Alexander Dumas d. Ä.
Zwanzig Jahre nachher. Dritter Band
Alexander Dumas d. Ä.

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Der Portwein

Nach Verlauf von zehn Minuten schliefen die Herren; nicht aber die ausgehungerten Diener.

Blaisois und Mousqueton schickten sich an, ihr Bett zu machen, das aus einem Brette und einem Felleisen bestand, während auf einer Tafel beim Schwanken des Schiffes ein Laib Brot, ein Bierkrug und drei Gläser sich wiegten.

Verfluchtes Schwanken! sprach Blaisois. Ich fühle, daß es mich wieder packen wird, wie bei unserer ersten Überfahrt.

Und gar nichts zur Bekämpfung der Seekrankheit haben, als Gerstenbrot und Hopfenwein! Puh!

Aber Eure Weidenflasche, Herr Mouston, fragte Blaisois, der die Vorkehrungen zu seinem Lager getroffen hatte und sich wankend dem Tische näherte, an dem Mousqueton bereits saß; aber Eure Weidenflasche, habt Ihr sie etwa verloren?

Nein, erwiderte Mousqueton, und Ihr, Grimaud, fragte er seinen Gefährten, der eben zurückkehrte, nachdem er d'Artagnan bei seiner Runde begleitet hatte, habt Ihr Durst?

Wie ein Schotte, antwortete Grimaud lakonisch.

Und er setzte sich neben Blaisois und Mousqueton, zog eine Schreibtafel aus der Tasche und fing an, die Rechnung der Gesellschaft aufzuschreiben, deren Ökonom er war.

Oh! la! la! rief Blaisois, in meinem Leib fährt alles durcheinander.

Wenn dem so ist, erwiderte Mousqueton, so nehmt ein wenig Speise zu Euch.

Ihr nennt das Speise? sagte Blaisois, mit einer kläglichen Miene die verächtliche Gebärde begleitend, womit er auf das Gerstenbrot und den Bierkrug deutete.

Blaisois, erwiderte Mousqueton, erinnert Euch, daß das Brot die wahre Speise des Franzosen ist . . . und der Franzose hat es nicht einmal immer; fragt nur Grimaud.

Ja, aber das Bier, versetzte Blaisois, ist das sein wahres Getränk?

Was das betrifft, sagte Mousqueton, so muß ich gestehen, nein, das Bier ist ihm ebenso zuwider, als der Wein den Engländern.

Portwein, sagte Grimaud, und streckte die Hand in der Richtung des Gelasses aus, das d'Artagnan und er in Begleitung des Patrons besucht hatten.

Wie! diese Fässer, die ich durch die halbgeöffnete Tür wahrgenommen habe?

Portwein, wiederholte Grimaud.

Ich habe sagen hören, versetzte Blaisois, der Portwein sei ein vortrefflicher spanischer Wein.

Vortrefflich, wiederholte Mousqueton, mit der Zungenspitze über die Lippen fahrend, vortrefflich; es findet sich solcher im Keller des Herrn Barons de Bracieux.

Wenn wir die Engländer bäten, eine Flasche an uns zu verkaufen? fragte der ehrliche Blaisois.

Kaufen! versetzte Grimaud, dessen alte Maraudeurinstinkte wiederkehrten, man sieht wohl, junger Mann, daß Ihr noch keine Erfahrung in den Dingen des Lebens habt. Warum kaufen, wenn man nehmen kann?

Hierauf erhob sich Mousqueton, nahm den Bierkrug, leerte ihn bis aus den letzten Tropfen durch eine Stückpforte und ging majestätisch nach der Tür, die in den Raum führte, wo der Portwein verwahrt sein sollte.

Ah! ah! geschlossen, sagte er. Diese Teufel von Engländern, wie mißtrauisch sie doch sind!

Geschlossen! wiederholte Blaisois in nicht minder verdrießlichem Tone. Ah! Pest! das ist ein Unglück, denn ich fühle, daß es in meinem Magen immer mehr durcheinander geht.

Mousqueton wandte sich mit einem so kläglichen Gesicht zu Blaisois, daß es ganz offenbar wurde, wie sehr er den Ärger des braven Burschen teilte.

