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Der Scene, welche ich eben geschildert, folgte eine große Anzahl ähnlicher, die ich übergehe, um jetzt zu der Fortsetzung der eben geschilderten zu gelangen.
Die Unruhe begann sich der Oberin zu bemächtigen; sie verlor ihre Heiterkeit, ihre Körperfülle, ihre Ruhe. In der folgenden Nacht, als alles schlief, und das Haus in der tiefsten Stille lag, erhob sie sich, und nachdem sie einige Zeit in den Gängen umhergeirrt, kam sie auch an meine Zelle. Ich habe einen leichten Schlummer und glaubte sie zu erkennen; sie blieb stehen, und während sie scheinbar die Stirn gegen meine Thür lehnte, machte sie soviel Geräusch, daß ich erwacht wäre, wenn ich überhaupt geschlafen hätte. Ich verhielt mich ruhig, und es war mir, als hörte ich eine klagende Stimme und als seufzte jemand; zuerst überlief mich ein leises Schauern, dann entschloß ich mich, ein Ave zu sprechen. Anstatt mir zu antworten, entfernte man sich mit leisem Schritte; einige Zeit darauf kehrte man wieder, die Klagen und die Seufzer begannen von neuem, ich sprach wieder ein Ave, und man entfernte sich zum zweiten Male. Ich beruhigte mich und schlief ein. Während ich schlief, trat jemand ein und setzte sich an mein Bett; meine Vorhänge waren halb geöffnet, man hielt eine Kerze in der einen Hand, deren Licht auf mich fiel, während die, die sie trug, meinen Schlummer beobachtete; ich schlug die Augen auf, und vor mir stand die Oberin. Ich fuhr jäh empor; sie sah meinen Schreck und sagte zu mir:
»Beruhigen Sie sich, Susanne, ich bin es.«
Ich legte wieder den Kopf auf mein Kissen und erwiderte:
»Teure Mutter, was thun Sie hier in dieser Stunde, was führt Sie her, warum schlafen Sie nicht?«
»Ich kann nicht schlafen,« gab sie mir zur Antwort, »und werde lange Zeit dazu nicht im stande sein; schreckliche Träume quälen mich, kaum habe ich die Augen geschlossen, so erscheinen die Leiden, die Sie erduldet haben, wieder vor meiner Phantasie; ich will Ihnen zu Hilfe eilen, stoße ein Geschrei aus, erwache und erwarte umsonst, daß der Schlummer wiederkehrt. Das ist mir auch heute nacht passiert, ich fürchtete, der Himmel zeige mir damit ein Unglück an, das meiner Freundin zugestoßen ist; deshalb bin ich aufgestanden, habe mich ihrer Thür genähert und gelauscht. Ich sitze schon seit einiger Zeit neben Ihnen. Ich habe Sie betrachtet; wie schön sind Sie doch anzuschauen, selbst wenn Sie schlafen!«
»Teure Mutter, wie gut Sie sind!«
»Ich habe mich erkältet; doch ich weiß, ich habe nichts Unangenehmes für mein Kind zu fürchten, und glaube, ich werde nun schlafen. Geben Sie mir Ihre Hand.«
Ich gab sie ihr.
»Wie ruhig Ihr Puls ist, wie gleichmäßig, nichts regt ihn auf.«
»Ich habe in der That einen ziemlich ruhigen Schlaf.«
»Wie glücklich Sie sind!«
»Teure Mutter, Sie werden sich noch weiter erkälten.«
»Sie haben recht, schöne Freundin, leben Sie wohl; leben Sie wohl, ich gehe!«
Sie ging aber nicht, sondern sah mich weiter an, während zwei Thränen aus ihren Augen flossen.
»Teure Mutter,« sagte ich, »was ist Ihnen? Sie weinen? Wie leid thut es mir, Ihnen von meinen Leiden erzählt zu haben.«
In diesem Augenblick schloß sie meine Thür, löschte die Kerze aus und stürzte sich auf mich.
Sie umarmte mich und lag auf meiner Decke neben mir; ihr Gesicht preßte sich auf das meinige, ihre Thränen benetzten meine Wangen, sie seufzte und sagte mit klagender, gebrochener Stimme:
»Teure Freundin, haben Sie Mitleid mit mir!«
»Liebe Mutter,« entgegnete ich, »was ist Ihnen, sind Sie krank, was soll ich thun?«
»Ich zittere und bebe, eine tödliche Kälte hat sich meiner bemächtigt.«
»Soll ich mich erheben und Ihnen mein Bett abtreten?«
»Nein,« erwiderte sie, »es ist nicht nötig, daß Sie aufstehen, schieben Sie nur ein wenig die Decke zurück, damit ich mich Ihnen nähern kann; so werde ich mich wieder erwärmen und erholen.«
»Teure Mutter,« entgegnete ich, »das ist ja verboten; was würde man sagen, wenn man es erführe?«
»Liebe Freundin, alles schläft um uns her, und niemand wird etwas erfahren; und was ist denn auch dabei? Susanne, haben Sie niemals bei Ihren Eltern, mit Ihren Schwestern ein und dasselbe Bett geteilt?«
»Nein, niemals.«
»Wenn die Gelegenheit sich geboten hätte, hätten Sie es nicht ohne weiteres gethan? Wenn Ihre Schwester Sie um einen Platz neben Ihnen gebeten hätte, hätten Sie ihn ihr verweigert?«
»Ich glaube, nein.«
»Und bin ich nicht Ihre teure Mutter?«
»Ja, das sind Sie, doch es ist verboten!«
»Teure Freundin, ich will mich nur ein wenig aufwärmen und dann wieder gehen; reichen Sie mir Ihre Hand.«
Ich gab sie ihr.
