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III. Der schöne Schein und die Selbstdarstellung.

So läßt denn Wilhelm seine bisherige Welt hinter sich, und wie er hinauswandert in die freie, weite Gottesnatur, wird er unversehens zu dem Kinde des Märchens, welches von dem schimmernden Vogel durch Wald und Flur zauberisch gelockt wird. Der romantische Zufall wirft seine Netze aus, er widerstrebt halb und gibt sich ganz gefangen.

Daß er überall dem Schauspiele in aufsteigender Linie begegnen muß, erst in Hochdorf, wo die Fabrikarbeiter eine Komödie aufführen, dann den Seiltänzern und der philinischen Bande, den Bergleuten, dem Melina &amp;c. hat etwas Verhängnißvolles, wenn man von den anfänglichen dramaturgischen Intentionen im Plane Göthe's abstrahirt, welche der treffliche Schiller niederzuhalten wußte. Es hat etwas Verhängnißvolles, weil die unklare Anlage Wilhelms, die er erstickt zu haben wähnte, durch die Begegnisse von außen immerfort neu hervorgefordert wird. Das Leben selbst kommt hier der humanistischen Pädagogik des Abbé auf das Beste zu Hilfe, wonach nämlich jeder Neigung so frühe und so schnell als möglich Raum und Stoff gegeben werden soll, damit ein etwaiger Irrtum sich baldigst herausstelle. Die Mächte des Turms unterstützen aus diesen Grundsätzen auch die theatralischen Bestrebungen ihres Günstlings auf der Bühne Serlo's.

Aber die ästhetische Natur Wilhelm Meister's soll zur innern Harmonie, zur menschlichen Schönheit ausgebildet werden, durch die heitere, zwangslose Kunst sich einzuleben und hineinzuhören in die vielerlei Rhythmen des Menschengeistes. Der Weg zur schönen Individualität führt ihn durch den optisch schönen Schein hindurch, welcher als Mittel der Darstellung nur die formale Seite des Wesens ist, seine Strahlenbrechung. Wesenloser Schein ist fade, widerlich und lächerlich; wesenhaft wird er vollendete Erscheinung, anmutige und würdige Kundgebung. Wilhelm hat das Scheinen um des Seins willen zu lernen, er hat von innen heraus die Grazie der Form zu gewinnen, welche Leib und Seele im maßvollen Einklange der Wolanständigkeit sich bewegen läßt.

Der schöne Schein findet nun sein ganz besonders günstiges Element in der Schaubühne und in der ihr verwandten Repräsentation des Adels. Göthe, der im dritten Buche der Lehrjahre mit köstlichem Humor die vagabondirenden Komödianten und den komödirenden Adel parallelisirt, hat diese Verwandtschaft so richtig und mit einer so historischen Wahrheit aufgefaßt, daß sich aus der Geschichte der höheren Gesellschaft sofort unzählige analoge Erscheinungen darbieten, von dem theatralischen Hofe Nero's bis auf Ludwig den Vierzehnten, August von Sachsen und die durch Tieck's Bühnenromantik verschönerten Tage von Potsdam.

Die Schaudarstellung seiner selbst ist immer der geheime Trieb aller solcher Repräsentationen, deren Hof und Aristokratie niemals entbehren konnte, weil sie durch den schönen sinnlichen Schein imponiren müssen, um, wie auch die katholische Kirche gethan hat, welche das Theater in ihren Bereich zog, die innere Holheit des Dogma's durch glänzende und ostentiöse Formen zu verhüllen.

Es geschieht indeß keinesweges, daß sich Wilhelm Meister durch den bloßen Schein blenden läßt. Er imponirt ihm nur deshalb, weil es ihm um den menschlichen Inhalt zu thun ist, den er aus der flittergoldenen Verbrämung herauszulösen weiß. Er imponirt ihm auch nur so lange, bis er sich die vollendete Formbewegung seines Wesens angeeignet hat. Und so läßt Göthe, nach einem Winke Schiller's, den pedantischen Grafen, in dessen Schlosse Wilhelm erst als Schauspieler debutirt hatte, absichtlich später die Person des nun vielgewandten Meister verkennen, da er ihn in Natalien's Hause für einen Mylord ansieht.

