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Freiburg, Königstein, Neustadt, Kaiserslautern und fast die ganze Unterpfalz ergaben sich bloß auf den Schreck von der Annäherung des Königs von Schweden und ließen es gar nicht erst auf die Gefahr einer Belagerung ankommen. Der König hielt zu Mainz ein außerordentlich prächtiges Hoflager, das durch die Gegenwart des Landgrafen von Hessen, einer unglaublichen Anzahl von Fürsten und Herren des Reiches und der Herrscher von auswärtigen Höfen noch glänzender gestaltet wurde. Se. Majestät hielt sich hier bis in den März hinein auf; erst als die Königin mit einem großen Gefolge englischer Edelleute von Erfurt aus auf dem Wege war ihn zu besuchen, brach er in Begleitung eines prächtigen Gefolges des deutschen Adels von Mainz nach Frankfurt auf und von da nach Höchst, um die Königin abzuholen.
Während des Aufenthaltes Sr. Majestät in diesen Gegenden waren seine Leute nicht müßig. Seine Truppen, die auf der einen Seite unter dem Pfalzgrafen bei Rhein, einem tapferen und immer glücklichen Befehlshaber, und auf der andern Seite unter dem Landgrafen von Hessen standen, streiften von Lothringen bis ins Luxemburgische und gingen gegen Westen über die Mosel und gegen Norden über die Weser.
Nichts konnte vor ihnen standhalten, die spanische Armee, welche den katholischen Kurfürsten zu Hilfe kommen sollte, kam zwar, wurde aber allenthalben zurückgetrieben und ganz aus dem Lande hinausgeschlagen, und das lothringische Heer wurde ganz und gar vernichtet.
Es war wohl niemals ein so lustiges Hoflager gesehen worden wie dieses, wo man täglich nichts anderes ankommen sah als Eilboten mit Nachrichten von geschlagenen Truppen, eroberten Städten, bewilligten Brandschatzungen, zersprengten einzelnen Korps, Gefangennehmungen und so weiter, und Abgesandte von Höfen, welche um Waffenstillstand oder um Neutralität baten, Unterwerfung und Vergleiche anboten und Rückstände oder Kontributionen bezahlten.
Am 10. Februar langte auch der König von Böhmen aus England an und mit ihm Mylord Craven mit einem Korps niederländischer Reiterei und einem sehr schönen Gefolge englischer Freiwilliger. Der Böhmenkönig begab sich ohne den geringsten Aufenthalt nach Höchst, um dem Könige von Schweden aufzuwarten, welcher ihn mit der größten Höflichkeit empfing und ihm zu Frankfurt ein schönes Bankett gab.
Niemals hatte der unglückliche König von Böhmen eine so schöne Aussicht auf Wiedereinsetzung in seine Erbländer wie damals, und wäre König Jakob, sein Schwiegervater, nur auf irgendeine Art ein Mann gewesen, der Gelegenheiten zu benutzen verstand, so wären ihm diese Hoffnungen gewiß nicht vereitelt worden. Allein es war wunderlich anzusehen, wie der König von Böhmen ankam und von dem englischen Hofe zu seinem Unternehmen mit nichts weiterem ausstaffiert war als mit einem Lord und 40 bis 50 englischen Edelleuten; anstatt daß, wenn der König von England, wie er nach allgemeiner Ansicht recht gut hätte tun können, ihm 10 bis 12 000 Mann englischer Infanterie mitgegeben hätte, nichts im stande gewesen wäre, ihn zu verhindern seine Erblande wieder in völligen Besitz zu nehmen.
Und dennoch reinigte der König von Schweden auch ohne diese Hilfe fast die ganze Pfalz von den Kaiserlichen und bewirkte, daß nach dem Tode des Vaters der Sohn wenigstens wieder ins Kurfürstentum eingesetzt wurde, eine Sache, die wahrlich nicht England zu verdanken war.
Als Lord Craven mir die Ehre erzeigte, sich beim Könige namentlich nach mir zu erkundigen, hatten Se. Majestät die Gnade, mich dem Könige von Böhmen vorzustellen. Mylord Craven gab mir darauf einen Brief von meinem Vater, und als er einige Worte hatte fallen lassen, daß mein Vater unter dem Prinzen von Oranien in der Schlacht bei Nieuport gedient hätte, antwortete der König lächelnd: Sagen Sie ihm in meinem Namen, daß mir sein Sohn ebenso tapfer in der heißen Schlacht bei Leipzig gedient hat. Mein Vater, der über die Ehre. die mir ein so großer König erzeigt hatte, ganz entzückt war, hatte mir befohlen, Sr. Majestät vorzutragen, daß er, wenn es Sr. Majestät gefällig wäre, auf seine eigenen Kosten ein Regiment englischer Kavallerie errichten, es nach Holland überschiffen lassen und unter mein Kommando geben wollte, und Mylord Craven hatte Befehle vom König von England, Sr. Majestät zu erklären, daß er seine Einwilligung dazu gäbe.
Ich teilte meinem alten Freunde Sir John Hepburn den Inhalt dieses Briefes mit und bat ihn um seinen Rat. Der Vorschlag meines Vaters gefiel ihm außerordentlich, und wenn nicht gewisse Hindernisse es auf einige Tage verschoben hätten, so wäre es ihm am liebsten gewesen, daß ich augenblicklich mit meinem Briefe zum König gegangen wäre.
Die Einnahme von Kreuznach war die erste Unternehmung von einigem Belang. Der König brach selbst zur Belagerung dieser Stadt auf, und es kam bald zur Übergabe, allein das Schloß machte größere Schwierigkeit, denn seine Lage war so vorteilhaft und es war mit Befestigungen, eine immer hinter der andern und über der andern, rundherum so umgeben, daß die meisten glaubten, der König würde nicht ohne große Verluste von demselben zurückkehren. Allein es war nicht leicht der Entschlossenheit des Königs zu widerstehen. Er beschoß es nicht mehr als mit zwei kleinen Geschützen, und da die Befestigungen alle selbst von ihm besichtigt waren, ließ er unter der ersten eine Mine anlegen, welche mit gutem Erfolge sprang. Darauf befahl er Sturm zu laufen, und soviel ich weiß, waren dabei ebensoviele freiwillige Engländer, Schotten, Franzosen und Deutsche wie kommandierte Musketiere. Unter ihnen befand sich auch mein alter Reisegefährte Fielding, der unterdessen von seinen Wunden wieder hergestellt worden war.
Der erste Haufen Freiwillige, ungefähr 40 Mann, wurde von Mylord Craven befehligt, ich selbst führte den zweiten an, in welchem sich fast alle jene schottischen freiwilligen Offiziere befanden, welche das Fort bei Oppenheim eingenommen hatten. Der erste Haufen war nicht imstande, etwas auszurichten, denn die Besatzung wehrte sich mit solcher Wut, daß viele von den Freiwilligen verwundet, einige getötet und die übrigen zurückgeschlagen wurden.
Der König wurde über seine Leute ein wenig aufgebracht, nannte sie nach seinem eigenen Ausdrucke Ausreißer, obgleich sie sich wirklich in guter Ordnung zurückzogen, und befahl, daß der Angriff erneuert würde.
