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Personen |
Pfarrer |
Hella |
Amtsbruder |
Kirchenpfleger |
Michel |
Schlächter |
Gerichtsvollzieher |
Ortsbewohner |
Szene: Das Innere der Pfarrscheune.
Links ist das große Scheunentor. Rechts ein Ausgang nach dem Schweinestall. Der Hintergrund ist die Scheunenwand, von oben hängt das Heu herunter. Wenige Gerätschaften hängen an der Wand und stehen umher, notwendig ein Kübel, ein Haken etwa in der Mitte der Hinterwand. Ein Kartoffelhaufen, ein Korb. Der Pfarrer und Hella sortieren Kartoffeln. Sie werfen die einen auf einen neuen Haufen und die andern in den Korb. Der Pfarrer trägt seinen schwarzen Rock, auch wieder schwarze Hosen, sein kleines Käpplein, aber blaue Schürze und keinen Kragen. Hella im Arbeitskleid. Beim Hochgehen des Vorhangs läuten die Kirchenglocken, ihr Schall ist gedämpft, weil die Szene im Gebäude liegt.
Pfarrer. Ich hörte schon.
(Die Glocken verstummen)
Hella. Dann muß »man« hineingehen und die Predigt lernen, zum morgigen Sonntag.
Pfarrer. Ich geh schon.
Hella. Nein, aber gleich. Ich kann die Kartoffeln allein sortieren.
Pfarrer. Nun laß mich schon. Ich nehme die Predigt vom vorigen Jahr.
Hella. Nur nicht so faul. Die Leute merken es wieder.
Pfarrer. Das macht ja gar nichts, die Leute sind ja jetzt mit allem von mir zufrieden.
Hella. Jaa – – leider.
Pfarrer. Nun, weißt du, es ist wahrhaftig nicht nötig, sich wegen den Miesbachern extra zu schinden, die Leute sind ja so oberflächlich. Das weiß man ja, bloß um einer reinen Äußerlichkeit willen sind sie mit mir zufrieden. Wenn ich da gewissenhafter sein wollte, so würde ich mich vor allen Dingen jetzt nicht beruhigen dürfen, weil sie beruhigt sind. Eigentlich paßt es mir nicht, daß mich jetzt die Leute als gerecht ansehen, bloß weil ich den Preis in den Ort gebracht habe. Wo haben die Leute irgend etwas von tiefem Ernst in religiösen Dingen? Nicht einer, nicht ein einziger redet mit mir und fragt mich, ob ich den inneren Frieden habe.
Hella. Darum frag ich ja, will »man« nicht hineingehen und sich vorbereiten? Ich bin doch auch einer.
Pfarrer. Ach, es kann mich verflucht ärgern, daß die Leute nun meinen, weil sie befriedigt sind, müsse ich auch zufrieden sein.
Hella. Warum will »man« denn nicht zufrieden sein? Das ist doch ausgezeichnet, daß die Menschen so oberflächlich sind und gleich voll Jubels wenn eines den Erfolg hat.
Pfarrer. Eigentlich möchte ich die Miesbacher mit rechtem Donnergepolter über ihre Oberflächlichkeit aufklären.
Hella. Das kann »man« machen, so was hören sie gerne.
Pfarrer. Ich kann das Hinunterschlucken meiner wahren Gedanken über sie absolut nicht dauernd ertragen.
Hella. Eines möchte ich aber noch sagen. »Man« redet von Oberflächlichkeit. Nun, weiß »man« es bestimmt, daß die Leute oberflächlich sind? Ich meine, im Gegenteil, die Leute hat das Glück, das dem Herrn Pfarrer von Gott gegeben wurde, innerlich überzeugt.
Pfarrer. Von was überzeugt?
Hella. Einfach, daß »man« im Recht gewesen ist.
Pfarrer. Das innerlich zu glauben, würde wohl kein Mensch fertig bringen.
Hella. Da müßte sich höchstens der Herr Pfarrer selber schuldig fühlen.
Pfarrer (geht auf und ab). – Ja. Du sagst's.
