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Mr. Fosdick und Mr. Cowper waren so ziemlich am Ende ihrer Kräfte, als sie nach weiteren zwei Wochen schwerster Arbeit an James Headstone drahten konnten: »Fangnetz zum Auflassen bereit.«
Umgehend kam die Antwort: »Mit Auflassen warten. Komme übermorgen selbst.« Fosdick warf das Telegramm seinem Kollegen hin.
»Der Boß sollte bleiben, wo der Pfeffer wächst. Will übermorgen selber kommen . . . höchst überflüssig. Stört uns hier nur.« Auch Cowper machte ein süßsaures Gesicht, während er den Text überflog. Dann begann er an den Fingern zu rechnen und verkündete triumphierend das Ergebnis.
»Vierzig Stunden, Fosdick, bevor der Boß uns hier beglücken wird. Das ist das einzige Gute an der Geschichte. Für die nächsten vierundzwanzig Stunden bin ich für niemand zu sprechen.«
»Was haben Sie vor?« fragte Fosdick verwundert.
»Einen Dauerschlaf, Fosdick! In den letzten Wochen sind wir nur auf Stunden ins Bett gekommen. Ich rate Ihnen: Machen Sie es ebenso! Desto frischer werden wir später dem Boß entgegentreten können.«
Cowper hielt, was er versprach. Vierundzwanzig Stunden hindurch bekam ihn niemand zu Gesicht. Fosdick besaß diese Ruhe nicht. Schon am nächsten Morgen war er wieder auf den Beinen und lief den Stationsplatz nach allen Richtungen ab, um sich zu überzeugen, daß alles bis ins kleinste in Ordnung war.
Da lag das mächtige Netz wieder vollkommen instand gesetzt und mit den neuen Strahlkollektoren ausgerüstet. Da standen auf sieben gewaltigen Betonblöcken gigantische Seilwinden, und bei jeder Windentrommel lagen acht Kilometer des neuen Seiles. Da schwebten sieben Tragballone dicht über den Winden, schlaff und schrumpelig, nur zum Teil mit Heliumgas gefüllt. Die Füllung war genau berechnet. Bei dem viel geringeren Luftdruck in acht Kilometer Höhe würde das in den Ballonhüllen eingeschlossene Gas sich ausdehnen. Prall und rund würden die Ballone dort im Äther stehen.
Von allen Einzelheiten überzeugte sich Fosdick. Er setzte die Brennstoffleitung unter Druck. Er ließ die Brausebrenner der Strahlkollektoren arbeiten und war erst zufrieden, als alles bis ins kleinste klappte.
Und dann kam der große Tag. Das Auto, das von der Straße her anrollte, brachte James Headstone und Direktor Brooker. Weit abseits von dem Stationsgebäude in der Nähe eines der Rundballone mußte es halten, um nicht auf das Netz zu geraten. Zum Empfang standen Fosdick und Cowper bereit. Headstone schien gegen seine sonstige Gewohnheit in bester Laune zu sein; Direktor Brooker sah nachdenklich aus, während er seinen Blick über das mächtige Fangnetz hin bis zu den weit entfernten Ballonen am andern Rande schweifen ließ.
»Alles in Ordnung?« fragte Headstone.
»Alles in Ordnung, Mister Headstone!« kam die Antwort von Fosdicks Lippen.
»Fangen Sie an!« befahl Headstone. Fosdick gab ein Kommando in das vor ihm stehende Mikrophon. Von hundert am Rande des Netzes verteilten Lautsprechern kamen seine Worte echoartig zurück. Von allen Seiten her liefen Werkleute mit brennenden Fackeln über das Netz, bei jedem Strahlkollektor machten sie einen Moment halt, und eine blaue, im hellen Licht des sonnigen Morgens kaum sichtbare Flamme brannte auf, wenn eine Fackel einen Kollektor berührte.
Ein neues Kommando in das Mikrophon, und die Werkleute verließen eilends das Netz.
»Winden laßt an!« sprach Fosdick in das Mikrophon, und gleichmäßig begannen die mächtigen Elektromotoren der sieben Winden zu arbeiten. Langsam lief Seil von den Windentrommeln ab, ließ die Ballone steigen und nahm das Netz mit sich. Schon stand es an den Rändern mannshoch über dem Rasen, während es mit seinem mittleren Teil noch darauflag, als Fosdick wieder ein Kommando in das Mikrophon gab.
Zum zweiten Male eilten die Werkleute von den Rändern des Netzes her hinzu, aber jetzt standen sie unter ihm, und während es sich langsam weiter hob, drangen sie allmählich nach der Mitte hin vor, machten es hier und dort von einer Unebenheit des Bodens, in die es sich verfangen hatte, frei, zündeten an der einen oder anderen Stelle Kollektoren an, die bei dem ruckweisen Losreißen vom Boden erloschen waren. Nun trafen sie in der Mitte des Platzes an dem Stationsgebäude zusammen. In seiner ganzen Ausdehnung schwebte das Netz jetzt frei in der Luft. Wieder ein Kommando in das Mikrophon, und schneller liefen die Motoren, schneller stieg das Ganze, von den sieben Ballonen getragen, in die Höhe. Jetzt schon hundert – zweihundert – jetzt fünfhundert Meter hoch. Von dem eigenartigen Schauspiel gebannt, starrten Headstone und Brooker schweigend nach oben.
»Wir können jetzt in die Station gehen«, wandte sich Fosdick an Headstone.
»Was gibt es da zu sehen?« fragte Direktor Brooker, der sich von dem Anblick des in den Äther emporschwebenden Fangnetzes nur schwer zu trennen schien.
»Wir könnten immer schon die Apparatur einschalten und das Steigen der Spannung mit wachsender Höhe verfolgen«, gab Fosdick zur Antwort.
»Ja, das wollen wir auch!« warf Headstone energisch dazwischen und zog den widerstrebenden Brooker kurzerhand mit sich. Gefolgt von Fosdick und Cowper traten sie in das Stationshaus, und war Brooker schon vorher nachdenklich gewesen, so wurde er es jetzt noch mehr, als er vor der neuen für eine Leistung von neuntausendsechshundert Kilowatt bestimmten Umformeranlage stand. Headstone sah neugierig zu, wie Fosdick und Cowper an den Schalttafeln arbeiteten.
Ein Voltmeter wurde eingeschaltet und sprang auf zweihunderttausend Volt.
»Das Netz ist im Augenblick tausend Meter hoch«, erklärte Cowper, während er weiter schaltete. Schnurrend setzte sich der Elektromotor in Bewegung, der den von den Kollektoren gesammelten und durch das Mittelseil zur Station fließenden Gleichstrom zerhackte, bevor er dem Transformator zugeführt wurde. Danach wurden auch die Strommesser mobil; ihre Zeiger begannen zu klettern. Die neuen Kollektoren hielten auch im freien Äther, was sie im Laboratorium versprochen hatten.
Die Viertelstunden verstrichen und summierten sich zu halben und ganzen Stunden, während die Spannungs- und Stromzeiger unaufhörlich stiegen. Längst hatten die Voltmesser die Million überschritten, jetzt kamen sie bei 1,6 Millionen Volt zur Ruhe. Die beabsichtigte Höhe war erreicht. In achttausend Meter Höhe schwebte das Netz über der Station. Die vorausberechnete Leistung von neuntausendsechshundert Kilowatt ging von der Niederspannungsseite des Transformators in die Drähte, die vom Stationshaus zur Überlandleitung führten. Alles, was man errechnet und erstrebt hatte, war erreicht.