In dieser Notlage kam der arme Blaisois, den die Not erfinderisch machte, auf den Gedanken, man könnte doch ein paar Bretter abheben, und Grimaud stellte dazu einen von ihm in Verwahrung gehaltenen Bohrer zur Verfügung; als Meißel konnte ein Dolch dienen.

Mousqueton suchte einen Winkel, wo die Bretter etwas klafften, und ging sogleich ans Werk.

Nach einem Augenblick hatte Mousqueton drei Bretter gesprengt.

Mousqueton war das Gegenteil von dem Frosch in der Fabel, der sich für dicker hielt, als er war. War es ihm auch gelungen, seinen Namen um ein Drittel zu verkürzen, so ließ sich leider nicht dasselbe mit seinem Bauche tun. Er suchte durch die Öffnung zu schlüpfen, die er gemacht hatte, und sah zu seinem Schmerz, daß er wenigstens noch zwei bis drei Bretter ausheben mußte, wenn die Öffnung seinem Umfang entsprechen sollte. Er stieß einen Seufzer aus und zog sich zurück, um wieder ans Werk zu gehen.

Aber Grimaud, der inzwischen seine Rechnungen vollendet hatte, stand in diesem Augenblick auf, näherte sich mit inniger Teilnahme an der Operation, in deren Ausführung man begriffen war, seinen zwei Gefährten und betrachtete die vergeblichen Anstrengungen Mousquetons, in das gelobte Land zu gelangen.

Ich, sagte Grimaud.

Mousqueton wandte sich um und fragte: Was, Ihr?

Ich werde durchschlüpfen.

Das ist wahr, sprach Mousqueton mit einem Blick auf den langen dünnen Körper seines Freundes, Ihr könnt durchkommen und zwar leicht.

Das ist richtig, sagte Blaisois; er kennt die vollen Fässer, da er schon einmal mit dem Herrn Chevalier d'Artagnan in dem Keller gewesen ist. Laßt Herrn Grimaud durch, Herr Mouston.

Schwenke die Gläser, versetzte Grimaud.

Dann machte er Mousqueton eine freundliche Gebärde, als wollte er ihn um Verzeihung bitten, daß er eine Expedition vollende, die ein anderer so glänzend begonnen hatte, schlüpfte wie eine Schlange durch die Öffnung und verschwand.

Ihr werdet sehen, sprach Mousqueton, indem er Blaisois mit einer Überlegenheit anschaute, der dieser sich nicht einmal zu entziehen versuchte, Ihr werdet sehen, wie wir alte Soldaten trinken, wenn wir Durst haben. – Den Mantel, sagte Grimaud aus dem Keller hervor. – Das ist richtig, erwiderte Mousqueton. – Was verlangt er? fragte Blaisois. – Daß man die Öffnung mit dem Mantel verstopfe. – Aber er wird nicht gut sehen? – Grimaud sieht immer gut, antwortete Mousqueton, bei Nacht wie bei Tag. – Da ist er sehr glücklich, versetzte Blaisois; wenn ich kein Licht habe, kann ich nicht zwei Schritte machen, ohne anzustoßen. – Ihr habt auch nicht gedient, sonst hättet Ihr eine Nadel in der größten Finsternis aufheben gelernt. Aber still, mir scheint, man kommt.

Mousqueton ließ einen kleinen Alarmpfiff vernehmen, mit dem die Lakaien aus den Tagen ihrer Jugend vertraut waren, setzte sich wieder an den Tisch und winkte Blaisois, dasselbe zu tun.

Die Tür öffnete sich. Es erschienen zwei Männer, in ihre Mäntel gehüllt.

Oh! oh! sagte der eine, es ist ein Viertel auf zwölf Uhr, und Ihr habt Euch noch nicht niedergelegt? Das ist wider die Vorschrift. In einer Viertelstunde muß alles ausgelöscht sein und jedermann schnarchen.

Die Männer gingen auf die Tür des Raumes zu, in den Grimaud geschlüpft war, öffneten diese Tür, traten ein und schlossen sie hinter sich.

