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Judenlieder

(1898-1899)

Mutter betet in der Kammer …

Mutter betet in der Kammer,
Wenn die graue nimmersatte
Sorge durch die lichtermatte
Sabbathruhe irrt und jagt,

Und der Vater schlingt die Hände,
Die vom Dienste wundgerieben
Und doch arbeitsstark geblieben,
Träumend um des Kindes Hals.

Und als sei das Glück gekommen,
Beten alle drei im Chore,
Während man vielleicht beim Tore
Draußen ihre Armut höhnt …

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Nirgends ruhen …

Nirgends ruhen, nirgends rasten
Wir auf unsern harten Wegen,
Tragen dieses Lebens Lasten
Immer fort in gleichem Hasten
Ohne Ernte, ohne Segen.

Und sind doch so weit gedrungen,
Daß die Welt uns nicht zu groß ist.
Unsre Wünsche sind verklungen,
Weil wir selber uns bezwungen,
Weil es unser Judenlos ist.

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Seht, um dieses Stückchen Brot …

Seht, um dieses Stückchen Brot
Werde ich beneidet,
Weil ich nur ein Jude bin,
Weil mein immerstolzer Sinn
für die Kinder schafft und leidet.

Fraget nicht, warum der Fluch
Sich ins Volk geschlichen.
Zeigt, daß ihr die Arbeit ehrt!
Zeigt, daß ihr der Arbeit wert,
Der ihr niemals ausgewichen!

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Schäm dich nicht!

Schäm dich nicht, wenn in der Straße
Dich ein Nachbar »Jude« schimpft:
Eine tausendjährige Lüge
Hat den Haß ihm eingeimpft,

Eine tausendjährige Lüge
Hat die Liebe unterdrückt,
Hat in Menschen, die dir gleichen,
Alle Menschlichkeit erstickt.

Aber bleib auch Mensch im Leide!
Trage deinen Schmerz mit Stolz,
Wie der Jude, den die Römer
Einstmal schlugen an das Holz!

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