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Das Zimmer der Prinzessin. Wohnlich und traulich eingerichtet. Rechts ein offenes Fenster. Mittelthür und Thüren links und rechts. Ein Schrank. Ein Tisch.
Prinzessin Wilhelmine (lehnte nachdenklich am Fenster). Die Sonnsfeld (sitzt links und strickt einen Kinderstrumpf). Später Eckhof.
Wilhelmine (bei Seite). Stunde um Stunde vergeht. Was wird der Erbprinz von mir denken. Oder sollt' er mein Schicksal schon erfahren haben?
Sonnsfeld. Sagten Sie etwas, königliche Hoheit?
Wilhelmine. Nein, ich – – seufze nur –
Sonnsfeld. Es schien mir doch, als sprächen Sie mit sich selbst. Werden Sie nur nicht schwermüthig. Die Verse werden Sie bald auswendig wissen und vom Stricken lös' ich Sie ab –
Wilhelmine. Du bist zu gut! Besser, als ich heut um dich verdient habe. Es ermüdet dich, gib her –
Sonnsfeld. Lassen Sie nur. Nehmen Sie den andern angefangenen – so arbeiten wir vor und können später ausruhen.
Wilhelmine (nach der Thür hinhorchend). Und nicht einmal, daß einem ein freies Wort gegönnt ist!
Sonnsfeld (steht auf und sieht nach der Thür hin). Es ist grausam, Soldaten den Anblick einer Prinzessin zu gönnen, die man so tief erniedrigt, Strümpfe zu stricken!
Wilhelmine. Wozu murren! Es läßt – an sich – recht häuslich. (Sie strickt.)
Sonnsfeld. Was würde der Erbprinz sagen, wenn er Sie so erblickte?
Wilhelmine. Der Erbprinz? Wie kommst du – auf den Erbprinzen?
Sonnsfeld. Sie werden nicht leugnen können, daß Sie von ihm mit einer Aufmerksamkeit behandelt werden, die beinahe zärtlich zu nennen ist.
Wilhelmine. »Beinahe?«
Sonnsfeld.. Diese Augen! Diese Blicke! Ich müßte mich sehr irren, wenn Ihnen nicht der Kronprinz in diesem jungen Fürsten zugleich den feurigsten Liebhaber schicken wollte, den es nur unter der Sonne geben kann.
Wilhelmine. Liebende halten es ja mehr mit dem Monde.
Sonnsfeld. Und er legt eine so große Verehrung vor Ihnen an den Tag, daß ich mich ferner sehr irren müßte, wenn ich nicht annehmen wollte, unsere Schildwache draußen trüge schon längst ein Billet von ihm an Ew. Hoheit in der Tasche.
Wilhelmine. Sonnsfeld! Welche Combination!
Sonnsfeld. Nicht wahr, eine Combination, würdig eines Seckendorf? Ich werd' ihn aber bei alledem fragen –
Wilhelmine. Bist du von Sinnen?
Sonnsfeld (an der Thür). Heda! Grenadier!
Eckhof (tritt ein). Zu befehlen!
Sonnsfeld. Hat man nicht ein Billet für uns?
Eckhof. Halten zu Gnaden, ja!
Sonnsfeld (zur Prinzen). Da sehen Sie – Vom Erbprinzen von Baireuth?
Eckhof. Halten zu Gnaden, ja!
Wilhelmine. Wo ist es? Hat Er es angenommen?
Eckhof. Halten zu Gnaden, nein! (macht kehrt und ab.)
Sonnsfeld. Abscheuliches Land! Die Gefühllosigkeit erstreckt sich hier sogar schon auf die – ungebildeten Volksklassen.
Wilhelmine. Wie konnte nur der Erbprinz annehmen, daß sich die Wache erlauben würde, so gegen allen Anstand zu verstoßen!
Sonnsfeld. Würden Sie es denn nicht angenommen haben?
Wilhelmine. Nimmermehr!
(Ein Brief mit einem kleinen Stein beschwert, wird durchs Fenster geworfen.)
Sonnsfeld. Ein Brief durch's Fenster – ach, was bin ich erschrocken!
Wilhelmine. Nimm ihn auf.
Sonnsfeld (thut es). Sie nehmen ihn ja nicht an? . . Er ist doch wohl nur vom Erbprinzen und – jedenfalls an Ew. Hoheit – (übergibt ihn).
Wilhelmine. An mich? Warum auch – warum sollt' ich ihn nicht annehmen? (Erbricht ihn.) Vom Erbprinzen! (Liest bei Seite). »Angebetete! Wollen diese Grausamkeiten kein Ende nehmen? Hat man schon begonnen, Sie mit England zu quälen? Man wird zu Ihnen kommen, Sie zu dieser Verbindung zwingen wollen, aber Ritter Hotham, der englische Abgesandte, ist mein Freund, Ihr Freund und wird für Sie handeln, während er gegen Sie zu handeln scheint. Ein gefährliches Spiel, aber es gilt Ihre Freiheit und mein Leben. Die Liebe versteht – die Liebe!«
Sonnsfeld. Darf man wissen?