Hella. Oh, Herr Pfarrer, die Anfechtungen und alles das, was er vordem in die Flucht geschlagen hatte, soll es sich umkehren und gegen ihn wenden? (Sie nimmt den Korb auf.)
Pfarrer. Besorge die Mischa.
Hella. Liegt es »einem« auf dem Gewissen, daß im Hotel dort oben die gemeinselige Hauserin zu so viel Liebe gekommen ist? (Geht mit dem Korb weg nach rechts.) Herr Pfarrer, versündige »man« sich nicht durch Selbstüberhebung. (Ab.)
Pfarrer (allein). Im Gegenteil, ich zertrete mich selbst, ich bin ein elender Sünder, und die Leute halten mich für gerecht. Das darf ich nicht dulden!
Hella (kommt leer zurück). Herr Pfarrer, vergesse »man« die Theologie und bleibe ein guter lieber Mensch. (An ihm) Herr Pfarrer, wie wir sind, wenn wir allein sind, das kann Gott im Himmel unmöglich mißfallen. So hat er uns doch gemacht.
Pfarrer. Hella, es zermartert mich aber.
Hella. Warum denn? Bin denn ich schuldig? (Sinkt von ihm weg.)
Pfarrer. Schwätz keinen Unsinn, ich allein. Ich habe um einer irdischen Sache willen mein Amt vernachlässigt.
Hella. Bei den Miesbachern? Das glaubt der stärkste Mann nicht. Die glauben sowieso nichts! (Es ist ihr laut entfahren.)
Pfarrer. Siehst du!
Hella. Jedenfalls begreife ich den Herrn Pfarrer nicht. Es ist ja alles in schönster Ordnung. Warum denn da mit Selbstanklagen kommen?
Pfarrer. Das Gefühl habe ich eben.
Hella. Herr Pfarrer, ich meine, es wäre die größte Demut, wenn »man« an sich selber gar nicht mehr denken würde, bloß an die Leute, daß sie die Freude haben und den Frieden.
Pfarrer. Deutlich, verwirre nichts. Ich denke nicht an mich. Ich achte mich nicht.
Hella. Das ist ganz Nebensache. Man wird von den Leuten geachtet.
Pfarrer. Aber das ist es ja gerade, sie tun etwas Falsches und Verlogenes mit ihrer Achtung. Ich bin nichts, solange ich den Leuten nicht das Bewußtsein beigebracht habe, daß ich auch Pfarrer bin und nicht nur Schweinezüchter.
Hella. Ach, ach! Was ist denn bloß in »einen« hineingefahren?
Pfarrer. Die Miesbacher muß ich darum auf eine ganz unzweideutige Weise aufklären.
Hella (zaghaft). Wie denn?
Pfarrer. Indem ich die Mischa schlachte.
Hella (Aufschrei des Schreckens).
Pfarrer (steht). Warum so totenblaß?
Hella. Verrückter gäbe es ja nichts, Herr Pfarrer.
Pfarrer. Darum tu ich's.
Hella (mit hochgeschlagenen Armen). Das gibt ja eine Revolution!
Pfarrer. Das kann mir Wurst sein.
Hella. Wenn's einmal Blutwurst ist, wird »man« an mich denken. Ich sage nichts mehr zum Herrn Pfarrer. Einfach, wenn der Herr Pfarrer das tut, dann sag ich nichts mehr zum Herrn Pfarrer.
Pfarrer. Warum wäre denn das so schauderhaft?
Hella (Ekstase). Die Miesbacher wollen ja einer wie der andere die Preissau belegen! Jeder will ein Kind von ihr! Sie wollen Ferkel und alle wieder Preise!
(Der Schlächter mit dem Gerichtsvollzieher. Der Pfarrer erblaßt. Hella taumelt an die Wand.)
Schlächter. Da redet man von ihr, und da komme ich sie schon holen.
Pfarrer. Dann muß ich sie wohl hergeben?
Schlächter. Jawohl, Freundchen. Hier will ich vorstellen, Seine Gnaden, der Herr Gerichtsvollzieher.
Pfarrer. Die Mischa ist aber einstweilen das Doppelte wert geworden.
