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Bret Harte (geb. 1889 in Albany, N. Y.) ist unter den Yankeedichtern derjenige, der sich am tiefsten in Kopf und Gemüt der Deutschen eingebürgert hat. Und daran ist nicht allein seine schriftstellerische Eigenart schuld, sondern zu einem guten Teile haben dabei auch die Lebensumstände mitgewirkt, aus denen er sich herausgearbeitet hat, und die sich in seinen Erzählungen und Skizzen, in seinen Novellen und Gedichten mit teilweise geradezu erschreckender Naturwahrheit wiederspiegeln. Wie so mancher Deutsche, der jenseits des großen Wassers goldene Berge zu finden hofft, verließ Bret Harte, kaum fünfzehnjährig, seine östliche Heimat, und wandte sich dem Lande zu, aus dem wohl einzelne als Dollarmillionäre zurückgekehrt sind, in dem aber unzählige Namenlose unter unmenschlichen Anstrengungen in bitterster Not zu Grunde gegangen sind. Auch Bret Harte fand in den Minen Kaliforniens nicht das, was er gesucht hatte. Aber beweglich und ausdauernd, wie er war, verdiente er sich sein Brot bald als Schulmeister, bald als Schriftsetzer, bald als Stafettenreiter einer Expreßgesellschaft. Vorübergehend an der Münze in San Franzisco angestellt, wurde er schließlich noch bei jungen Jahren Schriftleiter eines untergeordneten Blattes, in dem seine poetischen und prosaischen Erstlingsversuche erschienen. Blieben diese auch anfänglich wenig beachtet, so war doch Bret Harte nunmehr in die seinem persönlichen Wesen und seinen geistigen Gaben entsprechende Bahn gelenkt, und es dauerte nicht lange, bis er durch Gedichte wie › The Heatten Chinee‹ und durch Erzählungen wie › The Luck of Roaring Camp‹ in die vorderste Reihe der amerikanischen Schriftsteller einrückte. Mit Deutschland verwuchs er enger, seitdem er 1878 als Konsul der Vereinigten Staaten in Crefeld angestellt wurde. Obwohl er in dieser Stellung nur wenige Jahre verblieb, so genügten diese doch, um ihm deutsches Wesen und deutsche Sitten verständlich, und um ihn deutschen Männern und Frauen lieb und wert zu machen. Von der Mitte der achtziger Jahre an bekleidete er dann dieselbe Stellung in Glasgow, und erwarb sich auch dort die Sympathien weiter Kreise. Nachdem er sich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hatte, blieb er noch auf Jahre hinaus in England wohnen und widmete sich einzig und allein der Schriftstellerei. Von seinen neuesten Werken seien › Sally Dows‹ (1892), › Susy‹ (1893), › A Protegee of Jack Hamlin's‹ (1894) und › Clarence‹ (1895) genannt.
Will man die Wege erforschen, auf denen Bret Harte zu der beispiellosen Beliebtheit gelangte, deren er sich auf beiden Hälften der Erdkugel erfreut, so wird man finden – so paradox es auch klingen mag –, daß er seine Erfolge nicht ausschließlich den Vorzügen seines Stils, sondern zum Teil sogar solchen Eigenschaften zu verdanken hat, die bei anderen leicht als Fehler erscheinen könnten. Finden sich bei ihm Humor und Witz in seltener Vereinigung vor, so geht doch der letztere zuweilen in beißende Ironie über, der lediglich durch die Leichtigkeit des Ausdrucks der Stachel genommen wird. Steht seiner scharfen Beobachtung eine ebenso große Gabe ausdrucksfähiger Beschreibung zur Seite, so artet doch gerade sie nicht selten in ein gewisses Haschen nach Effekten aus. Aber alles in allem genommen, stellen die Vorzüge und Schattenseiten Bret Hartes eine schriftstellerische Persönlichkeit dar, die in ihren scharf umrissenen, charaktervollen Zügen alles vereinigt, das die Gewähr für Erfolg und Volksbeliebtheit in sich trägt. Möge auch die nachfolgende Erzählung dazu beitragen, dem schon längst bei uns heimisch Gewordenen neue Freunde zu gewinnen!