Wilhelmine. Eine kleine Beileidsbezeigung – von – von – einem unserer guten Diener –
Sonnsfeld. O diese guten Leute haben Sie alle so lieb! Sie müssen doch wohl antworten –
Wilhelmine. Nur zwei flüchtige Worte – es ist wirklich zu unbedeutend –
Sonnsfeld. Man stößt aber niemand gern zurück! (Bei Seite.) Wie sie sich verstellt! (Laut.) Ich will doch sehen, ob unser Grenadier noch immer so störrisch ist –
Wilhelmine. Wo denkst du hin –
Sonnsfeld. Wir machen einen Versuch (tritt an die Thür) Heda, rauher Krieger!
Eckhof (tritt ein). Zu befehlen!
Sonnsfeld. Warum hat Er den Brief nicht angenommen?
Eckhof. Es stehen Spießruten drauf.
Sonnsfeld. Wir haben Mittel, solche Strafen gut zu machen.
Eckhof. Die haben Sie nicht.
Sonnsfeld. Ist Geld kein Mittel?
Eckhof. Ließe sich auch Schande durch Geld heilen, so könnten Sie von allen Mitteln doch dies gerade am wenigsten anwenden.
Wilhelmine. Wie so?
Eckhof. Weil Ew. Hoheit kein Geld haben.
Sonnsfeld. Abscheulicher Mensch!
Wilhelmine (bei Seite). Er kennt unsere Lage nur zu gut. Wir müssen den Gedanken auf eine Antwort aufgeben.
Eckhof. Darf ich abtreten?
Sonnsfeld. Vorwitziger Mensch! Wie heißt er?
Eckhof. Eckhof.
Sonnsfeld. Wo ist Er her?
Eckhof. Aus Hamburg.
Sonnsfeld. Was hat Er gelernt?
Eckhof. Nichts.
Wilhelmine. Nichts? Das ist sehr wenig.
Sonnsfeld. Was hat Er werden wollen?
Eckhof. Alles!
Wilhelmine (bei Seite.) Sonderbarer Mensch! (Laut.) Examinir' ihn; er unterhält uns wenigstens.
Sonnsfeld (zu Eckhof). Wir sind nicht gescheut genug, Seine geistreichen Antworten zu verstehen. Wie hängt Sein Alles und Nichts zusammen?
Eckhof. Ich bin in meiner Jugend bei einem Theater aufgewachsen und habe dort anfangs nichts gelernt als die Lichter putzen. Unser Prinzipal entließ seine Gesellschaft und ich war genöthigt, Dienste bei einem Postschreiber zu nehmen. Als mir aber die Frau meines neuen Herrn zumuthete, als Bedienter hinten aus ihre Kutsche auszusteigen, nahm ich den Wanderstab. Ich bettelte mich zu einem Rechtsgelehrten nach Schwerin durch, der mich bei sich als Schreiber anstellte. Die Post und die Gerichtsstube wurden zwei neue Theater für mich. Briefadressen regten meine Phantasie, Processe meinen Verstand an. Der Gedanke, von der Bühne herab menschliche Größe und menschliche Verbrechen in lebenstreuen Zügen wiederzugeben, das Laster und die Tugend zu malen, wie sie sind, begeisterte mich, aber die Gelegenheit, ihn auszuführen, fand sich nicht. Der Zufall spielte mich in einem Augenblick, wo ich leichtsinnig die Schwermut in einem Rausche zu vergessen suchte, preußischen Werbern in die Hände. Das dargebotene blanke Silber blendete; ich verlor meine goldene Freiheit. Seitdem trag' ich die Muskete. Die tausendmal erwachende Sehnsucht nach der Kunst, zu der ich den Beruf wie eine heilige Mahnung in mir fühle, übertäubt jetzt die lärmende Trommel, den Trieb nach edlerer Menschendarstellung schnürt die Uniform zusammen und in abgerichteter, unfreier Bewegung der Glieder wird auch wohl zuletzt der freie Wille und das Gefühl für die menschliche Würde sterben. Von diesem Schicksal erlöst den verkauften armen Soldaten nichts als der Tod.
Wilhelmine (wehmütig bei Seite). Ein Bild meiner eigenen Leiden.
Sonnsfeld. Das ist schon alles ganz gut, aber im Grunde kann Er froh sein, jetzt wenigstens etwas zu sein, da Er sonst nichts war und nichts gelernt hat.
Eckhof. Aus Büchern wenig, aber manches aus dem Leben. Auch versteh' ich etwas Musik.
Sonnsfeld. Musik? Da könnt' Er hier die arme gefangene Königstochter unterhalten! Prinzessin, die Flöte des Kronprinzen –
Eckhof. Ich spiele Violine –
Sonnsfeld. Auch eine Violine ist da. Wir haben das ganze Orchester des Kronprinzen (geht an den Schrank) hier versteckt! Da! (Bringt eine Violine). Spiel' Er uns! Wir tanzen –
Wilhelmine. Wo denkst du hin? Dort sind die Zimmer der Königin. Hier (auf rechts zeigend) kann uns jeden Augenblick der König überraschen –
Sonnsfeld. Eine kleine Française! Eine Vorübung zum Fackeltanz bei Ihrer künftigen Vermählung!
