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Da es mittlerweile ziemlich spät geworden war und die Dunkelheit in Kürze eintreten mußte, hielten die drei Wildsteller wieder einen Kriegsrat.
Sie kamen nach eingehenden Erwägungen zu dem Schlusse, daß ein Überfall durch die Rothäute zwar kaum jetzt schon zu erwarten stände, daß aber die volle Bereitschaft, einen etwaigen Angriff nach Möglichkeit abzuwehren, ein Gebot der Vorsicht sei.
Die Langmut der Odschibwä war durch die zuletzt gegebenen Erklärungen immerhin auf eine harte Probe gestellt. Wenn die in jedem indianischen Stamme jederzeit vorhandene kriegerisch gesinnte Partei im Großen Rate die Oberhand gewann, dann war jetzt die Anwendung der Waffengewalt keineswegs ausgeschlossen.
Tommy und Young Ironfist erlebten bei den Auseinandersetzungen, die die Wildsteller pflogen, auch noch eine unverhoffte Freude.
Der Lange Ben hatte nämlich nur eine passende Gelegenheit abgewartet, um den beiden Gefährten einige ungeheuchelte Dankesworte zu sagen.
Die Art und Entschiedenheit, wie Tommy in seinen Entgegnungen die Pflicht des kameradschaftlichen Beistandes betonte, hatte offenbar Eindruck auf ihn gemacht.
Er war ganz weich geworden und mochte sich jetzt selber sagen, daß seine Handlungsweise, die die unerquickliche Lage herausbeschworen hatte, zum mindesten eine recht unüberlegte gewesen war.
Mit dem Gefühle der Befriedigung und der Hingebung an den anderen, die unter Schicksalsgefährten die gemeinsame Gefahr ja ohnedem zu zeitigen pflegt, gingen sie daran, ihre letzten Vorbereitungen für die Nacht zu treffen.
Sie kamen überein, daß in ihrem ersten Drittel jeder auf dem Posten sein müsse, so zwar auf der Arche verteilt, daß die Wasserfläche von allen Seiten übersehen werden konnte. Erst im zweiten Drittel wollten sie sich abwechselnd einige Ruhe gönnen, um gegen den Morgen hin, der Zeit, in welcher die Rothäute gewöhnlich ihre Überfälle auszuführen pflegen, wieder ganz auf dem Posten zu sein.
Als es völlig dunkel geworden war, stieg Tommy ins Boot. Er nahm nacheinander eines der am Floße beigelegten Treibhölzer ins Schlepptau, in die zuvor schon oben je eine Kienfackel eingesenkt und nach unten durch einen in die Tiefe hängenden Stein beschwert worden war.
Der Wildsteller schleppte vier dieser ziemlich schweren Stämme auf etwa achtzig Meter Entfernung in allen vier Windrichtungen in den See hinaus, ließ die Hölzer dort treiben und entzündete die auf denselben befestigten faustdicken ziemlich hohen Kienspäne.
Aus den kleinen bläulichen Flämmchen entstanden alsbald hochauflodernde weithin leuchtende Brandfackeln, die ein Anschleichen an die Arche geradezu unmöglich machten.
Der große Harzreichtum, mit dem die brennenden Späne versehen waren, gewährleistete, daß diese künstliche Beleuchtung mehrere Stunden anhielt. Später, gegen Mitternacht, ging dann der ziemlich volle Mond auf, der die Wasserfläche des Sees hinreichend erhellte, daß eine sichere Ausschau auf eine ziemlich weite Strecke möglich war.
Die Flinte schußbereit, die geladene Reservebüchse dicht neben sich, lagen die Wildsteller hinter der Brüstung. Sie freuten sich der ebenso malerischen als zweckentsprechenden Illumination, die sie veranstaltet hatten, zugleich bereit, im Schutze dieses magischen, fast geisterhaft wirkenden Lichtes, jeden sich nähernden Feind aufs Korn zu nehmen und, wenn es nicht anders möglich war, das tödliche Blei zu entsenden.
Aber Stunde auf Stunde verging, nichts wollte sich zeigen.
Wohl war es den Wildstellern vorgekommen, als ob um die Zeit, da eben der Mond aufging und die Wasserfläche mit seinem silbernen Lichte überflutete, am Ufer eine Bewegung sich geltend mache, daß sogar einzelne menschliche Stimmen vernehmlich seien, doch ging das rasch und ohne Folgen vorüber.
Die Jäger atmeten erleichtert auf, als endlich im Osten der junge Tag am Horizonte sich bemerklich machte, die Sterne am Himmel allgemach verblaßten und dann das Tagesgestirn mit all seinem Lichtzauber emporstieg.
War die Nacht, die hinter ihnen lag, durch die stete Erwartung überrumpelt zu werden, höchst unerquicklich und aufreibend gewesen, so hatte sich mittlerweile von Stunde zu Stunde immer mehr die Annahme in ihnen bestärkt, daß die Entschließung der Odschibwä einem mehr friedlichen Charakter sich zuwenden würde. Sie empfanden darüber viele Genugtuung und erwarteten bald wieder mit neuen milderen Forderungen bedacht zu werden. Aber zu ihrem wachsenden Erstaunen verging der ganze Tag, ohne daß sich ein Bote einstellte, oder eine Rothaut entlang der Uferstrecke sichtbar geworden wäre.
