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Mensch, der du Christen schmähst, was ist in ihrer Lehre,
Das der Vernunft ein Schimpf und Gott nicht rühmlich wäre?
Verdient sie deinen Haß, verdient sie deinen Spott?
Zeig' uns ein besser Glück und einen bessern Gott,
Als uns die Schrift gezeigt. Komm', zeig' uns schönre Pflichten,
Mehr Antrieb, sie dem Gott der Menschen zu entrichten,
Mehr Tugend für das Herz und für das Glück der Welt,
Mehr Trost, wenn sein Gericht der Richter in uns hält.
Mehr Licht, wenn fürchterlich uns finstre Zweifel quälen,
Mehr Edelmut im Glück, in Not mehr Ruh' der Seelen!
Bring' eine Lehre vor, die besser für uns wacht,
Uns weiser, ruhiger und tugendhafter macht:
Und dann will ich mit dir die Schrift mit Spott betrachten,
Ihr Wort für Menschenwort und deins für Gottes achten.
Bring' diese Lehre vor; wo nicht, so sei ein Christ,
Wenn du, wie du dich rühmst, ein Freund der Wahrheit bist.
Sonst fürcht' ich, daß dein Herz, sein Laster zu verehren,
Den Gott nicht kennen will, den seine Boten lehren.
Auf, Dichtkunst! ehre den, den stolz der Freigeist schilt,
Und zu des Christen Ruhm entwirf des Christen Bild!
Ist er der Weise nicht, der nach der Wahrheit strebet?
Durch sie erleuchtet, denkt, durch sie gebessert, lebet?
Er ehret die Vernunft, und das, was ihr gebricht,
Ersetzt in seinem Geist ein göttlich heller Licht.
Er ist's, der von dem Wahn die Wahrheit unterscheidet
Und, frei vom Vorurteil und von dem Stolz entkleidet,
Die engen Grenzen kennt, die ein Verstand ermißt,
Dem Gott oft Dunkelheit, der Mensch ein Rätsel ist.
Er nimmt die Weisheit auf, mit der Gott unterrichtet;
Und dessen Ausspruch ist's, der seine Zweifel schlichtet,
Der ihm das Licht erteilt, die Nebel zu zerstreun,
Den Mut, trotz allem Wahn der Wahrheit treu zu sein,
Des Irrtums Tyrannei und die bewehrten Lügen
Des Lasters, das sie schützt, durch Glauben zu besiegen.
Er kennet sich und Gott; sein Wort wird ihm Verstand.
So hat kein Sokrates, kein Plato Gott gekannt.
»Durch dich«, so spricht der Christ, »bin ich, o Gott, vorhanden.
Die Himmel und ihr Heer sind durch dein Wort entstanden;
Denn wenn du sprichst, geschieht's; wenn du gebeutst, steht's da.
Mit Allmacht bist du mir und auch mit Güte nah'!
Du bist der Gott der Kraft; dich preisen Erd' und Meere,
Und Himmel predigen die Wunder deiner Ehre.
Dich bet' ich dankend an. Mein Heil kömmt von dem Herrn.
Du hörst der Menschen Flehn, und du errettest gern.
Und wenn ich deiner Hilf', o Gott, gewürdigt werde,
Was frag' ich außer dir nach Himmel und nach Erde?
Im Himmel donnerst du, und Schrecken füllt das Land;
Noch fürcht' ich nichts, denn du hältst mich bei deiner Hand.
Wenn ich die Himmel seh', die du, Herr, ausgebreitet,
Der Sonne Majestät, den Mond, den du bereitet,
Was ist der Mensch, o Gott, daß seiner du gedenkst?
Unzählig ist das Gut, das du ihm täglich schenkst.
Als Schafe läßt du uns auf grünen Auen weiden,
Stärkst uns mit Speis' und Trank, füllst unser Herz mit Freuden.
Du sahst mich, eh' der Grund der Welt geleget war,
Zogst mich aus Mutterleib, und eh' sie mich gebar,
Wogst du mein Glück mir ab und Leiden, die mich üben,
Und meiner Tage Zahl war auf dein Buch geschrieben.