Wilhelmine. Du kennst den Abscheu des Königs gegen Spiel und Tanz.
Sonnsfeld. Da Eckhof, nehm' Er nur! Fang Er nur an!
Eckhof (sieht sich um). Wenn ich aber – mein Himmel – (bewegt) seit drei Jahren hab' ich ein so edles, zauberhaftes Instrument nicht berührt!
Sonnsfeld. Nur zu! Prinzessin, ich bin der Herr, Sie sind die Dame.
Eckhof (spielt einen Tanz in dem einfachen naiven Geschmack jener Zeit. Die beiden Damen tanzen).
Sonnsfeld Brav, Eckhof! Es geht ganz gut. Ach, welche Wohlthat, einmal tanzen zu können! So – la, la, la, la (sie singt die Melodie nach).
Der König (ist während dieses Tanzes aus der Seitenthür rechts leise eingetreten. Die Tanzenden und den musicirenden Grenadier erblickend stutzt er. Diese bemerken ihn nicht. Er tritt näher und sucht sich unbemerkt in den Tanz zu mischen). Die Vorigen.
Wilhelmine. Sonnsfeld, du tanzest ja falsch – jetzt der Herr! (reicht rückwärts ihre Hand). So!
König (faßt diese leise mit einem Finger und tanzt etwas mit).
Wilhelmine. Wie schwerfällig, liebe Freundin! (Tanzt.) Was hast du denn nur heute für eine garstige rauhe Hand! (Sieht sich um und erblickt den König, der plötzlich auch die Melodie mit rauher Stimme mitgesungen hat. Alle erschrecken.)
Eckhof (präsentiert mit der Violine).
König (zornerfüllt). Recht niedlich! Recht schön! Also das sind die Sprüche Salomonis? Tanz und Assemblee in meinem Schlosse bei hellem lichten Tage? Und ein Soldat, ein preußischer Grenadier, der auf der Wache seinem Arrestanten Violine vorspielt?
Sonnsfeld. Vergebung, Majestät, wir haben ihn gezwungen –
König. Gezwungen? Einen Soldaten zwingen? Zwingen, die Pflichten seines Dienstes auf eine so teuflische Art zu verletzen? Für den muß ich eine Strafe erfinden, die in der preußischen Armee noch nicht dagewesen ist.
Wilhelmine. Gnade, Majestät, Gnade!
König. Mit dir werd' ich hernach reden. Ihm, Konrad Eckhof heißt Er, ich weiß es, Ihm dictir' ich zur Strafe: Er ist aus der Armee, die unter meinen ruhmvollen Fahnen steht, ausgestoßen. Er ist ausgestoßen, nicht etwa in eine Sträflingskompagnie oder in den ehrenwerthen Bürgerstand, sondern hör' er, was Sein Schicksal sein soll. Auf dem Lagerhause in der Klosterstraße ist derzeit eine Truppe deutscher Komödianten angekommen. – Diese Gaukler – histriones, sind in Nöthen, weil ihnen ihr Hanswurst ausgeblieben ist, den sie sich aus Leipzig verschrieben hatten. Zu diesen Possenreißern, hört Er, geht Er mir hinaus, legt Seine glorreiche königlich preußische Uniform ab und meldet sich, ich schickte ihn hiemit, zur Warnung für jedermann, als einen Schauspieler, einen Erzhanswursten, der die deutsche Nation hinfort mit seinen komödiantischen Späßen criminaliter amüsiren soll. Schande über Ihn!
Eckhof (in freudigster, jedoch verborgener Erregung mit einem Blick gen Himmel). Schauspieler? Danke Majestät für allergnädigstes Erkenntniß. Konrad Eckhof wird sich bemühen, sich und seinen verachteten neuen Stand wieder zu Ehren zu bringen. (Ab.)
König. Und Sie, mein Fräulein von Sonnsfeld, Sie sollen je eher je lieber Ihre mütterliche Aussteuer einpacken und nach Dresden aufbrechen, wo mein Vetter, der Kurfürst von Sachsen, solche Nymphen und Grazien wie Sie sind, für seine Hoffeuerwerke und Balletter nöthig hat.
Sonnsfeld (im Abgehen, bei Seite). Er straft in seinem Zorn mit Dingen, die jedem Gebildeten nur angenehm sein können! (Ab.)
König. Wilhelmine!
Wilhelmine. Majestät, was hab' ich nur verbrochen, daß ich so unglücklich sein muß, Ihnen ewig zu mißfallen?
König. Majestät nennst du mich, weil du kein kindliches Herz für deinen Vater hast. Ich hab' euch erzogen nach alter deutscher Sitte – ich habe französische Eitelkeit und englische Narrheit von euern kindlichen Herzen zu entfernen gesucht; ich habe auf dem Thron zeigen wollen, daß Könige in ihren Familien ein Muster für den biedern Hausstand ihrer Unterthanen sein können. Hab' ich das erreicht?