Dies ließ die gute Stimmung der Wildsteller wieder um ein Beträchtliches sinken und veranlaßte sie, mit größter Umsicht auch für die nächste Nacht ihre Abwehrmaßregeln zu treffen, denn es war nicht ausgeschlossen, daß die Odschibwä mit einem Angriff nur zögerten, um noch mehr Boote oder Streitkräfte heranzuziehen, das Gelingen ihres Vorhabens nach bester Möglichkeit zu sichern.
Aber die folgende Nacht stellte die Ausdauer der Männer auf eine noch härtere Probe. In der sicheren Erwartung, daß ein entscheidendes Geschehnis eintreten müsse, wurden ihnen die Sekunden zu Minuten, die Minuten zu Viertelstunden, ein verzehrender und aufreibender Zustand, der allgemach immer brennender den Wunsch in ihnen entstehen ließ, es möchte die Ungewißheit doch ein Ende nehmen. Aber wieder brach der junge Tag an, ohne daß sich eine Rothaut hatte blicken lassen.
»Die Sache wird immer rätselhafter,« knurrte Tommy, recht schlechter Laune geworden. »Zieht man in Betracht, daß die Rothäute, sobald sie das Ratsfeuer entzündet haben, mit ihrem Zeremoniell eine Menge Zeit vergeuden und nach unseren Begriffen mehr als umständlich sind, so müßten sie mit ihren Beratungen in fast zweimal vierundzwanzig Stunden doch schon längst zu Ende sein.«
»Das sehr schwer verständlich, sehr schwer,« pflichtete Young Ironfist bei. »Wenn auch für Beratungen sehr viele Zeit verbrauchen, so doch immer sehr entschlossen auf ihr Ziel losgehen.«
»Das lehrt auch meine Erfahrung.«
»Der rote Mann sehr hartnäckig. Er niemals ruhen, ehe er nicht die Tat, die er auszuführen gedenkt, vollbracht hat. Vermuten, daß etwas Besonderes dahinter stecken.«
»Was aber kann sich dahinter verbergen? Sollte sich die Sippe entschlossen haben, zu einer List zu greifen? Uns in eine Falle zu locken?«
»Das wäre wenig klug gehandelt, denn weiße Männer werden nicht sein so dumm, sich fangen zu lassen.«
»Wenn wir es irgend vermögen, werden wir jedem Fallstrick sorgfältig aus dem Wege gehen.«
»Young Ironfist der Ansicht sein, daß es zwecklos ist, sich im Kopfe viele Gedanken zu machen und allerlei Vermutungen aufzustellen. Die weißen Männer müssen Gewißheit haben.«
»Natürlich müßten wir das! Aber wie sich die verschaffen? Kannst du einen einleuchtenden Vorschlag machen?«
»Gehen ans Ufer und sehen nach.«
»Aber das ist es ja, was die Roten möglicherweise zu bezwecken wünschen! Sie wollen uns ans Ufer locken, um aus irgend einem Hinterhalt hervorzubrechen, uns gefangen zu nehmen.«
»Gehen nicht jetzt, gehen erst, wenn der Tag zu Ende, wenn die Wälder undurchsichtig geworden sind, schwarz und finster.«
»Na, man traue den Roten! Sie haben die Ohren des Luchses und die Augen der Nachteulen.«
»Young Ironfist wird Tommy führen, oder Young Ironfist allein auf den Weg sich begeben. Er sehr gut hören und sehen, er die roten Leute schon auf große Entfernung riechen. Er von den Odschibwä sich niemals übertölpeln lassen.«
»Wenn wir wünschen, daß Klarheit in die Situation kommen soll, dann wird uns allerdings nichts anderes übrig bleiben. Kommt der Fuchs nicht zu uns gegangen, dann müssen wir wohl oder übel seinen Bau aufsuchen. Damit du übrigens nicht glaubst, daß es mir an Geschick und Mut zu einem solchen Unternehmen gebricht, und weil ich deinem Talente die Ehre meiner Anerkennung nicht versagen will, wollen wir den Gang doch zusammen machen.« »Das gut, das sehr gut. Tommy werden sehen, daß werden Klarheit in die Sache bringen.«
Und dabei blieb es.
Als am Abend vollständige Dunkelheit eingetreten war, nahmen Tommy und Young Ironfist je einen sorgfältig mit Leinen umwickelten Riemen zur Hand, stiegen ins Boot und fuhren geräuschlos auf den See hinaus.
Kurze Zeit darauf schickte Ben sich an, wie an den Abenden zuvor mehrere Kienfackeln auf dem inzwischen sorgfältig gehüteten Treibholz aufzustecken und zu entzünden. Es sollte für alle Fälle den Anschein erwecken, als ob man auf der Arche immer noch einen Angriff befürchte und daß dort inzwischen keine Veränderungen vorgegangen seien.
Die beiden anderen Wildsteller waren unterdessen ziemlich weit auf den See hinausgelangt, hatten dann einen Bogen geschlagen und legten etwa eine Büchsenschußweite nördlich der Uferstrecke, auf der die Odschibwä bisher gesehen worden waren, am Lande an.