Du bist der Frommen Schutz und bist der Müden Ruh',
Ein Gott, der gern verzeiht; wo ist ein Gott wie du?
Wem soll ich sonst vertraun als dir, du Gott der Götter?
Wen ehren als nur dich, mein Schutz und mein Erretter?
Wie süß ist dein Befehl: Gib mir dein Herz, mein Sohn,
Und liebe mich; ich bin dein Schild und großer Lohn!
Herr, dein Gebot ist Heil, und deine Wahrheit Leben.
Wie könnt' ich einem Gott der Liebe widerstreben?
Umsonst lockt mich das Glück, in dem das Laster blüht;
Könnt' ich ein Sünder sein, da mich dein Auge sieht?
Auch im Verborgnen nicht soll ihm der Sieg gelingen;
Denn du wirst aller Werk' einst vor Gerichte bringen.
Umsonst reizt mich die Lust, von Fleisch und Blut versüßt;
Ich weiß es, daß mein Leib ein Tempel Gottes ist.
Sollt' ich der Menschen Ruhm stolz zu erringen trachten?
Nein, Herr, wenn du mich ehrst, mag mich der Mensch verachten!
Ist es des Reichtums Glück, dem ich die Seele weih'?
Um Reichtum ließ' ich Gott? Geiz ist Abgötterei!
Sollt' ich durch Schmähungen des Nächsten Ruhm verderben?
Wer seinen Bruder haßt, kann Gottes Reich nicht erben.
Verleugnen sollt' ich dich, wenn die Tyrannen drohn?
Du bist der Fürsten Herr, sprich! und sie fallen schon.
Verleugnen sollt' ich dich, wenn Spötter deiner spotten?
Dich, Heiland, bet' ich an; du eilst, sie auszurotten.
Dein Kreuz ist Thorheit nur dem, der verloren geht;
Uns, die der Glaube stärkt, ist's Heil und Majestät.
Darf sich ein Mensch vor Gott, gerecht zu sein, erkühnen?
Und wer als Gottes Sohn konnt' uns mit Gott versühnen?
Ist beides nicht gleich groß, der Welt ein Schöpfer sein
Und eine Welt, die fiel, vom Falle zu befrein?
Wer kann die Majestät der Lieb' und Großmut fassen?
Als Sohn des Ewigen der Gottheit Thron verlassen,
Sich selbst erniedrigen, einher in Demut gehn,
Der Wahrheit Herold sein und sich verspottet sehn,
Die Wunder Gottes thun und, an das Kreuz geschlagen,
Mit himmlischer Geduld des Menschen Schulden tragen,
Um der zu sein, der ihm ein ewig's Heil erwirbt?
Des Herz ist göttlich groß, der selbst für Feinde stirbt!
Erschrickt nicht die Vernunft? Ja! denn sie soll erschrecken.
Zu schwach, der Gottheit Rat vom Menschen zu entdecken,
Bet' ich der Liebe Macht, die ich nicht fassen kann,
Gott ist kein Mensch wie ich, in tiefster Demut an.
Der Tag der Ewigkeit wird mehr Licht mir gewähren,
Des Gottmessias Lieb' im Schauen mir erklären.
Unendlich ist mein Heil. O Glaube, der erfreut!
Gelobet sei der Herr, gelobt in Ewigkeit!«
So spricht und glaubt der Christ. Lern' mehr sein Herz noch kennen,
Du wirst, sein Feind zu sein, dir länger nicht vergönnen!
Ist seine Lehr' ein Werk, das den Verstand nur übt?
Ihm Licht, doch auch zugleich mehr Stolz dem Herzen gibt?
Nein, edler wird sein Herz. Die Lüste zu besiegen,
Die, wider die Vernunft, sein Glück und deins bekriegen;
Dies ist sein göttlich Amt. Nicht siegt er durch die Kraft,
Die bald der Eigennutz und bald der Stolz erschafft.
Nicht als vor Menschen nur, die nach den Augen richten,
Nein selber als vor Gott erfüllt er seine Pflichten.