Ah! flüsterte Blaisois bebend, er ist verloren!

Grimaud ist ein feiner Fuchs, murmelte Mousqueton.

Und sie warteten mit gespanntem Ohr und angehaltenem Atem.

Es vergingen zehn Minuten, während deren man kein Geräusch vernahm, das vermuten ließ, daß Grimaud entdeckt sei.

Nach Ablauf dieser Zeit sahen Mousqueton und Blaisois die Tür wieder aufgehen, und die zwei Männer kamen heraus, verschlossen die Tür so vorsichtig, wie vorher, und entfernten sich, nachdem sie noch einmal strengstens anbefohlen hatten, sich niederzulegen und die Lichter auszulöschen.

Werden wir gehorchen? fragte Blaisois; diese ganze Geschichte kommt mir verdächtig vor. – Sie sagten eine Viertelstunde; wir haben noch fünf Minuten. – Wenn wir die Herren benachrichtigen würden? – Wir wollen auf Grimaud warten. – Aber wenn sie ihn umgebracht haben? – Grimaud hätte geschrien. – Ihr wißt, daß er beinahe stumm ist. – Wir hätten den Schlag gehört. – Aber wenn er nicht kommt? – Hier ist er.

In demselben Moment drückte Grimaud den Mantel zurück und schob durch diese Öffnung einen leichenbleichen Kopf, dessen durch den Schrecken gerundete Augen einen kleinen Augenstern in einem großen, weißen Kreise sehen ließen. Er hielt in der Hand den Bierkrug, angefüllt mit irgend einem Stoffe, näherte sich dem Lichte, das die rauchige Lampe von sich gab, und murmelte die einzige Silbe: Oh! mit einem Ausdruck so tiefen Schreckens, daß Mousqueton bestürzt zurückwich und Blaisois beinahe in Ohnmacht fiel.

Beide warfen nichtsdestoweniger einen neugierigen Blick in den Bierkrug: er war voll Pulver.

Sobald er die Überzeugung gewonnen hatte, daß das Schiff mit Pulver statt mit Wein beladen war, stürzte Grimaud nach der Luke und machte nur einen einzigen Sprung bis an das Zimmer, worin die vier Freunde schliefen. Hier drückte er sacht die Tür auf, die bei ihrem Aufgehen sogleich d'Artagnan aufweckte, der unmittelbar hinter ihr lag.

Kaum hatte dieser Grimauds entstelltes Gesicht erblickt, als er begriff, daß etwas Außerordentliches vorging, und aufschreien wollte; aber mit einer Gebärde, schneller, als das Wort, legte Grimaud einen Finger auf seine Lippen und löschte mit einem Hauch, den man in einem so schwächlichen Körper nicht vermutet hätte, die Nachtlampe auf drei Schritte aus.

D'Artagnan erhob sich auf den Ellbogen, Grimaud setzte ein Knie auf die Erde und flüsterte ihm so, den Hals vorgestreckt, etwas ins Ohr.

Während dieser Erzählung schliefen Athos, Porthos und Aramis wie Menschen, die seit acht Tagen nicht geschlafen haben, und auf dem Zwischendeck knüpfte Mousqueton aus Vorsicht seine Nesteln, während Blaisois, vom Schrecken erfaßt, mit zu Berge stehenden Haaren dasselbe zu tun versuchte.

Man vernehme, was sich ereignet hatte.

Kaum war Grimaud durch die Öffnung verschwunden und in den ersten Raum gedrungen, als er zu suchen begann. Er schlug an das erste Faß; es war leer. Er ging an ein anderes; es war ebenfalls leer; aber das dritte, an dem er den Versuch wiederholte, gab einen so matten Ton von sich, daß man sich nicht täuschen konnte. Grimaud erkannte, daß es voll war.

Er blieb bei diesem Faß, suchte eine taugliche Stelle, um es anzubohren, und brachte seine Hand, während er diese Stelle suchte, an einen Hahn.

Gut! sagte Grimaud, das erspart mir das Geschäft.

