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2

Rolf Steegen las den Brief aufmerksam durch. Er hatte also Dorette wiedergefunden! Aber es war so ganz anders, als er es sich vorgestellt hatte. Zu vieles kam zusammen. Weshalb war Dorette nach Berlin gekommen? Weshalb schlich Karla hinter ihrer ehemaligen Stiefmutter her? Was wollte dieser Professor Stüwe von ihm? Die Gespenster jener lange zurückliegenden Zeit stiegen aus dem Grabe. Es mußte etwas geschehen sein, was das Vergangene wieder lebendig machte.

Eine eigentümliche Furcht beschlich ihn. Nichts hatte sich in den zwei Jahren verändert. Man brauchte nur mit einem jener Menschen zusammenzukommen, und die alte Furcht war wieder da. Was würde dieses Zusammentreffen mit Dorette bringen?

In der kleinen nächtlichen Straße war kein Mensch zu sehen. An der eisernen Gittertür des Gartens fand er die gesuchte Nummer. Vor einigen Tagen hatte er bereits einmal an dieser Tür gestanden, um jenen Abercron herauszufinden, der den Braunen mit der Blesse gekauft hatte. »Zu wem, bitte?« fragte ein Diener, der in der Dunkelheit kaum zu bemerken war.

»Frau Blankenhorn wollte heute abend hier sein.«

»Bitte!« sagte der Diener und öffnete. Gleichzeitig waren zwei Herren in dunklen Havelocks hinzugekommen, die sich mit Selbstverständlichkeit durch die Tür klemmten. Steegen folgte ihnen. Der Diener drehte das Licht im Treppenhaus an. Eine Halle tat sich auf. Der Boden war mit rotem Stoff ausgeschlagen, die Wände mit Marmor belegt. In einer Art Kabine hingen gegen zwanzig Mäntel von Damen und Herren. Ein zweiter Diener nahm die Garderobe in Empfang und übergab sie einem Mädchen. Steegen schnupperte die Atmosphäre. Einmal hatte er auch so gelebt. Es war kaum vier Jahre her.

Die beiden Herren studierten die Tischordnung, die an einem hölzernen Pfeiler angeschlagen war, und machten Glossen. Rolf Steegen freute sich, daß er wenigstens den Smoking angezogen hatte. Die beiden Herren waren im Frack. Er drängte sich mit an die Tischordnung. Der Hausherr führte eine bekannte Schauspielerin. Außer dem ihren kannte Steegen keinen der Namen. Frau Blankenhorn saß ziemlich unten. Sie sollte von einem Herrn Schwarzer zu Tisch geführt werden. Steegen war durchaus nicht in ihrer Nähe untergebracht. Neben ihm saß »Fräulein Susanne Strauch«, auf der andern Seite »Herr Kaufmann«.

Es war merkwürdig, in diese Gesellschaft zu kommen. Weshalb hatte Dorette ihn hierher bestellt? Er folgte den beiden Herren durch eine halb offenstehende Tür. Der Raum war eine Bibliothek. Rings an den Wänden stiegen hohe Regale bis zur Decke empor. In einer Ecke stand ein Flügel unter einem türkischen Teppich mit kostbarer Goldstickerei und ein Geigenpult. Es gab Tische und Sessel, die zwanglos über den Raum verteilt waren. Eine aufgeschobene Tür führte in ein ebenso großes Herrenzimmer. Überall hatten sich Menschen niedergelassen oder standen in Gruppen beieinander. Sogar auf dem Schreibtischsessel saß eine Dame und unterhielt sich mit einer andern, die auf dem Schreibtisch selbst saß. Von Zeit zu Zeit strichen sie ihre Zigarettenasche in eine große Kupferschale ab, die neben dem Tintenfaß stand.

Künstlergesellschaft! dachte Rolf Steegen mit einem Gemisch aus Staunen und Verachtung.

Neben der Tür der Bibliothek machte eine bildhübsche junge Dame die Honneurs. Sie trug ein kostbares Abendkleid und um den Hals den Perlenschmuck einer Fürstin. Ihr aschblondes Haar fiel in breiten Wellen auf einen blendend weißen schmalen Hals nieder.