Die Strenge seiner Pflicht, die dir so traurig scheint,
Macht ihn zum Freudigsten. Er weiß, Gott ist sein Freund.
Ja, streng' ist seine Pflicht, und schwer sind seine Werke;
Doch ein unendlich Glück, wie viel erteilt dies Stärke!
Der Christ fühlt dieses Glück. Heil und Unsterblichkeit
Glaubt er, von Gott belebt, und überwindet weit.
Ist dies kein edles Herz, das brüderlich dich liebet?
Mit dir sich gern erfreut, sich gern mit dir betrübet?
Der Christ erblickt dein Gut, kein Neid empöret ihn;
Ihn heißt sein eignes Glück für dein Glück sich bemühn.
Und wenn du elend bist, wie gütig wird er eilen,
Von dem, was Gott ihm gab, dir hülfreich mitzuteilen!
Nicht dienet dir der Christ, groß vor der Welt zu sein
Und sich verehrt zu sehn. Nein, Menschen zu erfreun,
Dies ist sein Gottesdienst; und unbemerkt von ihnen,
Wird er mit Hilfe hier und dort mit Rate dienen.
Nicht treibt ihn erst dein Dank zu reicher Wohlthat an;
Nein, was er Brüdern thut, das hat er Gott gethan.
Ein Trunk, mit dem sein Dienst dem Durstigen begegnet,
Ein Blick voll Trost, mit dem sein Herz den Müden segnet,
Ein Rat, mit dem er dich in deinem Kummer stärkt,
Nichts, weiß er, ist so klein, das nicht der Herr bemerkt.
Eilt dort ein boshaft Herz, Unfrieden anzurichten,
So eilt sein sanfter Mut, der Brüder Zwist zu schlichten.
Er wird der Unschuld Schutz, ihr Leiden ist sein Schmerz;
Und ist sein Schutz zu schwach, arbeitet doch sein Herz.
Er hilft den Dürftigen die Mittel gern ersinnen,
Durch Fleiß ihr eigen Brot in Ruhe zu gewinnen;
Er legt durch Sparsamkeit zu zarter Waisen Glück,
Die seine Hand erzieht, den Überfluß zurück;
Und er erspart das Gut, das Stolz und Pracht verzehren,
Den Kranken zu erfreun, die Witwe zu ernähren.
Noch stärker nimmt sein Herz an deiner Tugend Teil.
Sein Beispiel lehret dich; und einer Seele Heil
Ist ihm das größte Glück. Dir mangeln gute Sitten;
Er gibt dir Unterricht und stärket ihn durch Bitten.
Er sieht ein redlich Herz, das durch des Freigeists Spott
Im Glauben wanken will; er sieht's und wird sein Gott.
Er sieht, des Jünglings Fuß verläßt den Weg der Tugend;
Er eilt, als wär's sein Sohn, und rettet seine Jugend.
Oft sagt er, wenn du fehlst, es dir aus Demut nicht;
Doch ein lehrreicher Blick ruft dich zu deiner Pflicht.
Sei groß, nicht aber fromm; er wird dein Herz verachten..
Sei klein und fromm! er wird nach deiner Liebe trachten.
Wenn kränkt sein reiner Mund aus Schmähsucht deine Ruh'?
Er rühmet dein Verdienst, deckt deine Fehler zu
Und wagt, wenn deinen Ruhm und wenn den Ruf der Deinen
Ein Lästrer schänden will, für deinen Ruhm den seinen.
Er ist der wahre Freund. Sein Herz, in sich erfreut,
Verbreitet gern in deins den Tag der Heiterkeit.
Von Lüsten nicht beherrscht, fühlt er mit offnem Triebe
Der Freundschaft heilig's Glück, und seine Seel' ist Liebe.
Er ehrt mich wie sich selbst und liebt mich treu wie sich;
Sein Umgang gibt mir Mut, und ihm vertrau' ich mich,
Mein Weib, mein Kind, den Rat, mein künftig's Glück zu bauen.
Wer Gott vor Augen hat, wie sollt' ich dem nicht trauen?