»Hier,« sagte sie, »fühlen Sie, wie ich zittere und schaudere, ich bin wie Marmor.«
Dem war in der That so.
»Ach, die teure Mutter,« rief ich aus, »sie wird noch krank werden, doch warten Sie, ich werde mich bis an den Bettrand zurückziehen, damit Sie sich auf die warme Stelle legen können.« Ich rückte zur Seite, hob die Decke hoch, und sie legte sich an meine Stelle, dann sagte sie mit leiser Stimme:
»Meine Freundin, rücken Sie doch ein wenig näher.«
Sie streckte ihre Arme aus, ich drehte ihr den Rücken, sie erfaßte mich sanft und zog mich zu sich heran; dann legte sie den rechten Arm unter meinen Körper, den andern darüber und sagte:
»Ich bin eiskalt und empfinde eine starke Kälte, daß ich Sie zu berühren fürchte; ich glaube. Ihnen wehe zu thun.«
»Teure Mutter, fürchten Sie nichts.«
Sogleich legte sie eine ihrer Hände auf meine Brust, und die andere auf meine Hüften; ihre Füße waren unter die meinigen geklemmt, und ich drückte sie, um sie zu erwärmen, während die Oberin zu mir sagte:
»Sehen Sie, teure Freundin, wie schnell meine Füße warm geworden sind, weil nichts mehr da ist, was sie von den Ihrigen trennt,« Ich hatte mich umgewendet, als es plötzlich zweimal gegen die Thür schlug. Erschreckt sprang ich auf der einen Seite aus dem Bette, und die Oberin auf der andern; wir lauschten und hörten, wie jemand wieder auf den Fußspitzen in die Nebenzelle trat.
»Das ist Schwester Therese,« flüsterte ich ihr zu, »sie hat Sie über den Korridor gehen und bei mir eintreten sehen; was wird sie sagen?«
Ich war mehr tot als lebendig.
»Ja, sie ist's«, sagte die Oberin in zornigem Tone. »Sie ist's, ich zweifle nicht daran, doch sie soll noch lange Zeit an ihre Tollkühnheit denken.«
»Ach, teure Mutter,« entgegnete ich ihr, »thun Sie ihr nichts zu leide!«
»Susanne,« flüsterte sie mir zu, »leben Sie wohl. Legen Sie sich wieder nieder, schlafen Sie, ich dispensiere Sie vom Morgengebet. Ich gehe zu dieser kecken Person, reichen Sie mir Ihre Hand.«
Ich reichte sie ihr von einem Rand des Bettes zum andern, sie hob den Ärmel, der meinen Arm bedeckte, auf, küßte ihn seufzend der Länge nach von den Fingerspitzen bis zur Schulter und verließ mich mit der Erklärung, die Tollkühne, die sie zu stören gewagt, solle dafür büßen. Sofort eilte ich nach der Thür und lauschte, und sie trat wirklich in die Zelle der Schwester Therese. Ich fühlte mich versucht, aufzustehen und dazwischen zu treten, falls die Szene heftig werden sollte, doch ich war so verwirrt und fühlte mich so unbehaglich, daß ich es vorzog, im Bett zu bleiben.