»Sind Sie zufrieden, Mister Headstone?« fragte Fosdick seinen Chef.
Headstone nickte. »Ich finde nichts daran auszusetzen, Mister Fosdick. Ich werde später mit Ihnen darüber sprechen«, unterbrach er sich, als er das nachdenkliche Gesicht Brookers bemerkte.
Von Brooker begleitet, verließ er das Stationshaus und trat ins Freie. Wie anders sah es hier aus als vor wenigen Stunden! Ein paar silbergraue, nur bei schärfstem Hinschauen erkennbare Pünktchen am Himmel – das mochten wohl die Tragballone sein, die noch vor kurzem in der Größe vielstöckiger Häuser hier auf dem Boden standen. Etwas unsicher zwischen ihnen Flimmerndes konnte vielleicht das Netz bedeuten, in dem die Strahlkollektoren die von der Sonne her unaufhörlich in die Erdkugel geschleuderten Elektronen wieder in den Äther zurückwarfen. Headstones Phantasie entzündete sich bei dem Anblick. Als ein modernes Perpetuum mobile, als ein unmittelbar von der Sonnenenergie gespeister Riesenmotor erschien ihm die Anlage in diesem Augenblick.
»Sie sagen gar nichts, Brooker?« stieß er seinen Gefährten an, der mit zusammengekniffenen Lippen dastand.
»Ich sage zweierlei, mein lieber Headstone«, antwortete der Direktor auf die Frage. »Technisch mag diese Anlage vorzüglich sein, aber wirtschaftlich langt sie nicht hin und nicht her. Um neuntausendsechshundert Kilowatt zu erzeugen, bedarf es einer so teuren und ausgedehnten Anlage nicht. Das läßt sich mit einfacheren Mitteln billiger erreichen.«
James Headstone überlegte eine ganze Weile, bevor er sich zu einer Antwort entschloß; alles hing davon ab, daß der Geldmann Brooker nicht etwa verschnupft wurde und das neue Problem der AE-Stationen als wirtschaftlich unmöglich aufgab.
»Ich würdige Ihre Bedenken, Mister Brooker«, begann er zögernd, »doch dürfen wir nicht vergessen, daß es sich hier um etwas vollkommen Neues handelt . . .«
»Weiß ich, Headstone«, gab Brooker trocken zurück. »Professor Voucher hat mir vor seiner Abreise nach Deutschland einen langen Vortrag darüber gehalten. Ich gebe zu, daß die Idee recht verführerisch klingt, Sonnenenergie aus der Atmosphäre unmittelbar als Elektrizität zu gewinnen, aber der Erfolg steht in keinem Verhältnis zum Aufwand. Ja, mein lieber Headstone, das kleine Einmaleins läßt sich nicht vergewaltigen. Kaufmännisch betrachtet scheint mir die Sache nicht sehr aussichtsreich.«
James Headstone erschrak bei den letzten Worten Brookers bis ins Innerste. Nicht aussichtsreich?! Was hieß das anderes, als daß Brooker keine Mittel für die Weiterentwicklung des Problems zur Verfügung stellen würde! Öfter als einmal schon hatte er Versuche, nachdem sie Millionen verschlungen hatten, kurzerhand abgebrochen und die Kosten auf Verlustkonto abgebucht. Geschah das auch hier, dann würden sich kaum andere in den Staaten mehr für das Projekt interessieren lassen. Was George Brooker einmal verworfen hatte, war für Wallstreet ein für allemal erledigt. James Headstone war entschlossen, es nicht dahin kommen zu lassen.
»Denken Sie an das deutsche AE-Werk, Mister Brooker!« nahm er die Unterredung wieder auf. »Drüben hält man das Problem nicht für aussichtslos. Ich habe neue Nachrichten, daß Tag und Nacht in der deutschen Station gearbeitet und verbessert wird. Sollen wir uns wieder einmal von den Deutschen übertrumpfen lassen?«
Brooker zuckte die Achseln. Headstone wollte weitersprechen, als er einen Depeschenboten auf einem Motorrad herankommen sah. Kurz vor den beiden stoppte der Bote ab und fragte:
»Ist Mister Headstone hier?«
»Ich bin es selbst!« antwortete Headstone, bekam ein Telegramm und quittierte den Empfang. Er konnte seine Bewegung kaum meistern, während er es aufriß, und wurde noch erregter, als er es las.
»Sehen Sie, Brooker«, rief er und hielt es dem Direktor hin, »da haben wir die Bestätigung! Lesen Sie selbst, was Professor Voucher drahtet! Die Erfindung wird in Deutschland in nächster Nähe des AE-Werkes weiterentwickelt. Laboratorium mitten in der Heide. Unheimliche Sicherungen . . . künstliche Blitze von ungeheurer Stärke. Jedes Eindringen vollkommen unmöglich . . . Da haben wir die Geschichte! Die Deutschen wissen genau, was sie wollen, und arbeiten unentwegt weiter. Wir dürfen die AE-Station nicht aufgeben, Brooker, es wäre Verrat an unserm Lande!«
Während Headstone sich in steigende Erregung hineinredete, hatte Brooker das Telegramm Vouchers mehrmals gelesen. Nun ließ er es sinken und fuhr sich nachdenklich über die Stirn. Langsam und stockend kamen die Worte von seinen Lippen, als er zu sprechen begann:
»Sie haben recht, Headstone! Die Deutschen arbeiten weiter. Erinnern Sie sich, daß ich schon vor Wochen die Vermutung aussprach, daß die Strahlkollektoren, die Ihr Agent uns beschaffte, vielleicht schon längst überholt sind?«
»Wir müssen der Sache nachgehen!« warf Headstone dazwischen.
Brooker deutete auf das Telegramm von Professor Voucher. »In das Laboratorium kommt ein Fremder nicht lebendig hinein. Das steht hier klipp und klar . . .«
Headstone war blaß vor Arger und Wut. »Mögen die verdammten Narren sich verbarrikadieren, wie sie wollen«, schrie er, »einmal müssen Sie uns doch kommen . . .!«
Brooker sah ihn verständnislos an. »Wie meinen Sie das, Headstone?«
»Schließlich müssen sie doch einmal Patente auf ihre Erfindungen anmelden! Zuerst natürlich in Deutschland; mit den Auslandspatenten pflegen sie sich fast immer Zeit zu lassen. Ich werde meine Agenten beauftragen, die deutsche Patentliteratur noch sorgfältiger als bisher zu verfolgen . . .«
»Was wollen Sie damit erreichen?« fragte Brooker abweisend.