Nur ist's allein der Christ, der keine Rache sucht,
Den liebt, der ihn verfolgt, den segnet, der ihm flucht.
Er bleibt sich gleich, denkt groß: Laß meinen Feind mich schelten;
Die Rach' ist mein, spricht Gott, und ich, ich will vergelten.
Beleidigt, handelt er noch als ein Menschenfreund:
Sein Feind ist ohne Brot; er speiset seinen Feind.
Sein Feind geht bloß einher; der Christ erblickt sein Leiden,
Großmütig läßt er den, der ihn verfolgte, kleiden.
Doch wer den Schimpf erträgt, hat der wohl Edelmut?
Räch' ich nicht rühmlicher die Ehre durch mein Blut,
Wenn ich des Unrechts dich durch Waffen überführe?
Mein Mut sucht deinen Fall – Dies ist der Mut der Tiere!
Thor, ruft mir die Vernunft, ist denn das Leben dein?
Kämpf' sieghaft, fäll' den Feind: wirst du kein Mörder sein?
Kein Feind des Vaterlands, den seine Rächer suchen,
Und kein Rebell vor Gott, dem alle Himmel fluchen?
Doch rächt mein Arm sich nicht, so wird mein Nam' ein Spott!
Die Welt – Ist denn die Welt mehr als ein starker Gott?
Und ist der Christ kein Held, der dir den Kampf versaget
Und doch fürs Vaterland sein Blut mit Freuden waget?
Wer wird zur Zeit der Pflicht den Tod wohl minder scheun
Als der, der herzhaft glaubt: ich werd' unsterblich sein?
Wird, in der Hand des Herrn, ihn die Gefahr erschüttern?
Nein; doch wer Gott nicht scheut, der muß vor allem zittern.
Geh' itzt dem Christen nach und folg' ihm in sein Haus.
Verehret und geliebt, teilt er hier Freuden aus,
Sucht durch belebten Fleiß die Seinen wohl zu nähren,
Durch kluge Sparsamkeit des Fleißes Frucht zu mehren.
Sein Weib, sein würdig's Weib erleichtert ihm die Müh',
Lohnt ihm mit Zärtlichkeit, und er empfindet sie.
Als Vater eilt er fromm, der Kinder Glück zu gründen
Und in dem ihrigen seins noch einmal zu finden.
Er bildet gern ihr Herz; und an des Vaters Hand,
Regiert durch Gottesfurcht, geleitet durch Verstand,
Wächst sein gesittet Kind; und er schmeckt Heil und Leben,
Dem Himmel und der Welt ein würdig's Glied zu geben.
Klug ohne Hinterlist, streng ohne Bitterkeit,
Noch liebreich, wenn er straft, noch sanft, wenn er gebeut,
Regiert der Christ sein Haus; und göttliche Gesetze
Sind seines Wandels Licht und seines Hauses Schätze.
Dem Niedern, der ihm dient, begegnet er gerecht,
Gibt gern ihm seinen Lohn und ehrt in seinem Knecht
Ein göttliches Geschöpf, das, gleich den Herrn der Erden,
Hier lebt, um tugendhaft und glücklich einst zu werden.
Er ist des Knechtes Fürst, doch niemals sein Tyrann.
Er straft und zeigt ihm auch, daß er vergeben kann,
Hält ihn von Lastern ab, vermindert ihm das Leiden,
Belohnet seine Treu' und sorgt für seine Freuden.
Wie treu gehorcht er dir, du, seines Landes Fürst!
Gebeut! und er vollzieht, was du gebieten wirst.
Der Gott, den er verehrt, hat dir den Thron gegeben,
Den stützt er durch sein Gut und schützt ihn durch sein Leben.
Mißbrauche die Gewalt! er trotzt ihr nicht; er fleht
Und blickt mit Ehrfurcht noch auf deine Majestät.
Gebeut ihm, was du willst, nur nichts, was Gott verboten;
Dann widersetzt er sich, wenn alle Fürsten drohten.
Der Christ, ist der ein Freund der blöden Schüchternheit,
Die vor den Menschen flieht und die Gesellschaft scheut?
