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60. Secundatus.
Wanns mir gleich nicht anständig ist / so wirds doch einem andern kein Schad seyn / wann er etliche Flecken an einem alltäglichen Kleid auff einandern setzet.
61. Alcmæon.
Nicht ehender seyn stattliche Kleider zutragen erlaubt / alß wann man mit Leuten umbgehet / bey denen man umb seines anderwertigen Nutzens willen sein Ansehen erhalten muß / oder einen Credit erhalten will.
62. Cidona.
Weil man je nicht allweg in einem Kleid auffziehen kan / wie ein Lauenwarter / so erspare man an dem alltäglichen / was das Feyr- und Fest-tägliche zuviel kostet.
63. Spes.
Es befleisse sich ein jedes / durch eigenes Spinnen / Würcken / Nehen / Stricken / Waschen / Flicken / und Zusammenhaltung der geringsten Läpplin erbauliche Kleidungen zuhaben / so wird dasselbe umb Gewand so gar viel Gelt nicht ausgeben dörffen: es sehe aber zu / daß ein solche Zeit hiermit nicht zubracht werde / in deren mehrere zugewinnen.
64. Simplicissimus.
Man hencke auch nicht zu viel an überflüssigen Haußraht / wie meine Würthin zu N. gethan / welche bey Tag die Supp in einem Haffen kochte / den sie bey Nacht an stat eines Kammers-Geschirrs brauchte.
65. Collybius.
Recht so: Dann was man hiervon außgibt / ist ein Todts-Capital / das sich endlich selbs verzehret in Stücken / die man selten braucht / behelff man sich mit entlehnen.
66. Knan.
Man muß sich befleissen durch eigene Arbeit die Stücke deß Haußrahts selbst zumachen / zubessern / und in Näss zu erhalten / wie ich mit meinem Schiff und Geschirr thue / damit ich nicht alle Tag dem Schmidt / Wagner und Seiler vor der Werckstat stehn müsse.
67. Laborinus.
Deß Kuchen-Geschirrs sey wenig / aber daurhafft und gut / alß gegossene Häffen und Pfannen / doppelte Kessel und ziennener Schüßlen / die einen sein Lebtag aushalten / und man jedoch bey nahe so viel alß Anfangs gekostet / wiederumb darauß lösen könne.
68. Meuder.
Weil man sich an einem Gericht genugsam erkröpffen kan / so soll man auch nicht mehr kochen; und worzu braucht man alßdann zween Häffen / und zwo Schüßlen?
69. Coryphæa.
Ob ich mich gleich alß eine Reisende noch nicht auff dergleichen Sachen verstehe / so geb ich doch der Großmuter recht.
70. Aron.
Es ereignen sich offt Gelegenheiten / beydes von den Benöhtigten und Vnverständigen kostbaren Haußraht umb halb Gelt zubekommen / diesen muß man nicht dahinden lassen / theils zubehalten / und theils wieder in seinem rechten Werth zuversilbern / wordurch man umbsonst zu gebührlichem Haußraht gelangen kan.
71. Secundatus.
Meines theils schlaffe ich lieber und besser auff frischem Stroh / alß in einem Bethe / halte es auch vor gesünder; es sey derowegen ein getreue Warnung / daß man nicht so viel umb Bethwerck verschwenden soll. Wer thut den Zigeunern / Bettlern / Soldaten / Cappucinern und andern Reisenden? Aber was denckt ihr Erice? Weil ihr auff dieser Reyhe mit ewer Stimm zuruck bleiben.
72. Erich.
Jch verbiete etwas von eingelegter / fürnirter und sonst theurer Schreiner-Arbeit machen zulassen daß viel kostet / es ist nur ein Wohnung der Wandleuse / ein Kurtzweil der Mäuse / sich daran abzunagen / und ein Näst und Speyß der Würmen; ein groß unnütz Gesperr / das weder in Feuers- noch Kriegsgefahr irgens hinzubringen sondern überal haarlassen / und zu Aschen werden muß. Ein klein eisernes Tröglein mit Golt angefüllt / seynd gesünder alß hundert schöne Bethladen / Kisten und Kästen / die nur zum unnützen Gepräng im Hauß irren.
73. Alcmæon.
Was Herr Erich von der Schreiner-Arbeit gemeldet / wil ich auch von der Schlosser-Arbeit verstanden haben / da offt ein Dreyfuß biß in 60. oder 80. fl. zubeschlagen kostet: nur alles mit starcken Schlossen und groben Riglen wol verwahret / welches man unter dem alten Eysen auff dem Grempelmarckt umb ein geringes bekommen kan / ists beste.
74. Cidona.
Was mein Schatz und Herr Erich wegen dieser beyden Handwercker Arbeit statirt und gebotten / wil ich approbiert haben: sonderlich wann man mir abermal ein Brettspiel mit gebeitzten Birbäumen: von Ebenholtz: mit Ochsenknochen an statt Helffenbeins eingelegt / umb 20. Thaler in die Haußhaltung machen: und selbiges mit einem Beschläg von 3. Thalern vor den Schlosser / und 2. Thaler zuübergülden vor den Goldschmid außzieren lassen wolte; dabey ich auch den Trexler mit seinem auß Hebenholtz und Elephanten-Zähnen gepasseten Steinen verworffen haben wil.