Headstones Züge verzogen sich zu einer Grimasse. »Was von den Deutschen in Berlin angemeldet wird, melden wir in Washington – unter Decknamen natürlich – ebenfalls sofort an. Dadurch sichern wir uns die Priorität. Wenn die Deutschen dann mit ihren Anmeldungen auf USA-Patente kommen, können wir Einspruch erheben. Es gibt Prozesse, Brooker, und der Teufel soll mich holen, wenn unsere Anwälte sie nicht für uns gewinnen! Ich bin überzeugt, daß wir den Deutschen auf die Manier die Suppe versalzen können. Verstehen Sie, wie ich es meine?«
Brooker schüttelte den Kopf. »Vergessen Sie eins nicht, Headstone: Die Deutschen verstehen es meisterhaft, Patente anzumelden, die ihnen vollen Schutz für ihre Erfindungen gewähren, ohne doch das wirkliche Geheimnis zu verraten. Es gibt Beispiele genug dafür.«
Headstone blieb hartnäckig. »Mag es sein, wie es will, Brooker. Es ist der letzte Weg, der uns bleibt. Vielleicht können wir auf diese Weise das Spiel doch noch gewinnen!«
*
Professor Voucher schlief nach seinem nächtlichen Abenteuer bis tief in den Tag hinein. Turner war schon früh wieder auf den Beinen; hatte er am vorhergehenden Abend die Bilanz über seine bisherigen Leistungen gezogen, so überdachte er jetzt beim Frühstück auf seinem Zimmer seine gegenwärtige Lage. Daß an irgendeiner Stelle ein Verdacht gegen ihn bestand, ließ sich nicht leugnen. Die Tatsache, daß man ihm seinen alten Hut zugeschickt hatte, sprach zu deutlich dafür. Aber was konnte man ihm beweisen? Er faßte den schlimmsten Fall ins Auge: daß er etwa verhaftet und langwierigen Verhören unterworfen werden könnte. Man würde dann auch seine Korrespondenz beschlagnahmen. Unwillkürlich mußte er bei dem Gedanken lächeln. Außer ein paar harmlosen Familienbriefen würde man nichts bei ihm finden. Jedes Telegramm und jedes Schreiben von Headstone hatte er nach dem Empfang unverzüglich verbrannt und die Asche in alle Winde verstreut. Seit Jahren war ihm dies Verfahren in Fleisch und Blut übergegangen. Er tat es so mechanisch, wie jemand etwa des Abends seine Taschenuhr aufzieht.
Dunkel kam ihm, während er sich die Vorgänge der letzten Monate in die Erinnerung zurückrief, der Gedanke an ein Telegramm Headstones, das er in Kassel erhalten hatte. Er konnte sich nicht entsinnen, wann und wo er es vernichtet haben mochte.
Der Sicherheit halber kramte er noch einmal die gesamte Korrespondenz in seinem Koffer durch: Das Telegramm befand sich nicht darunter. Also hatte er es natürlich ebenfalls vernichtet.
Der übrige Kofferinhalt? – Die Strickleiter würde bei einer Durchsuchung gerade nicht eine Empfehlung für ihn sein. Er beschloß, sich ihrer auf einer seiner nächsten Fahrten zu entledigen. Ein paar Steine darangebunden – und sie würde auf dem Grund irgendeines Flußlaufes für immer verschwinden.
Seine Sammlung von Sperrhaken? – Es wäre schlimm, wenn sie in die Hände der Polizei fiele! Aber trotzdem, er vermochte sich vorläufig noch nicht davon zu trennen, obwohl sie – darüber gab er sich keinem Zweifel hin – in dem sonst so sauberen Bild des harmlosen amerikanischen Touristen Henry Turner einen bedenklichen Flecken bedeutete. Eine übelwollende Behörde konnte daraufhin vielleicht geneigt sein, ihn für einen internationalen Einbrecher zu halten. Nun, das Risiko mußte er laufen, wenn er sich nicht aller seiner Hilfsmittel berauben wollte; aber die Strickleiter mußte schleunigst fort.
Er wickelte sie sich um den Leib, knöpfte die Weste darüber zu und ging hinunter zu seinem Wagen. Dort zog er zunächst die Karte zu Rate, um ein für seinen Zweck geeignetes Wässerchen zu finden. Nach Osten hin schien es deren mehrere zu geben, und gegen seine sonstige Gewohnheit nahm er deshalb den Weg nach Osten.
Nur etwa fünfzehn Kilometer Fahrt, und er hatte gefunden, was er suchte: einen ziemlich breiten Fluß, der in etwa hundert Meter Entfernung neben der Landstraße herlief. Kurz entschlossen lenkte Turner seinen Wagen in die Wiese und fuhr ein Stück querfeldein bis zu einem Tannenhag, der ihn gegen die Sicht von der Landstraße her gut deckte. Ein paar Steine waren bald gefunden; klatschend flog die Strickleiter in den Fluß und verschwand in der Tiefe.
Mr. Turner weinte ihr keine Träne nach. Er kehrte zu seinem Wagen zurück und wollte eben den Motor anlassen, als ein dröhnender Lärm von der Landstraße ihn aufhorchen ließ. Mit einem Sprung war er wieder draußen und pirschte sich zwischen den Bäumen hindurch bis an den Rand der Schonung, von wo er die Landstraße beobachten konnte, ohne selber gesehen zu werden.
Ein mächtiges Motorgefährt keuchte dort in der Richtung nach Westen dahin. Turner nahm sein gutes Glas zu Hilfe, um alle Einzelheiten genau betrachten zu können. Es war einer jener riesigen Spezialwagen, wie man sie in neuerer Zeit für den Transport besonders großer und schwerer Maschinenteile benutzt.
Während der Agent sein Glas schärfer einstellte, kam er aus dem Staunen nicht heraus: Sechzehn Achsen zählte er am Vorderteil des Gefährts, nochmals sechzehn am hinteren Ende. Zweiunddreißig Achsen . . . vierundsechzig Räder! Was für ein mächtiges Stück mußte das sein, was dort auf der Straße transportiert wurde! Schwer und mächtig hing es in der Mitte des Spezialwagens, reichte nach unten fast bis zum Straßenplanum, erhob sich nach oben so weit, wie es in Rücksicht auf zu passierende Straßenunterführungen eben noch möglich war, und erstreckte sich – Turner vermochte aus der Entfernung nur zu schätzen – wohl an die dreißig Meter in die Länge.
An einen Riesentransformator erinnerte das gewaltige Werkstück. Turner verrenkte sich fast die Augen, um die weißen Schriftzeichen zu entziffern, die auf dem schwärzlichen Untergrund aufgezeichnet waren. »Bergmann-Werke« glaubte er einmal zu erkennen, war aber seiner Sache bei der Entfernung nicht völlig sicher, da das Fahrzeug inzwischen ein Stück weitergekommen war.
Schon wollte Turner zu seinem Wagen zurückgehen, als neues Geräusch aus der Ferne ihn auf seinem Platz verharren ließ. Ein zweites Fahrzeug der gleichen Art kam herangerasselt, und als das vorüber war, noch ein drittes. Jetzt hatte er Gelegenheit, die Buchstaben auf den Werkstücken mit Sicherheit zu entziffern. Die Sendung kam in der Tat von den Bergmann-Werken. Geduldig wartete er in seinem Versteck, bis die Luft wieder rein war. Dann fuhr er zur Landstraße. Langsam ließ er seinen Wagen auf ihr nach Westen zurückrollen und versuchte, sich eine Erklärung über das eben Gesehene zu machen. Was waren das für Riesenmaschinen? Für welchen Zweck waren sie bestimmt? Die Zahlen: zweiunddreißig Achsen, vierundsechzig Räder, wollten ihm nicht aus dem Kopf.