Und er näherte seinen Bierkrug, drehte den Hahn um und fühlte, daß der Inhalt ganz sacht aus einem Gefäß in das andere überging.

Grimaud setzte, nachdem er behutsamerweise den Hahn wieder geschlossen hatte, den Krug an seine Lippen, denn er war zu gewissenhaft, um seinen Gefährten einen Trank zu bringen, für den er ihnen nicht hätte stehen können, als er das Signal hörte, das ihm Mousqueton gab; er vermutete eine Nachtrunde, schlüpfte in den Raum zwischen zwei Tonnen und verbarg sich hinter einem Fasse.

Einen Augenblick nachher öffnete sich plötzlich die Tür und schloß sich wieder, nachdem zwei Männer in Mänteln eingetreten waren, die wir mit dem Befehle, die Lichter auszulöschen, an Blaisois und Mousqueton vorübergehen sahen.

Der eine trug eine sorgfältig geschlossene Glaslaterne, die so hoch war, daß die Flamme die Oberfläche nicht erreichen konnte. Die Gläser waren überdies mit einem Blatte weißen Papiers bedeckt, das das Licht und die Wärme milderte oder vielmehr einschluckte.

Dieser Mensch war Groslow.

Der andere hielt in seiner Hand etwas Langes, Biegsames, Zusammengerolltes, einem weißlichen Stricke ähnlich. Sein Gesicht war von einem breitkrempigen Hute bedeckt. Da er glaubte, daß diese Männer von derselben Neigung wie er in den Keller geführt worden seien und dem Portwein einen Besuch machen wollten, kauerte sich Grimaud immer tiefer hinter das Faß, wobei er sich sagte, wenn er auch entdeckt würde, so wäre sein Verbrechen doch nicht so groß.

Sobald die Männer zu der Tonne gelangt waren, hinter der Grimaud verborgen lag, blieben sie stehen.

Habt Ihr die Lunte? fragte englisch der, welcher die Stocklaterne trug.

Hier ist sie, sagte der andere.

Bei der Stimme des letztern bebte Grimaud; er fühlte, wie ein Schauer bis in das Mark seiner Knochen drang; er erhob sich aber langsam, bis sein Kopf über den hölzernen Kreis ging, und erkannte unter dem großen Hut das bleiche Gesicht Mordaunts.

Wie lange dauert's, bis diese Lunte zündet? fragte der letztere.

Ungefähr fünf Minuten, antwortete der Patron.

Diese Stimme war Grimaud ebenfalls nicht unbekannt. Seine Blicke gingen von dem einen auf den andern über, und er erkannte nun auch Groslow.

Heißt Eure Leute sich bereit halten, sprach Mordaunt, jedoch ohne ihnen zu sagen, wozu. Folgt die Schaluppe dem Schiff? – Wie ein Hund seinem Herrn am Koppelriemen folgt. – Wenn Ihr auf der Pendeluhr ein Viertel nach Mitternacht schlagen hört, so versammelt Eure Leute und steigt geräuschlos in die Schaluppe hinab. – Nachdem ich Feuer an die Lunte gelegt habe? – Das ist meine Sorge. Ich will meiner Sache gewiß sein. Die Ruder sind im Boote? – Alles ist vorbereitet. – Gut. – Abgemacht also.

Mordaunt kniete nieder und befestigte ein Ende seiner Lunte an den Hahn, wonach er nur noch Feuer an das andere Ende zu legen hatte.

Grimaud hatte alles gehört, wenn auch nicht alles verstanden; aber der Blick ersetzte bei ihm den Mangel der Sprachkenntnis; er hatte die beiden Todfeinde der Musketiere erkannt und gesehen; er hatte Mordaunt die Lunte anlegen sehen. Er rüttelte den Inhalt des Kruges, den er in der Hand hielt, hin und her, aber statt der erwarteten Flüssigkeit rollten durch seine Finger die Körner eines groben Pulvers.

Mordaunt entfernte sich mit dem Patron. An der Tür blieb er horchend stehen.

Hört Ihr, wie sie schlafen? sagte er.

Man hörte in der Tat Porthos durch den Boden schnarchen.

Gott überliefert sie Euren Händen! sprach Groslow.