Als sie sich vergewissert hatten, daß die Luft hier rein war, zogen sie das Kanu an dem überhängenden Gestrüpp dicht ans Ufer, befestigten das Fahrzeug und traten in den Wald ein.
Rabenschwarz und undurchdringlich scheinend, lag er vor ihren Blicken da.
Nichtsdestoweniger schlich sich Young Ironfist lautlos und sicher durch das verschlungene Gewirr der Bäume und Sträucher, Tommy hinter ihm her.
Von Zeit zu Zeit hielten sie an, um zu lauschen.
Wohl raschelte ab und zu ein kleines Tier im Holze, sonst aber zeigte sich nichts Verdächtiges.
So drangen sie unangefochten ziemlich tief in den Wald ein.
Als sie so weit gelangt waren, daß sie annehmen konnten, das Lager der Odschibwä befinde sich jetzt links seitlich hinter ihnen, erbot sich Young Ironfist, nunmehr allein sich anzuschleichen, während Tommy wartend auf dem Platze verbleiben sollte.
Die junge ehemalige Rothaut verschwand seewärts und kehrte erst nach einer guten Stunde mit der Meldung wieder, daß sie bis an das Gewässer vorgedrungen sei, ohne das Vorhandensein eines menschlichen Wesens wahrzunehmen.
Tommy erstaunte über die bewunderungswürdige Leistung, in der tiefen Nacht des Waldes, die kaum gestattete, die Hand vor den Augen wahrzunehmen, mit solcher Sicherheit an einen verhältnismäßig weit abgelegenen Platz zurückzukehren.
Als sie noch standen und leise flüsternd sich berieten, ob sie ihre Nachforschungen fortsetzen oder auf die Arche zurückkehren sollten, wurde Young Ironfist mit einem Male unruhig.
Er hatte während der Unterredung wiederholt seine Nase wie ein Jagdhund schnüffelnd in die Luft erhoben und sagte plötzlich: »Kommen! Riechen Feuer, das wahrscheinlich Odschibwä entzünden.«
Mit verdoppelter Vorsicht schlichen sie noch weiter landeinwärts und gelangten schon nach kurzer Zeit an das linksseitige Ufer des Wasserlaufes, welches die unglückliche Rothaut, die die Veranlassung zu dem Zwist mit den Odschibwä gegeben, weiter unten hatte überschreiten wollen, durch die eiserne Hand aber daran gehindert worden war.
Sie folgten von hier an dem Laufe des Baches, behutsam jeden Zweig und jedes Blatt mit der Hand erfassend und an sich vorbeidrückend. Plötzlich fühlte Tommy die Hand des Genossen auf seiner Schulter und hörte die Worte in sein Ohr flüstern: »Dort sehen Biberwiese, dort Feuer anzünden, dort müssen Rätsel sich lösen.«
In der Tat lichtete sich der Wald. Kaum hundert Schritte weit geradeaus vermochte man einen dämmerigen Streifen wahrzunehmen.
Jetzt legten sie sich auf die Erde nieder und auf allen vieren kriechend, die Flinten vor sich herschiebend, gelangten sie nach etwa einer Viertelstunde an den Rand der Lichtung.
Mit angehaltenem Atem lauschten sie, musterten mit der größten Aufmerksamkeit jeden nur halbwegs erkennbaren Gegenstand, doch nichts regte sich, kein lebendes Wesen war zu entdecken.
Deutlich fühlte auch Tommy jetzt einen von brennendem Holze herrührenden Rauch in seine Nase einziehen.
»Hier kein Odschibwä,« klang es wie ein Hauch an des älteren Wildstellers Ohr, »aber hier Großen Rat halten, hier das große Ratsfeuer entzünden. Kommen und sehen, kommen und sich überzeugen.«
Sie krochen wie die Schlangen bis in die Mitte der Freiung und trafen hier auf einen ziemlich umfangreichen Erdhaufen, dem eine kleine kaum sichtbare Rauchsäule entstieg.