Er versuchte zu rechnen. Ein Raddruck von fünf Tonnen war bei den gigantischen Doppelreifen dieser Spezialwagen wohl denkbar. An die dreihundert Tonnen mochte jedes der mächtigen Werkstücke wiegen. Für die drei, die er gesehen hatte, waren das neunhundert Tonnen. Vielleicht kam noch etwas dazu, und alles ergab einen Transformator von tausend Tonnen Gewicht. Henry Turner verstand genug von der Elektrotechnik, um sich die Leistung auszurechnen, die solch eine Mordsmaschine hergeben konnte, und er kam dabei zu Zahlen, die über sein Verständnis gingen.
Unwillkürlich hatte er seinen Wagen etwas schneller laufen lassen und war bis auf wenige hundert Meter an die Spezialwagen herangekommen. Jetzt drosselte er den Motor wieder und blieb etwas zurück. Sein Plan war gefaßt. Er wollte nach seinem alten, so oft bewährten Rezept vorgehen: den Fahrzeugen folgen, haltmachen und einkehren, wo die Fahrer einkehrten, und nicht ruhen, bis er den Bestimmungsort in Erfahrung gebracht hatte. Mochte die Fahrt dauern, so lange sie wollte, sein Tank war gut gefüllt.
Doch nicht allzulange wurde seine Neugier gespannt. Jetzt näherte sich der Zug jenem Seitenweg mit dem merkwürdigen Verkehrszeichen, der ihm schon früher einmal Rätsel aufgegeben hatte – und hier geschah es. Die Fahrer der drei großen Spezialwagen kümmerten sich nicht um diese Sperre. Einer der Wagen nach dem anderen bog von der Landstraße ab, fuhr auf dem Feldweg quer in die Heide hinein, und bald waren sie zwischen Bäumen und Büschen verschwunden.
Das Herz schlug Turner bis an den Hals, als er ihnen nachblickte. Das war ja der Weg zu dem deutschen AE-Werk! Für dies Werk war die gewaltige neue Maschinerie bestimmt! Er konnte es nicht fassen und mußte es doch glauben, wenn er seinen Augen überhaupt noch trauen durfte. Wild gingen ihm die Leistungszahlen, die er vor kurzem errechnet hatte, im Kopf herum. Noch halb benommen wendete er seinen Wagen und nahm Kurs auf den Heidekrug. In der Gaststube fragte er nach Professor Voucher.
»Hei sitt buten im Goaren«, antwortete ihm der Bursche an der Theke. Turner verstand zur Not, was gemeint war, und ging hinaus. Sah, stand und stockte. Auf der Bank unter der Linde saß der Professor und neben ihn, – zum zweitenmal an diesem Tage glaubte Turner seinen Augen nicht trauen zu dürfen – der alte Heideläufer. Sie saßen zusammen – das mochte immer noch hingehen –, aber sie waren auch in einem eifrigen Gespräch begriffen, und das gab Turner den Rest. Er wußte, daß der Professor nur ein paar dürftige Brocken Deutsch sprach, etwa genug, um sich nach einem Wege zu erkundigen oder im Hotel etwas nach der Speisekarte zu bestellen. Wie war es möglich, daß die beiden so lebhaft miteinander plauderten? So interessiert waren sie dabei, daß sie Turner noch gar nicht bemerkt hatten. Vorsichtig ging er von der Seite näher heran und stand vor einer neuen Überraschung. Der alte Heideläufer sprach ein gutes Englisch mit unverkennbarem amerikanischen Akzent. Unwillkürlich griff Turner sich an die Stirn, trat ein paar Schritte weiter vor und verursachte dabei ein Geräusch. Voucher hörte es, blickte auf und sah ihn.
»Hallo, Mister Turner! Habe hier einen alten Bekannten getroffen! Vermute, Sie kennen ihn auch schon!« rief er ihm auf englisch zu.
»Gewiß, ich hatte bereits das Vergnügen«, bestätigte Johannes Zacharias die Vermutung des Professors in der gleichen Sprache und schaute Turner vergnügt an. Der Agent spürte es fast körperlich, wie die Blicke des Alten seine Gestalt umfaßten, über sein Gesicht glitten und schließlich an seinem Hut hängenblieben, jenem Panamahut, der ihm in den letzten Wochen so mancherlei zu schaffen gemacht hatte.
»Sie sprechen englisch, Mister Zacharias?« war alles, was er überrascht und verlegen herausbringen konnte.
»Aber natürlich, Mister Turner!« gab Zacharias trocken zur Antwort. »Ich war lange genug in den Staaten.«
Während Turner sich setzte, sprach der Alte weiter. War das, was er Professor Voucher bei ihrem ersten Zusammentreffen erzählt hatte, schon ein recht ansehnliches Lügenbündel gewesen, so hatte das, was er jetzt vorbrachte, noch weit weniger mit der Wahrheit zu tun. Geheimrat Bergmann wäre vielleicht für seinen alten Freund Johannes errötet, wenn er es mit angehört hätte. Eine lange und zum Teil recht rührsame Geschichte legte der Alte den beiden Amerikanern auf den Tisch, ohne mit der Wimper zu zucken.
Von seinem Aufenthalt in den amerikanischen Weizenstaaten berichtete er. Wie er erst als einfacher Landarbeiter begonnen und allmählich so viel Dollar gespart habe, daß er eine eigene Farm erwerben konnte. Von wachsenden Erfolgen erzählte er weiter, von der Gründung einer Familie in den Staaten – der alte Zacharias war niemals verheiratet gewesen –, wie seine teure Kitty dann gestorben sei und die Sehnsucht nach der alten Heimat ihn wieder in die Heide zurückgebracht hätte. Sauber und klar fügte sich jeder Satz seiner Erzählung an den anderen. Ein Durchschnittsschicksal war es, wie es auch mancher andere deutsche Auswanderer erlebt haben mochte, und begierig sog Turner jedes Wort in sich hinein. Jetzt endlich hatte er die Unterlagen, die Headstone so dringend forderte. Jetzt konnte er einen Bericht machen, der ihm einen guten Punkt bei Headstone einbringen würde.
Daß die Sache in Wirklichkeit ganz anders lag, daß Zacharias in seinen jungen Jahren längere Zeit in der amerikanischen Elektroindustrie tätig war, bevor er nach Deutschland zurückkehrte, in den Bergmann-Konzern eintrat und es hier bis zum Generaldirektor brachte, davon hatte der Alte wohlweislich kein Wort verlauten lassen, und füglich konnte Turner auch nichts davon wissen. Doch was er hier gehört hatte, genügte ihm vollkommen. Er hatte das Bestreben, recht bald wegzukommen und an seinen Bericht zu gehen. Auch Professor Voucher schien von ähnlichen Wünschen beseelt zu sein. Dem Alten, der die beiden Amerikaner unter halb gesenkten Lidern beobachtete, entging es nicht, und er kam ihnen auf seine Art entgegen.
»Essenszeit für mich, Gentlemen, muß nach Hause!« sagte er unvermittelt und stand auf. Ein kräftiger Händedruck, und er verließ den Garten.
»Gott sei Dank, jetzt weiß ich über den alten Kerl endlich Bescheid!« sagte Turner, als Zacharias verschwunden war.