Schlächter. Desto mehr freut mich's. (Zieht die Nase hoch.)
Pfarrer. Ich werde gegen die Vollstreckung Einspruch erheben. Und ich hoffe, daß ich bei erneuter Verhandlung durch die eingetretene Prämiierung mehr Glück haben werde.
Schlächter. Dann wird gepfändet.
Gerichtsvollzieher (lockert die Mappe).
Hella. Das ist aber eine unerhörte Frechheit, wenn man einem etwas mit Gewalt wegnimmt. (Nach links ab.)
Schlächter. Will der Pfarrer nicht lieber Verstand annehmen?
Pfarrer (vertritt ihm den Weg nach rechts). Die Mischa gebe ich nicht heraus.
Schlächter. Habt Ihr einen halben Affen oder einen ganzen? Ich lasse mich kein zweites Mal verutzen.
Hella (brüllt draußen vor der Scheune, in ziemlicher Entfernung). Leute! Miesbacher! Die Mischa soll geholt werden. Der Schlächter ist da! Hilfe!
Schlächter (sieht sich um). Was ist denn das? Wer brüllt da?
Pfarrer. Das kann ich Ihnen sagen, meine Gemeinde steht heute hinter mir. Glauben Sie nicht, daß Sie mir die Mischa gewaltsam entreißen werden.
Gerichtsvollzieher. Nu, geben Sie sie schon her. Man macht sich ja lächerlich bei so einer Pfändung. Was denken Sie denn? Wie sieht denn das aus? Ein amtliches Siegel auf einem Schweine.
Schlächter (der sich beängstigt fühlt). Was wollen Sie denn mit den herbeigerufenen Leuten? Gewalt wollen wir ja gar nicht anwenden.
Pfarrer. Sie wollen genug von mir.
Gerichtsvollzieher und Schlächter (lachen).
Schlächter. Ach, Sie meinen wohl, weil Sie ein Pfarr' sind, müsse ich es Ihnen schenken. Das ist ja lustig.
( Hella, Michel, dann Kirchenpfleger und Bauernvolk nacheinander von links.)
Michel (abgehetzt). Seidenspinner, Ihr wollt die Sau holen?
Schlächter (die Ankommenden mit Gestikulationen abwehrend). O! o! o! Ja, ich will die Sau holen. Was ist denn daran, daß da gleich das ganze Dorf zusammenlaufen muß?
Kirchenpfleger. Seidenspinner, du wirst dem Herrn Pfarrer nicht sein schönes Tier wegnehmen?
Schlächter. Warum denn aber nicht?! – Ehedem habt Ihr mich dazu verhetzt, daß ich auf ihr bestehen soll. Ich habe nun prozessiert und auch richtig gewonnen. Damals hätte man mir eben nicht das Unrecht antun müssen. Ja, hätten Sie's damals herausgerückt, Herr Pfarrer, dann ginge Ihnen das Hergeben heute nicht so sauer.
Kirchenpfleger. Kannst du's mit dem Herrn Pfarrer nicht mehr im Guten wett machen? – Zahlt's denn der Herr Pfarrer nicht zurück?
Schlächter (rasch). Daß ich für die Katze geschworen hätte!
Hella (ist gespannt).
Die Bauern (untereinander). Was wird denn?
Michel (zuerst leise). Wir boykottieren ihn?
Kirchenpfleger. Seidenspinner, wenn du's Geld nicht zurücknimmst, tun wir dich in Boykott, daß du aus Miesbach keine einzige Sau noch herausbringst.
Michel. Alles kriegt nachher der Rupp. Kein Schwein, kein Rind, keine Kuh, keinen Ochsen, keine Ziege nicht einmal, kriegst du noch aus Miesbach heraus.
Schlächter. Vielleicht aber noch einen Esel.
Die Bauern. Boykottiert ihn. Boykott.
Schlächter. Schreit mir nur recht die Ohren voll! Ich will mir's schon selber überlegen.