Wilhelmine. Sie bestrafen uns für unsere Sünden auch streng genug.
König. Ein Perrückenmacher hat dich in allen Zweideutigkeiten der französischen Sprache unterrichten sollen –
Wilhelmine. Es war kein Perrückenmacher.
König. Es war einer.
Wilhelmine. Wenn es einer war, so hassen Sie ihn nur Ihrer garstigen Zöpfe wegen!
König. Der Zopf ist die Zierde des Mannes. Im Zopf liegt die zusammengeflochtene Kraft des Mannes. Ein Zopf, das ist nichts Wildes, Flackerndes, Wüstes um den Kopf, den Sitz der menschlichen Seele, wie bei den geckenhaften Buschmännern jetzt mit ihrem langen zottigen Haar, sondern einfache, sittliche, gestriegelte Ordnung, geflochtener Gehorsam, sanft herab über die Schultern gleitend, das Sinnbild eines Christen! Doch ich bin es müde, mit dir zu streiten. Dieser Arrest sei dir der letzte Beweis meiner väterlichen Liebe. Bald sollst du frei wandeln und Herrin deiner eigenen Thaten werden. Ich verkündige dir hiermit, daß du jetzt bald nach Belieben schalten und walten kannst –
Wilhelmine. Vater!
König. Wenn du ihn ehrlich meinst, diesen Ton?
Wilhelmine. Er kommt von einem Herzen, das nie aufhören wird, den Besten der Menschen zu verehren.
König. Erkennt ihr, daß ich nur allein euer Glück will? Ja, Wilhelmine, nun kannst du bald handeln, wie du willst, kannst französische Bücher lesen, kannst Menuetten tanzen, dir eine Kapelle von Musikanten halten, ich habe für dein Glück und für deine Freiheit gesorgt –
Wilhelmine. Wie versteh' ich? Vater?
König. Kutschen, Pferde, Haiducken, alles, wie es sich für eine künftige Königin geziemt.
Wilhelmine. Königin?
König. Du sollst sehen, daß ich den Namen, den du mir gegeben, den Namen des besten Vaters, in der That und Wahrheit verdiene. Ich höre deine Mutter –
Wilhelmine. Was soll geschehen?
König. Bereite dich vor, es ist eine feierliche Stunde die Stunde deiner Verlobung!
Die Königin, gestützt auf den Arm des Erbprinzen. Hotham. Bediente. Die Vorigen. Später Lakai.
Wilhelmine (bei Seite überrascht). Der Erbprinz.
Königin (verbeugt sich kalt gegen den König).
König (ebenso). Guten Morgen!
Königin (zur Prinzessin Wilhelmine). Liebes Kind, ich stelle dir hier den Abgesandten Sr. Majestät von England, den Herrn Ritter von Hotham, vor.
Wilhelmine (verneigt sich, bei Seite). Der Freund des Erbprinzen? Wie versteh' ich – alles?
König. Erlaube, liebe Frau, der Erbprinz hatte den Vorrang. Liebes Kind, ich stelle dir hiermit den Erbprinzen von Baireuth vor.
Erbprinz (sich verneigend, bei Seite zu Wilhelmine). Verlieren Sie den Mut nicht, es wird alles gut werden.
Königin. Gute Nachrichten aus Ansbach, lieber Erbprinz?
Erbprinz (bei Seite). Immer die verdammte Verwechselung. (Laut.) Majestät, man hat die Absicht, Ansbach nach Baireuth zu verpflanzen.
König (der nur halb hörte). St! Lassen wir jetzt alle irdischen Gedanken und Baupläne und bereiten uns vor zu einem Werke von heiliger Bedeutung. Setze dich drüben zu deiner Mutter, Wilhelmine!
Wilhelmine (bei Seite). Was soll denn werden?
König. Sie, Erbprinz, mein natürlicher Beistand hier –! Ritter Hotham, Sie in der Mitte!
Bediente (tragen den Tisch in die Mitte und gehen ab).
Erbprinz (bei Seite). Hotham, der Handelstractat!
Hotham (setzt sich in die Mitte, öffnet ein Portefeuille, das er mitgebracht, legt Papier zurecht und untersucht seine Federn).
König (die Hände faltend). Im Namen Gottes! (Nach einer Weile). Wenn ich dich jetzt, getreue Gattin und Lebensgefährtin frage, was ist eine glückliche Ehe –
Königin. Gehört das in den Heirathscontrakt unserer Tochter?
König. Unterbrich mich nicht! Wenn du's nicht fühlst, ich fühl's, was dieser feierliche Augenblick bedeuten will!
Hotham. Halten zu Gnaden, Majestät, ich hab' hier auch bereits zu Papier: Im Namen Gottes!
König (sieht angenehm überrascht hinüber). Haben Sie das wirklich geschrieben?
Hotham. Es steht schon gewöhnlich gedruckt über solchen und ähnlichen Verträgen.