Voucher zuckte die Achseln. »Vielleicht, vielleicht auch nicht, mein lieber Turner. Ich frage mich, woher der Alte seine elektrotechnischen Kenntnisse hat.«
»Du lieber Himmel, Professor«, schob Turner den Einwand beiseite, »alle unsere Farmer drüben sind halbe Elektrotechniker und Ingenieure! Müssen es ja wegen der Motorisierung unserer Landwirtschaft sein. Das wundert mich gar nicht.«
Zögernd gab Voucher die Möglichkeit zu, zum Teil deswegen, weil er etwas anderes Dringendes mit Turner zu besprechen hatte.
»Kommen Sie mit mir auf mein Zimmer«, meinte er, »ich habe Ihnen etwas Wichtiges zu zeigen.«
Oben angekommen, kramte der Professor eine Zeitlang zwischen einem Stapel von Papieren. »Sie wissen, Turner«, sagte er dabei erklärend, »daß Mister Headstone seit kurzem die deutschen Patentanmeldungen durch seine Agenten besonders sorgfältig verfolgen läßt? Sein Auftrag geht dahin, alles, was möglicherweise mit dem deutschen AE-Werk zusammenhängen könnte, zu beschaffen . . .« Mit einem leichten Seufzer hob er das Bündel Papiere empor. »Sehen Sie, Turner, das ist das Resultat davon! In ihrem Übereifer haben die Leute auf Tod und Teufel alle möglichen und unmöglichen Anmeldungen herausgeschrieben, und ich habe das Vergnügen, mich durch den Wust durcharbeiten zu müssen. Neunundneunzig Prozent davon sind natürlich Unfug, aber eine Anmeldung habe ich hier doch gefunden« – er zog ein Blatt aus dem Bündel –, »die Anmeldung eines Doktor Frank auf eine kalte Kathode.«
»Kalte Kathode, Professor? Ist doch alles Schwindel! In den Staaten haben wir wenigstens tausend Patente auf kalte Kathoden, die sehr schnell wieder in der Versenkung verschwunden sind.«
Voucher nickte. »Sie haben recht, Turner. Aber deshalb könnte an der tausendundersten vielleicht doch etwas dran sein. Was mich bei dieser Anmeldung hier stutzig macht, ist so eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Verfahren bei der Herstellung der deutschen Halteseile. Auch hier handelt es sich um die Behandlung bestimmter Metallegierungen mit schnell fliegenden Elektronen.«
Turner machte große Augen. »Hm, Professor, darf ich die Anmeldung einmal sehen?«
Der Professor reichte ihm das Blatt. »Meinetwegen, mein lieber Turner, aber ich fürchte, Sie werden noch weniger klug daraus werden als ich.« Turner begann zu lesen, während Professor Voucher ihm belustigt zusah. Der Agent war noch nicht mit der Hälfte des Schriftstücks fertig, als er es mutlos sinken ließ.
»Vollkommen unverständlich für mich, Professor. Da soll der Teufel draus klug werden! Was kann der Mann damit meinen: Harmonisches Vielfaches zwischen den Geschwindigkeiten der auftreffenden Elektronen und der Außenelektronen der Atome? Da kommen noch Zahlen, daß einem grün und blau vor Augen wird . . .«
»Und die sicherlich alle falsch sind«, warf der Professor dazwischen.
Turner legte das Blatt auf den Tisch zurück. »Amüsieren Sie sich damit, Professor, das ist nicht meine Sache. Kabeln Sie das Zeug nach Amerika 'rüber. Headstone wird schon wissen, was er damit vorhat.«
Voucher nickte. »Ich werde es tun, Turner – den Text – dazu meine Erläuterungen. Es wird ein langes Kabelgramm werden. Verschlüsseln muß ich es auch. Der Nachmittag wird draufgehen. Sie sind zu beneiden, Turner. Ihre Arbeit ist, wie mir scheint, etwas leichter.«
»Glauben Sie vielleicht, Professor. Ich sage Ihnen, Sie täuschen sich. Meine Arbeit ist ein ständiges Hasardspiel. Hat man Glück, gelingt einmal ein Schlag. Hat man Pech, kann man sich Wochen und Monate vergeblich quälen.«
»Im allgemeinen haben Sie aber recht viel Glück gehabt«, meinte Voucher lächelnd. »Sie wissen, Headstone lobt nicht gerne, aber letzten Endes ist er mit Ihnen zufrieden. Den Eindruck hatte ich bei unserm letzten Zusammen–«
»Hören Sie, Professor«, fiel ihm Turner jäh ins Wort, »heute morgen habe ich wieder mal Glück gehabt. Ich konnte beobachten, daß ein neuer Transformator von tausend Tonnen Gewicht in das deutsche AE-Werk gebracht wurde.«
»Tausend Tonnen, Turner?! Irren Sie sich nicht? Das ist doch unmöglich . . .«
»Ich irre mich nicht, Professor, das Gewicht stimmt. Die ungefähre Leistung dieser Riesenmaschine werden Sie besser schätzen können als ich. Das muß natürlich auch gleich gekabelt werden. Ich mache den Bericht für Sie fertig. Fügen Sie ihn Ihrer Depesche an . . .«
Bis spät in den Abend hinein waren die beiden Beauftragten von James Headstone in ihren Zimmern mit Berichten und Verschlüsselungen beschäftigt. Die Nacht kam bereits herauf, als Turner sich in seinen Wagen setzte, um zum Telegraphenamt der nächsten größeren Stadt zu fahren. Und es war ein gutes Stück Geld, das die deutsche Post an den Elaboraten verdiente, die er dort aufgab.
*
James Headstone saß in seinem Büro im Verwaltungsgebäude der United Electric in New York, als ihm zwei Kabelgramme im Original auf den Tisch gelegt wurden. Er nahm sich selbst die Mühe, sie zu entschlüsseln. Alle das deutsche AE-Werk betreffenden Meldungen wünschte Mr. Headstone absolut geheimzuhalten und hatte zu diesem Zweck ein raffiniertes Mittel gewählt. Für einen oberflächlichen Beobachter schienen diese Depeschen in dem international zugelassenen amerikanischen Handelscode abgefaßt zu sein. Tatsächlich hatte er jedoch schon seit längerer Zeit für den Verkehr mit seinen Agenten einen Zwischencode ausarbeiten lassen. Nur mit diesem, der für gewöhnlich wohlverschlossen in Headstones Safe lag, ließ sich der wirkliche Sinn der Depeschen entziffern. Hätte irgendein neugieriger Angestellter der United Electric es mit dem gewöhnlichen Handelscode versucht, hätte er nur unverständliches Zeug herausbekommen.
Jetzt lag dieser Geheimcode vor ihm auf dem Tisch, und Wort für Wort entschlüsselte er den Bericht Turners über den alten Heideläufer. Seine Stirn krauste sich leicht, als er damit zu Ende war. Es kann wohl so sein, aber wer weiß, ob es wirklich so ist? ging es ihm durch den Sinn, während er die Depesche beiseitelegte und seine Entzifferung gewohnheitsgemäß in einem großen Marmoraschbecher verbrannte.
Nachdenklich schloß er die Augen. Der Name Zacharias wollte ihm nicht aus dem Kopf. Irgendwo glaubte er ihn schon früher einmal gehört zu haben, versuchte jedoch vergebens, darauf zu kommen, bei welcher Gelegenheit das gewesen sein könnte. Des Grübelns müde, griff er nach dem zweiten Telegramm, und zusehends wuchs sein Interesse, während er Wort für Wort in englischem Klartext niederschrieb.