»Hier Feuer mit Erde zuwerfen, damit die Bäume des Waldes nicht anzünden. Odschibwä glauben, daß Feuer töten; Feuer aber unter der Erde wieder erwachen und weiterglimmen.«
»Das mag alles zutreffen, wo aber sind die Odschibwä selber? Wir wissen jetzt, daß sie das Ufer des Sees verlassen haben, sind aber darum um keinen Deut gescheiter. Die Sache wird im Gegenteil nur rätselhafter.«
»Tommy noch immer glauben, daß Odschibwä eine Falle legen? Young Ironfist ist nicht mehr dieser Ansicht. Hier etwas ganz Besonderes sich ereignen, sonst Odschibwä sich niemals entschließen, von den weißen Männern abzulassen.«
»Was aber sollte geschehen sein, einen solchen Entschluß zu zeitigen? Ich muß sagen, ich traue noch immer nicht diesen listigen und verschlagenen Gesellen.«
»Wenn erfahren wollen, was geschehen, dann bleiben nichts anderes übrig, als Odschibwä aufzusuchen.«
»Wer sollte das jetzt, in der pechrabenschwarzen Nacht des Waldes? Ohne eine Fährte, ohne das mindeste Anzeichen, welche Richtung sie bei ihrem Abzüge etwa genommen haben? Ich kann mich nicht dafür erwärmen, schlage vielmehr vor, daß wir uns vorläufig zufrieden geben und zurückkehren. Wir können unsere Nachforschungen jederzeit wieder aufnehmen, würden aber jetzt nur wie die Blinden im Walde umherirren.«
»Das alles sehr richtig. Young Ironfist ist aber der Meinung, daß Aufenthalt der Odschibwä auch ohne ihre Fährte erfahren können.«
»Das müßte mit seltsamen Dingen zugehen. Indessen laß hören; ihr Roten seid ja unberechenbar in der Kunst, das Unglaublichste auszuschnüffeln.«
»O das keine Kunst, das sehr einfach. Erinnert sich Tommy der Zeichenschrift in der Quelle oben auf dem Berge? Auf diesem Stabe Odschibwä sicher etwas niederschreiben, das erlaubt Schlüsse zu ziehen.«
»Wahrhaftig, das läßt sich hören! Glaubst du, daß du den Weg dahin findest?«
»O, Young Ironfist jederzeit mit verbundenen Augen den Weg dahin finden. Kommen, jetzt gerade noch Zeit im Schutze der Nacht hin und zurück zu gelangen.«
»Es ist keine kleine Aufgabe und der Weg ziemlich weit. Aber du hast recht; wir wollen den Versuch wagen.«
Ohne ein weiteres Wort zu wechseln, überquerten sie vollends die Freiung und traten wieder in den Wald ein.
So schwierig das Vorwärtskommen auch hier war, Young Ironfist überwand spielend alle Hindernisse und ließ es sich angelegen sein, dem älteren Gefährten, dessen Auge weniger für solche nächtliche Wanderungen geschult war, den Weg durch das verschlungene Gehölz zu bahnen.
Endlich, Mitternacht mochte schon vorbei sein, gelangten sie auf die Höhe.
Hier nützten sie die kleine Rast, deren sie nach den gehabten Anstrengungen sehr bedürftig waren, zugleich zu einer vorsichtigen Umschau.
Als sie zu der Überzeugung gekommen waren, daß auch hier oben die Luft rein war, schlichen sie hinunter zu dem jenseits der Wasserscheide gelegenen kleinen Tümpel.
Mit größter Spannung sah Tommy den Erklärungen des Gefährten entgegen, der alsbald den Stab aus dem Wasser hervorgeholt hatte, und ihn eifrig und immer wieder mit seinen Fingern betastete.
»Nun, findest du dich in der Dunkelheit zurecht? Was weiß die Schrift des Stabes zu berichten?« fragte Tommy über eine Weile.
»Die Krieger des großen Dorfes die Krieger des kleinen Dorfes an den See der weißen Männer rufen – das hier deutlich fühlen, das hier deutlich geschrieben stehen – dann aber der Stab ganz glatt; kein weiteres Zeichen.«
Young Ironfist berichtete es zögernd. Enttäuschung klang aus seiner Stimme.
»Dann hätten wir uns also umsonst geplagt und ständen glücklich auf dem alten Standpunkt.«
»Young Ironfist haben von sprechendem Stabe mehr erwartet. Young Ironfist war großer Hoffnung; er können nichts dafür, wenn seine Hoffnung sich nicht erfüllen.«
Es klang wie eine Entschuldigung.
»Natürlich kannst du nichts dafür. Ich bin auch weit entfernt, dir einen Vorwurf zu machen.«
Tommy erhob sich aus der hockenden Stellung, in der er verharrt hatte, während Young Ironfist den Stab nochmals sorgfältig betastete, dann aber schweigend wieder in das Wasser steckte.
Plötzlich richtete sich Tommy straff auf, zog den Gefährten zu sich heran und sagte, mit der Hand in die Ferne deutend: »Sieh dort! Ist das nicht ein Brand? Ein großes Feuer? Wie groß, glaubst du, ist die Entfernung?«
»Das allerdings großes Feuer. Dort großes Dorf der Odschibwä. Das anzünden und verbrennen.«
»Glaubst du? Das allerdings würde manches erklären. Man kann sich in der Nacht über die Entfernungen aber doch sehr leicht täuschen.«
»Young Ironfist sich nicht täuschen. Dort ganz sicher brennendes Dorf der Odschibwä sich befinden. Odschibwä ihre Wigwams mit vielen Zeichen und Bildern bemalen; von unten bis oben mit Farbe bestreichen. Farbe aber aus Erde, aus Öl, Fett und dünngemachtem Harz bereiten. Daher, wenn Wigwam brennen, Feuer wie eine Brandfackel leuchten; Feuer wie eine junge Fichte zum Himmel emporschießen.«
In der Tat war trotz der großen Entfernung deutlich wahrzunehmen, daß sich der Brand aus einer Menge kleiner Feuerstellen, die sich wie spitz zulaufende Flammengarben ausnahmen, zusammensetzten.