Nein, Freund, er wird mit Lust und rnhigem Gewissen
Das Glück, ein Mensch zu sein, des Umgangs Glück genießen.
Gott schuf ihn nicht zur Qual. Lad' ihn zu Freuden ein:
Er scherzt mit seinem Witz, lacht heitrer bei dem Wein,
Freut sich des Saitenspiels; und Lieb' in deinen Blicken
Und Freud' auf deiner Stirn' wird seine Seel' entzücken.
Dies, daß er Freude schmeckt und mäßig sie genießt,
Ist selbst der Wohlthat Dank, den er Gott schuldig ist;
Und heut' erquickt er sich, um morgen seine Pflichten,
Als Bürger und als Christ, gestärkter zu entrichten.
In dem Vergnügen selbst wird er sich ein Gesetz.
Doch ist dein Umgang nichts als ein beredt Geschwätz,
Nichts als ein leer Gewerb' vornehmer Eitelkeiten,
Nichts als der Witz, den Ruhm der andern zu bestreiten,
Ist's nichts als Schmeichelei, nichts als der Geist der Pracht,
Des Balles und des Spiels, der so beredt dich macht:
So wird er seine Zeit ungern bei dir verschwenden.
Er ist zu klug, um sie nicht edler anzuwenden.
Nennst du dies Lebensart, sich aus Geselligkeit
Den Taumel wilder Lust, das Glück der Trunkenheit,
Den Kützel frechen Spotts im Umgang zu vergönnen:
So ist der Christ kein Mann von Lebensart zu nennen.
Wie ruhig ist der Christ, wenn sich der Unchrist quält!
Ihm g'nügt bei Wenigem, wenn diesem alles fehlt.
Erringt er sich in Müh' ein elend Glück durch Ränke?
Ist's Niederträchtigkeit, sind's fesselnde Geschenke,
Wodurch er sich die Gunst des Mächtigern erschleicht?
Zufrieden mit dem Glück, das man durch Fleiß erreicht
Und durch Verstand beschützt; nicht durstig nach den Ehren,
Die deinen Rang, mit ihm die Knechtschaft auch vermehren;
Dem Amte, das er ziert, und seiner Pflicht getreu,
Lebt er von mancher Qual, die dich verfolget, frei.
Die Last des Übermuts, in der sich Stolze quälen,
Die Müh', mit der sich selbst die Geizigen bestehlen,
Die Pein, die sich zum Lohn der Schwelger wild erpraßt,
Der Fluch, den vor der Welt der Hasser sich erhaßt,
Der Schmerz, mit dem der Neid sein feindlich Herz verzehret,
Das Gift, das früh den Lenz des Wollüstlings verheeret,
Der Schimpf, mit dem bestraft dort ein Verschwender irrt,
Der Haß, der endlich noch des Lästrers Rächer wird;
Dies alles, und was sonst die Laster büßend tragen,
Sind, tugendhafter Christ, dir unbekannte Plagen,
Und hier kannst du dich schon des Lohns der Tugend freun.
Doch drückt kein Elend ihn? Ja, laß ihn elend sein,
Und dann wirst du sein Herz in seiner Größ' erblicken;
Groß durch Religion, wenn ihn die Leiden drücken.
Das Feuer frißt sein Gut, der Hagel seine Saat;
Kränkt dies den Christen nicht? Es kränkt ihn; doch der Rat
Der Vorsicht wird sein Trost. Wenn hier der Unchrist tobet,
So spricht der Christ: »Gott gab's; Gott nahm's; er sei gelobet!«
Ihn drückt der Armut Last, sein Leben ist nur Müh'.
Er fühlt die Dürftigkeit, und still erträgt er sie.
Der, der die Lilien so majestätisch kleidet,
Den Hirsch zur Quelle führt, das Schaf in Auen weidet,
Den jungen Raben speist, sorgt der für Menschen nicht?
Er sorgt; ich hoff' auf ihn. Geduld ist meine Pflicht.
Verleumder schmähen ihn. Es schmerzt; doch ein Gewissen,
Das uns mit Beifall lohnt, hilft diesen Schmerz versüßen.