Die Reihe war nunmehr an uns, und meine schottischen Offiziere, die nicht gewohnt waren sich schlagen zu lassen, gingen unverzüglich vor. Lord Craven brach mit seinen Freiwilligen gleichfalls wieder ein und focht in der Bresche mit einer Picke in der Hand wie ein braver Mann. Um seiner Tapferkeit die Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die ihr gebührt, muß ich sagen, daß er einer der ersten war, die oben auf dem Walle standen. Er gab meinem Reisegefährten Fielding die Hand und half ihm gleichfalls hinauf. Und so hoben wir einer den andern in die Höhe, bis endlich fast alle Freiwilligen die Befestigung bestiegen hatten.
Wir behaupteten uns mit großer Entschlossenheit und warteten nur, daß die kommandierten Musketiere uns nachkommen sollten, um den Feind anzugreifen, als einer von den feindlichen Hauptleuten Mylord Craven zurief, wenn sie ehrenvolle Bedingungen bekommen könnten, wollten sie kapitulieren. Als Mylord geantwortet hatte, daß er dafür einstehen wollte, hörte die Garnison auf zu feuern und der feindliche Hauptmann sprang vom nächsten Wall herab und ging mit Lord Craven ins Lager. Die Bedingungen wurden auf beiden Seiten festgesetzt und das Schloß ergab sich.
Als der König nach der Einnahme dieser Stadt hörte, daß General Tilly sich nähere und daß er den Feldmarschall Gustav Horn aus Bamberg vertrieben hätte, fing er an seine Truppen zusammenzuziehen, überließ die Sorge für Eroberungen in diesen Gegenden dem Reichskanzler Oxenstiern und machte Anstalten auf Bayern loszugehen.
Ich hatte eine gelegene Zeit wahrgenommen, um mit Sir John Sr. Majestät aufzuwarten, und ich wollte eben das Gespräch auf meines Vaters Brief bringen, als mir der König sagte, er hätte meinetwegen einen Brief vom König Karl erhalten. Ich antwortete ihm, Se. Majestät hätte mich und alle meine Freunde durch seine auszeichnende Großmut verbindlich gemacht, ihm unsere Ehrfurcht und Dankbarkeit zu bezeugen, vielleicht hätte also mein Vater den König von England gebeten, einige Worte von seinen dankbaren Gesinnungen einfließen zu lassen, Se. Majestät hätte in mir Ihre Gnade einer Familie erzeigt, die willig und bereit sei, ihm zu dienen, ich hätte auch schon Befehle von meinem Vater erhalten, welche mich, wenn Se. Majestät geruhen wollten, dieselben zu bestätigen, in Stand setzen könnten, Sr. Majestät auf eine unzweifelhafte Art zu zeigen, wie sehr ich von Ihren Gnadenbezeugungen durchdrungen wäre.
Mit diesen Worten zog ich meines Vaters Brief heraus und las den Teil desselben, der sich auf das zu errichtende Regiment Kavallerie bezog. Seine Worte waren:
Mit dem größten Vergnügen, lieber Sohn, habe ich die Erzählungen gelesen, die du mir teils von den außerordentlich großen Eroberungen des Königs von Schweden, teils von Sr. Majestät ganz besonderer Gnade gegen dich gemacht hast. Ich hoffe, du wirst die letztere zu schätzen wissen und dich bemühen sie zu verdienen. Es ist mir lieb, daß du lieber als Freiwilliger auf deine Kosten dienen willst als irgendeine Bestallung anzunehmen, in der du dich aus Mangel an Erfahrung etwa nicht tüchtig verhalten möchtest.
Ich habe den König gebeten, daß er geruhen möge, Sr. Majestät dem Könige von Schweden für die Ehre, die er dir erzeigt hat, ausdrücklich Dank zu sagen, und wenn du glaubst, daß du dir soviel Freiheit herausnehmen darfst, so würde ich es gern sehen, wenn du Sr. Majestät im Namen eines alten ausgedienten Soldaten auf die demütigste Art noch eine Danksagung machtest.
Wenn du glaubst, daß du Offizier genug bist, um ein Regiment Kavallerie zu befehligen, so bin ich erbötigt für Se. Majestät eines zu errichten. Ich habe sehr große Hoffnung, daß ich es mit Hilfe einiger von unsern alten Bekannten, die Lust haben, sich in der Welt umzusehen, bald vollständig beisammen haben werde.
Wenn Se. Majestät geruhen, den Vorschlag anzunehmen, so soll das Regiment beim Einflusse der Maas seine Befehle erwarten. Der König Karl hat mir versprochen, sie mit Gewehren zu versehen und sie nach Holland einzuschiffen, und ich hoffe, daß sie solche Dienste leisten werden, wie es deine Ehre und Sr. Majestät Ruhm erfordert. Dein getreuer Vater usw.
Das ist wahrhaftig ein Anerbieten, das einem wackern Mann und einem Soldaten ähnlich sieht, sagte der König, und ich nehme es an, aber unter zwei Bedingungen. Erstens, daß ich Ihrem Vater die Auslagen für die Errichtung des Regiments wiedererstatte, und zweitens, daß es in die Weser oder in die Elbe einläuft. Ist das letztere dem König von England nicht gefällig, so will ich den Transport bezahlen. Denn lasse ich das Regiment in Holland landen, so wird es schwer sein, es an uns zu ziehen, wenn mein Heer alsdann die hiesigen Gegenden verlassen haben sollte.
Ich schrieb meinem Vater diese Antwort zurück und schickte meinen früheren Bedienten Georg nach England, um das Regiment, zu dessen Quartiermeister ich ihn machte, in Ordnung zu bringen; für die Offiziere sandte ich Bestallungen in Blanko mit des Königs Unterschrift, die mein Vater, so wie er es für gut befände, ausfüllen sollte. Als mir diese Bestallungen vom Könige gebracht wurden, sagte mir der Sekretär, ich müßte wieder damit zurück zum Könige gehen. Ich tat das augenblicklich, der König öffnete das Paket, legte alle Bestallungen, eine ausgenommen, auf den Tisch vor sich hin, befahl mir, sie zu mir zu nehmen, und behielt die eine noch immer in der Hand.
Nun, sagte er endlich, sind Sie einer von meinen Soldaten, und damit übergab er mir die Bestallung als besoldeter Oberst der Kavallerie. Ich nahm das Geschenk kniend entgegen und stattete Sr. Majestät meinen untertänigsten Dank ab.
Aber, sagte der König, es gibt noch einen Kriegsartikel, den ich Ihnen mehr als alles andere einschärfen muß.
Mir wird keine Pflicht wichtiger sein, erwiderte ich, als jeden Befehl Eurer Majestät zu erfüllen, sobald ich weiß, worin er besteht.
Nun der Artikel besteht darin, daß Sie niemals eher fechten als bis Sie Befehl dazu bekommen, denn ich bin nicht gesonnen meinen Obersten zu verlieren, bevor ich das Regiment habe.
Majestät, antwortete ich, die Befehle Ew. Majestät sollen jederzeit auf das pünktlichste von mir befolgt werden.
