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Siegmund. Julchen.
Julchen. Was sagen Sie mir? Das glaube ich in Ewigkeit nicht.
Siegmund. Ich aber glaube es.
Julchen (bestürzt). Hat er es Ihnen denn selbst gesagt? Ich Unglückliche!
Siegmund. Er hat mir's nicht mit deutlichen Worten gesagt: aber es ist gewiß, daß er Ihnen Lottchen weit vorzieht. Ich wollte ihm diese Beleidigung, so groß sie auch ist, gern vergeben, wenn er nur Sie nicht zugleich beleidigte. Ich bedaure Sie, mein Engel. Ich weiß, Sie meinen es aufrichtig und werden meine Redlichkeit dadurch belohnen, daß Sie dem Unbeständigen wenigstens meinen Namen verschweigen.
Julchen. War dies die Ursache seiner Traurigkeit? Der Treulose! Was hat er für Vorteil davon, ein unerfahrnes Herz zu betrügen? Wenn er mir aus Rache das Leben hätte nehmen wollen: so würde ich ihn noch nicht hassen. Aber daß er mich unter der Maske der Liebe und Aufrichtigkeit hintergeht, ist die schandbarste Tat.
Siegmund. Er wird es leugnen, denken Sie an mich.
Julchen. Der Verräter! Ja, er soll es leugnen. Ich mag dieses Verbrechen nie aus seinem Munde erfahren. Ich will ihn nicht bestrafen. Nein! Sein Gewissen wird mich rächen... Wie? Er? dem ich heute mein Herz schenken... doch nein, ich habe ihn nicht geliebt. Aber hat er nicht tausendmal gesagt, daß er mich liebte? Hält man sein Wort unter den Männern nicht besser?
Siegmund. O meine Freundin, lassen Sie das Verbrechen eines einzigen nicht auf unser ganzes Geschlecht fallen. Sollten Sie mein Herz sehen! Ja... auch der Zorn macht Sie noch liebenswürdiger.
Julchen. Verlassen Sie mich, liebster Freund. Ich will... Und du, meine Schwester, du schweigst? Und alles dies tust du, o Liebe, du Pest der Menschen!... Verlassen Sie mich. Ich verspreche Ihnen bei meiner Ehre, Ihren Namen nicht zu entdecken und Ihre Aufrichtigkeit zeitlebens zu belohnen. Aber kommen Sie bald wieder hieher.
Siegmund. Sobald, als ich glaube, daß sich Ihre Hitze etwas gelegt haben wird.
Julchen. Damis.
Julchen (die ihn in der Hitze nicht kommen sieht). Eben zu der Zeit, da er mir die teuresten Versicherungen der Liebe gibt, wird er auch untreu...? Und ich, ich kann ihn noch nicht hassen? Bin ich bezaubert?
Damis. Allerliebstes Kind, sehen Sie mich denn nicht? Mit wem reden Sie?
Julchen. Mit einem Betrüger, den ich geliebt haben würde, wenn ich weniger von ihm erfahren hätte. (Gelinder.) Ist es Ihnen möglich gewesen, mich zu hintergehn? Mich? die ich schon anfing, Sie im Herzen allen Personen Ihres Geschlechts vorzuziehn? Warum handeln Sie so grausam und erwecken eine Neigung in mir, die ich verabscheuen muß, nachdem ich sie gefühlt habe? Doch um Ihnen zu zeigen, was Sie für ein Herz hintergangen haben: so sage ich Ihnen, daß ich Sie niemals hassen, daß ich mich vielmehr bemühen werde, Ihren Fehler vor mir selbst zu verbergen.
Damis. Ich Unglücklicher! Ist der Betrüger der Name, den ich verdiene? Ich entschuldige mich nicht einen Augenblick, erzürnte Freundin. Ich sage Ihnen vielmehr mit dem Stolze eines guten Gewissens, daß mein Herz gar keines Betrugs fähig ist. Ich verlange es auch nicht zu wissen, wer Ihnen die übele Meinung beigebracht hat. Die Zeit wird mich schon rechtfertigen.
Julchen. Und Sie sprechen noch mit so vielem Stolze?
Die Vorigen. Lottchen.