»Kommen und sehen! Jetzt keine Odschibwä hier im Walde, jetzt das Feuer ihrer Wigwams löschen. Kommen und sehen, ob Tommy und Young Ironfist ihren roten Freunden nicht helfen können! O, das wären sehr gut, wenn gegen Odschibwä keine Todesflinten mehr gebrauchen müssen, wenn ihnen beweisen, daß Bleichgesichter wahre und gute Freunde sind, wenn es gelänge, Odschibwä durch Edelmut zu bezwingen.«
Fast stürmisch eilte Young Ironfist nach dem Pfade, der unweit des Tümpels, die beiden Dörfer verbindend, vorüberführte. Wortlos folgte Tommy, von der Willensäußerung des Gefährten und der Macht des Augenblickes mitgerissen.
Der Pfad führte über die Lichtung, dann wieder hinein in den nachtschwarzen Wald.
Die Brandstätte entschwand ihren Blicken, aber der schmale Weg, daran war kein Zweifel, würde sicherlich zu dem Dorfe oder in dessen Nähe führen.
Beflügelten Fußes eilten sie dahin.
Der Mond war mittlerweile aufgegangen und strahlte nun in seinem vollen Glanze am Horizont. Sein Licht flutete schräg auf die Landschaft nieder und drang so an den weniger dichten Stellen des Waldes durch das Geäste bis zur Erde, so daß das Auge sich nun besser zurecht zu finden vermochte.
So hatten sie eine Wegstrecke von fast zwei Stunden in beschleunigter Weise zurückgelegt, als der Pfad, der bislang mit fast unmerklichen Steigungen und Senkungen auf der Höhe dahingeführt hatte, plötzlich eine scharfe Biegung machte und von da an ziemlich steil sich zu Tal senkte. Young Ironfist mäßigte seinen Lauf. Die Wildsteller wußten ja nicht, auf welche Situation sie treffen würden; hier war also wieder Vorsicht geboten.
Als dann der Pfad um einen in den Berghang eingebetteten Felsenkopf herumführte, tauchte mit einem Male die Brandstätte in ganz kurzer Entfernung vor ihren Blicken wieder auf. Ja, das war ein Indianerdorf, das hier dem verzehrenden Elemente zum Opfer gefallen war, aber das Feuer hatte inzwischen seine Arbeit bereits getan. Nur noch vereinzelte rötlich glimmende Pfähle, da und dort von ersterbenden Flammen umzüngelt, ragten, vom Mondenglanze umflutet, unten im Tal vom Boden auf. Zugleich schien es, als ob ein lichter Dämmerschein über die dunkeln Wälder sich breite, als ob der junge Tag anzubrechen im Begriffe sei.
Die beiden Wildsteller kamen überein, daß es unter diesen Umständen nicht rätlich sei, sich dem Dorfe noch mehr zu nähern; sie wollten den Pfad verlassen und sich lieber links seitlich wenden, um wieder auf die Höhe zu gelangen, sich dort zunächst beobachtend auf die Lauer zu legen.
Als sie über Stock und Stein den Berghang hinanstiegen, schlugen plötzlich ganz eigenartige wehklagende Töne an ihr Ohr, die von der Höhe des Berges kamen.
»O, nun wissen bestimmt, was Young Ironfist schon lange vermuten,« flüsterte dieser seinem Gefährten zu. »Nun kein Zweifel mehr bestehen, was hier vorgegangen. Hier,« – er deutete auf den Gipfel der Höhe – »die Squaws erschlagener Krieger, die auf dem Berge die Totenklage singen.«
»Dann wären die Odschibwä am Ende gar von ihren Feinden, mit denen sie schon lange in Fehde zu liegen scheinen, überfallen worden?«
»Ja, Feinde das Dorf beschleichen und angreifen; Feinde die Krieger erschlagen und das Dorf anzünden. Kommen und gehen zu den weinenden Squaws. Diese befragen und dann wissen, wie der Kampf sich zutragen und wo Odschibwä sich befinden.«
Sie eilten den Berg vollends hinauf und sahen, als sie oben angekommen waren, in der Tat etwa hundert Squaws mit einer Menge Kinder auf der Erde kauern, von denen beiläufig ein Dutzend Weiber sich abgesondert hielten, die unter wilden Gesten sich die Haare zerrauften und dazu in langgezogenen, oftmals schmerzlich tremolierenden Tönen ihre Wehklage in die Lüfte sangen.
Als die beiden Wildsteller auf die Weiber und Kinder zutraten, fuhr der ganze Haufen mit einem einzigen großen Schreckensschrei auseinander und stob klagend und zeternd tiefer in den Wald hinein.
Nur eine junge Indianerin war vom Schrecken derart gelähmt worden, daß sie zwar ebenfalls aus ihrer hockenden Stellung empor fuhr, aber, an allen Gliedern zitternd, wie festgebannt auf ihrem Platze stehen blieb.
Als Young Ironfist sie dann aber anredete und unverfälschte indianische Worte an ihr Ohr klangen, verflog ihr Entsetzen, ja sie wurde auf die wiederholte Versicherung, daß die beiden weißen Männer die Freunde der Odschibwä seien und nur in freundschaftlicher Absicht gekommen wären, bald ruhiger, ja zutraulich und neugierig.