Mein Vater hatte das Regiment in weniger als zwei Monaten beisammen, und sechs von den Offizieren kamen wirklich und brachten mir die Liste mit. Ich stellte die Offiziere dem Könige vor, als er vor Nürnberg lag, und sie hatten die Ehre von ihm zum Handkuß zugelassen zu werden. Einer von den Hauptleuten machte mir den Vorschlag, daß er das ganze Regiment innerhalb sechs Wochen als reisende Privatpersonen zur Armee bringen und ihre Ausrüstung entweder überschiffen oder in Deutschland kaufen wollte, allein die Sache wurde bald als unpraktisch verworfen. Bei alledem fanden sich auf diese Art so viele von ihnen zu mir, daß ich bald einen vollständigen Trupp um mich hatte und schließlich Befehl vom König erhielt sie als Truppen zu mustern.
Am 8. März brach der König auf, zog den Main hinauf und richtete seinen Marsch geradenwegs nach Bayern. Er nahm unterwegs einige kleine Plätze weg und in der Erwartung, mit Tilly handgemein zu werden, wenn dieser ihm etwa seinen Einmarsch in Bayern streitig machen wollte, hielt er seine Armee zusammen. Allein Tilly fand, daß er zu schwach sei, um dem König entgegenziehen zu können, kehrte um, ließ Bayern dem Könige offen und marschierte in die Oberpfalz.
Da der König also das Land von den Kaiserlichen gereinigt fand, ging er nach Nürnberg, hielt am 21. März seinen Einzug in die Stadt, wurde von den Bürgern herrlich bewirtet, setzte seinen Marsch nach Bayern fort, belagerte am 26. die Stadt Donauwörth und nahm sie am Tage darauf mit Sturm ein – so geschwind war dieser unüberwindliche Held in seinen Eroberungen.
Sir John Hepburn an der Spitze der schottischen und englischen Freiwilligen kam zuerst in die Stadt und ließ die ganze Garnison über die Klinge springen, ausgenommen diejenigen, die über die Brücke entwischt waren.
Ich selbst hatte an der Eroberung von Donauwörth keinen Anteil, da ich nun bei der Kavallerie stand. Aber ich war mit fünf Trupp Reiterei auf den Straßen postiert, wo wir denn eine große Menge Ausreißer von der Garnison auffingen und zu Kriegsgefangenen machten.
Man ziehe in Betracht, daß die Stadt Donauwörth ein sehr starker und gutbefestigter Platz ist, und dennoch verfuhr der König mit einer solchen Geschwindigkeit und zeigte bei seinem Angriff eine solche Entschlossenheit, daß er die Stadt nahm, ohne sich die Mühe zu machen förmliche Laufgräben zu eröffnen.
Überhaupt war das allemal seine Methode, wenn er vor eine Stadt kam, um sie zu belagern. Es war niemals seine Art, sein Lager in einiger Entfernung aufzuschlagen und dann von weitem seine Angriffe zu eröffnen, sondern er führte die Leute unverzüglich bis auf einen halben Musketenschuß von dem Platze, warf sie da in gute Deckung, ließ sogleich gerade vor ihnen seine Batterien errichten und den Angriff eröffnen, und gab es irgendeinen Ort, wo es zu wagen war, so ließ er ohne den geringsten Verzug Sturm laufen, und durch solche entschlossenen Angriffe nahm er vermittels der ersten Hitze seiner Leute manche Stadt weg, die eine regelmäßige Belagerung viele Tage ausgehalten hätte.
Dieser Marsch des Königs vereitelte alle Maßregeln Tillys, welcher nun genötigt war umzukehren, die Oberpfalz zu verlassen und dem Kurfürsten von Bayern zur Hilfe zu kommen. Denn der König, der 20 000 Mann stark war, 10 000 Mann Infanterie und 4000 Mann Dragoner nicht mitgerechnet, die vom Thüringer Walde aus zu ihm gestoßen waren, hatte den festen Entschluß gefaßt, diesen Kurfürsten gänzlich zu vernichten, den er nun ganz entblößt vor sich hatte, und der der mächtigste und geschworenste Feind der Protestanten im ganzen Reiche war.
Tilly hatte sich nunmehr mit dem Kurfürsten vereinigt, und beide zusammen mochten etwa 22 000 Mann haben. Sie hatten sich, um die Schweden von Bayern abzuhalten, an dem Ufer des Lech entlang ausgebreitet, der hier die kurfürstliche Grenze ausmachte, hatten das gegenüberliegende Ufer des Flusses befestigt, an allen geeigneten Plätzen einige englische Meilen lang am Fluß entlang ihr Geschütz aufgepflanzt und waren entschlossen, dem Könige den Übergang streitig zu machen.
Ich werde in der Erzählung dieses Übergangs über den Lech etwas weitläufiger sein, teils, weil er noch bis heute für eine so große Tat gehalten wird als irgendeine Schlacht oder Belagerung dieses Jahrhunderts, teils weil ihn das Unglück des alten tapferen Generals Tilly berühmt gemacht hat, teils auch weil ich in der Schilderung desselben um so viel genauer sein kann als andere, da ich selbst von Anfang bis zum Ende ein Augenzeuge gewesen bin.
Als der König sichere Nachrichten von der Stellung der bayerischen Armee eingezogen hatte, wäre er eines Tages beinahe auf den Einfall gekommen, das Ufer des Lech zu verlassen und wieder über die Donau zu gehen, um Ingolstadt, eine der vornehmsten Städte von Bayern, zu belagern. Allein die starken Festungswerke dieser Stadt und die Schwierigkeiten, in einem feindlichen Lande die Belagerung auszuführen, während Tilly so stark im Felde war, wiederrieten ihm die Ausführung dieses Planes, und er sagte sich, daß zuerst Tilly aus dem Lande vertrieben werden müßte und daß dann die Belagerung von Ingolstadt um soviel leichter sein werde.
Der König beschloß hierauf die Stellung des Feindes selbst zu besehen. Er ritt deswegen am 2. April mit einer starken Abteilung Reiterei aus, welche ich die Ehre hatte zu befehligen. Wir marschierten so nahe heran als wir konnten nach dem Ufer des Flusses zu und hielten uns nur in einer Entfernung, daß wir dem Geschütz des Feindes nicht zu sehr ausgesetzt waren. Als wir eine kleine Anhöhe erreicht hatten, von der man den Lauf des Flusses ziemlich weit übersehen konnte, machte der König Halt und befahl, daß wir uns in Schlachtordnung aufstellen sollten.
Der König stieg ab, rief mich zu sich und untersuchte durch sein Glas jede Krümmung und Wendung des Flusses. Allein da derselbe fast überall geradeaus lief, so konnte der König lange keine Stelle finden, die ihm passend erschienen wäre, bis er sich endlich nordwärts wandte. Erst als er auf den Strom abwärts sah, fand er, daß er in einer ziemlichen Entfernung von unserm Standorte plötzlich seinen geraden Lauf veränderte und eine runde, ziemlich schmale Landecke machte.