Damis (zu Lottchen). Kommen Sie, meine Freundin, und fangen Sie an, mich zu hassen. Ich soll meine Juliane hintergangen haben.
Lottchen. Haben Sie sich beide schon ein wenig gezankt? Vermutlich über die ersten Küsse.
Damis (zu Julchen). Verklagen Sie mich doch bei Ihrer Jungfer Schwester. Sagen Sie ihr doch mein Verbrechen.
Julchen. Vielleicht fände ich da die wenigste Hülfe.
Lottchen. Ach, Julchen, wenn die selige Frau Muhme es hätte wissen sollen, daß du dich an dem Tage deiner Verlobung mit deinem Bräutigam zanken würdest: sie hätte dir nicht einen Ziegel von ihrem Rittergute vermacht. Ich habe die gute Hoffnung, daß der Krieg nicht lange dauern wird. Dein Herz ist von Natur friedfertig, wenngleich die Liebe etwas zänkisch ist.
Julchen. O scherze nicht.
Lottchen (zu Damis). Sehn Sie nur Ihre liebe Braut recht an. Haben Sie sie durch eine kleine Liebkosung erbittert gemacht: so wollte ich Ihnen den Rat geben, sie durch zwo neue zu besänftigen. Julchen, rede wenigstens mit mir, wenn es Herr Damis nicht verdient. Oder wenn er dich ja beleidiget hat: so laß dir den Kuß wiedergeben: so seid ihr geschiedene Leute. Was habt ihr denn miteinander?
Julchen. Was wir miteinander haben? Das werde ich in deiner Gegenwart nicht sagen können. Ich glaube zwar gar nicht, daß du ihm Gelegenheit gegeben hast. Und was kann er dafür, daß du liebenswürdiger bist als ich? Auch sein Vergehn ist noch ein Verdienst. Er würde dich nicht lieben, wenn er nicht die größten Vorzüge zu lieben gewohnt wäre. Ich entschuldige ihn selbst.
Lottchen. Du gutes Kind! Also bin ich deine Nebenbuhlerin! Du dauerst mich in Wahrheit. Ich will dir das ganze Geheimnis eröffnen. Kommen nicht die Beschuldigungen wider deinen Liebhaber von Herrn Siegmunden her? Ich kann mir's leicht einbilden. Er hat sich in dich verliebt stellen sollen, um dich zu überführen, daß du vielleicht schon liebtest. Er wird also die List gebraucht und dich beredt haben, daß Herr Damis mich liebte. Vergib ihm diesen Scherz. Er hat seine Rolle gar zu gut gespielt.
Julchen. Er tat sehr ernstlich und...
Damis (zu Julchen). Sehn Sie, was ich für ein betrügerisches Herz habe?
Julchen. Aber...
Damis. Sie können noch ein Mißtrauen in mich setzen? Wie wenig müssen Sie mich kennen!
Julchen. Ich? mein Herr...
Damis. Ist das der Lohn für meine Liebe?
Julchen. Der Lohn? Hassen Sie mich denn? Würde ich eifersüchtig geworden sein, wenn ich nicht... Also haben Sie mich nicht hintergangen? Ja, mein ganzes Herz hat für Sie gesprochen.
Lottchen. Du hast dich fangen lassen, meine gute Schwester. Und ich merke, daß es dir schon weh tut, daß du deinen Geliebten wegen deiner Hitze noch nicht um Vergebung gebeten hast. Ich will es an deiner Stelle tun. (Zum Damis.) Mein Herr, sein Sie so gütig und vergeben Sie es Julchen, daß Sie zärtlicher von ihr geliebt werden, als Sie gedacht haben.
Julchen. Nein, wenn ich mich geirrt habe: so bitte ich Ihnen meinen Fehler freiwillig ab.
Damis. Aber lieben Sie mich denn auch?
Julchen. Ja. Nunmehr weiß ich's gewiß, daß ich Sie liebe. Und nunmehr bin ich bereit, dieses Bekenntnis vor meinem Vater und Ihrem Herrn Vormunde zu wiederholen, wenn Ihre Wünsche dadurch befriediget werden.
Damis. Meine Juliane! Ich bin zu glücklich.
Julchen. Wenn ich Ihr Herz noch nicht hätte: so würde ich nunmehr selbst darum bitten, so hoch schätze ich's.