Am nächsten Morgen hatte ich große Lust, die mir gegebene Erlaubnis zu benutzen und im Bette liegen zu bleiben; doch es fiel mir ein, es wäre besser, das lieber nicht zu thun. Ich kleidete mich sehr schnell an und stellte mich als die erste im Chor ein; die Oberin und Schwester Therese erschienen nicht, was mir sehr angenehm war; doch kaum war der Gottesdienst beendet, als die Oberin mich holen ließ. Ich ging zu ihr, sie lag noch im Bett, sah sehr niedergeschlagen aus und sagte:
»Ich habe viel ausgestanden und gar nicht geschlafen, die Schwester Therese ist toll; wenn das noch einmal vorkommt, werde ich sie einsperren.«
»Oh, teure Mutter,« erwiderte ich, »thun Sie das nicht!«
»Das wird von ihrem Betragen abhängen. Und Sie, teure Susanne, wie befinden Sie sich?«
»Gut, liebe Mutter.«
»Haben Sie ein wenig geruht?«
»Sehr wenig!«
»Man hat mir gesagt, Sie wären im Chor gewesen; warum sind Sie nicht in Ihrem Bette geblieben?«
»Ich hätte mich dort nicht wohl gefühlt; und dann habe ich geglaubt, es wäre auch besser.«
»Nein, es hätte nichts geschadet; doch ich fühle einige Neigung zum Schlafen und rate Ihnen, es in Ihrer Zelle ebenso zu machen, wenn Sie sich nicht neben mich niederlegen wollen.«
»Teure Mutter, ich bin Ihnen unendlich dankbar; doch ich habe die Gewohnheit, allein zu schlafen, und wäre mit einer anderen nicht dazu imstande.«
»So gehen Sie denn, ich werde zum Essen nicht ins Refektorium kommen, man soll mir hier auftragen; vielleicht werde ich den Tag über nicht aufstehen. Sie werden mit einigen andern zu mir kommen, die ich habe rufen lassen.«
»Wird Schwester Therese auch dabei sein?« fragte ich sie.
»Nein,« erhielt ich zur Antwort, und verließ sie, um mich auszuruhen.
Am Nachmittag begab ich mich zur Oberin, wo ich eine ziemlich große Gesellschaft der hübschesten und jüngsten Nonnen des Klosters vorfand; die andern hatten bereits ihren Besuch gemacht und sich zurückgezogen. Ich saß auf dem Rand ihres Bettes, ohne irgend etwas zu thun; eine andere saß in einem Sessel mit einem kleinen Stickrahmen auf den Knieen, andere saßen an den Fenstern, machten Spitzenklöppeleien, wieder andere nähten, stickten oder setzten das Spinnrad in Bewegung. Die einen waren blond, andere brünett, keine sah der andern ähnlich, obwohl sie alle schön waren. Die Oberin blickte alle aufmerksam an, sie warf der einen ihren allzu großen Fleiß, der andern ihre Trägheit vor, jener machte sie ihre Gleichgültigkeit, dieser wieder ihre Traurigkeit zum Vorwurf, ließ sich die Arbeit bringen, lobte und tadelte sie und verteilte so an eine jede leichte Vorwürfe oder leichte Liebkosungen.
Während sie so beschäftigt war, hörte ich leise an die Thür klopfen und ging, um nachzusehen, während die Oberin mir nachrief:
»Schwester Susanne, Sie werden doch wiederkommen?«
»Ja, liebe Mutter,«
»Kommen Sie ja wieder, denn ich habe Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen.«
Es war die arme Schwester Therese. Sie blieb eine Weile sprachlos, und ich sagte zu ihr:
»Liebe Schwester, wollen Sie etwas von mir?«
»Ja.«
»Worin kann ich Ihnen dienen?«
»Das will ich Ihnen sagen; ich habe mir die Ungnade unserer teuren Mutter zugezogen, ich glaubte, sie hätte mir verziehen und hatte einigen Grund zu dieser Annahme; indessen sind Sie alle bei ihr versammelt, und ich bin nicht dabei und habe Befehl erhalten, in meiner Zelle zu bleiben.«
»Sie möchten gern hereinkommen?«
»Ja!«
»Warten Sie, teure Freundin, ich gehe zu ihr.«
»Sie wollen wirklich für mich sprechen?«
»Gewiß!«
»Oh,« rief sie, mich zärtlich anblickend, »ich verzeihe ihr die Zuneigung, die sie für Sie hegt; Sie besitzen alle Reize, die schönste Seele und den schönsten Körper.«
Ich war entzückt, daß ich ihr den kleinen Dienst erweisen konnte und ging wieder hinein; dann neigte ich mich sanft zu der Oberin, die sich ein wenig auf ihrem Kopfkissen aufgerichtet hatte, schwieg, sah sie aber dabei mit einem Blicke an, als ob ich eine Gunst von ihr zu fordern hätte.
»Nun,« sagte sie zu mir, »was giebt es denn? Sprechen Sie, was wollen Sie, kann ich Ihnen denn etwas verweigern?«
»Die Schwester Therese . . «
»Ich verstehe; ich bin sehr unzufrieden mit ihr, doch Schwester Susanne spricht für sie; und ich verzeihe ihr, Sagen Sie ihr, daß Sie eintreten darf.«
Ich eilte zur Thür; die arme kleine Schwester wartete vor derselben, und ich forderte sie auf, näherzutreten.
Zitternd that sie es, hielt die Augen gesenkt und hatte einen langen Streifen Mousseline in der Hand, der ihr bei den ersten Schritten aus den Händen fiel; ich hob ihn auf, nahm sie unter den Arm und führte sie zur Oberin.