Dort ist eine Stelle, wie wir sie brauchen können, sagte der König, und ist der Grund gut, so will ich dort übersetzen, Tilly mag dann tun, was er will.
Er beorderte sogleich eine kleine Schar von unsern Reitern die Lage des Bodens zu untersuchen und ihm besonders Nachricht zu bringen, wie hoch an jeder Seite vor allem an der Landecke das Ufer wäre. Und derjenige, setzte er hinzu, der mir zuverlässigen Bericht bringt, wie tief das Wasser ist, soll 50 Taler bekommen.
Ich bat den König um Erlaubnis, mitreiten zu dürfen, doch das wollte er mir nicht erlauben. Allein da sie eben abmarschieren wollten, sagte ein Wachtmeister von den Dragonern zum Könige, wenn er es erlaubte, so wollte er sich als Bauer verkleiden und bald von allem Nachricht bringen, was der König gern wissen wollte.
Der König ließ sich den Vorschlag gefallen, und der Dragoner, der gut in der Gegend bekannt war, zog Bauernkleider an, nahm eine lange Stange auf die Achsel und ging fort. Die Kavallerie blieb unterdessen im Gehölz liegen, und der König hielt immer auf einer kleinen Anhöhe, ohne vom Feinde entdeckt zu werden.
Der Dragoner ging mit seiner langen Stange dreist hinab ans Ufer des Flusses, rief die Schildwachen an, die Tilly an dem jenseitigen Ufer postiert hatte, schwatzte mit ihnen und fragte, ob sie ihm hinüberhelfen könnten, und tat, als wenn er durchaus hinüber müßte. Endlich kam er bis an die Stelle, wo der Fluß eine plötzliche Krümmung machte, blieb dort stehen und fing mit den Schildwachen wieder ein Gespräch an. Nach einer Weile tat er, als wenn er durchwaten wollte, stieg hinein ins Wasser, bis es ihm an den halben Leib ging, fühlte dann mit der langen Stange vor sich hin, schüttelte den Kopf und kehrte wieder um.
Die Soldaten am jenseitigen Ufer lachten ihn aus und fragten ihn, ob er schwimmen könne.
Nein, sagte er, das kann ich nicht.
Du Narr, fing eine von den Schildwachen an, der Fluß ist 20 Fuß tief.
Woher wißt ihr denn das? fragte der Dragoner.
Weil ihn unser Baumeister gestern ausgemessen hat, antwortete jener.
Das war es eben, was der Dragoner wissen wollte, aber da seine Neugierde noch nicht ganz befriedigt war, ließ er es dabei noch nicht bewenden. Aber hört einmal, sagte er, wenn einer von euch mir entgegenwaten will, bis ich ihn mit meiner Stange erreichen kann, so will ich ihm einen halben Dukaten geben, daß er mich vollends hinüberzieht.
Die einfältige dumme Art, mit der er es anfing, machte jene so sicher, daß sich einer von ihnen gleich auszog und hineinwatete, während der Dragoner gleichfalls an unserer Seite hineinstieg. Allein der Strom hätte jenen bald mit sich fortgeschwemmt, da er aber ein guter Schwimmer war, so kam er noch glücklich hinüber auf unsere Seite, und der Dragoner kehrte nun auch wieder im Wasser um.
Nun ward ihm einige Augenblicke bange, daß er entdeckt werden könnte, aber er faßte bald wieder Mut und beschloß den Spaß fortzusetzen. Er erzählte jenem eine Menge Mordgeschichten von den Schweden, die ihm seine Habe gestohlen hätten, und seinen Zuhörer fror immer, daß ihm die Zähne klapperten. Endlich konnte es der arme Teufel nicht länger aushalten, und der Dragoner wünschte selbst herzlich ihn los zu sein. Er tat noch, als wenn es ihm gar nicht paßte, daß er nicht hätte hinüberschwimmen können und so gingen sie endlich auseinander.
Unterdessen hatte der Dragoner nebenher die ganze Tiefe und Breite des Stromes, den Boden und die Beschaffenheit von beiden Ufern, mit einem Worte alles ausgekundschaftet, was der König gern wissen wollte. Wir konnten ihn von der Anhöhe aus mit unsern Gläsern gut sehend und der nackte halberfrorene Kaiserliche nahm sich ganz drollig neben ihm aus.
Er wird ganz gewiß entdeckt werden, sagte der König, und sie werden ihm bald von drüben herüber etwas an den Kopf werfen, er ist ein Narr, daß er dem Kerl nicht eins mit der Stange gibt und davonläuft.
Als aber der Dragoner zurückgekommen war und sein Märchen erzählte, war der König so mit ihm zufrieden, daß er ihm statt der versprochenen 50 Taler 100 anwies und ihn zum Quartiermeister bei einem Trupp Kavallerie machte. Der König fragte ihn aufs genaueste aus und erhielt von ihm einen sehr umständlichen Bericht von dem diesseitigen Ufer, welches nach seiner Erzählung einen harten steinigen Boden hatte und zehn bis zwölf Fuß höher war als das jenseitige.
Hierauf faßte der König den festen Entschluß, in jener Stelle überzugehen, und er gab deswegen die Befehle zu einer Brücke, die bis ins kleinste nach seiner eigenen Erfindung gemacht wurde, und ich glaube nicht, daß jemals vorher oder nachher ein Heer über eine Brücke solcher Art gegangen ist.
Sie bestand aus einfachen, unbefestigten Bohlen, die ungefähr auf dieselbe einfache Art auf breite Böcke gelegt waren wie bei den Gerüsten, deren sich die Maurer bedienen, wenn sie ein Mauerwerk aufführen. Die Böcke waren bald höher, bald niedriger, je nachdem sie an eine Stelle kommen sollten, wo der Fluß tiefer oder seichter war, und sie waren alle fix und fertig, ehe man sich das Geringste merken ließ, daß man einen Übergang wagen wollte. Als alles bereit war, führte der König seine Leute an das Ufer des Flusses hinab und pflanzte sein Geschütz, so wie es der Feind gemacht hatte, in Abständen hier und da auf, um den Feind in Ungewißheit zu lassen.
In der Nacht zum 1. April befahl der König 2000 Mann, um die Landecke zu marschieren. Sie mußten rund um sie herum eine Verschanzung aufwerfen und an jedem Winkel eine Batterie von sechs Kanonen errichten, außer drei kleinen Batterien, eine an der Ecke und eine an jeder Seite, und jede derselben mit zwei Kanonen besetzen. Diese Arbeit wurde so rasch bewerkstelligt und, während der König die ganze Nacht hindurch aus dem Geschütz feuern ließ, mit soviel Eifer betrieben, daß bei Tagesanbruch alle Batterien aufgestellt, die Schanze mit 2000 Mann besetzt und alles Zubehör zur Brücke herbeigeschafft war, um sie zusammenzusetzen.