»'n Tag, Blümchen!« sagte der eine der Herren und patschte ihr vertraulich den Arm. Sie wechselten einige Worte und gingen weiter.

Steegen stellte sich vor. »Blümchen« nahm seinen Handkuß entgegen. »Von Frau Blankenhorn? Ich weiß nicht, ob die Dame schon hier ist und ob sie überhaupt kommt. Doch, doch, sie wird schon kommen. Herr Abercron ist leider auch noch nicht da. Wichtige Konferenz wahrscheinlich!« Sie platzte heraus, zum Zeichen, daß sie an keine wichtigen Konferenzen glaubte. »Gehen Sie nur herein!« Er wunderte sich über »Blümchen«.

Als er die Tür zum Arbeitszimmer durchschritt, sah er hinten in einem Klubsessel Dorette sitzen. Sie unterhielt sich mit einem Herrn. Tausendmal hatte er sich diesen Augenblick vorgestellt. Würden sie sich mit einem Schrei in die Arme stürzen? Aber das konnte wohl nicht sein. Niemand – auch hier nicht – durfte etwas von ihren früheren Beziehungen ahnen. Vielleicht arbeiteten immer noch Detektive an der Aufklärung jener mysteriösen Mordtat.

Er trat auf Dorette zu. Sie mußte aufstehen, tausend Fragen auf den Lippen. Wie hatte sie damals zu ihm gesagt? »Wenn du das könntest! Wenn du mich von ihm befreien würdest, dann ...!« Das waren die letzten Worte zwischen ihnen gewesen, kurz ehe das Furchtbare eintrat. Aber dieses »Dann« war nicht eingelöst worden. Oder hatte sie es einem andern eingelöst? Wer war dieser andre, der ihm damals so überraschend zuvorgekommen war? Rätsel über Rätsel!

Nichts von dem erträumten Ineinanderfliegen. Ein dunkler schlanker Herr stand da und machte eine korrekte Verbeugung. Eine junge blonde Frau hob ein wenig ihre Hand und nickte ihm zu, ohne ihr Gespräch mit dem andern zu unterbrechen. »Da sind Sie, Herr Steegen. Herr Abercron wollte Sie bitten, eines seiner Pferde zurechtzureiten.« Es kamen einige Erklärungen über die Unarten dieses Pferdes, sie waren eigentlich schon an den kleinen mageren Herrn mit dem Römerprofil an ihrer Seite gerichtet. Sie hielt es nicht einmal für nötig, Steegen vorzustellen. Der stand unentschlossen da. Sollte er hinausgehen und diese Gesellschaft verlassen? Aber es hielt ihn zurück. Zwei Jahre hatte er von der Erinnerung an diesen Mund, an diese Schultern, an diese Knie gezehrt. Immer war etwas in ihrer Haltung, als erwarte sie, daß man sich über sie stürzte. Immer schienen ihre Augen aufzufordern und der Mund einladend zu lächeln. Seit zwei Jahren hatte er die unmittelbare Gegenwart dieses Wesens entbehrt. Jetzt genoß er jede Bewegung ihres Gesichts, jede Linie ihres Körpers. Und sie wußte es. Er fühlte, wie sie seine Gedanken mit unsichtbaren Antennen auffing, wie sie für ihn dasaß, sprach, blickte, lächelte.

Er blieb stehen, stützte sich gegen die Tischecke und zündete sich eine Zigarette an. »Handelt es sich um den Braunen mit der großen Blesse?« fragte er, mitten in ihr Gespräch hinein.

Sie sah erstaunt auf. »Wie bitte? Ja, um den Braunen!«

In diesem Augenblick verstummten auffällig alle Gespräche. Herr Abercron war eingetreten. Merkwürdigerweise trug er einen hellen Sommeranzug, der sich seltsam zwischen den schwarzen Fracks und Smokings ausnahm. Er war größer, als Steegen ihn sich gedacht hatte. Seine Korpulenz hatte trotz des hellen Anzugs nichts Unförmiges. Unförmig war allein der große schwere Kopf mit der riesigen Glatze, die hinten direkt in das wulstige Genick überging. Nur an den Schläfen gab es wenige kurzgeschorene Haare von grauer Färbung.