Sie warf sich zur Erde, erfaßte eine ihrer Hände, die sie seufzend küßte, während sie eine Thräne vergoß, dann bemächtigte sie sich einer der meinigen, die sie in die der Oberin legte und ebenfalls küßte. Die Oberin gab ihr ein Zeichen, sich zu erheben und sich irgend wohin zu setzen; sie gehorchte. Man trug einen Imbiß auf, die Oberin verließ das Bett, doch setzte sie sich nicht zu uns, sondern ging um den Tisch herum, legte bald der einen, bald der andern ihre Hand auf den Kopf, bog sie sacht zurück, küßte ihr die Stirn, hob wieder einer andern das Halstuch in die Höhe, legte ihre Hand darauf und blieb auf die Lehne gestützt stehen; dann ging sie zu einer dritten, ließ eine ihrer Hände auf ihr ruhen, oder legte sie ihr auf den Mund; kostete ein wenig von den Speisen, die man aufgetragen hatte und gab bald dieser, bald jener davon. Als das Mahl beendet war, setzte ich mich an das Klavier und begleitete zwei Schwestern, welche ohne Methode, doch geschmackvoll, richtig und angenehm sangen. Auch ich sang und begleitete mich dazu. Die Oberin saß am Klavier, und es schien ihr das größte Vergnügen zu bereiten, mir zuzuhören. Die andern lauschten stehend oder hatten sich an ihre Arbeit gemacht.
Endlich zogen sich alle zurück, und auch ich wollte mit den andern gehen, als die Oberin mich zurückhielt, indem sie sagte:
»Wieviel Uhr ist es?«
»Bald sechs Uhr.«
»Es werden gleich einige von unsern Rechtsbeiständen kommen, ich habe über das, was Sie mir über Ihren Aufenthalt in Longchamp gesagt, nachgedacht, habe ihnen meine Ideen mitgeteilt, sie haben dieselben gebilligt, und wir haben Ihnen einen Vorschlag zu machen. Dieser Plan muß uns gelingen, und wenn dies der Fall ist, so wird dabei ein kleiner Nutzen für unser Haus und auch ein Geschenk für Sie abfallen.«
Um sechs Uhr erschienen die Rechtsbeistände, ich erhob mich, sie setzten sich, und die Oberin sagte:
»Schwester Susanne, haben Sie mir nicht mitgeteilt, daß Sie dem Wohlwollen des Herrn Manouri die Ausstattung verdanken, die Sie hier erhalten haben?«
»Ja, teure Mutter!«
»Ich habe mich also nicht getäuscht; die Schwestern in Longchamp sind im Besitz der Mitgift geblieben, die Sie bei Ihrem Eintritt eingezahlt?«
»Ja, teure Mutter!«
»Sie haben Ihnen nichts zurückgezahlt?«
»Nein, teure Mutter.«
»Das ist nicht gerecht, ich habe es unseren Rechtsbeiständen mitgeteilt, und sie denken wie ich, daß Sie das Recht haben, gegen sie zu klagen, daß Ihnen entweder Ihre Ausstattung zum Vorteil unseres Hauses zurückerstattet wird, oder daß man Ihnen eine Rente aussetze. Deshalb haben wir Ihnen folgende Vorschläge zu machen; wir werden den Prozeß in Ihrem Namen gegen das Haus in Longchamp führen, wir werden die Kosten tragen, und wenn wir gewinnen, wird das Haus die Hälfte des Kapitals oder der Rente erhalten. Was meinen Sie dazu, teure Schwester? . . . Sie antworten ja nicht, Sie träumen.«
»Ich denke daran«, versetzte ich, »daß die Schwestern in Longchamp mir viel Böses angethan haben, und ich wäre höchst unglücklich, wenn sie sich einbilden würden, ich wollte mich rächen.«
»Es handelt sich nicht um Rache, es handelt sich nur darum, das wieder zu erlangen, was Ihnen gehört.«
»So soll ich mich noch einmal dem Gerede der Welt aussetzen?«
»Das ist die kleinste Unannehmlichkeit; es wird von Ihnen fast gar nicht die Rede sein. Dann ist unsere Gemeinde auch arm und die von Longchamp reich. Sie werden unsere Wohlthäterin sein, so lange Sie leben. Doch wir bedürfen ja dieses Grundes nicht, um uns für Sie zu interessieren, denn wir lieben Sie alle . . .«
»Liebe Mutter«, sagte ich zu ihr, »Ihre Gründe sind nicht zu verwerfen, doch ich bitte Sie nur um eins: nichts zu beginnen, bevor Sie nicht in meiner Gegenwart mit Herrn Manouri darüber konferiert haben.«
»Damit bin ich einverstanden; wollen Sie ihm selbst schreiben?«
»Gewiß!«
»Schreiben Sie ihm, um nicht zweimal darauf zurückzukommen; ich liebe derlei Geschäfte nicht, denn sie langweilen mich zum Sterben, schreiben Sie ihm daher gleich.«
Man gab mir Tinte, Feder, Papier, und ich bat auf der Stelle Herrn Manouri, sich nach Arpajon zu begeben. Das versammelte Konzil las den Brief, billigte ihn, und er wurde abgeschickt.