Als das Mädchen so weit gekommen war, bat Young Ironfist vorsichtshalber, es möchte den Squaws nacheilen, um diese aufzuklären und zu beruhigen; er ersuchte die junge Indianerin, sich aber wieder einzufinden, weil die weißen Männer die Odschibwä aufzusuchen gewillt seien, um ihnen als Freunde in den Stunden der Not den bestmöglichen Beistand zu leisten.
Das Mädchen verschwand, um bald darauf mit dem ganzen Haufen der Squaws und Kinder zurückzukehren, von denen sich aber auch jetzt noch die größere Zahl in recht achtungsvoller Entfernung hielt. Nur einige beherztere Weiber näherten sich, von denen die Männer nun erfuhren, daß die Odschibwä schon seit geraumer Zeit mit einem Dokatastamm in Fehde lägen, der von der offenen Prärie her diese Täler aufsuche. Am Abend zuvor war es wieder einmal zu einem erbitterten, aber für die Odschibwä unglücklichen Kampfe gekommen; sie hätten trotz der tapfersten Gegenwehr eines der Dörfer preisgeben müssen, woraus dieses von den Dakota vernichtet worden wäre.
Als Young Ironfist sich über die näheren Umstände, unter denen der Kampf stattgefunden hatte, erkundigte, erfuhren die Wildsteller, daß die Dakota viele ihrer Krieger verloren hätten und darum wahrscheinlich beabsichtigten, einen Rachezug auch gegen das zweite, tiefer in den Wäldern gelegene Bruderdorf zu unternehmen. Noch wären die Dakota voraussichtlich im unteren Teil des Tales, während weiter oben die Odschibwä vereinigt stünden, den zu erwartenden Angriff abzuwehren.
Young Ironfist befragte die Frauen, ob eine von ihnen bereit sei, ihn und seinen Genossen so zu führen, daß sie Zeugen des zu erwartenden Kampfes sein könnten; es sei nicht ausgeschlossen, daß sich die Gelegenheit fände, mit ihren schnellsprechenden Todesflinten zu Gunsten der Odschibwä in den Kampf einzugreifen. Die Frauen waren alle mit Freuden dazu bereit und es bedurfte ernstlicher Vorstellungen, daß im Interesse der heimlichen Annäherung nur eine Person sie führe, die aber Wege und Stege genau kennen müsse.
Die Wahl fiel nun auf eine noch jugendliche, energisch blickende Frau, die sofort ihr kleines Wickelkind an die anderen Squaws in Verwahrung gab und sich bereit erklärte, sogleich aufzubrechen.
Durch dick und dünn ging es nun hinab auf den vorher begangenen Pfad und auf diesem eine ziemliche Strecke zurück. Dann bog die Frau auf einen kaum erkennbaren, von Buschwerk umsäumten Wildpfad ein, von dem man die Talebene der ganzen Breite nach zu überblicken vermochte.
Auf diesem Pfade führte die Frau die beiden Männer noch eine kurze Strecke talauf, hielt dann plötzlich an und zeigte in die Tiefe.
Dort war auf den ersten Blick nichts Auffälliges zu erkennen. Nach und nach aber entdeckten die Wildsteller, daß die ganze Talbreite mit größeren und kleineren Gruppen Rothäuten besetzt war, die sich in den vorhandenen Gräben und Erdsenkungen, hinter Büschen und vereinzelten Baumgruppen versteckt hielten.
Fünfhundert Meter talabwärts, nicht allzu weit von dem niedergebrannten Dorfe, trieben sich auf engbegrenztem Raume unter der Aufsicht einiger Rothäute wohl an zweihundert Mustangs weidend umher.
Etwa vierhundert Meter oberhalb der versteckt liegenden Rothäute wurde das Tal etwas breiter.
Dort lag ein mit reichlichem Buschwerk und vereinzelten Fichten besetzter Hügel, der eine das Tal beherrschende Redoute bildete, die die Squaw als die Stellung bezeichnete, auf welcher wahrscheinlich die Odschibwä versteckt lägen.
Den beiden Wildstellern war es sofort klar, daß die Dakota, wenn sie in das obere Tal dringen wollten, diese Stellung nehmen mußten, denn würden sie dieselbe zu umgehen suchen, war nicht ausgeschlossen, daß sie auch weiter oben auf eine Streitmacht stießen und dann leicht zwischen zwei Feuer geraten konnten.
Und die Dakota schienen sich in der Tat zu dem Versuch anzuschicken, die kleine Anhöhe in ihren Besitz zu bringen.
Springend und schleichend schoben sie sich einzeln und gruppenweise vor, so daß sie schon nach kurzer Zeit, hinter allerlei Deckungen liegend, fast gar einen Halbkreis um den Hügel bildeten.
