn, oader's wird bloßig immer schlimmer. Ich duchte, wenn de dei Madel wärscht hoan, do wärscht du a wing zu Verschtande kumma. Wenn doas ni bale a Ende nimmt ...
Frau Henschel. Asu viel soa ich: bleit se eim Hause und soast du a Leuta, doas wär' mei Madel ...
Henschel. Se wissa's ju oalle! Woas sol ich denn soan?
Frau Henschel. Do koanst de druf recha. Ich laufe furt!
Henschel. Lauf, lauf, woas de koanst, asu viel, wie de willst. Du sullst dich schama, asu lang wie de bist!!