Herr Manouri kam einige Tage darauf, und die Oberin setzte ihm auseinander, um was es sich handelte; er schwankte keinen Augenblick, ihrer Ansicht beizutreten; man nannte meine Skrupel Lächerlichkeiten, und es wurde beschlossen, den Prozeß gegen die Nonnen von Longchamp schon am nächsten Tage anzustrengen. Es geschah, und trotz meines Widerwillens erschien mein Name von neuem in Denkschriften, in öffentlichen Gerichtsverhandlungen, und zwar mit Einzelheiten, Vermutungen, Lügen und allen möglichen Anschwärzungen, die ein Geschöpf in den Augen seiner Richter in schlechtem Lichte und in denen der Öffentlichkeit verhaßt erscheinen lassen. Man hatte die Aufmerksamkeit, mehreren Nonnen unseres Hauses die Schriftstücke zuzusenden, die man gegen mich veröffentlichte. Jeden Augenblick fragten sie mich nach den Einzelheiten entsetzlicher Ereignisse, an denen auch nicht das geringste wahr war. Je größere Unwissenheit ich zeigte, für desto schuldiger hielt man mich; man zuckte über meine Unschuld die Achseln; ich weinte und war untröstlich.
Doch ein Unglück kommt nie allein. Es rückte die Zeit heran, da wir zur Beichte gehen mußten. Ich hatte bereits die ersten Liebkosungen gebeichtet, die die Oberin mir erwiesen hatte; und der Beichtiger hatte mir ausdrücklich verboten, mich ferner dazu herzugeben.
Dieser Beichtiger ist ein Franziskaner, heißt Pater Lemoine und ist höchstens 45 Jahre alt. Dieser Mann besitzt eines der schönsten Gesichter von der Welt; dasselbe ist sanft, heiter, offen, angenehm, wenn er sich nicht seinen Betrachtungen überläßt; doch wenn er grübelt, ziehen sich Runzeln in seine Stirn, seine Augen senken sich, und seine Haltung wird streng. Der Pater Lemoine ist groß, wohlgebaut, heiter und sehr liebenswürdig, wenn er sich gehen läßt, er spricht wunderbar, erfreut sich im Hause des Rufes eines großen Theologen und wird von der Gesellschaft für einen bedeutenden Prediger gehalten.
Das Gespräch mit ihm ist zum Entzücken. Es ist ein sehr unterrichteter Mann, und er besitzt Kenntnisse, die seinem Stande sonst fremd sind, er hat die schönste Stimme von der Welt, versteht Musik, Geschichte und Sprachen und ist Doktor an der Sorbonne.
Es war am Tage vor Pfingsten, und er wurde erwartet. Ich war unruhig: die Oberin bemerkte es und sprach mit mir davon. Ich verbarg ihr den Grund meines Kummers keineswegs, sie erschien darüber noch unruhiger als ich, obwohl sie alles that, um ihre Aufregung vor mir zu verbergen. Sie nannte den Pater einen lächerlichen Menschen, machte sich über mich lustig und sagte:
»Nun, ich bin Ihre Oberin; Sie schulden mir Gehorsam, und ich befehle Ihnen, ihm nichts von diesen Dummheiten zu sagen; es ist nicht nötig, daß Sie zur Beichte gehen, wenn Sie nur solche Albernheiten zu berichten haben.«
Inzwischen kam der Pater Lemoine, und ich bereitete mich auf die Beichte vor. Die Reihe kam gerade an mich, als die Oberin in meine Zelle trat und zu mir sagte:
»Schwester Susanne, ich habe über das, was Sie mir gesagt haben, nachgedacht Bleiben Sie in Ihrer Zelle, ich wünsche nicht, daß Sie heute zur Beichte gehen.«
»Und weshalb, teure Mutter? Es ist heute ein großer Tag, der Tag der allgemeinen Kommunion; was soll man davon denken, wenn ich die einzige bin, die nicht an den Tisch des Herrn tritt?«
»Gleichviel; man mag sagen was man will; doch Sie werden nicht zur Beichte gehen.«
»Teure Mutter, wenn es wirklich wahr ist, daß Sie mich lieben, so thun Sie mir das nicht an, ich bitte Sie darum.«
»Nein, nein, das ist nicht möglich, Sie würden irgend eine Dummheit anrichten, und das will ich nicht.«
»Aber teure Mutter, ich würde ja nichts dergleichen thun.«
»Versprechen Sie mir also, . . . doch das ist nicht nötig. Sie werden morgen früh in mein Zimmer kommen und mir beichten; Sie haben sich nichts zu Schulden kommen lassen, wofür ich Ihnen nicht Absolution erteilen könnte und werden mit den andern dann das Abendmahl nehmen.«
Ich zog mich zurück und blieb traurig und unruhig in meiner Zelle. Als ich zurückkam, hatte sie bereits gebeichtet, und der Pater Lemoine hatte sie gefragt, warum er mich nicht bemerkt hätte, ob ich krank wäre; ich weiß nicht, was sie ihm geantwortet hatte, doch das Ende war, daß er mich im Beichtstuhl erwartete.