»Das sollten wir ihnen eigentlich tüchtig versalzen und nichts leichter als das,« flüsterte Tommy seinem Gefährten zu. »Bist du wirklich noch der Meinung, daß wir den Odschibwä Beistand leisten sollen?«
»Young Ironfist ganz dieser Ansicht; er mit Odschibwä Freundschaft schließen, er es sogar für seine Pflicht halten, ihnen beizustehen. Jetzt können und müssen weiße Männer zeigen, daß wirklich gute Freunde.«
»Nun denn, es sei! Siehst du dort an der Berglehne den vorspringenden Felsenkopf? Dahin laß uns eilen. Geht der Tanz los, werden wir den Dakota einige blaue Bohnen in den Rücken senden.«
»Das gut, das sehr gut; sogleich niedersteigen, keine Zeit versäumen.«
Die beiden Wildsteller nickten der Frau freundlich zu, winkten ihr zu gehen und so schnell es die Vorsicht erlaubte, ging es dann durch dick und dünn talab, der gekennzeichneten Stelle zu.
Diese bot, wie Tommy mit seinen scharfen Augen richtig erkannt hatte, neben guter Deckung einen vortrefflichen Ausschuß.
Kaum hundertundfünfzig Schritte vor ihnen lagen völlig entblößt die Roten des rechten feindlichen Flügels; aber auch das Zentrum der Angreifer war mit den weittragenden Kugelflinten der Wildsteller noch mit aller Sicherheit zu erreichen.
»Laß uns zunächst die Führer der Rotten aufs Korn nehmen, das dürfte geeignet sein, die Dakota am empfindlichsten zu schwächen.«
»Das sehr gut! Aber Young Ironfist auch noch einen anderen Vorschlag machen.«
»Laß hören!«
»Er sehr gut den Bogen handhaben, er vortrefflich den Pfeil entsenden, den Tomahawk und das Messer führen; Tommy aber viel bester die Flinte kennen. Tommy schießen, Young Ironfist die Flinten laden.« – Der Wildsteller war einverstanden.
Young Ironfist legte aus seinem und des Gefährten Munitionsbeutel auf eine Steinplatte ein Häufchen Patronen und stellte daneben die entsprechende Anzahl Zündhütchen, die Öffnungen nach unten gerichtet, daß sie mit einem schnellen Griff der Finger für den Gebrauch leicht zu erreichen waren.
Während er sich mit diesen Vorbereitungen noch beschäftigte, krachte in den Reihen der Dakota plötzlich ein Flintenschuß, der vom Hügel aus sofort erwidert wurde.
Alsbald war ein lebhaftes Feuergefecht im Gange, in welchem die Dakota eine Menge Kugeln nach dem Hügel schossen, während die Odschibwä mehr an sich hielten und nach und nach fast ganz zu feuern nachließen.
Dies schien die Dakota zu ermuntern noch energischer vorzudringen. Und es lag System in der Art, wie sie das bewerkstelligten. Während nämlich die eine Gruppe ein lebhaftes Feuer unterhielt, sprang die daneben befindliche von der Erde auf und lief zehn bis zwanzig Schritte gegen den Hügel vor, wo die roten Männer sich schnell wieder auf den Boden niederwarfen.
So wechselnd, waren sie schon ziemlich nahe an den Hügel herangekommen, und wenn die Absicht bei ihnen bestand, diesen mit Sturm zu nehmen, so mußte dieser Augenblick unmittelbar bevorstehen.
Jetzt hielt aber auch Tommy die Zeit für gekommen, in den Kampf einzugreifen.
Schon lange hatte er einen Häuptling beobachtet, kenntlich an seinem bis an die Knien niederhängenden Federhut, der sich, auf dem rechten Knie ruhend, hinter der mittleren Gruppe des Treffens hielt und von dort aus durch Zurufe den Angriff leitete.
Tommy nahm diesen Mann fest ins Auge, führte den Kolben seiner Flinte langsam an die Wange, zielte, der Schuß krachte.
Der Häuptling unten machte eine krampfhafte Bewegung sich zu erheben, schwankte einen Augenblick und brach dann zusammen.
Tommy, seines Schusses sicher, hatte inzwischen aber schon eine zweite Rothaut, auffallend durch ihren reichen Kopffederschmuck, aufs Korn genommen und auch diese sank, von dem tödlichen Geschosse getroffen, zur Erde.
Und nun erfolgte vom Felsenkopf herunter Schuß auf Schuß. Mit erstaunlicher Fingerfertigkeit hatte Young Ironfist die Flinten immer wieder geladen, kaltblütig legte Tommy die todentsendende Waffe an.
Und die Wirkung dieses mörderischen Feuers blieb nicht aus.
Längst schon waren die dem Felsenkopfe nächstgelegenen Gruppen der Dakota stutzig geworden, aber der Umstand, daß ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Hügel gerichtet war und in ihren eigenen Reihen unablässig geschossen wurde, hatte sie über das, was vorging, doch nicht ganz klar werden lassen. Erst als die Zurufe der Häuptlinge ausblieben und einzelne Rothäute, die die Führer hinter sich hatten zusammenbrechen sehen, ein wildes Geschrei erhoben, wurden die Dakota mit einem Male des Vorganges sich bewußt.
Und nun erhob sich auf der ganzen Linie ein ohrenbetäubendes Geheul. Unwillkürlich sprangen ganze Abteilungen der dunklen, grell bemalten Gestalten von der Erde auf und gestikulierten wie wahnsinnig mit den Armen und Händen gegen den Punkt oben am Felsen, von wo die tödlichen Kugeln kamen.