König. Gedruckt ist nicht so gut. Der Buchstabe, sagt die Schrift, tötet und – doch fangen Sie jetzt an!
Hotham. Es handelt sich um eine Verbindung zweier Nationen, die, an Sprache, Sitten und Gebräuchen verschieden, dennoch der Berührungspunkte so viele gemein haben, daß sie jede Gelegenheit ergreifen sollten zu einem innigern Anschluß.
König. Könnten Sie da nicht einflechten, daß die Engländer eigentlich von den Deutschen abstammen?
Hotham. Dürfte zu weit führen.
König. Nun, wie Sie wollen. Der Anfang war gut.
Hotham. Eine solche Gelegenheit bietet sich in dem beiderseitig ausgesprochenen Wunsch der beiden Dynastieen von Preußen und England, zwei ihrer erlauchten und ruhmwürdigen Sprossen durch das Band der heiligen Ehe verbinden zu wollen. Der Prinz von Wales wirbt um die Hand der Prinzessin Wilhelmine –
Wilhelmine. Der Prinz von Wales?
König (feierlich). St!
Hotham. Und erhält dieselbe unter folgenden Bedingungen –
Wilhelmine. Erhält sie?
König. St! Störe doch den feierlichen Act nicht durch Plauderhaftigkeit!
Wilhelmine. Aber wie ist es denn nur möglich!
Erbprinz (zur Prinzessin). Königliche Hoheit, die Bedingungen werden ja erst entworfen.
Königin (bei Seite). Unterlaß diese Unterbrechungen! Was soll ein Abgesandter des feinen Hofes von Saint James von den Manieren einer preußischen Prinzessin denken?
König (zur Königin). Diese plauderhaften Frauenzimmer! Gut, Herr von Hotham. Der Anfang war gut. Nicht wahr, Erbprinz.
Erbprinz. Jawohl – Majestät – (Zur Seite.) Abscheulich!
Königin. Die Bedingungen? (Bei Seite.) Auf die Aussteuer bin ich begierig.
Hotham. Paragraph Eins: –
König. Erlauben Sie, daß kann ich Ihnen kürzer sagen. Ich gebe meiner Tochter als Aussteuer vierzigtausend Thaler und ein jährliches Nadelgeld von zweitausend Thalern. Die Hochzeit will ich auch ausrichten. Das ist aber auch alles.
Königin (steht auf). Ich will nicht hoffen, daß dies Ihr Ernst ist, Majestät! Ritter Hotham, nehmen Sie diese Erklärung Sr. Majestät nicht zu Protokoll.
König (sitzend). Nicht zu Protokoll? Hm! Hm! Vierzigtausend Thaler baares Geld zu wenig?
Hotham. Die Frage der Mitgift wird für ein so reiches Land wie England keine Schwierigkeiten bieten. Es handelt sich bei weitem mehr um diejenigen politischen Punkte, welche bei dieser engen Vereinigung zu besonderer Berücksichtigung kommen dürften.
König. Politische Punkte?
Hotham. Ich meine – einige Fragen und Erörterungen, die ich mir vorzutragen erlauben möchte.
König. Fragen und Erörterungen? Haben Sie an meiner Tochter etwas auszusetzen? (Steht auf.)
Hotham. Majestät, es könnten für beide Nationen selbst gewisse Vorteile –
König. Vortheile für Preußen? (Setzt sich.) Dann reden Sie!
Hotham. Um nur Eins zu nehmen. England wird für diese Heirath Ew. Majestät in der Investitur der Herzogtümer Jülich und Berg ohne Hinderniß bestätigen.
König. Recht anständig. Danke!
Erbprinz (bei Seite). Hotham, Fuchs?
Hotham. Ferner hat sich bei dieser Angelegenheit das Parlament bereit erklärt –
König. Bereit erklärt –
Wilhelmine. Aber was soll denn nur das Parlament? Ich heirathe ja nicht das Ober- und Unterhaus.
Königin (halblaut). Stille! Das verstehst du nicht. In England sprechen alle Parteien mit.
König (halben.). Ja, Kind! Das wäre so recht ein Land für deine Mutter. Also?
Hotham. Das Parlament erklärt sich bereit für den Fall, daß Ew. Majestät die Eroberung von Schwedisch-Pommern vervollständigen wollen, deshalb das Ministerium nicht zu interpelliren.
Königin (angenehm angeregt). Sehr artig! Ich hätte das Parlament nicht für so liebenswürdig gehalten. Denke dir, Wilhelmine, das Parlament will nicht interpelliren!
Wilhelmine. Was ist denn das nun wieder für eine politische Grausamkeit?
König (zur Prinzessin). Interpelliren heißt, das Ministerium durch unaufhörliche Widersprüche, Einwendungen und Zwischenreden in Verlegenheit setzen. – Drum hat's deine Mutter auch gleich verstanden. (Laut.) Danke, liebster Herr von Hotham, grüßen Sie dafür das Parlament freundschaftlichst von mir! Aber weiter! Weiter!