Damis. Vortreffliche Juliane! Ich bin... Doch es ist mir kein Gedanke anständig genug für Sie. Dieses ist es alles, was ich Ihnen in der Entzückung antworten kann.
Lottchen. Meine liebe Schwester (sie umarmt Julchen), deine Liebe sei ewig glücklich! Sei mir ein Beispiel der Zärtlichkeit und der Zufriedenheit. (Zum Damis.) Und Sie, mein lieber Herr Bruder, sollen so glücklich sein, als ich meine Schwester zu sehn wünsche. Bleiben Sie ein Freund meines Freundes, und befördern Sie unsere Ruhe durch Ihre Aufrichtigkeit. Kommen Sie, wir wollen zu unserm ehrlichen Vater gehn. Wie froh wird der fromme Alte nicht sein, wenn er Julchens Entschluß hört! Doch ich sehe den Herrn Vormund kommen. Gehn Sie, ich will das Vergnügen haben, diesem rechtschaffenen Mann, der mir heute eine freudige Post gebracht hat, auch die erste Nachricht von der Gewißheit Ihrer beiderseitigen Liebe zu geben.
(Julchen und Damis gehn ab.)
Lottchen. Simon.
Simon. Endlich habe ich die Ehre, Ihnen die Abschrift von dem Testamente zu bringen. Ich habe sie selbst geholet. Wollen Sie unbeschwert diesen Punkt lesen? (Er reicht ihr die Abschrift.)
Lottchen (sie liest). Wie? Ich bin die Erbin des Ritterguts? Ich?
Simon. Ja, Sie sind es, Mamsell, und nicht Ihre Jungfer Schwester. Der Herr Hofrat, der mir die erste Nachricht gegeben, muß sich entweder geirret oder diese kleine Verwirrung mit Fleiß angerichtet haben, um seiner Jungfer Pate eine desto größere Freude zu machen. Genug, es ist nunmehr gewiß, daß Sie die Erbin des Ritterguts sind, und kein Mensch kann Ihnen dieses Glück aufrichtiger gönnen, als ich tue. Sie verdienen noch weit mehr.
Lottchen. O das ist ein trauriges Glück! Wird nicht meine liebe Schwester darüber betrübt werden? Wird nicht Ihr Herr Mündel...?
Simon. Waren Sie doch viel zufriedner, da ich Ihnen die erste und nunmehr falsche Nachricht brachte. Lesen Sie doch nur weiter. Sie sind die Erbin des Ritterguts, aber Sie sollen Jungfer Julchen zehntausend Taler abgeben, sobald sie heiraten wird.
Lottchen. Nun bin ich zufrieden. Sie soll noch mehr haben als zehntausend Taler, wenn sie sich nur nicht über ihren Verlust kränkt. O was für Bewegungen fühle ich in meiner Seele! Und was werde ich erst da empfinden, wenn ich meinen Geliebten vor Freuden über mein Glück erschrecken sehe? O wie schön wird er erschrecken! Gott, wie glücklich bin ich! Wenn nur meine liebe Schwester nicht unruhig wird.
Die Vorigen. Siegmund.
Siegmund. Jungfer Julchen hat, wie ich gleich gehört, endlich ihr Ja von sich gegeben? Ist es gewiß? Das ist mir sehr angenehm.
Lottchen (zu Simon). Ja, sie hat sich nach dem Wunsche Ihres Herrn Mündels erklärt und wird die Ehre haben, Sie um einen Bräutigam zu bitten, der unter Ihren Händen so liebenswürdig geworden ist. Aber, mein Liebster, hier ist die Abschrift von dem Testamente. Geht es Ihnen nicht ein wenig nahe, daß die Frau Muhme uns beide vergessen hat?
Siegmund. Nein, nicht einen Augenblick. Sie sind mir mehr als ein reiches Testament.
Lottchen. Aber wenn uns Julchen etwas von ihrer Erbschaft anbieten sollte, wollen wir's annehmen?
Siegmund. Da sie nicht mehr über ihr Herz zu gebieten hat: so hat sie auch nicht über ihr Vermögen zu befehlen.