Der Feind, den er genährt, raubt ihm sein Eigentum;
Doch wer das Unrecht trägt um Gutes, das ist Ruhm.
Der Tod der Seinigen schlägt seine Ruhe nieder;
Er weint und tröstet sich: Bald seh' ich dort sie wieder.
Sein Glaube wird verfolgt; doch, flüchtig und entblößt,
Bekennt er treu den Herrn, der teuer ihn erlöst,
Und spricht, vom schwersten Schlag des Arms des Herrn getroffen:
»Wenn du mich töten wollt'st, werd' ich auf dich doch hoffen!«
So siegt der Christ im Kreuz und find't im Elend Ruh'.
Doch du, des Christen Tod, wie feierlich bist du!
Bestürzt verkündigt ihm der Arzt ein nahes Ende.
Er hört's, fühlt neue Kraft, drückt dankbar ihm die Hände.
»So ist, Allmächtiger, denn meine Hilfe nah'?
Du rufst, hier bin ich, Herr! Preis und Alleluja
Sei dir, der seine Hand stets über mich gebreitet,
Dir, Gott, der bis ans Grab mich wunderbar geleitet!
Wie oft vergaß mein Herz sein Heil und seine Pflicht!
Doch gingst du, Heiliger, nicht mit mir ins Gericht.
Vernimm des Dankes Lied das ich dir sterbend bringe!
Ich bin viel zu gering, der Treu' viel zu geringe
Und der Barmherzigkeit, die du an mir gethan.
Frohlockend bet' ich dich mit allen Himmeln an,
Dich, Heil der ganzen Welt! Erfülle mein Vertrauen,
Und deine Herrlichkeit laß meine Seele schauen!
Du bist die Lieb', o Gott, und Gnade für und für.
Mein Geist wird selig sein; denn ihn befehl' ich dir.
Mit allen Heiligen, von Herrlichkeit umgeben,
Unsterblich, Engeln gleich, werd' ich dich schaun und leben.
Und du, mein bester Freund, der sich den Ruhm erwirbt,
Im Tod es mir zu sein, leb' wohl!« – Er spricht's und stirbt.
Ist dies des Christen Bild, das Herz, die Pflicht des Christen,
Was lästerst du, sein Feind? Ist's Thorheit, frei von Lüsten,
Gottselig und gerecht und treu und mäßig sein?
Sich der vollbrachten Pflicht und seines Lebens freun?
Gesundheit, Ehr' und Ruh' und Glück zu schätzen wissen?
Wer soll denn sonst das Glück, dein Freund zu sein, genießen?
Der Mann, der keinen Gott und keinen Himmel glaubt,
Kein Recht und Unrecht kennt, sich, was er will, erlaubt,
Dir Ehre, Ruh' und Glück und selbst dein Weib entwendet,
Des Sohnes Herz verführt und deine Töchter schändet?
Doch, sprichst du, werden auch viel solcher Christen sein,
Wie sie dein Lied besingt? Wahr ist's, die Zahl ist klein;
Doch was beschwerst du dich? Anstatt dich zu beschweren,
Daß ihrer wenig sind, so hilf die Zahl vermehren!
Nein, sprichst du, die Vernunft ist mir ein heller Licht;
Ihr folg' ich. Folg' ihr nur! sie hintergeht dich nicht;
Sprich sie bedachtsam an, die Wahrheit dir zu zeigen!
Doch laß das Vorurteil, laß deine Lüste schweigen!
Dann höre, was sie spricht! sie wird dir laut gestehn,
Ein menschlich's Werk zu sein, sei stets die Schrift zu schön.
Entblößt von deinem Stolz, wag' dich in ihre Tiefen!
Prüf' alles! Wer verwirft ein Werk, ohn' es zu prüfen?
Frag' sie: Was ist der Mensch? Was soll er auf der Welt?
Er ist der Allmacht Werk, die liebreich ihn erhält.
Unsterblich ist sein Geist und soll zu Seligkeiten
In dieser Welt der Müh' durch Tugend sich bereiten.
