Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Dreizehntes Kapitel

Sterne konkurrierten wiederum vergeblich mit dem bestimmten Licht der Bogenlampen.

»O Kunst«, seufzte Bebuquin, »du bist gewaltig, wenn man Perspektiven wegschickt, ersehnte Veränderung der Zustände, wie ist eine Sache zugleich wahr und falsch, es kommt auf den Standpunkt an.

Versuchung, du tauchst aus der entvölkerten schlafenden Nacht und erhebst dich aus der Angst vor den Gestirnen.

Ich vergaß noch nicht, soweit wie es ziemlich wäre; vielleicht reinigt mich ein anderer, wenn ich's nicht vermag.« So begab er sich zum Kloster des kostenlosen Blutwunders, nachdenkend, ob eine völlige Unterbrechung des Schicksals möglich sei.

Über ihm, auf den Nadelspitzen der Tannen, glitt Böhm mit.

Der sang:

»Wälder, ihr sympathische Stickerei,
o Schrecken, du Lehrer der Geheimnisse.
Waldfeuer, Ihr Offenbarungen im Dickicht.
Irrgänge, Wegschlingen,
gehetzte, angestrengt verirrte Seelen, die ihr sie begeht.«
Seine Hirnkapsel leuchtete den Weg voran
mit der nonchalanten Sicherheit eines Toten;

er sang weiter:

»Risiko, Wagnisse der Schwachen,
die vergeblich sind,
weil Pappgewichte gestemmt werden,
o philosophische Tricks.
Die gute harmlose Seele eines unwissenden Knaben
geht durch die Wälder.«

Ein Blitz durchfuhr den Wald, der Baum, über den Böhm stieg, schüttelte sich.

Bebuquin hatte große Mühe, der Luftreise Böhms nachzukommen, trotzdem dieser recht rücksichtsvoll war; aber oft, wenn Böhm meinte, jetzt müsse es besonders gut gehen, versank Bebuquin im Morast oder stieg keuchend aufwärts, während Böhm die Kugel einer Akazie leicht betanzte.

»O Standpunkte, Vielfältigkeit der Logiker, Kontrapunktik der Sphären«, rief Böhm, sorgfältig das stille Licht seiner Lampe schützend, »die ihr die Dinge zwar vermanscht, doch kaum ruinieren könnt.

Wie entzückt ihr meine Augen,

da ich das fatale Denken mir streng abgewöhnte.

Bebuquin, der Wille zur Dummheit verlangt Entsagung, und man bekommt ihn nur durch sorgfältiges Zuendedenken. Wenn man sieht, daß unsere Gedanken in sich zusammenfallen, wie die Flügel eines geschossenen Wildhuhns; Gedanken, nein, sie sind keine Zwecke für sich, sie sind wert als Bewegung; aber können Gedanken bewegen; o, sie fixieren, sie nageln zu sehr fest, sie konservieren selbst den Revolutionär. Bilder sind Taten der Augen, und mit einem Bilde ist nicht alles gesagt, aber ein Gedanke täuscht stets vor, er habe die ganze Kette erschöpft, und lähmt.

Die Logik will immer eines und bedenkt nicht, daß es viele Logiken gibt. Es gibt nicht Eines, wohl aber eine Tendenz der Vereinheitlichung, und wieviele Dinge streben auseinander. Die Logik hat nicht eine Grundlage. Von ihren vier Axiomen liebt der eine dies, der andere jenes mehr; und ein Axiom befehdet und mischt sich dem anderen; denn eines allein vermag keinen Schritt vorwärts zu gehen; die Logik ist eine ungeheuerliche Ausnahme, und der pythagoräische Lehrsatz ein Monstrum.«

Grüne Drachen mit Schwänzen, die an metallische Sterne dröhnten, fuhren über den Himmel. Staub rieselte gegen den Himmel von der Wüste auf, über die sich Bebuquin schleppte.

Am Horizont stand das Kloster; um es war die unfruchtbare, die stilisierende, dröhnende, vögelüberflogene Wüste gelagert, die Ebene, wo der Blick in rundem Kreis in sich selbst zurückkehrt, um in dem Sand zu versiegen; und die Sonne schlug auf das braune Fell mit den schmetternden Lichtschlägen über die steilen Fanfaren der Felstrümmer hinweg.


 << zurück weiter >>