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An Paul Perez von Verona.

Es scheint, mein teurer Freund, daß der Mensch die reinsten Freuden oftmals nur in flüchtiger Gegenwart genießen darf, um ihren Werth in einer langen Sehnsucht doppelt zu empfinden. Das bedeutende Jahr, welches wir in Rom gemeinsam verlebten, war zu kurz für meine Bedürfnisse, und seit wir uns an jenem schmerzlichen Tage auf den Ruinen der Fortuna von Präneste Lebewol sagten, haben wir manche Trümmer beklagt. Ach! die Zelt schreitet schnell, und alles zerteilend, durch das Menschenleben, und mit ihr die Begleiterin des Glücks, die grause Notwendigkeit:

clavos trabales, et cuneos manu
gestans ahena; nec seversu
uncus abest, liquidumque plumbum.

Wo sind unsre Studien, unsre Wanderungen und Zwiegespräche auf den Hügeln und Villen Rom's, oder in dem stillen Gartenzimmer vor den Bädern des Aemilius Paulus? — Nur in Symbolen spricht alles Vergangene. Mein teurer Perez, ich sende Dir die Muse mit einem Freundeszeichen; sie kommt Dich zu fragen, ob Du die Freundin noch kennen willst, oder ob ihre ernstere Schwester Philosophie sie ganz von Deinem Angesicht verbannt habe. Sie tritt in Dein Gemach, eine brennende Lampe von Pompeji in der Hand. Erinnerst Du Dich der Stunde, als ich Dir von dem Eindruck erzählte, den im Museum der Bronzen Neapel's einst jener prächtige Candelaber auf mich machte, welcher im Hause des Arrius Diomedes ist ausgegraben worden? Ich trug seine Gestalt lange wie ein freundliches Lebenssymbol im Gemüt umher, und ich versuchte in wiederholter Sommermuße ein Nachbild, welches ich Dir, die Gabe der Erinnerung auswechselnd wie Freunde pflegen, nun als ein dürftigeres Denkmal unsres Zusammenlebens sende. Nichts weiter laß mich sagen, mein edler Freund: denn was dem Poeten und Philosophen allzu kunstlos erscheinen wird, darf doch der nachsichtige Freund zugleich als Andenken willkommen heißen. Und so nimm diese Votiv-Lampe freundlich auf; so oft noch in späteren Jahren (sie seien Dir lang, wirkungsreich und glücklich!) Dein Blick auf sie fällt, gedenke gern jener mühevollen, bildsamen und vom Licht der Wissenschaft hellen Tage Rom's.

Rom, im Frühling 1857.

Dein treuer Freund
Ferdinand Gregorovius.


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