Und diesmal würde sie der Teufel nicht mehr retten! versetzte Mordaunt.

Grimaud wartete, bis sie fort waren und der Riegel ins Schloß geschnappt hatte. Dann richtete er sich langsam auf.

Ah! sagte er, sich mit dem Ärmel große Schweißtropfen von der Stirn wischend, ah! welch ein Glück, daß Mousqueton Durst hatte.

D'Artagnan hörte diese Erzählung, wie man sich denken kann, mit wachsendem Interesse, und ohne zu warten, bis Grimaud geendigt hatte, erhob er sich, näherte seinen Mund dem Ohr von Aramis, der zu seiner Linken schlief.

Chevalier, sagte er, erhebt Euch und macht nicht das geringste Geräusch.

Aramis wachte auf. D'Artagnan wiederholte seine Aufforderung, ihm die Hand drückend. Aramis gehorchte.

Ihr habt Athos zu Eurer Rechten, benachrichtigt ihn, wie ich Euch benachrichtigt habe.

Aramis weckte ohne Mühe Athos auf; aber Porthos zu wecken war schwieriger. Er wollte nach den Ursachen und Gründen der unangenehmen Unterbrechung seines Schlafes fragen, als ihm d'Artagnan statt jeder Erklärung die Hand auf den Mund legte.

Dann streckte unser Gascogner die Arme aus und zog sie wieder an sich, indem er auf diese Art die drei Köpfe seiner Freunde umschloß, so daß sie sich gleichsam berührten.

Freunde, sagte er, wir müssen sogleich das Schiff verlassen, oder wir sind insgesamt tot. – Bah! entgegnete Athos, schon wieder? – Wißt Ihr, wer der Kapitän des Schiffes ist. – Nein. – Der Oberst Groslow.

Ein Beben der drei Musketiere belehrte d'Artagnan, daß seine Rede einigen Eindruck auf die Freunde zu machen anfing.

Und wißt Ihr, wer sein Leutnant ist? – Sein Leutnant? Er hat keinen! erwiderte Athos. Auf einer Feluke mit vier Mann gibt es keinen Leutnant. – Allerdings, aber Herr Groslow ist kein gewöhnlicher Kapitän. Er hat einen Leutnant, und dieser Leutnant ist Herr Mordaunt.

Diesmal war die Wirkung der Worte noch furchtbarer. Die unbesiegbaren Männer fühlten sich durch diesen unseligen Namen wie gebannt.

Was ist zu tun? fragte Athos. – Wir müssen uns der Feluke bemächtigen, erwiderte Aramis. – Und ihn töten, fügte Porthos bei. – Die Feluke ist unterminiert, sprach d'Artagnan. Die Tonnen, die ich für Fässer mit Portwein hielt, sind Pulverfässer. Sieht sich Mordaunt entdeckt, so wird er alles in die Luft sprengen, Freund und Feind, aber er ist, bei meiner Treue! ein zu schlimmer Kamerad, als daß ich mich in seiner Gesellschaft im Himmel oder in der Hölle zeigen möchte. – Ihr habt also einen Plan? fragte Athos. – Ja. – Welchen? – Habt Ihr Zutrauen zu mir? – Befehlt, erwiderten gleichzeitig die drei Musketiere. – Nun, so kommt.

D'Artagnan ging an ein Fenster, das so niedrig war, wie ein Speigatt, aber doch Raum genug bot, daß ein Mann durchschlüpfen konnte; er öffnete es sacht.

Das ist der Weg, sagte er. – Teufel! murmelte Aramis, es ist sehr kalt, lieber Freund. – Bleibt hier, wenn Ihr wollt, aber ich sage Euch, daß es sogleich sehr heiß werden wird. – Wir können das Land nicht schwimmend erreichen! – Die Schaluppe folgt an einem Tau, wir erreichen die Schaluppe und schneiden das Tau ab. Vorwärts, meine Herren! – Einen Augenblick, sagte Athos, die Lakaien. – Wir sind hier, sprachen Mousqueton und Blaisois, die Grimaud herbeigeholt hatte.