Antwortet die Vernunft, wenn sie der Weise fragt,
So göttlich als das Wort, dem dein Verstand entsagt?
Frag' sie, woher es kömmt, wenn Gott die Welt regieret,
Daß oft die Tugend seufzt, das Laster triumphieret?
Frag' die Vernunft! Sie schweigt. Frag' die Religion!
In jener Welt, spricht sie, verteilt Gott Straf' und Lohn.
Du spottest stolz der Schrift, nennst sie den Witz der Blöden;
Doch laß die Sokraten von Gott und Tugend reden!
Spricht einer so gewiß, mit so viel Kraft und Licht,
So zuversichtlich schön, als ein Apostel spricht?
Des Witzes Fürst, Homer, singt seiner Gottheit Rechte.
Wer ist sein Zeus? ein Gott, der ich nicht werden möchte.
Ihn kleide noch so schön die Pracht der Dichtkunst ein,
Ich bin zu stolz, sein Freund, und auch er selbst zu sein.
Doch welchen Gott der Macht erheben Davids Chöre?
Warum verkündigen den Gott nicht die Homere?
Das Volk des Heidentums, verführt vom blinden Wahn,
Ruft hier ein Tier als Gott, dort Pflanzen betend an,
Gibt erst durch seine Kunst dem Klotze Haupt und Glieder
Und fällt dann vor dem Gott, den es gezimmert, nieder;
Erhebt das Laster selbst, das es mit Scheu begeht,
Zum Gott, um dessen Schutz das Blut der Opfer fleht.
Warum entrissen die, die sich in Weisheit übten
Und einen bessern Gott und bessre Sitten liebten,
Warum entrissen sie, Gott und der Tugend treu,
Das Volk dem Laster nicht, nicht der Abgötterei?
Warum gehorcht die Welt der Stimme blöder Jüden?
Sie reden, und ihr Wort sät Weisheit aus und Frieden.
Thut Buße! sprechen sie, dies ist's, was Gott gebeut.
Entblößt von Wissenschaft, fern von Beredsamkeit,
Tritt ein Apostel auf und kündiget den Lüsten
Den Krieg gottselig an, und Heiden werden Christen.
Man widersetzt sich ihm. Der Weise schmäht das Wort.
Bestrafet und beschimpft stößt man den Lehrer fort.
Er duldet froh die Schmach, mit der man ihm begegnet;
Man droht, er zittert nicht; man fluchet ihm, er segnet,
Red't freudig vor dem Volk und mutig vor dem Thron,
Und red't in Banden noch das Wort von Gottes Sohn;
Und seine Lehre siegt. Schon stürzen die Altäre,
Von Hoheit, Ehr' und Glück, von der Gewalt der Heere,
Dem Arm des Vorurteils, des Lasters und der List
Vergebens unterstützt. Der Heide wird ein Christ.
Er glaubt, bezwingt sein Herz, bezwingt des Lasters Mächte,
Und Sklaven wilder Lust sind plötzlich Gottes Knechte.
Schon eilen auf ihr Haupt Verachtung, Schmach und Spott:
»Verleugnet euern Herrn!« – »Nein! unser Herr ist Gott.«
Man wütet, und umsonst, der Christ erträgt die Leiden
Und, in des Henkers Arm, des Todes Qual mit Freuden.
Die Lehre Jesu siegt. Hat Gott sie nicht geschützt,
Sie nicht durch Kraft und Geist, durch Wunder unterstützt,
So mußt du dies, daß sie hat Beifall finden können,
Und daß sie sich erhielt, der Wunder Wunder nennen.
Du siehst viel Zweifel. Gut! Siehst du nicht auch viel Licht?
Wenn du Beweise siehst, dann ist der Glaube Pflicht.
Der Wahrheit heimlich feind, sinnreich in eiteln Fragen,
Hängst du dem Zweifel nach und magst ihm nicht entsagen.
Prüf' die Religion; doch denk' auch, was du bist,
Daß dein Verstand umschränkt und Gott unendlich ist!
Thu' ihren Willen treu! dann wirst du inne werden,
Sie sei des Himmels Geist und nicht der Witz der Erden. |