»Gehen Sie also, da es sein muß; doch versprechen Sie mir, daß Sie schweigen werden.«
Ich zögerte, dann aber verpflichtete ich mich, nichts zu sagen, wenn er mich nicht fragte, und ging.
Ich beichtete und verschwieg die Vorfälle mit der Oberin, doch der Beichtvater fragte mich, und ich verhehlte ihm nun nichts. Er behandelte mich nachsichtig, sprach sich über die Oberin in Ausdrücken aus, die mich erbeben ließen, er nannte sie unwürdig, ausschweifend, eine gefährliche Nonne und eine verdorbene Seele, auch ersuchte er mich bei Strafe der Todsünde, nie mehr mit ihr allein zu bleiben und keine ihrer Liebkosungen zu dulden.
»Aber, mein Vater,« erwiderte ich, »sie ist doch meine Oberin; sie kann in meine Zelle treten und mich zu sich rufen, wann es ihr beliebt.«
»Das weiß ich, das weiß ich, und bin untröstlich darüber. Gelobt sei Gott, der Sie bis jetzt behütet hat! Ohne mich deutlicher Ihnen gegenüber auszusprechen, befehle ich Ihnen, Ihre Oberin zu fliehen, nie allein in ihre Zelle zu gehen, ihr Ihre Thür nachts zu verschließen, aus Ihrem Bette zu springen, wenn sie wider Ihren Willen bei Ihnen eintritt, in den Corridor zu gehen, zu schreien, wenn es sein muß, selbst nackt bis an den Fuß der Altäre zu eilen, das Haus mit Ihrem Geschrei zu erfüllen, und alles zu thun, was die Liebe zu Gott, die Furcht vor dem Verbrechen, die Heiligkeit Ihres Standes und das Interesse für Ihr Seelenheil Ihnen eingeben werden. Wenn diese Unglückliche Sie fragt, so sagen Sie ihr alles, wiederholen Sie ihr meine Rede, sagen Sie ihr, daß es besser wäre, sie wäre nie geboren oder sie solle allein durch einen gewaltsamen Tod in die Hölle stürzen.«
Er schwieg, sah mich mit zärtlicher und gerührter Miene an und fuhr dann fort:
»Haben Sie eine kräftige Gesundheit?«
»Ja, mein Vater!«
»Wäre es Ihnen nicht allzu unbequem, eine Nacht ohne Schlaf zu verbringen?«
»Nein, mein Vater.«
»Nun wohl, so werden Sie sich in dieser Nacht nicht schlafen legen; sofort nach dem Abendessen werden Sie in die Kirche gehen, sich am Fuße der Altäre niederwerfen, und die Nacht im Gebet verbringen. Sie wissen nicht, in welcher Gefahr Sie geschwebt haben, werden Gott dafür danken, daß er Sie davor bewahrt hat und morgen mit allen andern Nonnen an den Tisch des Herrn treten. Gehen Sie, ich meinerseits werde meine Gebete mit den Ihrigen vereinigen.«
Ich befolgte pünktlich, was er mir befohlen hatte, und als ich den Beichtstuhl verließ, warf ich mich am Fuße der Altäre nieder; der Kopf war mir vor Entsetzen ganz wirr, und ich blieb bis zur Abendmahlzeit liegen. Die Oberin, die sich beunruhigte, was wohl aus mir geworden sein möchte, hatte mich rufen lassen; doch man hatte ihr geantwortet, ich läge im Gebet. Sie hatte sich mehrere Male an der Thür des Chores gezeigt, doch ich that, als bemerke ich sie nicht. Die Stunde des Abendessens schlug, ich begab mich in das Refektorium, aß in aller Hast, und als das Mahl beendet war, kehrte ich sogleich in die Kirche zurück; bei der Abenderholung erschien ich nicht; und auch zur Stunde, da man sich zurückzog und zu Bette legte, kam ich nicht herauf. Die Nacht war schon weit vorgeschritten, das ganze Haus lag in tiefem Schweigen, als die Oberin zu mir herunterkam. Sie fiel auf die Kniee und sagte, nachdem sie einige Zeit gebetet hatte, zu mir:
»Schwester Susanne, was thun Sie hier?«
»Wissen Sie, wie spät es ist?«
»Ja, Madame.«
»Warum sind Sie nicht, als die Stunde der Ruhe schlug, zu Bett gegangen?«
»Weil ich mich auf die Feier des morgigen Tages vorbereiten wollte.«
»Ihre Absicht war also, hier die Nacht zu verbringen?«
»Ja, Madame.«
»Und wer hat Ihnen das erlaubt?«
»Der Beichtvater hat es mir befohlen.«
»Der Beichtvater hat nichts gegen die Regel des Hauses zu befehlen; und ich gebiete Ihnen, sich schlafen zu legen.«
»Madame, das ist die Buße, die er mir auferlegt hat.«
»Sie werden sie durch andere Werke ersetzen.«
»Das steht nicht in meiner Wahl.«
»Kommen Sie, mein Kind, kommen Sie. Die Nachtkühle in der Kirche wird Ihnen schaden. Sie werden in Ihrer Zelle beten!«
Bei diesen Worten wollte sie mich bei der Hand ergreifen, doch ich entfernte mich schnell.