Erbprinz (bei Seite). Ich stehe auf Kohlen.
Hotham. Für diese vielen Beweise von Entgegenkommen und Uneigennützigkeit, für diese mannigfachen und von mir noch näher zu erörternden Zeichen von politischer Zuvorkommenheit und inniger Neigung, dauernd, ewig sich einem Staate anzuschließen –
König. Nun?
Hotham. Für dies alles nur noch eine kleine Bedingung unsererseits, die diese Heirath besonders segensreich für beide Theile machen würde.
König. Losgeschossen!
Hotham. Die preußische Industrie ist auf einer Höhe, die es England wünschenswerth erscheinen läßt, die Erzeugnisse derselben unter gewissen Bedingungen auch bei sich prüfen zu können. Dafür –
König. Dafür?
Hotham. Würde England sich sehr verpflichtet fühlen, wenn das seit dem glorreichen Regierungsantritt Eurer Majestät unterbrochene frühere freundliche kommerzielle Einvernehmen –
König. Einvernehmen –
Hotham. Wieder eintreten und sich Ew. Majestät entschließen könnten, bei Gelegenheit dieser erfreulichen, von England mit Jubel begrüßten Verbindung eine theilweise Aufhebung eintreten zu lassen der gegenwärtigen – Prohibitivmaßregeln –
König. Wie?
Hotham. Mit einem Wort, England bittet um den Abschluß eines neuen Handelstractates.
König. Handelstractates? Handels— (Steht auf. Pause.) Die Sitzung ist aufgehoben.
Königin. Was ist?
König. Hab' ich darum die Kultur meines Landes zu veredeln gesucht, Handel und Gewerbe gehoben, die Schifffahrt befördert, Tausenden von armen französischen Religionsflüchtlingen in meinen Staaten ein Asyl gegeben, daß ich nun, um die Ehre, mit England verschwägert zu werden, die Thore öffnen und zum Ruin meiner Unterthanen die verbotenen englischen Waaren wieder hereinlassen soll? (Geht an den Tisch und klingelt.)
Lakai (erscheint).
König. Meine Minister!
Königin. Wie? Sie wollen das Glück Ihrer Tochter opfern?
Grumbkow. Seckendorf. Drei Generale. Die Vorigen.
König. Treten Sie näher, meine Herren – Ich ließ Sie im Ungewissen über eine Depesche, die heute in der Frühe für mich aus Hannover angekommen. Hören Sie jetzt meine feierliche Antwort darauf. Erbprinz, Dichter, erschrecken Sie nicht! Unsere Feste finden dennoch statt; unsere Kanonen sollen dennoch donnern, unsere Lampen sollen dennoch flimmern. Sind Sie geneigt, Erbprinz, mich auf ewig zu verbinden?
Erbprinz (mißverstehend). Majestät, wie? – Wär' es möglich?
Kön ig. Wollen Sie mich zu Ihrem ewigen Schuldner machen –?
Erbprinz (freudig). Ich? Wilhel—
König. Nehmen Sie Kurierpferde, Erbprinz, reisen Sie in dieser Stunde als mein Bevollmächtigter nach Wien.
Erbprinz, Grumbkow, Seckendorf. Nach Wien?!
König. Die Hand meiner Tochter ist nach Wien vergeben. In vierzehn Tagen trifft in den Mauern meiner Residenz ein Sproß des erlauchten Kaiserhauses ein.
Hotham. Ew. Majestät zwingen mich für den Fall dieser Ankunft eines Erbherzogs, hiermit eine offene Erklärung zu geben.
König. Und die wäre?
Hotham. Der Prinz von Wales – ist bereits hier.
Alle. Der Prinz von Wales in – Berlin?
Hotham. Seit drei Stunden ist der Prinz von Wales hier angekommen.
Seckendorf, Grumbkow. Unmöglich!
Königin (triumphierend). Das gibt mir das Leben wieder!
König (ist heftig betroffen, doch sammelt er sich). Herr Ritter von Hotham, ich muß gestehen, daß mich diese Nachricht überrascht, ja erschüttert. Indessen schreiben Sie es nur Ihrer eigenen egoistischen Politik zu, wenn ich Ihnen erkläre, daß für mich in Berlin kein Fremder existirt, der nicht an den Thoren meiner Residenz rechtmäßig angemeldet ist. Will man mich auf's Aeußerste bringen, will man mir den eignen Boden unter den Füßen unsicher machen, so erklären Sie dem Prinzen von Wales, daß ich zwar sehr gerührt bin von seiner Anhänglichkeit an meine Familie, ihn aber unter solchen Bedingungen, die das Wohl meines Landes, das Glück meiner Unterthanen bedrohen, höflichst ersuchen ließe, da wieder hinauszugehen, wo er hereingekommen ist. Erbprinz, Sie reisen im Auftrag meiner Monarchie nach Wien. Wilhelmine, die künftige Kaiserkrone wird dich trösten und Sie, Madame (zur Königin bei Seite), wird denn Ihr Stolz nicht endlich seine Grenzen erreicht haben?