Kirchenpfleger (recht mit den Leuten redend). Man kann's dem Herrn Pfarrer nicht verdenken, daß er die Sau, die auch inzwischen 's Prämium gekriegt hat, die so eine Staatssau geworden ist, daß er sie jetzt für so wenig Geld nicht mehr hergeben mag.
Schlächter. Ja nu, seht, Leute, damals hat eure Hochehrwürden gemeint, sie lege mich herein, jetzt könnte ich mich freuen, wenn sich's umgekehrt hätte. Ja. Das wäre eben der Geschäftszufall, meine Verehrten.
Pfarrer. Lieben Leute, ihr müßt doch bedenken, daß der Schlächter nur sein Recht fordert.
Die Bauern. Was soll da recht sein?
Michel (sehr eifrig). Die Mischa ist mehr wert als er gegeben hat!
Schlächter. Schreit nicht so! Leise, leise! Soll ich's denn zurücknehmen?
Pfarrer. Es ist ein bißchen viel Geld, das ich gerade nicht einmal flüssig habe.
Schlächter. Nun also. Was schreit ihr denn? Eurem Herrn Pfarrer ist's lieber, er kriegt noch mehr Geld. (Prüft den Pfarrer mit schrägen Augen.)
Michel. Soll denn das wahr sein, Herr Pfarrer?
Pfarrer. Ihr wißt ja, daß ich dem Dekan versprochen hatte, das Schwein wegzutun.
Die Bauern (leise). So ein Versprechen.
Pfarrer. Ich bin als Pfarrer doppelt verpflichtet, mein Wort zu halten.
Hella. Das hat sich durch den Preis doch alles geändert.
Die Bauern. Das sagen wir auch.
Pfarrer. Wirklich, ich hab das Geld nicht. Vielleicht wenn ich's daliegen hätte, vielleicht gäbe ich's ihm dann zurück.
Michel. Miesbacher, können wir das nicht umlegen?
Schlächter. Namentlich du, dich kenne ich wie so einen Froschschenkel.
Michel. Wenn ich auch nichts hab, die Anregung kann ich deswegen doch geben.
Schlächter. Na, was wird da? Folgt ihr seiner Anregung?
Kirchenpfleger (ächzt). Wenn's der Zeit hat.
Die Bauern. Das können wir schon machen.
Michel. Wenn die Mischa einmal ferkelt, ferkelt sie jedem etwas.
Kirchenpfleger. Gerade. Das hoffen wir. Du kriegst dein Geld, Schlächter.
Hella (ist erleichtert).
Pfarrer. Und die Mischa?
Michel. Die hat der Herr Pfarrer sozusagen als ein neues Geschenk von der Gemeinde.
Pfarrer. Nun hört.
Schlächter (ringsum nach den Händen hinausgreifend). Abgemacht! Es geht auf Umlage.
Gerichtsvollzieher. Kommen diejenigen nachher zu mir ins Schaf.
Kirchenpfleger. Das ist eine Liebesgabe, Herr Pfarrer.
Pfarrer (vorsichtig drohend). Sagt später nicht anders! Heute sagt ihr, es ist eine Liebesgabe an mich. Merkt mir wohl auf! Später will ich keinen Vorwurf.
(Die Bauern, der Gerichtsvollzieher und der Schlächter zotteln ab.)
Kirchenpfleger. Die Miesbacher könnte die Gabe bloß stechen, wenn der Herr Pfarrer noch dem Herrn Dekan folgte.
Michel. Etwa, wenn er sie fräße.
Kirchenpfleger. Das glaube ich so schnell nicht, daß der Herr Pfarrer seine Mischa essen täte. (Ab mit Michel.)
Hella (hauchend). Herr Pfarrer, ich habe eine jammervolle Angst.
Pfarrer (rasch nach ihr umgewendet). Weshalb denn?
Hella. Herr Pfarrer, das ja nicht tun! Die Mischa jetzt noch schlachten.
Pfarrer. Wäre denn das so tragisch? Jetzt hätte es erst recht einen Zweck.
Hella (fauchend, die Faust vor sein Gesicht gesetzt). Jetzt wäre es ganz hundeniederträchtig, wenn die Leute sich auf »einen« verlassen.