Herr Abercron bewegte sich mit der Schnelligkeit eines Feuerfrosches zwischen den einzelnen Gruppen. Er teilte eilige Händedrücke und kurze Fragen aus und näherte sich schnell dem Bereich seines Schreibtisches. Irgend etwas an ihm erinnerte Steegen unangenehm an Herrn Blankenhorn, etwas brutal Gutmütiges, lärmend Banales. Abercron reichte Dorette die Hand, begrüßte den mageren Herrn mit dem Römerprofil, stellte sich mit kurzer Verbeugung Steegen vor. »Ah«, sagte er, »Sie sollen mir den Braunen zurechtreiten. Wir sprechen noch darüber!« Dann hatte er den Schreibtisch erreicht. Die beiden Damen erhoben sich. »Laßt mich einmal hier heran! 'n Tag, Susannchen!« Bei dem Vornamen vermutete Steegen die ihm zugedachte Tischdame. Susanne Strauch. Ein frisches junges Mädchen. Offenbar Film.

Herr Abercron schloß mit kurzen energischen Bewegungen den Schreibtisch auf, nahm ein Aktenbündel heraus und blätterte ungeniert darin. Die Gespräche lebten wieder auf. Man kannte Herrn Abercrons Gewohnheiten. »Entschuldigt, Kinder! Eine Kleinigkeit noch zu erledigen!« Er notierte sich einige Zahlen auf dem Block und hob den Hörer auf. Es gab eine kurze geschäftliche Unterhaltung. Zahlen wurden durch den Draht gegeneinander geschleudert. »Genug, genug!« schrie Herr Abercron schließlich in den Apparat. »Dafür mache ich es nicht!« Er legte den Hörer hin und klatschte in die Hände. Alle Gäste klatschten mit. Es schien ein altgeübter Ritus in diesen Räumen zu sein.

Eine breite Doppeltür wurde geöffnet. Man blickte auf eine gedeckte Tafel. Zwei Diener und ein behaubtes Mädchen standen mit Schüsseln bereit. Herr Abercron machte vor der berühmten Schauspielerin eine tiefe Verbeugung und führte sie zu Tisch. In Gruppen folgten die Gäste. Steegen sah den mageren Herrn mit der wunderschönen Dame, die man »Blümchen« genannt hatte, gehen. Dorette wurde von einem grobknochigen Herrn mit braunem Scheitel aufgefordert. Das war also Herr Schwarzer. Steegen besann sich, daß er ihn im Tiergarten hatte reiten sehen. Er war ihm sogar aufgefallen. Er selbst ging auf »Susannchen« zu und stellte sich vor. »Ach«, sagte sie erfreut, »endlich mal wer Neues in diesem Kral. Sind Sie vom Film?«

Von Anfang an, schon zur Hummermayonnaise, wurde Sekt eingeschenkt. Fräulein Strauch stürzte ihr Glas hinunter und hielt es dem Diener zum Füllen hin. »Sekt, Sekt!« wurde von verschiedenen Enden der Tafel gerufen. Einige korrigierten die Tischordnung, zogen mit ihrem Glas und der Serviette um und tauschten Plätze. Die Gespräche erfüllten den Raum mit lautem Summen, aus dem einzelne Rufe hervorschossen.

»Ich dachte, Sie wären vom Film!« sagte Fräulein Strauch und machte ein enttäuschtes Gesicht. Seit Monaten hatte Abercron ihr versprochen, sie mit einem bestimmten Regisseur bekannt zu machen. Steegen sah sie fragend an. »Alle diese Frauen wollen etwas von Abercron«, erklärte Susanne Strauch. »Die Männer hier sind gewöhnlich dieselben. Die Frauen wechseln beständig. Von Zeit zu Zeit macht eine andre Dame die Honneurs und trägt den Perlenschmuck. Ach ja!«

»Herr Abercron besitzt also einen Harem mit Wechselrahmen?«

Susanne Strauch wollte sich ausschütten vor Lachen. »Herrlich!« rief sie. Aber Herr Abercron täte den meisten Damen nichts. Es gab immer nur wenige Favoritinnen, die in den engsten Kreis aufgenommen wurden. Den meisten versprach er nur: Verbindungen, Engagements, Vermittlungen, – und hielt nichts.