75. Spes.
Vnd ich lasse den Trexler mit seiner Arbeit in die Haußhaltung zu nichts anders passieren / alß Kunckel und Spinnräder zumachen / und rechne alles das übrige vor unnöhtigen Vberfluß.
76. Simplicissimus.
Ach mein schöne Jungfer / sie lasse ihn doch nur Spindlen trehen / so hat sie das Gelt vor die Räder zum besten / alß die ohne das jetzt verbotten seynd.
78. Collybius.
Worfür bedarffs / so geringer particularitäten halber zu disputieren? weil sie aber gleichwol nicht zuverachten / so schliesse ich / man soll aller Handwercksleuthen Arbeit resignieren / was nicht ein besondern Gewin eynträgt.
79. Knan.
Das wird sich nicht thun lassen / der Schneider macht uns Kleider / darauß wir Lumpen machen / der Schuster Schu / die wir zerreissen / der Wäber Duch / so wir zerbrechen: tragen uns also die Arbeit dieser Handwerckern keinen Gewin eyn: Solten wir aber darumb nackend gehen? ewerer Meinung nach wer das Küffer-Handwerck das beste / darinn man den Wein auffhält / an solchem zur Zeit der Theurung zugewinnen.
80. Erich.
Es seye ihm wie ihm woll / ich hab gelesen / daß der grosse Keyser Augustus keine andere Kleider tragen wollen / alß die ihm seine Tochter selbs verfertiget / könte man also der Schneider / Wäber / Hosenstricker / dafern wir unsere Töchter eins und anders lernen liessen / und wann man sich mit Holtzschuhen / wie theils Orten bräuchlich / behelffen wolte / auch der Schuster entbehren.
81. Laborinus.
Also auch der Haffner / auß welcher Arbeit unsere Weiber Scherben machen / wann man hingegen beydes auß Metal und Eisen gegossener Häffen und Pfannen brauchte / deren Werhafftigkeit etlicher Menschen Alter außdauret.
82. Meuder.
Und muß man dann eben auch eiserne Röst und Bratspisse haben? Neulich sahe ich einen Bettler eine Bratwurst braten / die er umb einen höltzernen Bratspiß gewicklet hatte.
83. Coryphæa.
Was einer nicht täglich brauchen muß / sondern selten bedarff / das sol man bey jemand andern entlehnen / und also nicht alles grad kauffen.
84. Aron.
Hast du einen Freund oder Patronen / der dich nicht mehr nützet / alß dich seine Freundschafft zu unterhalten kostet / so laß die Freundschafft erlöschen.
85. Secundatus.
Ohne Freund können wir schwerlich leben: deren Freundschafft aber mit Costen unterhalten seyn wil / seynd vor keine Freund / sondern eintweder vor Schmarotzer oder vor obligirte Diener zuhalten: jene sind gut abzuschaffen / diese aber wann wir ihrer Dienste entbehren mögen.
86. Alcmæon.
Man kan sich auch beliebt / und ihm die Leuth zu Freunden machen / wann man gleich nach Doctor Schuppen Lehr / nicht so offt zum Beutel / hingegen öffter nach dem Hut greifft; also daß es ohnnöhtig Freund umbs Gelt zukauffen / welche erkauffte doch ohne das in der Noht nicht Prob halten.
87. Cidona.
Hierunter seyen vor allen dingen auch die Gesellschafften der Sauffbrüder gerechnet / die einandern keine andere Freundschafft zuleisten pflegen / alß einander Hex Bones Garitates bscheid zuthun und also einandern umbs Gelt zubringen.
88. Spes.
Jm Heurathen soll man nicht allein auff Schönheit / Tugend / Geschicklichkeit etc. sondern vor allen Dingen auffs Gelt sehen.
89. Simplicissimus.
Jch aber sage / welcher Reich werden wolle / soll gar kein Weib nemmen / könne er aber gleichwol keiner entbehren / so verheurate er sich mit einer Alten / und lasse / so lieb ihm die Göttin Pecunia sey / die junge allerdings ein gut Jahr haben.
(Secundatus.
Herr Simplice, wann ihm beliebt / so lasse er uns die Ursachen hören / die ihne veranlassen / so ein scharffen Sententz wieder das junge Frauenvolck zufällen.
Simplicissimus.
Jch hab das junge Frauenzimmer zwar niemal verachtet / thue es auch noch nicht / sondern sage / daß man umb besserer Prosperität willen gar kein Weib nemmen soll / wann man aber ja deren nicht entrahten könne oder wolle / daß man vor die Jugent das Alter erwehle.
Secundatus.
Warumb? Zwey können ja mehr Hunger leyden und ersparen / auch mehr gewinnen alß Eins.