Simon. O mein Herr, Sie können versichert sein, daß ihr mein Mündel die völlige Freiheit lassen wird, freigebig und erkenntlich zu sein. Er sucht seinen Reichtum nicht in dem Überflusse, sondern in dem Gebrauche desselben. Er würde Julchen gewählt haben, wenn sie auch keine Erbschaft getan hätte. Und vielleicht wäre es ihm gar lieber, wenn er ihr Glück durch sich allein hätte machen können. Wir wollen wünschen, daß alle Liebhaber so edel gesinnt sein mögen als er.
Lottchen. Hören Sie, Herr Siegmund, was wir für einen großmütigen Bruder bekommen haben?
Siegmund. Er macht seinem Herrn Vormunde und uns die größte Ehre.
Simon. Ja, ich bin in der Tat stolz auf ihn. Er ist von seinem zehnten Jahre an in meinem Hause gewesen und hat bis auf diese Stunde alle meine Sorgfalt für ihn so reichlich belohnet und mir so vieles Vergnügen gemacht, daß ich nicht weiß, wer dem andern mehr Dank schuldig ist.
Lottchen. Dieses ist ein Lobspruch, den ich niemanden als dem Bräutigam meiner Schwester gönne. Und wenn mein Papa sterben sollte: so würde ich Ihr Mündel sein, um ebendieses Lob zu verdienen. O was ist der Umgang mit großen Herzen für eine Wollust! Aber, Herr Simon, darf ich in Ihrer Gegenwart eine Freiheit begehen, die die Liebe gebeut und rechtfertiget? Ja, Sie sind es würdig, die Regungen meiner Seele ohne Decke zu sehen. (Sie geht auf Siegmund zu und umarmet ihn.) Endlich, mein Freund, bin ich so glücklich, Ihren Umgang und Ihre Treue gegen mich durch ein unvermutetes Schicksal zu belohnen. Sie haben mich als ein armes Frauenzimmer geliebt. Die Vorsicht hat mich heute mit einer Erbschaft beschenkt, die ich nicht rühmlicher anzuwenden weiß, als wenn ich sie in Ihre Hände bringe. Ich weiß, Sie werden es mir und der Tugend davon wohlgehen lassen. Hier ist eine Abschrift des Testaments, worin ich zur Erbin erkläret bin, anstatt daß es meine liebe Schwester nach unserer Meinung war. Kurz, die Erbschaft ist Ihre, und ein Teil von zehntausend Talern gehört Julchen. Fragen Sie nunmehr Ihr Herz, was Sie mit mir anfangen wollen.
Siegmund. Ohne Ihre Liebe ist mir Ihr Geschenke sehr gleichgültig.
Lottchen. Eben deswegen verdienen Sie's. Fehlt zu Ihrem Glücke nichts als meine Liebe: so können Sie nie glücklicher werden.
Siegmund. Ach, meine Schöne, wie erschrecke ich! Sie machen, daß man die Liebe und das Glück erst hochschätzt. O warum kann nicht die ganze Welt Ihrer Großmut zusehen! Sie würden auch den niederträchtigsten Seelen liebenswürdig vorkommen und ihnen bei aller Verachtung der Tugend den Wunsch auspressen, daß sie Ihnen gleichen möchten. Ich danke es der Schickung ewig, daß sie mir Ihren Besitz zugedacht hat. Und ich eile mit Ihrer Erlaubnis zu Ihrem Herrn Vater, um ihn nunmehr...
Die Vorigen. Ein Bedienter.
Der Bediente (zu Lottchen). Hier ist ein Brief an Sie, Mamsell. Er kömmt von der Post.
Lottchen. Ein Brief von der Post?
Siegmund. Ja, ich habe den Briefträger selbst auf dem Saale stehen sehen, ehe ich hereingekommen bin.
Lottchen. Wollen Sie erlauben, meine Herren, daß ich den Brief in Ihrer Gegenwart erbrechen darf?
Simon. Ich will indessen meinem lieben Mündel meinen Glückwunsch abstatten.
Lottchen. Siegmund.