»Nichts?«

»Manchmal hält er seine Versprechungen auf eine wahrhaft majestätische Art. Das lockt alle. Aber meistens wartet man einige Wochen vergeblich und wird allmählich von der Einladungsliste gestrichen. Manchmal wird eine zur Favoritin ernannt. Auch die Favoritinnen wechseln. Blümchens Perlenkollier soll auch schon wackeln. Ohe!«

»Und wer kommt dann an die Reihe?«

»Was weiß ich? Plötzlich gefällt ihm irgend etwas an einer. Man kann es nie so genau verfolgen, weil man nach einiger Zeit nicht mehr eingeladen wird. Ich bin vielleicht auch das letzte Mal hier.«

»Sie würden gern in den engeren Kreis kommen?«

Fräulein Strauch schüttelte sich, brrr, nickte dann aber doch plötzlich mit dem Kopf. »Wir spielen heute alle va banque«, erklärte sie. »Man kann eine Welt gewinnen oder hat nix vom Leben.«

Dorette! dachte er. Auch Dorette spielt hier va banque! Dorette will eine Welt gewinnen! Dorette besaß schon einmal eine Welt, aber die stob auseinander.

Der Hausherr blieb nicht lange auf seinem Platz, wie überhaupt die Tafelordnung in dieser Gesellschaft nichts Festes war. Immer wanderten einige umher, lehnten sich über fremde Stühle und sprachen auf irgendwelche Menschen ein. Abercron setzte sich minutenlang an seinen Schreibtisch im Nebenzimmer und arbeitete. Alle Augenblicke ging das Telefon und rief ihn. Er war sicher einer der beschäftigtsten Männer Berlins.

Dorette saß ruhig an ihrem Platz. Steegen sah an ihrem blonden Pagenkopf vorbei auf Herrn Abercrons Schreibtisch. Über Mappen und Aktenstößen wurde der obere Teil seines riesigen Schädels sichtbar, von der Nasenwurzel an die Stirn und darüber wie ein Feldweg, der sich nach hinten verbreitert, die Glatze. Wieder mußte er an Blankenhorn denken, dessen Schädel man in ähnlicher Art aus einer bestimmten Ecke seines Arbeitszimmers über den Schreibtisch ragen sah. So hatte Blankenhorn dagesessen, als ... Er wagte den Satz nicht weiterzudenken.

Mit einmal merkte er, daß Dorette ihn ansah. Sie zog mit ihren Blicken eine deutlich sichtbare Linie zwischen seinem Auge und Abercrons Schädel. War es möglich, daß sie an das gleiche dachte wie er? Sie hatte den Kopf schon wieder gesenkt und redete mit ihrem Nachbarn weiter. Aber da blieb immer noch ein Ausdruck in ihrem Gesicht, der für ihn bestimmt war, eine kleine Handbewegung, die zu ihm hinüberzuwinken schien. Und jetzt hob sie wie in Gedanken das Glas und trank. In der gleichen Sekunde tat er dasselbe. Im gleichen Rhythmus tranken sie aus und setzten die Gläser nieder. Hatte sie ihn überhaupt angesehen? Während sie weiter zu ihrem Tischherrn sprach, schien ein Lächeln, dieses seltsam verlockende und versprechende Lächeln um ihren Mund zu fliegen.

Er machte die Probe. Der Diener hatte sein Glas gefüllt. Er hob es von neuem an den Mund und beobachtete ihre Hand. Aber diese Hand rührte sich nicht, blieb wie eine leichte Blume unbeeinflußt auf der weißen Tischdecke liegen. Er fühlte, wie sein Gesicht vor Enttäuschung blutleer wurde, und setzte das Glas hin.