Simplicissimus.
Wann ich mit einem Weib in das Würtshauß komme / so gilt mir jeder halbe Batzen nur ein Creutzer: Nimmermehr wird ein Weib so viel gewinnen alß ein Mann; alle ihre nutzlichste Arbeiten erfordern lauter Außgaben: Spinnet sie / ich muß ihro Flachs / Weber- und Bleicher-Lohn schaffen / wil sie bachen und etwas guts kochen / ich muß ihr Mehl und etwas guts in die Kuchen lieffern: wil sie waschen / wer bezahlt Holtz / Seiff und Wäscherlohn? und also ist es auch mit allen ihren übrigen Geschäfften beschaffen: ich muß ihr auffs eusserst den Besen kauften / wann sie nur ein Stub außkehren will: Jch will mich auff mein altes Liedlein beruffen haben / Schweiget mir vom Frauennemmen etc.
Secundatus.
So hette man ja gar keine Freud in der Welt: und was nützt es / viel gewinnen / wann mans nicht auch gebrauchen wil?
Simplicissimus.
Wir sagen jetzt nicht vom Verthun / sondern wie man reich werden soll: ein solcher nun muß keine andere Freud und Ergetzlichkeit suchen und geniessen / alß die jenige die er hat / wann er täglich ein Par Häller erübrigt und sein Gelt vermehret.
Secundatus.
Ewerem angezognen Lied nach wurde man aber dem Frauenzimmer mehr anhencken müssen / alß einen ein ehelich Eheweib kostet / auß deren wir unsere beste Freund und Erben unserer Gütern erziehen / die uns in unserm Alter trösten / und uns bey der Nachwelt verewigen können.
Simplicissimus.
Man muß der Schlepsäcken müssig gehen: Jm übrigen aber sich mit der Meinung Horatii an statt der Kinder (dann man weiß doch nicht wie sie gerahten) trösten / welcher sagt:
Omnis enim res, divina humanaque pulchris. Si vitiis parent, quas qui construxerit ille. Clarus erit fortis, justus, sapiens, etiam Rex Et quicquid volet. |
Das ist
All Ding dem Reichthumb ghorsam seynd / Die man im Himmel und Erden find. Wer Gelts gnug hat / der wird geehrt / Ist g'waltig / g'recht / weiß / Königs-werth. Nur was er wil / wird er geschwind. |
Secundatus.
Warumb wil aber der Herr ehender zu einem alten alß jungen Weib gerahten haben?
Simplicissimus.
Die Jugend ist unbesonnen / und hingegen das Alter weiß: Ein jung Ding weiß die gewonnene und bereits vorhandene Reichthumb nicht zusammen zuhalten / geschweige solche zuvermehren / sondern will hingegen prangen / und je herrlicher gehalten seyn / je mehr Güter sie ihrem Mann zugebracht / laßt mans nicht ihrem Sinn nach folgen / und drauff gehen? so henckt sie das Maul wie ein Leid-Hund / und macht einem weit mehr stündtliches Creutz alß tägliche Ergetzung; darff auch wol so heimlich alß öffentlich selbsten zugreifen / und darauß schaffen / was ihre Unbesonnenheit verlanget: hingegen ist ein Alte verständige Matron gantz anders gesinnet / alß welche weiß / was die Batzen gelten / deren sie villeicht albereit nicht wenig zusammen gekratzet / und noch zu erschaben weiß / wie wir dann sehen / daß die alten Weiber weit haußhältischer / zusammenhäbiger und gesparsammer (bey einem Haar were mir das Wort Geitziger / herauß gewischt) seynd / alß andere Leuth: zu dem wil ich auch Niemand zu einem alten Weib gezwungen haben / ihr Capital ertrage dann so viel interesse / daß man ein Aug zuthun / und sich bis zu ihrem seligen Hintrit mit ihr gedulden könne: so rahte ich auch rund zu keiner / die mit vilen Kindern beladen sey / er were dann ihrer ehesten Himmlung versichert / oder daß er sie ohne Costen in Krieg oder in Clöster verschaffen könne; Wil aber einer je überein Kinder erziehen / die sich heut oder morgen seines hinderlassenen Guts erfrewen / der trage Patientz / bis die alte den Weg aller Welt gegangen / vertausche alßdann den alten Kessel umb einen newen / und sey gewertig / eintweder deß Jüdischen Moysis / oder deß heidnischen Acteons Ebenbild zuwerden: Gleichwie wir aber zusammengebrachter / und den Erben hinderlassener Reichtumb wegen Sprichwortsweis pflegen zusagen / O selige Kinder / deren Vätter in der Höll sitzen! Also hat sich auch einer / dem ein altes reiches Weib zu rechter Zeit stirbt / einer solchen Glückseligkeit nicht wenig zuerfrewen.
Secundatus.)
Genug hiervon / wir haben auch jung Frauenzimmer bey uns / welches uns sonst ebenmessig den Fiesel schneiden möchte; Monsieur Collybij die Red ist an euch.