Pfarrer (fest, stößt sie weg). Und ich sage, gerade jetzt kann ich die Miesbacher erproben. Ob es eine Liebesgabe ist?
Hella (scharf, fremd). Wird es geschehen?
Pfarrer. Wenn es soweit ist, werde ich dich schon zur Hilfe brauchen.
Hella (furienmäßig). Dazu helfe ich nie. Dazu nie! (Leckt die Finger ihrer Hände einzeln, spuckt jeden geleckten vor ihm aus.) So. Da. Wenn es geschieht, Herr Pfarrer. Dann ist's aus.
Pfarrer. Das machst du recht fein.
Hella. Dann verlaß ich das Haus!!
Pfarrer. Warum denn?
Hella. Weil der Herr Pfarrer dann ein ganz gemeiner Betrüger ist.
Pfarrer (höhnt, wird erhitzter). Du Miesbacherin, du scheinst ja gleich von Anfang an zu wissen, wie deine Miesbacher eine Liebesgabe verstehen.
Hella. Ich sage es noch einmal, die Leute verlassen sich auf die Zukunft, wenn sie's Geld rausrücken.
Pfarrer. Weißt du, ob ihr Geld hin ist?
Hella. Der Herr Pfarrer macht sich wieder unmöglich hier.
Pfarrer. Das werde ich schon sehen, der Dekan steht dann hinter mir.
Hella (mit einem Wehe). Und der Herr Pfarrer ist dann der ganz Nämliche wie die Schwarzen alle. Oh, mir gräuselt es im Geiste, wie übel »man« sich verändert hat.
Pfarrer. Ich hab mich nicht verändert.
Hella. Nein, es ist wahr, »man« hat sich nicht verändert. »Man« war immer ein Schwarzer, nur manchmal aus Trotz ein noch viel Schlechterer.
Pfarrer. Im Trotz gefällt mir's einmal. (Heftig.) Es paßt mir einfach nicht, so ein fauler Frieden. (Mit fortwährender Steigerung.) Was wollen denn die Miesbacher? Meine Sau, diese Jungfrau soll ihren Säuen eine Dirne sein! Niemals! (Er stürzt fort nach rechts. Ab.)
Hella (bebt, gespannt). Und jetzt? – – – –
(Man hört das Geschrei der Mischa. Hella in wachsend der Alteration. Zuletzt hört man das Vergrunzen der Geschlachteten, dann wird es still.)
Pfarrer (hinter der Szene). Hella, einen Kübel!
Hella (rührt sich nicht, schüttelt den Kopf).
Pfarrer (rennt schwitzend daher). Einen Kübel, Vieh! (Ab mit demselben.)
Büttel (rennt aufgeregt von links daher). Büttel. Hat er sie geschlachtet? (Rennt umher.) Wo ist er?
Pfarrer (kommt blutrührend mit dem Kübel an). Büttel, Sie können mir einen Gefallen tun, wenn Sie die Scheune schließen. Der Affe rührt sich nicht.
Hella (starr). Das Blut von der Mischa!
Pfarrer (im Rühren). Macht uns rein von allen Sünden.
Hella. Oh nein! Man sieht's ihm an. Die Freßsucht ist über ihn gekommen.
Pfarrer. Ist ja nicht wahr. (Ab.)
Hella. Freilich ist es wahr. Alle frommen Gründe sind Lüge!
Büttel (nachdem er die Scheunentore geschlossen). Rasch tritt der Tod den Menschen an. (Es dringen Menschenhaufen gegen die Pfarrscheune an.)
Büttel (weicht erschreckt zurück). Heilandsack, sie werden's doch nicht einhauen!
Pfarrer (rennt hervor). Büttel, ich hoffe von Ihnen die Aufbietung Ihrer ganzen Autorität. (Ab.)
Hella (lacht mit lautem, derbem Hohn). Täten sie's doch einhauen und mitsamt ihm verbrennen!
Büttel. Das ist eine gefährliche Sache.
Pfarrer (bringt eine Sauhälfte, hängt sie an den Haken in der Scheune).