Wilhelm bringt an das Theaterleben die idealsten Vorstellungen heran. Er kann es nicht begreifen, daß der Schauspieler die hohe, feierliche und erhabene Menschlichkeit, die er doch darzustellen berufen sei, nicht auch auf seine private Persönlichkeit übertrage, daß der schöne Schein mit den ausgelöschten Bühnenlampen zugleich verschwinde. Er will keine Differenz zwischen dem illusorischen Bühnencharakter und dem Privatcharakter statuiren, und weil ihm Mensch und Acteur zu Eins wird, bekundet er zugleich, daß er die Schauspielkunst nicht begriffen habe.

Der Hamlet, den er später spielt, möchte seinen Wahn, er sei zum Theater berufen, verstärken, muß ihn aber zuletzt vernichten, weil ihm das Verstandesurteil die Ueberzeugung aufnötigt, daß ein Schauspieler, der nur sich selbst darzustellen vermöge, keiner sei. Wilhelm's schwärmerischer idealer Kunstenthusiasmus findet daher seine Karikatur an der Beschränktheit des Grafen, welcher den lächerlichen Pedanten, der von Natur aus ein solcher ist, für einen eminenten Schauspieler erklärt, und den Harfner, dessen Bart er für falsch hält, mit Lob überhäuft, weil er auch außerhalb der Bühne den Bart nicht ablege.

Man sieht übrigens aus solchen überspannten Forderungen Wilhelm's, daß es ihm immer nicht um das Theater selbst, also nicht um den schönen Schein an sich zu thun ist, sondern daß ihn nur die scheinende Natur des Menschen reizt, deren moralische und ästhetische Wunder ihm die veredelnde Kunst als ein anschauliches Ganze von Gestaltungen vor Augen führt, als ein farbenreiches Panorama des Lebens der Intuition auseinanderbreitet. So bricht er nach dem ersten Begegniß mit Melina in den trefflichen Monolog aus: »dir sind die Breter nichts als Breter, und die Rollen, was einem Schulknaben sein Pensum ist. Die Zuschauer siehst du an, wie sie sich selbst an Werkeltagen vorkommen. Dir könnte es also freilich einerlei sein, hinter einem Pult über liniirten Büchern zu sitzen, Zinsen einzutragen und Reste herauszustochern. Du fühlst nicht das zusammenbrennende, zusammentreffende Ganze, das allein durch den Geist erfunden, begriffen und ausgeführt wird; Du fühlst nicht daß in den Menschen ein besserer Funke lebt, der, wenn er keine Nahrung erhält, wenn er nicht geregt wird, von der Asche täglicher Bedürfnisse und Gleichgültigkeit tiefer bedeckt, und doch so spät und fast nie erstickt wird – – – Regten sich lebendig in deiner Seele die Gestalten wirkender Menschen, wärmte deine Brust ein teilnehmendes Feuer, verbreitete sich über deine ganze Gestalt die Stimmung, die aus dem Innersten kommt, wären die Töne deiner Kehle, die Worte deiner Lippen lieblich anzuhören, fühltest du dich genug in dir selbst, so würdest du dir gewiß Ort und Gelegenheit aufsuchen, dich in anderen fühlen zu können.« (Lehrjahre I. Kap. XIV.)

Wilhelm macht die tiefste Mitleidenschaft des vom Ideale des Menschen trunknen Herzens zur Bedingung der Schauspielkunst, welche, es sei hier gesagt, wesentlich eine Kunst des Maßes, des Entsagens und der Beschränkung ist, und schon deshalb in diesem Romane der Entsagung ihren Platz beanspruchen mag. Was er fordert, gewährt ihm denn der günstige Zufall in Aurelien anzuschauen und zu erfahren. Dieses leidenschaftliche Weib, welches nimmer resigniren kann, legt die ganze Geschichte ihres todtwunden Herzens in ihr Spiel hinein und verzehrt sich in der Glut ihrer eigenen Schmerzen, also daß dramatische Illusion und leibhafte Wirklichkeit eins werden und mit verdoppeltem Ungestüme sie zu Grunde richten. Die Rolle der Orsina wird daher an ihr zur Mörderin, oder ihr selbstverschuldeter Tod ist nur ihr letzter theatralischer Lebensact.