Das war endlich einmal etwas, diese Anmeldung auf eine kalte Kathode, die Professor Voucher ihm als voraussichtlich wichtig kabelte. Verdruß zeigte sich in Headstones Zügen, als er Vouchers Erläuterungen dazu entzifferte, die den Wert der deutschen Anmeldung wieder zu mindern schienen. Wären Dr. Frank und Professor Livonius in der Lage gewesen, ihn bei seiner Arbeit zu beobachten, sie hätten sicherlich ihr Vergnügen daran gehabt, denn jene Anmeldung, die sie vor Wochen zusammen ausarbeiteten, war wirklich ein kleines Meisterstück. Gab sie doch vollen Schutz für die Erfindung, ohne die letzten Geheimnisse zu verraten. Verdrießlich ließ Headstone den Bleistift einen Augenblick sinken. Sollte etwa der ganze Rest der Depesche aus solchen Erläuterungen – Nörgeleien nannte er sie bei sich – bestehen? Nun, es half nichts, er mußte sie bis zu Ende entziffern. Mißmutig setzte er seine Arbeit fort und stockte von neuem, nachdem er die nächsten Zeilen zu Papier gebracht hatte. Da kam ja etwas ganz anderes. Ein Bericht Turners über einen Riesentransformator für das deutsche AE-Werk. Diesmal verbrannte er das Papier nicht, als er mit der Entschlüsselung fertig war, sondern griff zum Telephon und rief Direktor Brooker an. –
»Ist es so dringend, Headstone?« fragte Brooker, als er wenige Minuten später in dessen Zimmer trat. »Ich habe Besuch da, möchte den Mann nicht lange warten lassen.«
»Sehr wichtig, Brooker. Wer ist denn bei Ihnen?«
»Mister Pellham, der Chef unserer Patentabteilung.«
Zum zweitenmal griff Headstone zum Telephon und bat Pellham, in etwa fünf Minuten zu ihm herüberzukommen, wo er auch Brooker treffen würde. Dann reichte er Brooker den Klartext von Vouchers Telegramm. Der Direktor las und nickte dabei.
»Sehr richtig, Headstone, daß Sie Pellham gleich gebeten haben. Patentsachen, da ist er unser bester Mann. Unsere Anmeldung muß noch heute nach Washington abgehen. Das Datum des Poststempels ist entscheidend für die Priorität.«
Noch während er sprach, hatte er weitergelesen. Jetzt ließ er das Telegramm sinken und starrte Headstone wortlos an.
»Ja, ja, mein lieber Brooker, die Deutschen sind uns wieder mal ein gutes Stück voraus!« Unmut und doch auch wieder Genugtuung, daß er recht behalten, klangen aus den Worten Headstones. »Neuntausendsechshundert Kilowatt haben wir in unserer Station, der deutsche Transformator –«, Headstone warf ein paar Ziffern auf seinen Schreibblock, »Hundertfünfzigtausend bis zweihunderttausend Kilowatt dürfte er haben.«
Brooker wühlte mit beiden Händen in seinen Haaren. »Unglaublich, Headstone! – Das Zwanzigfache unserer Leistung! Unmöglich! – Undenkbar!« Fast wie ein Schrei kamen die letzten Worte von seinen Lippen. Headstone schüttelte den Kopf. »Der Bericht kommt von Turner, Mister Brooker. Er hat nicht immer alles geliefert, was wir verlangten, aber was er uns meldete, war stets richtig.«
Brookers Hände lagen auf dem Tisch. Seine Haare waren zerwühlt. Blässe und Röte jagten sich in seinem Gesicht.
»Haben Sie eine Erklärung?« brachte er stöhnend hervor.
Headstone deutete auf den ersten Teil der Depesche. »Da haben Sie die Erklärung, Brooker. Die Anmeldung über die kalte Kathode. Die Deutschen haben die Strahlkollektoren aufgegeben. Die neue Erfindung verzwanzigfacht die Leistung ihres AE-Werks.«
In seine letzten Worte klang ein Klopfen an der Tür. Mr. Pellham kam herein.
Während Brooker ihn bat, Platz zu nehmen, griff Headstone nach einer Schere und schnitt den Passus, der von den deutschen Riesenmaschinen handelte, von seinem Manuskript ab. Den Rest schob er Pellham hin.
»Lesen Sie das, Mister Pellham. In zwei Stunden, spätestens mit dem Ein-Uhr-Zug, muß unsere Anmeldung nach Washington gehen.«
»Nicht mit dem Ein-Uhr-Zug – bestellen Sie ein Flugzeug!« warf Brooker dazwischen.
Pellham hatte inzwischen den Text der Anmeldung gelesen und war zu den Erläuterungen Vouchers gekommen. Abwechselnd nickte er zustimmend und schüttelte den Kopf, während er sie durchflog.
»Was halten Sie davon?« fragte ihn Headstone ungeduldig.
Pellham lehnte sich in seinen Sessel zurück und sah Headstone voll ins Gesicht.
»Es hat keinen Zweck, sich jetzt auf die Erläuterungen Vouchers einzulassen. Wir würden Tage brauchen, um sie richtig durchzuarbeiten. Kostbare Zeit könnte verlorengehen. Priorität ist die Hauptsache. Ich werde die deutsche Anmeldung nur leicht umarbeiten lassen. In einer Stunde kann sie im Flugzeug abgehen. Zeigt der Zeitstempel, den man im Patentamt in Washington draufdrückt, nur fünf Minuten weniger als der einer deutschen Anmeldung, haben wir gewonnenes Spiel. Nachmeldungen können wir später in aller Ruhe machen.«
Schon während der letzten Worte war Pellham aufgestanden. »Es eilt, Gentlemen.«
»Schon recht, Mister Pellham. Machen Sie so schnell wie möglich!« rief ihm Headstone noch nach, als er bereits die Tür hinter sich zuzog. –
Dreißig Stunden später kam Professor Voucher in einem schnellen Flugzeug in New York an. Ein dringendes Kabelgramm Headstones hatte ihn zurückgerufen. Und dann gab es Konferenzen über Konferenzen. Zuerst eine Besprechung zwischen Voucher und Pellham, als deren Resultat ein halbes Dutzend Zusatzanmeldungen nach Washington abgingen. Danach eine große Sitzung der besten Fachleute der United Electric, bei der Headstone präsidierte.
Nach den schlechten Erfahrungen mit der Aluminum Corporation hatte er sich entschlossen, die Weiterentwicklung der Erfindung durch die United Electric selbst zu betreiben, auf dem Fundament, das die deutsche Anmeldung ihm bot, unter Heranziehung aller Mittel des großen amerikanischen Elektrokonzerns selbständig weiterzubauen. An und für sich war das zweifellos ein richtiger Gedanke, doch ließ das Fundament dank der delphisch dunklen Fassung, die ihm Dr. Frank und Professor Livonius gegeben hatten, an Tragfähigkeit viel zu wünschen übrig, und hart prallten die Meinungen der Konferenzteilnehmer in den nächsten Tagen aufeinander.
