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Markep und Sarkep

In Warperered auf der Insel Kebi Dauar lebten einst zwei Brüder; sie waren Junggesellen, im besten Mannesalter, und hießen Markep und Sarkep.

Ihr Haus stand auf einem Hügel. Wie sie eines Tages von dort Ausschau hielten, erblickten sie unten am Strande von Teg eine Schar junger Mädchen, die sich im Spiel vergnügten, sangen, tanzten und scherzten.

Der eine sprach zum andern: »Schau, dort unten spielen schöne Mädchen! Wie wär's, wenn wir uns einige holten und sie als unsere Frauen ins Haus nähmen?« Die Brüder verständigten sich dahin, daß einer versuchen sollte, etliche Mädchen zu fangen und nach ihrem Hause zu locken.

Markep meinte, er wolle sich als alte Witwe verkleiden und dann einige Mädchen mitnehmen. Sie pflückten Bananenblätter, machten daraus einen Schurz, und Markep legte darauf Armbänder und Fußringe an, wie sie nur von den Witwen getragen werden, rieb sich über und über, auch das Haar, mit Asche ein und sah schließlich wie eine alte Witwe aus. Seine Schlange wickelte er ebenfalls in Blätter, zog sie zwischen die Beine und band sie hinten gehörig fest.

Sie machten ab, daß Sarkep sich nach Dabai, auf die andere Seite der Insel begeben sollte, um dort Sägefische zu speeren. Er sollte sie zubereiten, kochen und auf die Rückkehr Markeps mit den Mädchen warten.

Markep nahm einen Knüppel in die Hand und wanderte nach Teg. Als er der Mädchen ansichtig wurde, ging er ganz langsam und humpelte wie eine alte Frau.

Die Mädchen schauten auf; und als sie ihn kommen sahen, sagten die einen zu den andern: »O, da kommt eine alte Witwe!« und hörten sogleich mit ihrem Spiel auf. Markep ging zu ihnen hin und hüstelte: »Guten Tag, Kinderchen,« dann fragte er sie, ob einige nicht so gut sein wollten und ihn nach seiner Hütte bringen, denn er wäre so alt und furchtbar müde. Die Mädchen besprachen sich untereinander. Die eine sagte: »Was meint sie? Geh' du nur!« Eine andere rief: »Nein, ich kann nicht gehen.« Die dritte sprach: »Laßt uns alle zusammen gehen.« Die Mädchen fragten dann, wieviele mit ihm kommen sollten; er antwortete, vier würden genügen.

Sie erwiderten: »Schön,« und zogen darauf mit ihm ab.

Als sie eine Weile gegangen waren, sagten sie: »Nun ist's gut, jetzt hilf dir selbst weiter.« Aber Markep bat sie herzlich, ihn doch weiter zu begleiten, seine Hütte wäre ganz nahe und er so müde, ach so müde; da gingen die Mädchen bis zum Hause mit.

Als sie dort anlangten, war Sarkep schon da und hatte die Sägefische zubereitet.

Markep schlug Sarkep vor, zwei Mädchen zu Frauen zu nehmen. Er nahm die beiden andern.

Einige Tage später wünschte Sarkep jedoch noch mehr Frauen zu haben und sagte: »Diesmal will ich sie mir selber holen, du kannst uns die Sägefische speeren.«

Markep unterwies darauf Sarkep, wie er es anfangen müßte, wie er sich richtig und als alte Witwe verkleiden sollte; besonders müßte er dafür sorgen, daß der Frauenschurz ordentlich säße, auch seine Schlange solle er gehörig festbinden, denn wenn sie sich lockere oder aufrichte, würde er damit die Mädchen wegjagen. Sarkep antwortete: »Schön, ich werde schon aufpassen.«

Sarkep gab andererseits Markep die nötigen Ratschläge, wie er sich beim Speeren der Sägefische anstellen müßte. Er solle auf keinen Fall einen Fisch aus der Mitte des Schwarms speeren, sondern den, der ihm am nächsten wäre, denn sonst würden die andern, falls er nach einem aus der Mitte gespeerten Fisch tauche, ihn mit ihren Sägen angreifen und töten; wenn er aber den nächst besten nähme, wäre alles in Ordnung. Markep antwortete: »Schön, ich werde schon aufpassen.«

Beide wanderten los.

Als Sarkep sich den Mädchen näherte, und sie ihn erblickten, sagten sie: »O, da kommt eine alte Witwe.« Wie er bei ihnen angelangt war, begrüßte er sie und sprach: »Meine lieben Kinderchen,« und bat sie, ihm zu helfen.

Die Mädchen fragten ihn, wie viele mitkommen sollten. Er erwiderte: »Acht«. Da sagten sie: »Schön«, und zogen mit ihm los.

Als sie eine Strecke gegangen waren, meinten die Mädchen: »Nun ist's gut, wir wollen umkehren, hilf dir jetzt selbst weiter.« Aber er bat flehentlich, doch mitzukommen; und als er so bat und immer eifriger der Mädchen begehrte, wuchs seine Schlange, richtete sich auf, sprengte das Band und schaute zum Schurz heraus. Wie die Mädchen das sahen, erschraken sie und liefen von Sarkep weg und schrieen: »O, du bist gar keine Frau, du bist ja ein Mann!« Sie eilten zu ihren Gefährtinnen zurück und erzählten ihnen, was vorgefallen wäre, und daß ein Mann sie hätte verschleppen wollen.

Als Sarkep nun merkte, daß er die Mädchen nicht bekommen konnte, schlich er betrübt nach Hause. Dort traf er Markep, den die Sägefische an Leib, Armen und Beinen arg zugerichtet hatten.

Sarkep berichtete, wie ihm seine Schlange einen bösen Streich gespielt und er die Lehren des Markep nicht genügend beachtet hätte.

Markep dagegen erzählte, daß er vergessen hätte, was Sarkep ihm über das Speeren sagte; anstatt den nächst besten Sägefisch zu speeren, hätte er einen mitten aus dem Schwarm gewählt, wie er nach ihm tauchte, wären die andern Fische auf ihn losgegangen und hätten ihn so schrecklich zerschunden.

Also: Blinder Eifer schadet nur!

Suas Erzählung wurde recht ausgiebig belacht. Tabak machte wieder die Runde, um die Pfeifen frisch aufzufüllen; jeder brach von der schwarzen, klebrigen Stange soviel ab wie er benötigte, zerschnitt seinen Teil in kleine Stücke, die durch Reiben auf dem Handballen weiter vermahlen wurden, stopfte seine Pfeife, holte aus der nahegelegenen Küche einen glimmenden Holzspan und entzündete damit den Tabak. Man besprach sich leise untereinander, als der Unteroffizier der Neu-Guinea-Leute, Ngomu, sich in die Unterhaltung mischte und sagte: »Jetzt raucht ihr die Pfeife, jetzt eßt ihr schöne gekochte Speisen, aber wißt, wenn nicht eine alte Frau meines Stammes sich in zwei Jünglinge verliebt und ihnen das Feuer geschenkt hätte, würdet ihr heute keine Pfeifen rauchen und keine gekochten Speisen essen.

Soll ich euch erzählen, wie das Feuer in die Welt kam?«

»Ngomu erzähle!« – – –

Und er erzählte.


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