Nun merkten die Kaiserlichen das Vorhaben des Königs, aber es war zu spät, die Sache noch zu hintertreiben. Die Musketiere auf der großen Schanze und die fünf neuen Batterien gaben ein so anhaltendes Feuer, daß das jenseitige Ufer, welches, wie wir gesagt haben, zwölf Fuß niedriger lag als das diesseitige, den Kaiserlichen zu heiß wurde. Tilly fing nun an, um den König bei seinem Übergange zu empfangen, in einem Gehölze gerade der Landecke gegenüber emsig arbeiten zu lassen, ließ eine starke Batterie von 20 Kanonen hinbringen und zur Bedeckung seiner Leute so nahe am Flusse, als er konnte, eine Brustwehr aufwerfen, in der Absicht, wenn der König seine Brücke gebaut hätte, sie mit seinem Geschütz zusammenzuschießen.
Allein der König hatte sich in dieser Sache doppelt vorgesehen. Erstlich hatte er seine Brücke so niedrig gelegt, daß keine von Tillys Kugeln sie treffen konnte, denn die Brücke lag nicht einen halben Fuß über der Wasserfläche. Durch dieses Mittel hatte der König, der sich bei dieser Gelegenheit als ein vortrefflicher Baumeister zeigte, seine Brücke vor jeder Batterie gesichert, welche landeinwärts aufgeführt werden konnte, so wie der Winkel des Ufers sie vor jeder entfernten Batterie an dem jenseitigen Ufer schützte, und außerdem mußte das beständige Feuern aus dem schwedischen Geschütz und aus dem kleinen Gewehr die Kaiserlichen, welche keine Werke hatten, um sich zu decken, aus ihrer Stellung gerade gegenüber vertreiben.
Zweitens setzte der König, um seinen Übergang zu decken, in zwei Malen 400 Männer über, welche Befehl hatten, gerade an der Stelle des jenseitigen Ufers, wo er seine Brücke anlegen wollte, eine große Befestigung aufzuwerfen. Und dies wurde mit solcher Geschwindigkeit ausgeführt. daß sie noch vor Nacht beendet und imstande war, alle Kugeln von Tillys großer Batterie abzuhalten und so die Brücke zu decken.
Während dies geschah, legte der König von seiner Seite aus die Brücke auf. Beide Teile arbeiteten unablässig Tag und Nacht, so daß es das Ansehen hatte, als wenn nicht das Schwert, sondern der Spaten den Streit entscheiden sollte, und als wenn derjenige den Sieg davontragen müßte, dessen Brustwehren und Batterien zuerst fertig wären. Die Kugeln aus den Kanonen und Musketen flogen unterdessen wie Hagel hin und her und machten den Dienst so heiß, daß beide Teile genug zu tun hatten, um ihre Leute bei der Arbeit zu halten.
Der König ermunterte da, wo es am heißesten herging, seine Leute durch seine Gegenwart, und Tilly, um ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, tat dasselbe. Denn die Niederlage, welche die Kugeln anrichteten, war so groß und es blieben so viele Offiziere auf dem Platze oder wurden verwundet, daß Tilly endlich es für das Beste hielt, selbst uns gegenüber an der Front herunterzureiten, um seinen Leuten Mut zuzusprechen und die nötigen Befehle zu geben.
Um ein Uhr, ungefähr um die Zeit, als der König die Brücke gänzlich fertig hatte, wurde der alte tapfere Tilly, eben als er, wie einige sagten, Befehl gegeben hatte, unsere Verschanzung mit 3000 Mann Infanterie anzugreifen, durch eine Musketenkugel am Schenkel verwundet. Er wurde nach Ingolstadt gebracht und lebte nur noch einige Tage. Er starb an seiner Wunde an demselben Tage, als dem Könige bei der Belagerung dieser Stadt sein Pferd unter dem Leibe erschossen wurde.
Wir trugen allerseits nicht das geringste Bedenken über den Fluß zu gehen, da wir mit einem so außerordentlichen Glück schon so weit vorwärts gekommen waren. Allein wir würden gewiß ein heißes Stück Arbeit vor uns gehabt haben, wenn General Tilly seinem Schicksal nur einen Tag länger hätte entgehen können. Und wenn es mir erlaubt ist meine Meinung darüber zu sagen, so gestehe ich, als ich nachher Tillys Batterie und Brustwehr sah, angesichts derer wir hätten über den Fluß gehen müssen, so scheint es mir ganz gewiß, wenn Tilly bei unserm Übergange uns mit seiner Kavallerie und dem Fußvolke, das hinter der Schanze stand, uns angegriffen hätte, unsere ganze Armee in einer ebenso gefährlichen Lage gewesen wäre, als wenn wir angesichts einer starken Festung eine Kontreskarpe gestürmt hätten.
Selbst der König, als er sah, mit welcher Klugheit Tilly seine Werke angelegt hatte und welche Gefahr er selbst hätte laufen müssen, konnte sich nicht enthalten zu sagen: der glückliche Erfolg dieses Tages wäre ebenso wichtig wie der Sieg bei Leipzig.
Als Tilly verwundet worden war, fingen die Kaiserlichen an sich zurückzuziehen, gleichsam als wenn nun die Seele des Heeres verloren wäre, und der Kurfürst von Bayern nahm Pferde und jagte davon, als wenn er aus einer Schlacht entflöhe, bloß um sein Leben zu retten.
Die übrigen Anführer, die ein wenig mehr Vorsicht als Mut besaßen, zogen sich erst nach und nach zurück, so daß sie erst das Geschütz und das Gepäck fortbrachten und nur einige Kanonen zurückließen, welche fortfahren mußten auf uns zu feuern, um ihren Rückzug zu verbergen.
Da der Fluß alles Kundschaften verhinderte, so wußten wir nichts von dem Unglück der Kaiserlichen. Der König, der sich auf harte Schläge gefaßt machte, gab nach Vollendung der Brücke und der Schanze Befehl, eine Verschanzung mit Palisaden aufzuwerfen, und deshalb mehr Grund an dem Ufer einzunehmen, damit die ersten Truppen, welche er hinüberschicken würde, gedeckt wären. Da dies noch in derselben Nacht ausgeführt wurde, schickte der König ein Detachement unserer Garde hinüber, um diejenigen. zu unterstützen, die im Ravelin standen, und kommandierte aus der schottischen Brigade 600 Musketiere, um die neue Verschanzung zu bemannen.
Sehr früh am Morgen wurde eine kleine Abteilung Schotten von Lord Reas Regiment unter dem Kommando des Hauptmanns Foebes ausgeschickt, um Kundschaft vom Feinde einzuziehen, weil er bemerkte, daß er die ganze Nacht nicht gefeuert hatte. Während diese Abteilung ausrückte, stand die Hauptmacht in Schlachtordnung, und mein alter Freund Sir John Hepburn, auf den sich der König bei jedem verzweifelten Unternehmen am meisten verließ, hatte den Befehl, mit seiner Brigade über die Brücke zu gehen, sich außerhalb der Verschanzung aufzustellen und sogleich vorzurücken, sobald die Kavallerie, die ihn unterstützen sollte, nachgekommen wäre.
Sir John war kaum außerhalb der Verschanzung, als er auf den Hauptmann Foebes stieß, der einige Gefangene und die gute Neuigkeit vom Rückzug des Feindes mitbrachte. Sir John sandte ihn geradenwegs zum König, welcher an der Spitze seiner ganzen in Ordnung aufgestellten Armee hielt und in Erwartung eines sehr heißen Tagewerks in voller Bereitschaft war, seiner Vorhut sogleich zu folgen.