Ist nun die dramatische Welt ihrer Natur nach ganz dazu geeignet, die Phänomene des Menschlichen nach allen Seiten hin in eine Sammlung zu bringen, die das ideal gestimmte Gemüt zur Beschaulichkeit erregt, reinigt und erhöht und am Ende doch auf sich selbst zurückführt, so liegt in ihr zugleich auch idealer Weise die Ueberwindung des Standes. Dadurch daß sich der Schauspieler aus einer Rolle in die andere wirft, gewinnt er für das Leben die Fertigkeit, sich mit Freiheit in allen Sphären zu bewegen und sich jedem Stande gemäß persönlich darzustellen, eine Fertigkeit, deren Gewinnst freilich in den meisten Fällen nur auf Kosten des gediegenen Charakters zu erwerben ist.

Nun muß Wilhelm Meister, um zum Vollgenuße und Vollbesitze seines echten Menschen zu gelangen auch den ihm noch anhaftenden Standesmenschen überwinden. Durch seine theatralische Schule in die Kunst der persönlichen Darstellung schon tief eingeweiht, muß er auch praktisch mit dem höheren Stande der Gesellschaft in lebendige Berührung kommen, um die beengende Schranke der bürgerlichen Welt durch humanistische Bildung aufzuheben und den Adel zu paralysiren, den er noch beneidet, weil er ihn »dreimal glücklich« preisen muß, daß ihn die Geburt sogleich über die untern Stufen der Menschheit hinaushebt, und daß er durch jene Verhältnisse, in welchen sich manche gute Menschen die ganze Zeit ihres Lebens abängstigen, nicht durchzugehen, auch nicht einmal darin als Gast zu verweilen braucht.

Der Brief, den Wilhelm an Werner schreibt, und welcher also schon hier, in den Lehrjahren, das Bewußtsein ausspricht, daß die Grenzen zwischen dem bürgerlichen und dem vornehmen Stande müssen aufgehoben werden, ist sehr bedeutend. Natürlich faßt Wilhelm, der Humanist, diese sociale Frage nicht aus dem Gesichtspunkte des absoluten Menschenrechts auf, wie er gegenwärtig thun würde, sondern nur aus dem Principe der freien und gebildeten Persönlichkeit, welche sich anzueignen er als den ihm eingebornen Lebenstrieb selbst bezeichnet. So wie sich diese Frage aber auch in den Lehrjahren wenden mag, so ist damit schon genug ausgesprochen: daß der Stand auf den Menschen, nicht aber der Mensch auf den Stand zurückzuführen sei, und daß an die Staatsgesellschaft stillschweigend das Postulat gemacht wird, sich also einzurichten, daß den Individuen zur persönlichen Ausbildung Raum gegeben werde. Denn durch sie soll eben der Unterschied der Stände getilgt werden. Diesem vernunftgemäßen Postulate nun hat die Gegenwart durch den Grundsatz einer leider nur erst theoretischen Gleichberechtigung aller »selbstständigen« Menschen Genüge zu thun gesucht, aber sie hat den römischen Patriciern nachgeahmt, welche ein neues Privilegium für die Aristokratie schufen, als das Volk das Consulat erlangt hatte – sie hat den Geldstand creirt; und nach diesem Systeme würde ein Werner vor einem Wilhelm Meister innerhalb der Staatsgesellschaft den Vorrang behaupten.