Die Blöße, die sich die roten Männer damit gaben, machten nun aber auch die Odschibwä sich zu nutze. Jetzt krachten auch auf dem Hügel wieder die Flinten, und da Tommy mit seinem Schnellfeuer nicht nachließ, jede leitende Persönlichkeit bei den Angreifern unten aber fehlte, wurde die Verwirrung unter den Dakota immer größer und die Kopflosigkeit allgemein. Einzelne der Männer begannen wie wahnsinnig gegen den Hügel zu laufen, andere ihre Flinten gegen den Felsenkopf zu richten, wieder andere machten kurz entschlossen kehrt.
Als die ersten Dakota, die gegen den Hügel liefen, die Höhe erstiegen hatten, brachen, geführt vom »Weißen Falken«, wohl an hundertundfünfzig Odschibwä mit hochgeschwungenem Tomahawk aus den Büschen hervor, streckten die Sturmläufer nieder und warfen sich, da sie nun einmal im Zuge waren, mit aller Wucht auf den vor ihnen befindlichen wirren, schreienden und tobenden Kriegerhaufen.
Schnell war die Linie des Feindes durchbrochen und nun entspann sich nach rechts und links ein furchtbarer Kampf von Mann zu Mann, in dem die Odschibwä, die wie eine Windesbraut daher gefegt waren, von Anfang an die Oberhand behielten. Weithin hallte das Tal von gellen Kriegsrufen und wurde zum betäubenden Jubelgeschrei, als immer mehr Dakota das Fersengeld gaben, bis endlich die letzten Haufen der verhaßten Gegner nach den Pferden liefen.
Tommy hatte längst aufgehört zu feuern, lag vielmehr an der Seite seines Gefährten untätig hinter den Steinen. Mit größtem Interesse hatten sie den Gang des Kampfes verfolgt und beglückwünschten sich zu ihrem Erfolge.
Als der kämpfende Menschenknäuel unten allmählich sich löste und die Dakota davon zu laufen begannen, folgte Young Ironfist für einen Augenblick dem wilden Instinkte der ehemaligen Rothaut und wollte nochmals zur Flinte greifen. Tommy aber wehrte und meinte, es wäre gerade genug des Blutvergießens.
Unterdessen hatten die flinksten der Ausreißer ihre Mustangs unten im Tale erreicht, schwangen sich auf deren Rücken und jagten wie besessen davon.
Aber die Odschibwä waren als geborene Söhne der Wälder noch bessere Läufer als die Dakota, diese geborenen Reitervölker.
Mit Genugtuung sahen die beiden Wildsteller, daß viele ihrer Freunde die fliehenden Feinde überholten und vor ihnen bei den Mustangs anlangten. Neue Kämpfe würden sich also dort unten bei dem niedergebrannten Dorfe entspinnen; ein großer Teil derer, die nicht schon entkommen waren, würde abgeschnitten werden, ja die Odschibwä würden voraussichtlich eine Menge der Pferde erbeuten.
Während der heillosen Verwirrung, die unter den Dakota Platz gegriffen hatte und ganz gefangen genommen von dem kriegerischen Bilde, das sich den beiden Wildstellern darbot, war ihnen völlig entgangen, daß eine einzelne feindliche Rothaut, die am rechten äußersten Flügel des Treffens sich befunden hatte, mit langen Sätzen dem nahen Walde zulief, offenbar in der Absicht, die Höhe, wo der Felsenkopf lag, zu ersteigen.
Jetzt befand sich dieser rote Mann nur noch etwa zehn Schritte hinter den beiden Weißen, die noch immer mit dem lebhaftesten Interesse dem bewegten Bilde folgten, das sich ihnen weit unten im Tal in buntem Wechsel darbot.
Mit einem teuflischen Grinsen im häßlich bemalten Angesicht hatte die Rothaut die beiden ahnungslos Daliegenden entdeckt, dann wie eine zum Sprung sich anschickende Katze sich etwas niedergeduckt, funkelnden Auges die Entfernung messend.
Plötzlich schnellte sich der Mann vor, war mit zwei Sätzen dicht hinter den Weißen und ließ sein hochgeschwungenes Kriegsbeil auf den Schädel Tommys niedersausen.
Blitzschnell fuhr Young Ironfist auf, erfaßte die Rothaut, ehe sie noch zu einem zweiten Schlage auszuholen vermochte, mit festem Griff an der Gurgel. Ein mächtiger Ruck, ein gewaltiger seitlicher Stoß, der Mann schlug zu Boden. Schon glaubte Young Ironfist gewonnenes Spiel zu haben, als die Rothaut plötzlich wieder aufsprang und sich mit voller Wucht auf den Weißen warf.
Ein fürchterliches Ringen entstand, in dem Young Ironfist insofern im Nachteil war, als seine Hände an dem eingefetteten Oberleib des Mannes nicht fest zuzufassen vermochten. Endlich aber gelang es dem Weißen, mit beiden Händen noch einmal die Gurgel des Gegners sicher zu erfassen; der Widerstand des roten Mannes wurde schwächer, bis er zuletzt ganz erlahmte. Young Ironfist ließ ihn auf die Steine niedergleiten und zertrümmerte ihm mit einem einzigen, gewaltigen Faustschlage die Schädeldecke.