Sir John sandte Boten über Boten an den König und ließ ihn um Befehle bitten, vorzurücken, aber der König wollte es durchaus nicht zugeben, weil er beständig auf seiner Hut war und sich keinem Überfalle aussetzen wollte, so daß das Heer den ganzen Tag und die folgende Nacht an dieser Seite des Lechs stehen blieb.
Am Morgen darauf schickte der König nach mir und befahl mir, mit 300 Pferden auszurücken. Ein anderer Oberst bekam gleichfalls Befehl, mit 600 Pferden und noch ein anderer mit 800 Dragonern auszurücken. Wir sollten auf drei verschiedenen Wegen ins Holz reiten, doch so, daß wir einander unterstützen könnten. Sir John mußte mit seiner Brigade bis an den Rand des Gehölzes vorrücken, um uns den Rückzug freizumachen, und wieder eine andere Brigade Fußvolk mußte über die Brücke gehen, um Sir John zu unterstützen: ein Beweis, wie vorsichtig dieser kluge Feldherr zu verfahren pflegte.
Wir gingen mit unserer Kavallerie in das bayerische Lager vor, das wir verlassen fanden. Die Beute darin war sehr unbeträchtlich, denn die außerordentliche Vorsicht, die der König brauchte, hatte ihnen Zeit gelassen ihre ganze Bagage abzuführen. Wir folgten ihnen etwa drei bis vier englische Meilen weit und kehrten dann in unser Lager zurück.
Ich gestehe, daß ich diesen Tag mich an dem Anblick der Werke, die Tilly hatte aufwerfen lassen, sehr weidete, und muß noch einmal bekennen, wenn er nicht das Unglück gehabt hätte, wir ein ganz verzweifeltes Stück Arbeit vor uns gehabt hätten.
Am folgenden Tage stieß unter dem Befehle Gustav Horns die übrige Kavallerie zu uns, und der König mit dem ganzen Heere folgte nach. Wir marschierten darauf durch das Herz von Bayern, nahmen auf die erste Aufforderung Rain und verschiedene andere kleine Städte und belagerten Augsburg.
Obwohl Augsburg eine protestantische Stadt war, hatte es doch eine katholische bayerische Besatzung von mehr als 5000 Mann in den Mauern, welche unter dem Kommando eines Fugger stand, der wie bekannt aus einer der vornehmsten Familien Bayerns entstammte. Der Gouverneur hatte in einer Entfernung von zwei bis drei Meilen von der Stadt verschiedene kleine Trupps als Vorposten ausgestellt.
Als sich der König der Stadt näherte, gab er mir Befehl, mit meinem kleinen Korps und drei Kompagnien Dragonern diese Vorposten anzugreifen. Der erste Trupp, auf den ich stieß, war nicht über 16 Mann stark, sie hatten eine kleine Schanze quer über die Straße geworfen und zeigten viel Entschlossenheit ihre Posten zu verteidigen. Ich ließ meine Dragoner absitzen und die Schanze ersteigen, und während sie dies mit großem Mut unternahmen, gaben jene 16 Mann aus ihren Musketen zwei Salven auf sie und zogen sich alsdann aus ihrer Verschanzung eine Viertelmeile weiter bis an einen Schlagbaum zurück.
Ich setzte ihnen mit meinen Leuten bis dahin nach, fand aber, daß der Durchgang von 200 Musketieren verteidigt wurde. Ich schickte mich daher zu einem Angriff an, sandte dem Könige Nachricht von der Stärke des Feindes und verlangte Verstärkung an Fußvolk.
Meine Dragoner wagten einen Angriff und hatten den Feind, obwohl er ein sehr heißes Feuer gab, schon von diesem Posten weggeschlagen, ehe noch die 200 Mann Fußvolk anlangten, die der König mir geschickt hatte. Als diese zu mir gestoßen waren, verfolgte ich den Feind, der sich fechtend bis unter die Kanonen einer festen Redoute zurückzog, wo sie sich wieder in Ordnung aufstellten, und durch ein anderes Korps von ungefähr 300 Mann Infanterie aus den Werken verstärkt wurden.
Ich machte hierauf Halt und wurde gewahr, daß ich schon im Angesicht der Stadt und ein ansehnliches Stück von der Armee entfernt war, kehrte um und fing an mich zurückzuziehen, als der Feind uns auf dem Marsch nachsetzte, sich aber stets in einer gewissen Entfernung hielt, als wenn er uns bloß beobachten wollte. Wir waren aber noch nicht weit marschiert, als ich eine Salve aus dem kleinen Geschütz hörte, die durch zwei oder drei andere beantwortet wurde, und ich befürchtete sogleich, daß es bei dem schon genannten Schlagbaum sein könnte, wo ich eine kleine Besatzung von 26 Mann mit einem Leutnant zurückgelassen hatten
Ich schickte also unmittelbar 100 Dragoner meinen Leuten zur Hilfe, um meinen Rückzug zu decken und mir selbst so schnell wie es wegen des Fußvolkes möglich war, nachzufolgen. Ich kurzer Zeit aber erhielt ich von jenem Offizier die Nachricht, daß der Posten vom Feinde genommen und meine Leute abgeschnitten wären, ich beschleunigte also meinen Marsch und fand bei meiner Ankunft die Nachricht des Offiziers bestätigt, denn der Posten war genommen und mit 300 Musketieren und drei Trupps Kavallerie besetzt. Mittlerweile wurde ich gewahr, daß die Abteilung, welche meiner Nachhut folgte, sich gegen mich wandte und mir schon ziemlich nahe war, und daß ich ziemlich zwischen zwei Feuern kommen und von vorn und hinten zugleich angegriffen werden würde.
Ich sah nun kein anderes Mittel, aus dieser kritischen Lage herauszukommen, als mit aller Gewalt die Abteilung, welche vor mir war, anzufallen und hindurchzubrechen, ehe noch diejenigen, welche aus der Stadt anrückten, mir zu nahe gekommen waren. Ich befahl also meinen Dragonern abzusitzen und die feindliche Infanterie anzufallen, deren Kavallerie an der einen Seite der Heerstraße auf einem offenen Felde in Schlachtordnung aufgestellt war. Auf der andern Seite schützte sie ein sehr tiefer Graben, so daß sie mir in die Flanken fallen konnten, wenn ich ihre Infanterie, die vor mir stand, anfallen wollte. Währenddessen konnte die Abteilung hinter mir meine Nachhut angreifen und mir den Rückzug abschneiden, was ihnen gewiß gelingen mußte, wenn die andern zur rechten Zeit ankämen. Meine Dragoner wagten drei verschiedene harte Angriffe auf das Fußvolk, wurden aber von jener Seite mit einer solchen Entschlossenheit und mit einem so heftigen Feuer empfangen, daß sie zurückgeschlagen und 16 Mann von ihnen getötet wurden.