Daß die Deutschen mit schnell fliegenden Elektronen, ja wahrscheinlich mit sehr schnell fliegenden Elektronen arbeiteten, stand ja bei allem fest. Daß Blitzröhren von bisher noch nicht bekannter Größe und Spannung dazu nötig waren, konnte ebenfalls als sicher gelten – aber wie groß mußten sie werden? Mit welcher Spannung würden sie arbeiten müssen? Mit welcher Geschwindigkeit mußten die Elektronen die umzuwandelnden Metall-Legierungen treffen? Das waren Fragen, über die sich eine Einigung schwer erzielen ließ. Die Zahlen der deutschen Anmeldung ließen eine allzu verschiedene Deutung zu.
»Wir sollten mit einer Röhre von fünf Millionen Volt beginnen«, schlug Chefingenieur Longmans vor.
»Ist meiner Meinung nach zu wenig«, sagte Fred Norton, der Spezialist für Blitzröhren. »Zehn Millionen Volt müssen wir unbedingt haben.«
»Das wird's nicht tun, Gentlemen!« mischte sich Edward Harding ein, der auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung tätig war. »Nehmen Sie eine Röhre für dreißig Millionen Volt und Sie werden der Wahrheit näher kommen.«
Lebhafter Widerspruch der Gegenpartei unterbrach ihn. Zurufe, die fast schon beleidigend klangen, wurden laut.
»Dreißig Millionen Volt? Wie denken Sie sich die Erzeugung dieser Spannung?« schrie Carrington, der Hochspannungsfachmann, dazwischen. »Wir haben keine Isolierstoffe, die solcher Spannung gewachsen sind. Es ist Wahnsinn, überhaupt daran zu denken!«
Wild brandeten die Meinungen gegeneinander, und Minuten verstrichen, bis Headstone sich wieder Gehör verschaffen konnte.
»Wie stehen Sie dazu, Professor?« fragte er mit einem Blick auf Voucher. Der Professor rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Ich möchte Ihre Frage mit einer Gegenfrage beantworten, Mister Headstone. Kann mir einer der Herren sagen, welche Spannung notwendig ist, um einen Blitz von drei bis vier Kilometer Länge durch die Atmosphäre zu schleudern?«
Von allen Seiten des Tisches her flogen dem Professor Antworten zu, doch keine glich der anderen.
»Zehn Millionen Volt!« rief Norton.
»Dreißig Millionen Volt!« überschrie ihn Harding.
»Nonsense!« knurrte Longmans dazwischen. »So, wie Sie es wollen, läßt sich die Frage nicht beantworten. Es hängt alles vom Zustand der Atmosphäre ab, wie weit sie schon vorionisiert ist. Die verschiedensten Spannungen können einen Blitz von dieser Länge erzeugen.«
»Ich sehe den Grund für Ihre Frage nicht«, wandte sich Headstone an den Professor. »Was hat das mit der andern Frage zu tun, über die wir uns hier den Kopf zerbrechen?«
»Sehr viel, Mister Headstone. Aus einem gewissen Gebäude –«, er blickte James Headstone in die Augen, während er die Worte sprach, »sah ich einen Blitz herausfahren und drei bis vier Kilometer entfernt in die Erde einschlagen.«
Longmans, Norton und die übrigen um den Tisch versammelten Elektriker sahen den Professor verständnislos an. Nur James Headstone begriff.
»Gentlemen«, wandte er sich an die andern, »die Frage Mister Vouchers ist berechtigt. Wissen wir, welche Spannung für einen derartigen Blitz nötig ist, dann wissen wir auch, mit welcher Spannung die deutschen Blitzröhren arbeiten.«
Headstone schwieg, und von neuem brannte der Meinungsstreit auf. Es wurde nach der Bibliothek telephoniert. Bücher, die auf die Frage vielleicht Antwort geben könnten, wurden herbeigeschafft; doch das Ergebnis war wenig befriedigend. Die Zahlen in der wissenschaftlichen Literatur schwankten zwischen zehn und hundert Millionen Volt. Man konnte zu keiner Einigung kommen, bis Headstone schließlich mit der Faust auf den Tisch schlug.
»Genug des Hinundherratens, Gentlemen! Die United Electric wird eine Blitzröhre für dreißig Millionen Volt bauen. Die Transformatorenabteilung wird die dazugehörigen Umformer und sonstigen Teile so schnell wie möglich entwickeln. So schnell wie möglich, sage ich, Gentlemen, das heißt: in Tag- und Nachtarbeit. Wir müssen den Vorsprung der Deutschen einholen. Setzen Sie alles daran, daß wir bald über dreißig Millionen Volt verfügen können!«
Die Abenddämmerung brach bereits herein, als Headstone diese Entscheidung traf. Mit den Worten: »Ich erwarte laufenden Bericht über Ihre Fortschritte« schloß er die Sitzung. –
Ein paar Tage hatte Turner ursprünglich im Heidekrug bleiben wollen; in der dritten Woche wohnte er jetzt schon dort und konnte sich auch nach der Abreise Professor Vouchers nicht von seinem Quartier trennen, obwohl ein inneres Gefühl ihm sagte, daß der Boden nachgerade reichlich heiß geworden war.
Was ihn festhielt, war die Gaststube des Kruges, in der die Monteure, welche die neuen Maschinen des AE-Werks aufstellten, ihre Mittagsmahlzeiten einzunehmen pflegten. Da konnte man so schön vor einem Glase Bier hinter einer möglichst großen Zeitung sitzen und mit gespitzten Ohren bald von diesem, bald von jenem Tisch her Bemerkungen aufschnappen. An sich mochten die von den deutschen Werkleuten gesprächsweise hingeworfenen Worte belanglos und unwichtig erscheinen, aber Turners regsamer Geist fügte sie zu einem Mosaik zusammen, das schließlich doch ein ziemlich richtiges Bild von dem ergab, was in dem AE-Werk vor sich ging.
Was er auf diese Weise unauffällig in Erfahrung brachte und von der nächsten Stadt aus verschlüsselt an Headstone kabelte, kam ungefähr auf das folgende heraus: »Die Montage der neuen Maschinenanlage geht ihrer Vollendung entgegen. Die Anlage wird eine Leistung von zweihunderttausend Kilowatt haben.« So weit bestätigte seine Depesche nur, was Headstone schon wußte oder sich selber denken konnte. Doch weiter erfuhr der Agent auch, daß das Fangnetz des AE-Werks nächstens heruntergeholt werden sollte, eine Bemerkung, auf die er sich keinen Vers zu machen vermochte, während James Headstone bei der Lektüre des betreffenden Kabelgramms sich mancherlei Gedanken über die kalte Kathode machte. Und schließlich klang aus den Tischgesprächen der deutschen Werkleute an den letzten Tagen öfter als einmal das Wort »Mausefalle« auf.
Vergeblich verrenkte sich Mr. Turner die Ohren, um etwas mehr zu erlauschen, irgendeinen Zusammenhang herauszuhören; es gelang ihm nicht. Nur die Namen Bergmann und Frank schnappte er noch gelegentlich auf. Lange überlegte er sich, ob es überhaupt Zweck habe, etwas darüber an Headstone zu kabeln. Schließlich entschloß er sich doch dazu, denn verschiedentlich hatten sich Meldungen, die ihm selbst unbedeutend vorkamen, später als recht wichtig erwiesen.