»Sie fliehen mich?«
»Ja, Madame, ich fliehe Sie!«
Während ich mich noch weiter entfernte, blieb sie an ihrem Platze und sagte, während sie zärtlich die Arme nach mir ausstreckte, in ihrem rührendsten und sanftesten Tone:
»Was haben Sie denn? Woher kommt dieses Entsetzen? Bleiben Sie stehen, ich bin doch nicht Satan; ich bin Ihre Oberin und Ihre Freundin.«
Ich blieb stehen und warf mich dann in einen Chorstuhl. Sie trat näher und setzte sich in den Nebenstuhl, als ich aufstand und in dem folgenden Stuhle Platz nahm.
So wanderte ich von Stuhl zu Stuhl, bis zum letzten hier blieb ich stehen und beschwor sie, einen leeren Platz zwischen sich und mir zu lassen.
»Das will ich gern,« versetzte sie, und wir setzten uns alle beide; ein Stuhl trennte uns. Nun ergriff die Oberin das Wort und sagte:
»Dürfte man von Ihnen erfahren, Schwester Susanne, woher das Entsetzen kommt, das meine Anwesenheit Ihnen verursacht?«
»Teure Mutter,« versetzte ich, »verzeihen Sie mir; nicht ich trage die Schuld, sondern der Pater Lemoine, er hat mir die Zärtlichkeit, die Sie für mich hegen, die Liebkosungen, die Sie mir erweisen, unter den schrecklichsten Farben geschildert. Er hat mir befohlen, Sie zu fliehen, nicht mehr in Ihre Zelle allein einzutreten und die meinige zu verlassen, wenn Sie dort hinkämen. Was weiß ich, was er mir nicht alles gesagt!«
»Sie haben also mit ihm gesprochen?«
»Nein, teure Mutter, doch ich habe mich nicht enthalten können, ihm zu antworten.«
»Ich bin also eine recht gräßliche Person in Ihren Augen?«
»Oh nein, teure Mutter, doch ich muß meinem Beichtiger gehorchen,«
»Sie werden mich also nicht mehr besuchen?«
»Nein, liebe Mutter.«
»Und werden mich nicht mehr bei sich empfangen?«
»Nein, liebe Mutter.«
»Sie werden meine Liebkosungen zurückweisen?«
»So schwer es mir auch fallen wird, doch es muß sein. Ich habe es meinem Beichtiger versprochen und den Eid am Fuße der Altäre geleistet.«
»So gehen Sie denn,« sagte sie zu mir, »Ihr Pater Lemoine sieht Gespenster. Das ist nicht die erste Unannehmlichkeit dieser Art, die er mir bereitet hat, doch die Sache fängt an, mich zu langweilen, und ich werde mich von diesem Manne befreien; aber davon wollen wir später sprechen. Sie wollen also nicht mit hinaufkommen?«
»Nein, liebe Mutter, ich bitte Sie um die Erlaubnis, die Nacht hier verbleiben zu dürfen. Wenn ich diese Pflicht versäumte, so würde ich morgen nicht wagen, mit der übrigen Klostergemeinde an den Tisch des Herrn zu treten. Doch Sie, teure Mutter, werden Sie beichten?«
»Gewiß.«
»Der Pater Lemoine hat Ihnen also nichts gesagt?«
»Nein!«
»Aber wie kommt das?«
»Er war gar nicht in der Lage, mit mir zu sprechen. Man geht nur zur Beichte, um sich seiner Sünden anzuklagen; ich aber sehe keine Sünde darin, ein so liebenswürdiges Kind wie Sie, Susanne, zärtlich zu lieben. Ich versuche, alle meine Nonnen glücklich zu machen; doch es giebt einige, die ich mehr liebe und achte, als andere, weil sie liebenswürdiger und achtenswerter sind. Das ist mein ganzes Verbrechen, das ich Ihnen gegenüber begangen habe, finden Sie es so groß, teure Schwester Susanne?«
»Nein, teure Mutter.«
»Nun, liebes Kind, so wollen wir noch jede ein kleines Gebet verrichten und uns dann zurückziehen.«
Ich bat sie von neuem um die Erlaubnis, die Nacht in der Kirche zu verbringen; sie willigte ein und zog sich dann zurück.