»Susannchen!« hörte er Abercrons Stimme neben sich. Fräulein Strauch brannte auf. »Der Herr dort mit dem schwarzen Spitzbart ist Direktor einer Filmproduktionsgesellschaft. Er sucht jemand für eine große Rolle. Gehen Sie zu ihm. Ich erzählte ihm schon von Ihnen.«

»Ach«, sagte sie, »heißen Dank!« Sie verneigte sich fast mit einem Knicks vor ihm. Abercron nahm ohne Umstände ihren Platz ein. »Sie sind Herr Steegen? Frau Blankenhorn hat mir von Ihnen berichtet. Mein Brauner – Sie kennen ihn – hat Stalldrang. Nicht vom Hof runterzubekommen.«

»Ich habe ihn unter der gnädigen Frau gesehen!«

Abercron zischte ein Lachen zwischen den Zähnen hindurch.

»Frau Blankenhorn ist die einzige, die ihn kriegt. Wenigstens, wenn ein andres Pferd mitgeht. Ich will aber nicht immer nur mit Frau Blankenhorn ausreiten, verstehen Sie? Das brauchen Sie ihr aber nicht zu erzählen!«

»Ich bringe das Pferd in Ordnung. Wo steht es?«

»Privatstall meines Freundes Schwarzer.« Er nannte eine Adresse in den Zelten. »Sie können morgen mit der Arbeit anfangen. Ihr Honorar?«

»Hundertfünfzig Mark im Monat.«

»Abgemacht. Wo wollen Sie das Pferd hinhaben?«

»Jeden Morgen um acht bei Beermann.«

»Gut!« Abercron erhob sich. Steegen blieb neben dem leeren Platz zurück. Die Tischordnung war schon völlig aufgelöst. Herr Kaufmann unterhielt sich mit seiner linken Nachbarin. Die Herren gegenüber wanderten im Saal herum, kehrten nur, wenn serviert wurde, für kurze Minuten auf ihre Plätze zurück. Fräulein Strauch stand mit dem Filmdirektor in einer Ecke. Sie hielt den Kopf gesenkt und lächelte von unten zu ihm herauf. Man sah, daß sie für eine Rolle jeden Preis zu zahlen geneigt war. Die Hälfte der Gäste stand in Gruppen herum. »Blümchen« saß aschblond und wunderschön zwischen zwei Herren am oberen Ende der Tafel. Der Perlenschmuck schimmerte weich auf ihrem weißen Hals. Gleich ihr blieb am unteren Ende Dorette ruhig auf ihrem Platz. Wie zwei feindliche Königinnen, die sich gardez boten, wirkten die beiden Frauen.

Steegen sah, daß Dorette kämpfte. War sie deshalb nach Berlin gekommen, um Herrn Abercrons Perlenschmuck zu tragen? Aber es mußte noch etwas anderes dahinter stecken. Wegen des Braunen allein hätte sie ihn nicht hierher bestellt. Oder gab es jene ferne Zeit nicht mehr für sie? War er für sie wirklich nur ein beliebiger Stallmeister geworden, den man für ein widerspenstiges Pferd brauchte?

Er erhob sich, um die Gesellschaft zu verlassen. Herr Abercron saß wieder am Fernsprecher. Rolf Steegen näherte sich der Tür. Morgen früh würde er das Pferd reiten. Hier hatte er nichts mehr zu tun. Er warf einen Blick auf Dorette, die nun mit dem Rücken gegen ihn saß. Aus einem entfernten Salon klang Musik eines Grammophons herüber. Blümchen hob die Tafel auf. Ihr aschblonder Scheitel stieg langsam in die Höhe. In diesem Augenblick stand auch Dorette auf und drehte sich zu Steegen um. Sie hatte gemerkt, daß er fortgehen wollte, und trat auf ihn zu.

»Vitrine!« sagte sie und nannte eine Adresse in der Kurfürstendammgegend. »Ich bin in einer Stunde dort!« Er nickte und wurde blaß vor Glück. »Also reiten Sie den Braunen morgen gut!« rief sie ihm fortgehend zu und reichte ihrem Herrn den Arm. »Ein tüchtiger Reiter!« hörte er sie zu Herrn Schwarzer sagen.


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