Da ich meine Leute in einer so mißlichen Lage und die feindliche Kavallerie zum Angriff bereit sah, so verstärkte ich sie aufs neue mit 100 Musketieren, welche den Angriff erneuertem Zur selben Zeit stellte ich mich mit meiner Kavallerie, welche auf beiden Flügeln mit 50 Musketieren flankiert war, der feindlichen Reiterei gegenüber, ohne sie selbst anzugreifen. Nun aber wurde die Lage verzweifelt, denn der Feind hinter nur war mir mit 600 Mann schon fast im Nacken, und der Hauptmann, der die Musketiere befehligte, die meine Reiterei flankierten, kam zu mir und sagte: Sir, wir sind alle verloren, wenn wir nicht diesen Durchbruch erzwingen: wollen Sie Ihre Reiterei und 20 meiner Musketiere herausziehen, so will ich mit den übrigen die feindliche Reiterei aufzuhalten versuchen.
Gut, sagte ich, und sogleich schwenkte ich mit meinen Dragonern und den wenigen Musketieren herum und griff den Feind an. Da meine Leute die große Gefahr, in welcher wir uns befanden, ebensogut einsahen wie ich, fochten sie wie wütend, so daß das feindliche Fußvolk am Schlagbaum unser Einbrechen nicht verhindern konnte, und wir glücklich hindurchkamen, nachdem ungefähr 150 Feinde getötet und die übrigen in Unordnung gebracht waren.
Aber nun befand ich mich in einer größeren Verlegenheit als zuvor, da ich nämlich meinen braven Hauptmann retten mußte, auf welchen der Feind mit aller Gewalt eindrang. Er verteidigte sich zwar mit einer außerordentlichen Tapferkeit und hatte noch den Vorteil eines großen Zaunes, der ihn etwas deckte, aber er hatte schon die Hälfte seiner Leute verloren und stand gerade auf dem Punkte völlig geschlagen zu werden, als mit einem Male eine Abteilung von 600 Dragonern herbeistürzte, welche der König, um mich zu verstärken, abgesandt hatte, da er durch einen Soldaten von meiner Lage benachrichtigt worden war, welcher das Glück gehabt hatte, von jenen 26 Mann, die am Schlagbaum abgeschnitten waren, zu entkommen. Die Verstärkung kam eben an, als ich durch die Feinde gebrochen war, die feindliche Infanterie versammelte sich wieder hinter ihrer Reiterei, die andere feindliche Partei aber, welche jetzt auch ausgerückt war, zog sich, da sie unsere Verstärkung gewahr wurde, wieder zurück.
Ich verlor in diesem Scharmützel über 100 Mann, vom Feinde blieben ungefähr 180 auf dem Platze. Wir sicherten den Paß, ließen eine Kompagnie Fußvolk nebst 100 Dragonern dabei zurück und kamen also mit einem ziemlichen Verlust wieder zur Armee. Um dergleichen Scharmützeln, die gewöhnlich nichts entscheiden, zuvorzukommen, rückte der König den Tag darauf näher vor die Stadt und lagerte sich mit seiner Streitmacht nach seiner Gewohnheit innerhalb eines Kanonenschusses von ihren Wällen.
Der König nahm diese große Stadt mehr durch Gewalt seiner Feder und Worte als durch die Waffen ein, denn sie ergab sich auf einige Beschickungen und Briefe, die zwischen dem König und den Einwohnern der Stadt hin und hergingen, sogleich freiwillig, ohne daß sich die Garnison der Stadt auch nur verteidigen durfte.
Am 24. April hielt Se. Majestät einen öffentlichen Einzug in die Stadt, nahm die Glückwünsche der Einwohner entgegen und brach unmittelbar darauf nach Ingolstadt auf, welches mit Recht unter die festesten Plätze Bayerns gezählt wird.
Die Stadt selbst hatte eine ziemlich starke Besatzung, und unter den Wällen derselben auf der andern Seite des Flusses hatte sich der Herzog von Bayern mit seiner Macht verschanzt. Der König, der bekanntlich keine langen Belagerungen liebte, hatte die Stadt in Augenschein genommen und brachte seine Armee einen Büchsenschuß weit vor dieselbe. Hier hielt er mit seinen Generalen Kriegsrat, und da er glaubte, daß ihn die Stadt mehr kosten würde als sie wert war, gab er die Belagerung auf.
Als der König einmal um die Stadt ritt, wurde sein Pferd von den Festungswerken aus von einer Kanonenkugel getroffen, so daß der König und sein Pferd übereinander stürzten und jedermann glaubte, der König sei getötet worden, doch glücklicherweise hatte er nicht einmal eine Wunde bekommen. Dieser Vorfall trug sich, soviel wir erfahren konnten, in demselben Augenblicke zu, als General Tilly an der Wunde starb, die er am Lech erhalten hatte.
Ich selbst war um diese Zeit nicht im Lager, denn der König hatte den größten Teil sowohl seiner schweren als leichten Kavallerie unter Gustav Horn abgeschickt, sich dem Lager des Herzogs von Bayern entgegenzustellen und nachher das Land zu plündern. Dies versetzte die Soldaten in eine außerordentliche Freude, denn es war ein sehr seltener Fall, daß ihnen diese Freiheit verstattet wurde; da es aber nun geschah, so suchten sie es sich auch so sehr wie möglich zunutze zu machen, denn Bayern war reich und hatte alles im Überfluß, weil es den ganzen Krieg hindurch noch keinen Feind gesehen hatte.
Das Heer hatte zwar die Belagerung von Ingolstadt aufgegeben, unterließ aber nichtsdestoweniger im übrigen Bayernlande Eroberungen zu machen, Sir John Hepburn mit drei Brigaden Infanterie und Gustav Horn mit 3000 schwerer und leichter Kavallerie marschierten vor Landshut und nahmen es an demselben Tag ein. Die Garnison bestand nur aus Reiterei und lieferte uns, da wir anrückten, verschiedene Scharmützel, wobei ich selbst zwei von meinen Leuten verlor.
Der General erhielt eine sehr große Summe Geldes von der Stadt, außerdem auch die Offiziere sehr ansehnliche Geschenke. Von da ging der König vor München, der Residenz des Herzogs von Bayern. Viele der vornehmsten Offiziere wünschten den herzoglichen Palast plündern zu dürfen, doch der König war zu edel gesinnt dazu, die Stadt zahlte ihm 400 000 Taler und außerdem bemächtigte man sich nur der Magazine des Herzogs, in welchen man 140 Kanonen und für 2000 Mann Ober- und Untergewehr fand.
Die große Kunstsammlung des Herzogs wurde auf besonderen Befehl des Königs mit sehr vieler Sorgfalt erhalten. Ich wünschte mich hier einige Tage aufhalten zu können, um eine genauere Kenntnis von dieser vortrefflichen Kunstsammlung zu erhalten, ich wurde aber zu bald an andere Plätze kommandiert, als daß mir dazu genug Zeit geblieben wäre, und das Schicksal des Krieges verschaffte mir nie wieder Gelegenheit sie noch einmal zu Gesicht zu bekommen.