Hella. Und das ist die Mischa!?
Büttel. Ja, Fräulein, die Menschen verändern sich, wenn sie der Metzger in der Hand hatte. Aber es wird doch ein bißchen zu lebhaft dort draußen.
Pfarrer (das Schlachtmesser im Maule). Wartet nur, bis ich hinauskomme!
Hella. Ja, jetzt sieht man's genau, wie der Pfarrer immer mehr geschwunden ist in ihm. Beinahe wie ein Menschenfresser sieht er nun aus.
Pfarrer. Sage mir nicht, wie du aussiehst. (Wieder ab.)
Hella. Mit Blut habe ich mich nicht besudelt.
Büttel. Woher er das alles so los hat?
(Die Scheune kracht, die Leute dringen herein, voraus Michel mit einem dicken Prügel.)
Büttel. Hurra die Geiß! (Hopst zur Seite.)
Michel (packt Hella an der Gurgel). Wo ist dein Pfarr'?
Hella. Er ist doch nicht meiner. Büttel, hab ich was mit angerührt?
Büttel. Michel, dir stoß ich's in den Bauch. Was soll die Gewalt? Ich konnte nichts mehr verhindern.
Pfarrer (kommt mit der andern Hälfte, wie vorhin)^
Kirchenpfleger (schreit ihn an). Das hat er los, die Leute hereinlegen!
Pfarrer (hängt das Teil ächzend auf).
Michel (hat von Hella abgelassen, er bebt gefährlich mit dem Prügel).
Hella. Schweinepriester!
Pfarrer. Das Wort wirst du nie über deine Lippen bringen? O Hella, das hat stets in dir geschlummert.
Hella (schluchzt heftig). Das liebe Tierchen.
Michel (drischt mit dem Prügel den Scheunenboden vor dem Pfarrer). Will er noch große Worte machen? Die ganze Gemeinde hat er betrogen.
Pfarrer. Wer weiß denn das?
Kirchenpfleger. Haben wir nicht 's Geld gegeben?
Pfarrer. Ich hab's euch gleich gesagt.
Kirchenpfleger. Man hat auch gemeint gehabt, der Herr Pfarrer sei ein anderer geworden.
Pfarrer. Jetzt hab ich probiert und das Schwein hingemacht, da seh ich zu meinem Glück, daß ihr auch die alten geblieben seid.
Michel (weiter drohend). Geht der Krach von neuem?
Kirchenpfleger. Was wir mit Ihnen immer für Skandal haben! Sind Sie denn doch übergeschnappt?
Michel. Unsinn, ein heilloser Lump ist 'r.
Pfarrer. (stößt ihn heftig zurück). Ein bißchen zurück, du!
Hella (greift ein). Ich hab's »einem« gesagt, Herr Pfarrer. Da hat er sich gespreizt gegen Gott und die Welt, daß er sie behalte, und hätten sich nun die Leute beruhigt, so muß er sagen: »Nun gerade tu ich sie weg.«
Kirchenpfleger. Das nennt man einen Trotzkopf.
Michel. Das ist aber kein Pfarrer dann für uns.
Pfarrer. Noch einmal zurück, Gottloser! Ihn geht die Geschichte am wenigstens an, er braucht sowieso keinen Pfarrer.
Michel. So! Ich brauche keinen Pfarrer? Ich brauche ihn am nötigsten, daß ich endlich bekehrt werde.
Kirchenpfleger. Daß der Herr Pfarrer den Preis gekriegt hat, das war ganz schön, aber daß er sie außer dem Preise auch noch essen kann, dazu haben wir's Geld nicht hingetan.
Michel. Sagt schon »fressen«!
Pfarrer. Wer sagt denn, daß ich sie fresse? Ihr könnt ja vom Schwein nehmen für euer Geld.
(Indem die Leute sich ansehen und der Kirchenpfleger die Sau betastet, erscheint der Amtsbruder unter dem Scheunentor, er steht mit schnobbernder Nase und mit vor dem Bauche gefalteten Händen.)
Kirchenpfleger. Wird's auch dazu langen?
