Richard Dehmel
Gedichte
Richard Dehmel

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Drückende Luft

      Der Himmel dunkelte noch immer;
ich fühlte tief bis in mein Zimmer
der fahlen Wolken vollen Schoß.
Die Esche drüben drehte schwer
die hohe Krone um sich her;
zwei Blätter trieben wirbelnd los.

Laut tickte durch die schwüle Stube,
wie durch die stille Totengrube
der Holzwurm ticken mag, die Uhr.
Und durch die Türe hinter mir
klang dünn und schüchtern ein Klavier
über den Flur.

Der Himmel lastete wie Schiefer;
ihr Spiel klang immer trauertiefer,
ich sah sie wohl.
Dumpf rang der Wind im Eschenlaub,
die Luft war grau von Glut und Staub
und seufzte hohl.

Und blasser tönten durch die Wände
die tastenden verweinten Hände,
sie saß und sang;
sang sich das Lied, in sich gebückt,
mit dem sie mich als Braut entzückt;
ich fühlte, wie ihr Atem rang.

Die Wolken wurden immer dumpfer,
die wunden Töne immer stumpfer,
wie Messer stumpf, wie Messer spitz;
und aus dem alten Liebeslied
klagten zwei Kinderstimmen mit –
da fiel der erste Blitz.

 


 


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