Lottchen (indem sie den Brief für sich gelesen hat). O mein Freund, man will mir mein Glück sauermachen. Man beneidet mich, sonst würde man Sie nicht verkleinern. Es ist ein boshafter Streich; er ist mir aber lieb, weil ich Ihnen einen neuen Beweis meines Vertrauens und meiner Liebe geben kann. Ich will Ihnen den Brief lesen. Er besteht, wie Sie sehen, nur aus zwo Zeilen. (Sie liest.) »Mamsell, trauen Sie Ihrem Liebhaber, dem Herrn Siegmund, nicht. Er ist ein Betrüger. N. N.«
Siegmund. Was? Ich ein Betrüger?
Lottchen (sie nimmt ihn bei der Hand). Ich weiß, daß Sie groß genug sind, dieses hassenswürdige Wort mit Gelassenheit anzuhören. Es ist ein Lobspruch für Sie. Ich verlange einen solchen Betrüger, als Sie sind, mein Freund.
Siegmund. Aber wer muß mir diesen boshaften Streich an dem heutigen Tage spielen? Wie? Sollte es auch Herr Simon selbst sein? Liebt er Sie vielleicht? Macht ihn Ihre Erbschaft boshaft? Warum ging er, da der Brief kam? Soll ich ihm dieses Laster vergeben? Wenn er mir meinen Verstand, meinen Witz abgesprochen hätte: so würde ich ihm für diese Demütigung danken; aber daß er mir die Ehre eines guten Herzens rauben will, das ist ärger, als wenn er mir Gift hätte geben wollen. Ich?... Ich, ein Betrüger? Himmel, bringe es an den Tag, wer ein Betrüger ist, ich oder der, der diesen Brief geschrieben hat! Ist das der edelgesinnte Vormund?
Lottchen. Ich bitte Sie bei Ihrer Liebe gegen mich, beruhigen Sie sich. Verschonen Sie den Herrn Vormund mit Ihrem Verdachte. Es ist nicht möglich, daß er eine solche Niederträchtigkeit begehen sollte. Sein Charakter ist edel. Wer weiß, was Sie sonst für einen Feind haben, der von unserer Liebe und von meiner Erbschaft heute Nachricht bekommen hat.
Siegmund. Sie entschuldigen den Vormund noch? Hörten Sie nicht den boshaften Ausdruck: Wir wollen wünschen, daß alle Liebhaber so edel gesinnt sein mögen als mein Mündel? Ist dieses nicht eine unverschämte Anklage wider mich?
Lottchen. Ich sage Ihnen, daß Sie mich beleidigen, wenn Sie ihn noch einen Augenblick in Verdacht haben. So, wie ich ihn kenne und wie mir ihn sein Mündel beschrieben hat: so ist er ein Mann, dem man sein Leben, seine Ehre und alles vertrauen kann.
Siegmund. Aber sollte er nicht unerlaubte Absichten haben? Ich habe gemerkt, daß er sehr genau auf Ihr ganzes Bezeigen, bis auf das geringste Wort Achtung gegeben hat. Es kömmt noch ein merkwürdiger Umstand dazu. Er hat in dem Billette an Ihren Herrn Vater schon triumphieret, daß er heute eine erfreuliche Nachricht vom Hofe erhalten hätte. Und er hat es dem Herrn Vater auch schon entdeckt; aber mir nicht.
Lottchen. Ich beschwöre Sie bei Ihrer Aufrichtigkeit, lassen Sie diesen Mann aus dem Verdachte.
Siegmund. Warum hat er mir nicht gesagt, daß man ihm vom Hofe einen vornehmen Charakter und eine ungewöhnliche Pension gegeben hat? Was sucht er darunter, wenn er nicht mein Unglück bei Ihnen sucht?
Lottchen. Ich vergebe Ihren Fehler Ihrer zärtlichen Liebe zu mir. Außerdem würde ich Sie nicht länger anhören. Wir wollen die Sache zu unserm Vorteile enden. Ihre Feinde mögen sagen, was sie wollen. Sie sind bestraft genug, daß sie Ihren Wert nicht kennen. Und wir können uns nicht besser rächen, als daß wir uns nicht die geringste Mühe geben, sie zu entdecken. Lassen Sie Ihren Zorn hier verfliegen. Ich komme in der Gesellschaft meines Vaters und der übrigen gleich wieder zu Ihnen, unser Bündnis in den Augen unserer Feinde sicher zu machen.