So ging auch diese Depesche ab und erregte bei Headstone einen gelinden Anfall von Raserei. Wütend schmetterte er sie vor Brooker auf den Tisch.
»Lesen Sie, Brooker!« schrie er erregt. »Das ist der dritte Trumpf, den die Deutschen jetzt ausspielen, und wir haben nicht einmal eine Ahnung davon, um was es sich handelt.«
Brooker blieb ruhiger. »Daß Geheimrat Bergmann und Doktor Frank existieren, wissen wir doch schließlich, Headstone«, sagte er, nachdem er die Depesche gelesen hatte. »Das Wort ›Mausefalle‹ – nonsense! – ist vielleicht ein Spitzname für irgendeinen Teil der Apparatur. Ich habe mir sagen lassen, daß die Deutschen solche Ausdrücke lieben. Den halben Zoologischen Garten soll es in ihrer Technik geben: ›Wölfe‹ und ›Füchse‹, ›Katzen‹, ›Bären‹ und ›Böcke‹ und was weiß ich sonst noch alles. Der gute Turner scheint mir ein bißchen zu faseln. Ich würde mir an Ihrer Stelle um die ›Mausefalle‹ keine Gedanken machen.«
»Aber ich mache sie mir, Brooker«, fiel ihm sein Partner ins Wort. »Ich will nicht James Headstone heißen, wenn dahinter nicht wieder eine neue Erfindung steckt.«
Brooker zuckte die Achseln. »Was wollen Sie in der Sache machen?« fragte er ziemlich skeptisch.
»Zuerst die Idioten zum Teufel jagen, die für mich in den Lesesälen des deutschen Patentamtes sitzen!« brauste Headstone auf. »Andere, bessere Leute werde ich hinschicken!« –
Mr. Headstone hatte recht und Direktor Brooker unrecht. Vor einer Reihe von Tagen schon war ein Telegramm von Dr. Frank an Geheimrat Bergmann abgegangen. Eine kurze, schlichte Depesche, an der die deutsche Post viel weniger verdiente als an den langen Kabelgrammen Turners. Nur wenige Worte umfaßte es. »Mausefallen sind fertig«, drahtete Dr. Frank an Geheimrat Bergmann. »Ich komme übermorgen«, drahtete der Geheimrat zurück.
Was sich aber hinter den harmlosen Worten verbarg, waren eigenartige Blitzfallen, unter Benutzung des neuen Schwerstoffes konstruierte Kondensatoren, die, an richtiger Stelle angebracht, jeden Blitz, jede übermäßige elektrische Entladung, die das AE-Werk etwa bedrohen konnte, kurzweg aufnahmen, verschluckten und unschädlich machten. Aus einer Laune heraus hatte Dr. Frank den seltsamen Namen dafür gewählt. Die Werkleute hatten ihn aufgeschnappt. Turners scharfen Ohren war er nicht entgangen, und jetzt konnte sich Mr. Headstone in New York den Kopf darüber zerbrechen.
Am angegebenen Tage traf Geheimrat Bergmann bei Dr. Frank ein, und Johannes Zacharias fehlte bei dieser Zusammenkunft nicht. Einstweilen ließ man die technischen Dinge auf sich beruhen und plauderte bei einer Tasse Kaffee von diesem und jenem.
»Der Kerl, der Turner, ist zähe wie Ochsenleder«, meinte Zacharias mit einem leichten Lachen zu Bergmann. »Er sitzt immer noch im Heidekrug und lauscht auf die Weisheiten, die deine Monteure am Biertisch zum besten geben.«
»Man sollte den Menschen endlich als lästigen Ausländer über die Grenze bringen«, warf Dr. Frank scharf ein. »Der andere Yankee – Sie kennen ihn ja, Zacharias – ist schon freiwillig abgezogen.«
»Sie meinen Professor Voucher«, sagte der Alte. »Ja, der hatte nach der ersten Probe genug von unserer Bekanntschaft. Ist wieder nach USA zurückgegangen. Aber den andern dürfen wir nicht vergrämen. Sie ahnen nicht, Doktor Frank, wie nützlich der Mann uns ist.«
Der Doktor schüttelte abweisend den Kopf. »Ich kann Ihrer Theorie nicht zustimmen, mein lieber Zacharias. Spion bleibt in meinen Augen Spion und kann nur Schaden für uns stiften.«
»Sie irren, Herr Doktor«, mischte Bergmann sich ein. »Manchmal muß ich mich fragen, ob dieser Turner für uns oder für Headstone arbeitet.«
»Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, wie Sie das meinen, Herr Geheimrat«, antwortete der Doktor, ohne seine Verstimmung zu verbergen.
»Ich will's Ihnen erklären, Doktor«, rief Zacharias dazwischen. »Dieser betriebsame Agent macht, ohne es selbst zu wissen, James Headstone für uns mürbe. Durch seine Berichte, die Falsches und Richtiges gemischt enthalten, röstet er ihn auf einem langsamen Feuer, bis er verhandlungsreif sein wird. Übrigens –«, Zacharias wechselte das Thema, »hast du neue Nachrichten aus den Staaten?«
»Es liegen neue Berichte unserer Agenten vor«, erwiderte Bergmann. »Unser Freund Headstone hat sein Hauptquartier von New York nach dem Hochspannungswerk der United in Detroit verlegt. Ein ganzer Flügel des Werkes ist für neue Entwicklungsarbeiten frei gemacht worden. Tag und Nacht wird dort mit verstärkter Belegschaft in drei Schichten geschafft. Unsere Leute konnten leider nicht in Erfahrung bringen, um was für Arbeiten es sich handelt. Als sicher meldeten sie, daß Mister Headstone sich vom frühen Morgen bis in die sinkende Nacht in der neuen Abteilung aufhält. Er soll alle seine übrigen Obliegenheiten Direktor Brooker übertragen haben und sich völlig einem neuen Problem widmen.«
Dr. Frank preßte die Lippen zusammen, seine Augen waren halb geschlossen. Zacharias wiegte seinen grauen Kopf leicht hin und her.
»Er will in Wochen nachholen, was wir in Jahren erreicht haben«, sagte er nachdenklich. »Er wird dabei böse Überraschungen erleben.«
»Pah!« Der kurze scharfe Laut fiel von den Lippen des Doktors. »Die Narren!« fuhr er wie zu sich selbst sprechend fort. »Sie wollen dreißig Millionen Volt bändigen, ohne die Mittel dafür zu besitzen. Sie haben den Schwerstoff nicht!«
»Es wäre vielleicht doch möglich«, warf Geheimrat Bergmann ein. »Sie könnten es mit den alten Isolierstoffen versuchen, aber die Anlage müßte dann wahrscheinlich größer als die ganze Hochspannungsabteilung werden. Ob James Headstone und seine Ingenieure das einsehen – und danach handeln?«
»Wahnsinn!« stieß Dr. Frank hervor.
»Wahnsinn, der vielleicht zu einer Katastrophe führt!« warf Zacharias dazwischen.
»Die United wird nicht Monate, sondern Jahre brauchen, um uns einzuholen«, sagte Geheimrat Bergmann. »Hoffentlich sieht James Headstone schon früher ein, daß er vorteilhafter wegkommt, wenn er mit uns zusammengeht.«
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