»Wenn der Edelmann, schreibt Wilhelm, im gemeinen Leben gar keine Grenzen kennt, wenn man aus ihm Könige oder königliche Figuren erschaffen kann; so darf er überall mit einem stillen Bewußtsein vor Seinesgleichen treten; er darf überall vorwärts dringen, anstatt daß dem Bürger nichts besser ansteht, als das reine stille Gefühl der Grenzlinie, die ihm gezogen ist. Er darf nicht fragen: was bist du? sondern nur: was hast du? welche Einsicht, welche Kenntniß, welche Fähigkeit, wie viel Vermögen? Wenn der Edelmann durch die Darstellung seiner Person alles gibt, so gibt der Bürger durch seine Persönlichkeit nichts und soll nichts geben. Jener darf und soll scheinen; dieser soll nur sein, und was er scheinen will ist lächerlich und abgeschmackt. Jener soll thun und wirken, dieser soll leisten und schaffen; er soll einzelne Fähigkeiten ausbilden, um brauchbar zu werden, und es wird schon vorausgesetzt, daß in seinem Wesen keine Harmonie sei, noch sein dürfe, weil er, um sich auf eine Weise brauchbar zu machen, alles Uebrige vernachläßigen muß.«

Also nimmt Wilhelm nur erst bescheidentlich klagend das höchste Menschenrecht für die gesammte Gesellschaft in Anspruch, dieses Menschenrecht, durch die Person zu gelten, Mensch zu sein und zu heißen, während in der unnatürlich verschrobenen Societät die Menschen nur als chiffrirte Fragmente addirt und subsumirt werden, als Soldaten oder Beamte, als Gelehrte oder als Kaufleute, als Grafen oder als Lumpen, als solche, die haben dies und jenes, Namen, Titel, Bücher und Güter, oder die nur den Mangel von Allem besitzen. Die triumfirende Idee des Humanismus, des reinen schrankenlosen Menschentums, geht aus jenen goldenen Worten mit überzeugender Wahrheit hervor, und hinter ihr sinkt die ganze Philisterei der Staatsmoral, die jedem das Seinige an legalen Pflichten und Duodezrechten vorschematisirt, wie der ganze Recht- und Titelgebende Besitz in das Nichts zusammen. Denn der Mensch soll einmal von der mittelalterlichen Devise befreit werden.

Aber noch bedeutender läßt der Dichter Wilhelm, in die Zukunft blickend, also fortfahren: »An diesem Unterschied ist nicht etwa die Anmaßung der Edelleute und die Nachgiebigkeit der Bürger, sondern die Verfassung der Gesellschaft selbst Schuld; ob sich daran einmal etwas ändern wird und was sich ändern wird bekümmert mich wenig; genug, ich habe, wie die Sachen jetzt stehen, an mich selbst zu denken, und wie ich mich selbst und das, was mir ein unerläßliches Bedürfniß ist, rette und erreiche.« Der weichherzige Wilhelm taugt allerdings nicht dazu, die verrenkte Welt in Harmonie zu bringen, hat er sich selber doch erst wollautend zu stimmen, und wenn er hier zu einem Indifferentismus in Bezug auf die Gesellschaft und als den Egoisten der Bildung sich bekennt, so ist er eben der Lehrling der Lehrjahre.

Wie es Göthe übrigens am Herzen lag, die Differenz der Stände in seiner Dichtung auch reell zu tilgen, erkenne man daraus, daß er sie endlich amalgamirt. Dies geschieht mit einer bewundernswerten Kunst und Feinheit, indem er den höheren Stand in den niederen herabsteigen und umgekehrt den niedern zu dem höheren aufsteigen läßt. Der adlige Friedrich, Lothario's und Nataliens Bruder, entsagt seinen Standesprivilegien, um sich mit dem Komödiantenvolke umherzutreiben und endlich mit der Lais-Philine sich zu verbinden; denn sein Naturell ist das Gesetz seiner Emancipation. Der bürgerliche Wilhelm steigt durch die Vermittelung des Theater's und seiner gefälligen Persönlichkeit in die höchsten Stände empor und verbindet sich endlich mit der adligen Natalie; denn sein Naturell ist auch ihm das Gesetz seiner Emancipation.