Königin. Ich habe England mein Wort gegeben.
König. Aber (gutmüthig) wenn es nun doch nicht möglich ist –?! (Nähert sich ihr zutraulich und bietet ihr die Hand.)
Königin (bewegt, schwankend). Vor einer Stunde, ja! Aber jetzt – (rafft sich wieder auf und entschlossen) die persönliche Ankunft des Prinzen von Wales hat alles entschieden!
König. Nun denn, wer den Krieg will. – (Zu Hotham.) Sie haben keine andern Instructionen als die, die wir gehört haben?
Hotham. Keine.
König. So empfangen Sie, Erbprinz, von mir die Aufträge für Wien. Statt Englands denn ein deutscher Staat! Und 's ist besser so, meine Herren, 's ist besser. An Deutschland schließ' ich mich an mit ganzer Seele. Fremder Eigennutz lehre Deutschlands Fürsten und Völkern, einig sein.
(Ab in sein Cabinet.)
(Die Generale, Grumbkow, Seckendorf folgen.)
Königin (zu Hotham). Mein Herr, Sie haben einer Scene beigewohnt, die Ihnen bestätigt, was man über meine Lage in England nicht glauben wollte. Wilhelmine, die Nachricht von der Ankunft des Prinzen von Wales gibt mir das Leben wieder. Reisen Sie nach Wien, Erbprinz! Werden Sie zum Verräther an einer Sache, die siegen muß trotz aller Intriguen meiner Feinde. Ihren Arm, lieber Hotham! Der Prinz von Wales in Berlin! O, ich fass' es kaum. Führen Sie ihn zu mir und bereiten Sie ihn vor auf alles, alles! Doch nein, verschweigen Sie ihm – die empörenden 40,000 Thaler! (Ab mit Hotham.)
Erbprinz. Prinzessin Wilhelmine.
Wilhelmine. Was sagen Sie nun von Ihrem Freunde? Der Prinz von Wales ist in Berlin!
Erbprinz. Noch kann ich nicht zu mir selbst kommen. Hotham ist ein Verräther, ein Undankbarer, der mich, der uns alle betrogen hat!
Wilhelmine. Seien Sie vorsichtiger, künftig von Freundschaft und Liebe zu sprechen, und – leben Sie wohl! (Will der Königin nach.)
Erbprinz. Prinzessin, das der Abschied, während ich mich rüste, dem Tod oder der Verzweiflung entgegenzugehen?
Wilhelmine. In Wien stirbt sich's nicht so leicht –
Erbprinz. Sie können glauben, daß ich jetzt aus Ihrer Nähe scheiden werde, jetzt, wo der Glanz des persönlichen Auftretens eines Prinzen von Wales Wilhelminens Auge, vielleicht ihr Herz blenden wird?
Wilhelmine. Ich muß, ich seh' es ja, anfangen, mein Herz nur noch unter dem Gesichtspunkt der Politik zu betrachten.
Erbprinz. Sie zweifeln an meiner Aufrichtigkeit, Prinzessin? Sie mißtrauen einem Herzen, das nur einmal wahrhaft liebte, einmal und ewig, Sie, Wilhelmine!
Wilhelmine (bei Seite). Wäre diese Sprache keine Täuschung?
Erbprinz. Prinzessin, ich fühle, was ich Ihnen schuldig bin. Wahrheit vor der Welt, aufrichtige Werbung um Ihre Hand, selbst mit Gefahr, Sie auf ewig zu verlieren. Ich gehe zum König, ja, ich erkläre ihm jetzt, jetzt in diesem Augenblick, daß ich unfähig bin, seinem Wunsch zu dienen; ich werfe mich ihm zu Füßen und gestehe mit offner Ehrlichkeit, daß ich Sie liebe. Wollen Sie?
Wilhelmine (schwankend). Nimmermehr.
Erbprinz. Sie zittern, Prinzessin? Ich fühle, das Ihr kindliches Herz vor dem Gedanken bebt, Ihren Eltern zu trotzen und der Stimme Ihrer eignen Wahl zu folgen. Aber – sagen Sie, glauben Sie an das Herz Ihres Vaters?
Wilhelmine. Es ist voll Güte und Liebe.
Erbprinz. Wohlan! Er hat mich ausgezeichnet, er hat Vertrauen zu mir gewonnen. Die Anwesenheit des Prinzen von Wales reizt ihn, dieser Kühnheit die Stirn zu bieten. Ich schildere ihm die Lage meines Herzens, und dann Wilhelmine – dann? – Wenn er die Hand versagt?
Wilhelmine (sich abwendend). Sie werden – Trost – finden.
Erbprinz. Und wenn er sie gewährt?
Wilhelmine (mit überwältigtem Gefühl und den vollen Ausbruch ihres Herzens gebend, aber dabei schalkhaft.) Dann fürcht' ich, werden Sie doch Ihr Wort nicht halten – zur Strafe, daß ich Sie so grausam gequält habe!
(Schnell ab.)
Erbprinz (allein).
