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Spätere Fassung mit neuem Titel –
Stella. Ein Trauerspiel.
– und einem neuen Schluss.
Fernando.
Gott im Himmel! Welch ein Strahl von Hoffnung dringt herein!
Cäcilie.
Sie ist da! Sie ist unser!
Nach der Kabinettstüre.
Stella!
Fernando.
Laß sie, laß mich!
Im Begriff wegzugehen.
Cäcilie.
Bleib! Höre mich!
Fernando.
Der Worte sind schon genug. Was werden kann, wird werden. Laß mich! In diesem Augenblick bin ich nicht vorbereitet, vor euch beiden zu stehen.
Ab.
Cäcilie, hernach Lucie, hernach Stella.
Cäcilie.
Der Unglückliche! Immer so einsilbig, immer dem freundlichen, vermittelnden Wort widerstrebend, und sie, ebenso! Es muß mir doch gelingen.
Nach der Türe.
Stella! Höre mich, Stella!
Lucie.
Ruf ihr nicht! Sie ruht, von einem schweren Leiden ruht sie einen Augenblick. Sie leidet sehr; ich fürchte, meine Mutter, mit Willen; ich fürchte, sie stirbt.
Cäcilie.
Was sagst du?
Lucie.
Es war nicht Arzenei, fürcht ich, was sie nahm.
Cäcilie.
Und ich hätte vergebens gehofft? O, daß du dich täuschtest! – Fürchterlich – Fürchterlich!
Stella an der Türe.
Wer ruft mich? Warum weckt ihr mich? Welche Zeit ist es? Warum so frühe?
Lucie.
Es ist nicht frühe, es ist Abend.
Stella.
Ganz recht, ganz wohl, Abend für mich.
Cäcilie.
Und so täuschtest du uns!
Stella.
Wer täuschte dich? Du.
Cäcilie.
Ich brachte dich zurück, ich hoffte.
Stella.
Für mich ist kein Bleibens.
Cäcilie.
Ach hätte ich dich ziehen lassen, reisen, eilen, ans Ende der Welt!
Stella.
Ich bin am Ende.
Cäcilie zu Lucien, die indessen ängstlich hin und wider gelaufen ist.
Was zauderst du? Eile, rufe um Hülfe!
Stella, die Lucien anfaßt.
Nein, verweile.
Sie lehnt sich auf beide, und sie kommen weiter hervor.
An eurem Arm dachte ich durchs Leben zu gehen; so führt mich zum Grabe.
Sie führen sie langsam hervor und lassen sie auf der rechten Seite auf einen Sessel nieder.
Cäcilie.
Fort, Lucie! fort! Hülfe! Hülfe!
Lucie ab.
Stella, Cäcilie, hernach Fernando, hernach Lucie.
Stella.
Mir ist geholfen!
Cäcilie.
Wie anders glaubt ich! Wie anders hofft ich!
Stella.
Du Gute, Duldende, Hoffende!
Cäcilie.
Welch entsetzliches Schicksal!
Stella.
Tiefe Wunden schlägt das Schicksal, aber oft heilbare. Wunden, die das Herz dem Herzen schlägt, das Herz sich selber, die sind unheilbar, und so – laß mich sterben.
Fernando tritt ein.
Übereilte sich Lucie, oder ist die Botschaft wahr? Laß sie nicht wahr sein, oder ich fluche deiner Großmut, Cäcilie, deiner Langmut.
Cäcilie.
Mir wirft mein Herz nichts vor. Guter Wille ist höher als aller Erfolg. Eile nach Rettung, sie lebt noch, sie gehört uns noch.
Stella, die aufblickt und Fernandos Hand faßt.
Willkommen! Laß mir deine Hand,
zu Cäcilien
und du die deine. Alles um Liebe, war die Losung meines Lebens. Alles um Liebe, und so nun auch den Tod. In den seligsten Augenblicken schwiegen wir und verstanden uns,
sucht die Hände beider Gatten zusammenzubringen
und nun laßt mich schweigen und ruhen.
Sie fällt auf ihren rechten Arm, der über den Tisch gelehnt ist.
Fernando.
Ja wir wollen schweigen, Stella, und ruhen.