Der graziöse Anstand und das ungezwungene Betragen, die Leichtigkeit der konventionellen Formen, welche Wilhelm im Schloße des Grafen bewundern lernt, wo man die Ankunft des kriegserfahrnen Fürsten feiert, machen auf den Bürgersohn einen gewaltigen Eindruck. Er nimmt die Sphäre der Aristokratie als etwas Objectives, einmal Gesetztes, erst ohne alle Kritik an, bis ihm absichtslos die Einsicht in die abgeschmackte Komödiantenschaft des vornehmen Lebens gegeben wird. Denn je tiefer er sich da hineinlebt, desto mehr überzeugt er sich, daß der Adel mit der Geburt nicht auch zugleich über die allgemeinen menschlichen Schwächen hinausgehoben sei, sondern daß er ihnen, den kleinlichsten Vorurteilen und dem gemeinsten Aberglauben doppelt unterliege. Der Graf, der Baron, die Baronesse, die Offiziere geben ihm tausend Belege dafür und stärken sein eigenes sittliches Bewußtsein. Seine schüchterne Zurückhaltung und bürgerliche Unsicherheit verlieren sich allmälig. Wilhelm, der zuerst noch so wenig auf seinem Character ruht, daß er es für keine Erniedrigung hält dem Prinzen, als einem so hohen Herrn, mit der Bewunderung des Racine ins Gesicht zu schmeicheln, hat am Ende durch die feurige Umarmung, welcher sich die holdselig sentimentale Gräfin hingibt, die Standeskluft übersprungen und das siegreiche Naturgesetz menschlicher Attraction auf die menschlichste Weise zu Ehren gebracht.

Er hat Jarno, den misantropischen Weltverächter kennen gelernt und diese Einweihung in die Kritik des Lebens ist für ihn von großer Bedeutung. Im weiteren Processe der Entwicklung Wilhelms macht sie eine Epoche; sie leitet einmal seine nun wirksam werdende Beziehung zu dem Geheimbunde ein und vermittelt dann durch den praktisch beschränkten Weltverstand Jarno's und durch Shakespeare's Poesie Wilhelm's Uebergang aus dem unbestimmt verschwimmenden Idealismus in das bestimmt thätige Leben. Die shakespearische Welt mit ihrer drastischen Energie und vollsaftigen Wirklichkeit von echten Menschen, mit ihrem genialen Humor der Formlosigkeit, liegt der glatten Etikette des manirirten Franzosentums, dessen schönen Schaum Wilhelm von der Aristokratie eben abschöpft, so schroff gegenüber, daß sie ihm über den farbigen Schein mit hinweg zum Wesentlichen weiter hilft, nachdem er sich vom Adel assimilirt hat, was seiner Natur homogen war. Die shakespearische Welt reizt ihn aber zugleich unendlich durch ihren Idealismus und dessen wunderbare Verschmelzung mit der reellsten Wirklichkeit, die er selber anzustreben hat.

Wilhelm saugt an dieser Sphäre mit dürstender Begier. Der Geist, den er heraufbeschwört, ist sein leibhaftiges Gegenbild, ist Hamlet. Indem er ihn begreift, begreift er sich selber, in dem er ihn darstellt, stellt er sich selber dar. So wird er sich gegenständlich wie in einem Phantome, das er zu überwinden hat, um sich zu überwinden, um positiven Gehalt zu gewinnen. In diesem Ringkampfe mit seinem Schatten wird ihm die Erkenntniß, das γνωθι σαυτον zu Teil, die Schuppen beginnen ihm vom Auge zu fallen, und es folgt seine Concentration zur Individualität, der Uebergang vom Schein zum Sein, vom Sinn zur That. Hier haben denn die Bekenntniße, das γνωθι σαυτον der schönen Seele ihre notwendige Zwischenstelle.

Sofort nun wende dich nach innen,
Das Centrum findest du da drinnen.
Woran kein Edler zweifeln mag.
Wirst keine Regel da vermissen;
Denn das selbstständige Gewissen
Ist Sonne deinem Sittentag.

(Goethe Gedicht Vermächtniß.)


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