Die Kaiserlichen hatten unter Osta Biberach belagert, eine kaiserliche Stadt, dessen Einwohner aber unter schwedischem Schutze standen. Sie hatten sich bisher so gut wie möglich verteidigt, obschon die Stadt nur sehr mittelmäßig befestigt war, fingen aber nunmehr an in größere Gefahr zu kommen und schickten deshalb verschiedene Botschaften an den König, daß er ihnen Hilfe bringe.
Der König schickte sofort ein starkes Korps Reiterei und Fußvolk, um Biberach zu entsetzen, und wollte es in eigener Person befehligen. Ich befand mich mit unter der Reiterei, aber die Kaiserlichen ersparten uns alle Mühe, denn die Nachricht von der Ankunft des Königs hatte Osta so erschreckt, daß er in der größten Eile Biberach verließ und nicht eher hinter sich zurückzublicken wagte, bis er über dem Bodensee an den Grenzen der Schweiz war.
Als wir von diesem Streifzuge zurückkamen, erhielt Gustav Adolf die erste Nachricht von Wallensteins Annäherung, welcher nach dem Tode des Grafen Tilly zum Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen ernannt worden war. Er hatte wie ein Tyrann in Böhmen gehaust und rückte nun an der Spitze von 60 000 Mann heran, um den Herzog von Bayern zu unterstützen.
Um in einer Lage zu sein, diesen großen Heerführer mit Vorteil die Spitze bieten zu können, entschloß sich der König, Bayern zu verlassen und ihn an den Grenzen von Franken zu erwarten, und da er wohl wußte, daß die Nürnberger wegen ihrer Neigung zu ihm, Wallensteins erstes Opfer sein würden, so nahm er sich vor, ihre Stadt gegen jenen zu verteidigen, es möchte kosten, was es wollte.
Dessenungeachtet ließ er Bayern nicht ohne alle Bedeckung: auf der einen Seite hielt der General Banner mit einem Heere von 10 000 Mann in der Gegend von Augsburg, und der Herzog von Sachsen-Weimar mit einem andern ebenso ansehnlichen Heere in der Gegend von Ulm und Memmingen, mit dem Befehl ihren Marsch so einzurichten, daß sie, sobald der König sie nötig haben würde, in wenig Tagen zu ihm stoßen könnten.
Mitte Juni schlugen wir unser Lager in der Gegend von Nürnberg auf. Durch den Abgang so vieler zurückgelassener Abteilungen belief sich unser ganzes Heer nicht auf mehr als 10 000 Mann. Das vereinigte kaiserliche und bayerische Heer war nicht so zahlreich, wie sie das Gerücht angab, belief sich aber dennoch auf nahezu 60 000 Mann.
Der König war also nicht stark genug – wie er sich auszudrücken pflegte – sich freiwillig in einen Kampf einzulassen, allein dessenungeachtet stark genug, um nicht dazu gezwungen werden zu müssen. Er schlug sein Lager unter den Kanonen von Nürnberg auf, so daß man ihn erst in seinem Lager angreifen mußte, ehe man die Stadt belagern konnte, und sein Lager hatte er auf eine so furchtbare Weise verschanzt, daß es sich Wallenstein niemals in den Sinn kommen lassen durfte, ihn darin anzugreifen. Am 30. Juni bekamen wir Wallensteins Truppen zum ersten Male zu Gesicht, und am 5. Juli schlugen sie nicht weit von uns ein Lager auf. Sie postierten sich so, daß sie nicht nur an der bayerischen Seite sondern auch zwischen den König und dessen Freunde in Schwaben und Franken zu stehen kamen, um, wie sie gewiß hofften, den schwedischen Proviant abzufangen und den König durch Hunger aus seinem Lager herauszutreiben.
So standen sie nun hier einander gegenüber, jeder in seinem Lager, um gleichsam einen Versuch zu machen, wer sich am längsten würde halten können, der König war stark an Pferden, denn wir hatten volle 8000 schwere und leichte Kavallerie, und dies gab uns in den verschiedenen Scharmützeln, die zwischen uns und dem Feinde vorfielen, einen großen Vorteil.
Der Feind hatte von der ganzen Gegend Besitz genommen und alle nur mögliche Sorgfalt aufgewendet, sich mit allem Proviant zu versehen; er hatte seine Wachen in so vortrefflicher Ordnung aufgestellt, um die mitgegebenen Bedeckungen zu sichern, daß die Proviantwagen von Staffel zu Staffel so ruhig wie im Frieden gelangen konnten, und die Bedeckung selbst alle fünf Meilen von einem andern Trupp abgelöst wurde, von denen überall welche auf der Straße postiert wurden.
Der kaiserliche Feldherr hatte also vor unsern Augen sein Lager aufgeschlagen, und er erwartete wegen seines ansehnlichen Kriegsheeres nichts gewisser, als daß er den König zwingen könnte, sich entweder mit augenscheinlichem Nachteil in ein Gefecht einzulassen oder aus Mangel an Lebensmitteln abzuziehen und ihm Nürnberg als Beute zu lassen, denn er hatte dieser Stadt den Untergang geschworen und wollte es durchaus zu einem zweiten Magdeburg machen.
Gustav Adolf aber, der nicht leicht zu hintergehen war, hatte schon früh alle Anschläge Wallensteins vereitelt, er hatte den Einwohnern von Nürnberg sein Ehrenwort gegeben sie nicht zu verlassen, jene dagegen hatten es unternommen seine Armee mit Proviant zu versorgen und ihn vor Mangel an Lebensmitteln zu sichern. Sie taten es auch mit großer Sorgfalt, so daß der König nicht nötig hatte, seine Truppen irgendeiner Gefahr oder welchen Strapazen wegen Bedeckung oder Verproviantierung auszusetzen.
Nürnberg ist eine sehr reiche und volkreiche Stadt, und die Gefahr, in welcher sie sich befand, ging Gustav so nahe, daß er ihr sein Ehrenwort gab sie zu verteidigen, und da die Einwohner durch die Drohungen der Kaiserlichen in die größte Furcht gesetzt worden waren und Deputierte an den König schickten, daß er sich ihrer annehmen möchte, ließ er ihnen antworten, daß er sich zugleich mit ihnen belagern lassen wollte. Sie hatten aber auch auf ihrer Seite die Magazine mit Proviant aller Art sowohl für Menschen als für Pferde so sehr gefüllt, daß sie gewiß nicht den geringsten Mangel verspürt haben würden, wenn auch Wallenstein noch sechs Monate länger davor gelegen hätten. Jedes Bürgerhaus war ein Magazin, das Lager war mit Vorräten im Überfluß versehen, der Markt war stets voll, und alles ebenso wohlfeil wie in Friedenszeiten. Der Magistrat bewies sich dabei so sorgsam und beobachtete eine so vortreffliche Ordnung beim Herbeischaffen aller Art von Proviant, daß eine Teuerung eine fast unmögliche Sache zu sein schien, denn die Preise wurden jeden Tag auf dem Rathause bestimmt, und wenn es sich jemand einfallen ließ mehr als den festgesetzten Preis für sein Korn zu verlangen, so konnte er gewiß darauf rechnen, daß er nichts verkaufte, weil man es in den Vorratshäusern der Stadt wohlfeiler haben konnte.