Er geht langsam nach dem Tische linker Hand.
Cäcilie in ungeduldiger Bewegung.
Lucie kommt nicht, niemand kommt. Ist denn das Haus, ist denn die Nachbarschaft eine Wüste? Fasse dich, Fernando, sie lebt noch. Hunderte sind vom Todeslager aufgestanden, aus dem Grabe sind sie wieder aufgestiegen. Fernando, sie lebt noch. Und wenn uns alles verläßt, und hier kein Arzt ist, keine Arzenei, so ist doch einer im Himmel, der uns hört.
Auf den Knieen, in der Nähe von Stella.
Höre mich! Erhöre mich, Gott! Erhalte sie uns, laß sie nicht sterben!
Fernando hat mit der linken Hand ein Pistol ergriffen und geht langsam ab.
Cäcilie wie vorher, Stellas linke Hand fassend.
Ja sie lebt noch; ihre Hand, ihre liebe Hand ist noch warm. Ich lasse dich nicht, ich fasse dich mit der ganzen Gewalt des Glaubens und der Liebe. Nein, es ist kein Wahn! Eifriges Gebet ist stärker denn irdische Hülfe.
Aufstehend und sich umkehrend.
Er ist hinweg, der Stumme, Hoffungslose. Wohin? O, daß er nicht den Schritt wagt, wohin sein ganzes sturmvolles Leben sich hindrängte. Zu ihm!
Indem sie fort will, wendet sie sich nach Stella.
Und diese laß ich hülflos hier. Großer Gott! und so stehe ich, im fürchterlichsten Augenblick, zwischen zweien, die ich nicht trennen und nicht vereinigen kann.
Es fällt in der Ferne ein Schuß.
Cäcilie.
Gott!
Will dem Schall nach.
Stella, sich mühsam aufrichtend.
Was war das? Cäcilie, du stehst so ferne, komm näher, verlaß mich nicht. Es ist mir so bange. O meine Angst! Ich sehe Blut fließen. Ist's denn mein Blut? Es ist nicht mein Blut. Ich bin nicht verwundet, aber todkrank – Es ist doch mein Blut.
Lucie kommt.
Hülfe, Mutter, Hülfe! Ich renne nach Hülfe, nach dem Arzte, sprenge Boten fort; aber ach! soll ich dir sagen, ganz anderer Hülfe bedarf's. Mein Vater fällt durch, seine eigene Hand, er liegt im Blute.
Cäcilie will fort, Lucie hält sie.
Nicht dahin, meine Mutter, der Anblick ist hülflos, und erregt Verzweiflung.
Stella, die halb aufgerichtet aufmerksam zugehört hat, faßt Cäciliens Hand.
So wäre es geworden?
Sich aufrichtend und an Cäcilien und Lucien lehnend.
Kommt, ich fühle mich wieder stark, kommt zu ihm. Dort laßt mich sterben.
Cäcilie.
Du wankst, deine Kniee tragen dich nicht. Wir tragen dich nicht. Auch mir ist das Mark aus den Gebeinen.
Stella sinkt an den Sessel nieder.
Am Ziele denn. So gehe du hin, zu dem, dem du angehörst. Nimm seinen letzten Seufzer, sein letztes Röcheln auf. Er ist dein Gatte. Du zauderst? Ich bitte, ich beschwöre dich. Dein Bleiben macht mich unruhig.
Mit Bewegung, doch schwach.
Bedenke, er ist allein, und gehe!
Cäcilie mit Heftigkeit ab.
Lucie.
Ich verlasse dich nicht, ich bleibe bei dir.
Stella.
Nein, Lucie! Wenn du mir wohl willst, so eile. Fort! fort! laß mich ruhen! Die Flügel der Liebe sind gelähmt, sie tragen mich nicht zu ihm hin. Du bist frisch und gesund. Die Pflicht sei tätig, wo die Liebe verstummt. Fort zu dem, dem du angehörst. Er ist dein Vater. Weißt du, was das heißt? Fort! wenn du mich liebst, wenn du mich beruhigen willst.
Lucie entfernt sich langsam.
Stella sinkend.
Und ich sterbe allein.