Erbprinz. Sie liebt mich! So ist denn Eines entschieden? Jetzt geh' ich den geraden Weg, mitten in den Rachen des Löwen hinein. Was bleibt noch übrig? Von Hotham verrathen, nichts als Wilhelminens Liebe – und der Mut! (Geht an die Thür des Königs.)
Eversmann. Erbprinz. Zuletzt Hotham.
Eversmann (tritt vom König heraus). Wohin, Hoheit?
Erbprinz. Zum König.
Eversmann. Finden ihn in großem Zorn!
Erbprinz. Ueber wen?
Eversmann. Ueber Sie, Prinz.
Erbprinz. Sie scherzen.
Eversmann. Die Gesandtschaft nach Wien übernimmt der Herzog von Weißenfels.
Erbprinz. Was ist das nun wieder?
Eversmann. Generalfiscalische Untersuchungen. Eben an den König gelangt. Es war doch ein Perrückenmacher!
Erbprinz. Sie sind toll! Ich muß den König in der wichtigsten Angelegenheit meines Lebens sprechen. (Will hinein.)
Eversmann. Erlauben Sie, Prinz! Majestät überschicken Ihnen diesen Brief.
Erbprinz (nimmt den Brief und liest). »An meinen Sohn, den Kronprinzen von Preußen. Eigenhändig, binnen 24 Stunden in Rheinsberg abzugeben, gefälligst durch den Erbprinzen von Baireuth.« – Das ist ja eine förmliche – Ausweisung aus Berlin! Wie kommt das gerade jetzt?
Eversmann. 'ne höfliche Andeutung blos. Es ist alles entdeckt – und nicht blos von wegen Rapinière! Nein, Majestät kennt Sie jetzt vollständig als Abgesandten des Kronprinzen, der hier in Berlin Haus und Hof in Revolution bringen sollte. Auf Sie hat der Perrückenmacher alles bekannt. Ew. Hoheit kamen mir gleich so verdächtig vor. Glückliche Reise nach Rheinsberg! (Ab.)
Erbprinz. Verrathen und verkauft von allen Seiten!
Hotham (tritt schnell von der Königin heraus). Prinz, glückliche Botschaft, die Prinzessin ist auf's neue verhaftet worden.
Erbprinz. Das nennen Sie, Verräther, eine glückliche Botschaft?.
Hotham. Noch mehr, Prinz! Der Verräther hat mit Vergnügen gehört, daß auch Sie beim König plötzlich in Ungnade gefallen sind.
Erbprinz. Mit Vergnügen haben Sie das gehört?
Hotham. Der Verräther versichert Sie auf Ehre, daß es keinen glücklicheren Weg geben konnte, Ihre Wünsche zu erfüllen.
Erbprinz. Wollen Sie mich wahnsinnig machen?
Hotham. Um wenigstens die erste kleine Douche über Ihre Zweifel zu gießen, (sieht sich um) lesen Sie diese Stelle eines Briefes, den ich soeben empfangen habe.
Erbprinz. Wahrscheinlich ein Billet von Ihrem Prinzen von Wales.
Hotham. Lesen Sie nur!
Erbprinz (liest) »London, den 5. Juni.«
Hotham (zeigt ihm weiter unten). Dort! Dort!
Erbprinz. »Sie fragen mich nach Neuigkeiten vom Hofe, doch sind wir ziemlich arm daran. Der Prinz von Wales befindet sich noch immer – auf der Eberjagd – in den Hochwäldern des Walliser Landes« – Der Prinz ist – nicht in Berlin?
Hotham (lächelnd sich umblickend). Ebenso wenig, wie Sie gegenwärtig im Palast von Saint James.
Erbprinz. Aber was soll ich davon denken –?
Hotham. Daß Sie zu Hotham's Freundschaft, Ergebenheit und Klugheit ein besseres Vertrauen haben sollten!
Erbprinz. Der Prinz von Wales ist nicht in Berlin?
Hotham. St! Er ist nicht hier für uns; er ist aber hier für alle, für jeden! Der Prinz von Wales ist da, dort hinter der Wand, im Kamin, in der Luft, unter der Erde, nirgends, wo er uns im Wege steht, und überall da, wo wir ihn brauchen werden zur spaßhaftesten Komödie von der Welt!
Erbprinz. Hotham, ich hätte mich in Ihrer Freundschaft nicht betrogen?
Hotham. Seitdem unser Handelstractat durchgefallen ist, ebenso wenig, wie ich mich trotz Kerker und Ungnade jetzt in Ihrer Hoffnung irre! Aber kommen Sie – zu dem Kobolde, der für uns arbeiten soll, zu dem räthselhaften Geiste, mit dem wir von heut an die Welt in Angst und Schrecken versetzen wollen, zu ihrem mächtigen Gegner, aber noch mächtigeren Bundesgenossen –
Erbprinz. (lachend und staunend). Sie meinen –
Hotham (gleichzeitig) Zum Prinzen von Wales?
(Beide ab.)
(Der Vorhang fällt.)