Die drei Freunde waren indessen unbeweglich von dem furchtbaren Schauspiel geblieben, das sie durch die Öffnung erblickten, als d'Artagnan den Laden aufhob.

Wer nur einmal in seinem Leben dieses Schauspiel gesehen hat, weiß in der Tat, daß es nichts Ergreifenderes gibt, als ein stürmisches Meer, das mit dumpfem Gemurmel seine schwarzen Wogen beim bleichen Schimmer eines Wintermondes hin- und herwälzt.

Bei Gott, es scheint, wir zögern, sagte d'Artagnan, und schlüpfte entschlossen durch die Öffnung. Wenn wir zögern, was werden dann die Lakaien tun? – Auf, Athos! rief er, Ihr folgt mir. Ihr, Aramis, setzt die Lakaien in Kenntnis; Ihr, Porthos, schlagt alles tot, was uns ein Hindernis bereitet.

Und nachdem er Athos die Hand gedrückt hatte, glitt er in dem Augenblick, wo die Feluke durch eine schwankende Bewegung nach hinten tauchte, ins Wasser.

Athos folgte ihm, ehe die Feluke sich wieder erhoben hatte; nach Athos hob sie sich, und man sah das Kabel, mit dem die Schaluppe befestigt war, sich spannen und aus dem Wasser hervorkommen.

D'Artagnan schwamm danach und wartete hier, mit einer Hand an dem Tau hängend und den Kopf über dem Wasserspiegel haltend. Nach Verlauf einer Sekunde holte ihn Athos ein.

Dann sah man an der Wendung der Feluke zwei andere Köpfe erscheinen. Es waren Aramis und Grimaud.

Blaisois beunruhigt mich, sagte Athos. Er sagt, er könne nur im Flusse schwimmen.

Wenn man schwimmen kann, so schwimmt man überall, erwiderte d'Artagnan; zur Barke! zur Barke!

Aber Porthos? Ich sehe ihn nicht.

Seid unbesorgt, Porthos wird kommen; er schwimmt wie ein Leviathan.

Porthos erschien erst nach einer Weile, denn er hatte den beiden wasserscheuen Lakaien, Blaisois und Mousqueton, erst mit dem Erdrosseln drohen müssen, bis sie sich ins stürmische Meer wagten, wo sie sofort untertauchten.

Aber Porthos war nicht der Mann, der seine treuen Gefährten im Stiche ließ, und als Mousqueton ganz geblendet wieder auftauchte, fand er sich durch Porthos' breite Hand unterstützt und konnte so ohne Anstrengung zum Tau gelangen.

In demselben Augenblick sah Porthos etwas im Bereich seines Armes wirbeln. Er nahm dieses Etwas beim Haare: es war Blaisois, dem Athos entgegenkam.

Fort, fort, Graf, sagte Porthos, ich bedarf Euer nicht.

Und mit einem kräftigen Stoße der Kniebeuge erhob sich Porthos wie der Riese Adamastor über der Welle, und durch drei Bewegungen war er mit seinen Freunden vereinigt.

D'Artagnan, Aramis und Grimaud halfen Blaisois und Mousqueton einsteigen; dann kam die Reihe an Porthos, der, als er sich an Bord schwang, das kleine Fahrzeug beinahe umwarf.

Und Athos? fragte d'Artagnan.

Hier bin ich, erwiderte Athos, der, wie ein General den Rückzug deckend, erst zuletzt einsteigen wollte und sich am Rande der Barke hielt. Seid ihr beisammen?

Alle, antwortete d'Artagnan. Und Ihr, Athos, habt Ihr Euren Dolch?

Ja.

Dann schneidet das Tau ab und kommt.

Athos zog einen scharfen Dolch aus seinem Gürtel und schnitt das Tau ab, die Feluke entfernte sich, die Barke blieb schaukelnd auf der Stelle.

Kommt, Athos, sagte d'Artagnan.

Er reichte dem Grafen de la Fère die Hand, und dieser nahm ebenfalls in dem Fahrzeuge Platz.

Es war Zeit, sagte der Gascogner, und ihr werdet etwas Seltsames sehen.



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