Hella. Fett ist da, in Masse.
Amtsbruder. Ah, nicht umsonst hat es mich gemahnt: »Besuche deinen Bruder.«
Pfarrer (leise zu Hella). Keinen Bissen kriegt er davon. Daß du ihm nichts gibst.
Amtsbruder. War es hier vor kurzem nicht sehr lebhaft und wild? (Von nirgends erhält er eine Antwort.)
Pfarrer (nach einer kleinen Pause). Was ist nun, Herr Kirchenpfleger, beruhigt man sich dabei?
Kirchenpfleger (mit einem unsteten Blick auf den fremden Pfarrer). Man muß wohl.
Michel. A! Die schwarze Clique hilft immer zusammen!
Pfarrer (im Eifer). Es konnte nicht Friede sein, als bis das Schwein zu Wurst gemacht war.
Kirchenpfleger. 's wäre anders für die Gemeinde wohlfeiler gewesen. (Schnauft den fremden Pfarrer an.) Wie das nun so ist, Herr Pfarrer.
Amtsbruder (weicht vor ihm etwas zurück, mit vorgehaltenen flachen Händen).
Pfarrer. Seid Ihr nun schlüssig, hab ich's recht gemacht?
Die Bauern (wollen nicht so recht). Jaa.
Michel. Ja, Schlauer, dumm biste nicht. Die Metzelt hat er gleich verkauft, unser Herr Pfarrer.
Pfarrer. Ist es nicht besser, wir Miesbacher essen alle gemeinsam von ihrem Leibe und versöhnen uns an ihrer Metzelsuppe?
Hella (grenzt an der Sau die vier Schinken ab). Ich abonniere mich auf die vier Schinken.
Kirchenpfleger (breit). Durch Kauf haben wir den Frieden.
Michel (eng am Pfarrer, besorgt). Aber eine Frage Herr Pfarrer, die mich beängstigt. Wo ist denn nun der Teufel hingefahren?
Pfarrer. Den fressen wir in der Blutwurst.
Michel (geht weg). Dann dank ich. (Ab.)
Pfarrer. Ich weiß schon, Michel, er kann wieder nicht in die Kirche gehen. Und ihr anderen? Es will mir scheinen, mit rechter Freudigkeit wollt ihr's nicht hinnehmen?
Amtsbruder. Darum darfst du dich nicht kümmern. Du hast recht getan.
Pfarrer (wehrt ihn ab). Ich rede mit meinen Leuten. – Wir wollen sie erst einmal aufteilen, vielleicht, wenn ihr seht, wie viel daran ist, werdet ihr zufriedener.
Kirchenpfleger. Herr Pfarrer, das muß man nun erst wieder schlucken.
Hella. Ganz recht, schlucken muß man's, essen muß man's, dann kann man's begreifen. (Die Leute lachen.)
Kirchenpfleger. Es ist gerade, wie wenn ein höherer Sinn darin läge.
Pfarrer. Ganz recht Herr Kirchenpfleger, Sie haben es verstanden.
Kirchenpfleger (ist geschmeichelt).
Amtsbruder. Und von mir kehrst du dich ab, Bruder?
Pfarrer. Wenn ich dir die Wahrheit sage, gehst du ja doch zum Teufel.
Amtsbruder. Nimmermehr, Bruder, wenn du wahr bist, werde ich weggehen.
Pfarrer. Du bist die größte Freßgosche der Welt.
Amtsbruder (mit ernster Maske). Nur immer Aussprache. Wir werden vielleicht darüber noch reden zusammen?
Hella (patscht ihn lachend). Bei der Metzelsuppe.
Amtsbruder (unter dem Lachen der Leute). Ja gewiß, recht gerne. Das liebe Tier reicht ja für viele.
Pfarrer. Für die ganze Welt. Das ist der wahre Ruhm.
(Es ist sehr dämmerig geworden. Die Betglocke läutet. Die Leute entblößen die Häupter zu einem stillen Gebet. In der Dunkelheit phosphoreszieren die zwei Sauhälften wie um ein Kreuz.)
Ende.