Am Morgen, als die Nonnen in den Chor kamen, fanden sie mich an meinem Platze. Sie näherten sich alle dem heiligen Tisch, und die Oberin an ihrer Spitze, was mich vollends von ihrer Unschuld überzeugte, ohne mich jedoch meinem Entschlusse abwendig zu machen. Dann empfand ich auch nicht die Zuneigung für sie, die sie für mich hegte. Ich konnte nicht umhin, sie mit meiner ersten Oberin zu vergleichen. Welch ein Unterschied! Das war nicht dieselbe Frömmigkeit, noch derselbe Ernst, noch dieselbe Würde, noch derselbe Geist, noch derselbe Eifer, noch derselbe Ordnungssinn.
In den nächsten Tagen trugen sich zwei bedeutende Ereignisse zu; erstens gewann ich meinen Prozeß gegen die Nonnen von Longchamp, sie wurden verurteilt, dem Hause Sainte-Eutrope, in dem ich mich befand, eine im Verhältnis zu meiner Ausstattung stehende Rente zu zahlen; zweitens wurde der Beichtvater gewechselt, und das letztere teilte mir die Oberin selbst mit.
Indessen ging ich nur noch in Begleitung zu ihr, und auch sie suchte mich nicht mehr allein auf. Sie suchte mich stets, doch ich wich ihr aus; sie bemerkte es wohl und machte mir Vorwürfe darüber. Ich weiß nicht, was in dieser Seele vorging, doch es mußte etwas ganz Außergewöhnliches sein. Sie erhob sich in der Nacht, ging in den Gängen, besonders in dem meinigen auf und nieder; ich hörte sie hin- und herschreiten, an meiner Thür stehen bleiben, seufzen und klagen; ich zitterte und vergrub mich in mein Bett. Sie belauschte alle meine Schritte; wenn ich hinunter kam, fand ich sie auf den untersten Stufen; und wenn ich hinaufging, erwartete sie mich oben.
Eines Tages hielt sie mich an und begann mich anzublicken, ohne ein Wort zu sprechen; Thränen flossen reichlich aus ihren Augen, dann warf sie sich plötzlich zur Erde, drückte meine Kniee mit beiden Händen und sagte:
»Grausame Schwester, verlange mein Leben; ich will es dir geben, doch weiche mir nicht aus; ich kann ohne dich nicht mehr leben.«
Ihr Zustand flößte mir Mitleid ein, ihre Augen waren erloschen, auch hatte sie ihre Körperfülle und ihre schönen Farben verloren. Ich streckte ihr die Hände entgegen, sie drückte sie leidenschaftlich, küßte sie und blickte mich dann wieder an. Ich hob sie auf, sie wankte, konnte kaum gehen, und ich geleitete sie nach ihrer Zelle. Als ihre Thür offen stand, ergriff sie mich bei der Hand und zog mich sacht an sich, um mich zum Eintritt zu zwingen, ohne mich aber anzusehen oder mit mir zu sprechen.
»Nein,« sagte ich, »nein, liebe Mutter; ich habe es mir vorgenommen, es ist besser für Sie und für mich; ich nehme einen zu großen Platz in Ihrer Seele ein.«
»Ist es Ihre Aufgabe, mir das zum Vorwurf zu machen?«
Ich versuchte, während ich zu ihr sprach, meine Hand aus der ihrigen loszumachen, und sie fragte:
»Sie wollen also nicht zu mir hereinkommen?«
»Nein, liebe Mutter, nein.«
»Sie wollen es nicht, Schwester Susanne? Sie wissen nicht, was daraus erwachsen kann; nein. Sie wissen es nicht; ich werde darüber sterben.«
Die letzten Worte flößten mir ein Gefühl ein, das dem, das sie hervorbringen sollten, ganz entgegengesetzt war; ich zog heftig meine Hand zurück, entfloh und schloß mich in meine Zelle ein, fühlte mich aber dort sehr unbehaglich, ich wußte nicht, womit ich mich beschäftigen sollte, ging zerstreut einige Male hin und her, verließ die Zelle, ging wieder hinein und klopfte schließlich an die Thür der Schwester Therese, meiner Nachbarin. Sie war in vertraulicher Unterredung mit einer anderen Nonne begriffen, und ich sagte ihr:
»Teure Schwester, es thut mir leid, daß ich Sie unterbreche, doch ich bitte Sie, mich einen Augenblick anzuhören; ich hätte Ihnen ein Wort zu sagen.«
Sie folgte mir in meine Zelle, und ich sprach:
»Ich weiß nicht, was unsere Mutter Oberin hat, sie ist in großer Verzweiflung; wenn Sie sie aufsuchen würden, vielleicht könnten Sie sie trösten.«
Sie antwortete mir nicht, ließ ihre Freundin in ihrer Zelle, schloß ihre Thür und eilte zu unserer Oberin.