Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
»Die Geschichte ist die Botschaft
der Toten an die Lebenden.«
Das heute so schöne und reizvolle Landschaftsbild der Eifel verdankt seine Entstehung gewaltigen vulkanischen Eruptionen in grauer Vorzeit. Auch die schönste und höchste Basaltkuppe der Vordereifel, der heutige St. Michaelsberg, ist auf diese Weise entstanden. Wann der Mensch der Urzeit zuerst seinen Fuß auf den Boden der Vordereifel setzte, ist uns verborgen. Aber das wissen wir, daß einst der Mensch der älteren Steinzeit, die im nördlichen Europa etwa um das Jahr 3000 vor Christus endet, auch im Gebiete um den Michaelsberg gejagt und seine Kämpfe mit den gewaltigen Tierriesen der Urzeit siegreich bestanden hat. Eine der sicher nachgewiesenen Siedlungsstätten des Steinzeitmenschen war die große Höhle im Kartstein bei Eiserfey, die die Sage später mit dem Namen eines mythischen Riesen Kakus geschmückt hat. Sie liegt kaum 12 km vom Michaelsberge entfernt und nicht selten mag sein ragender Gipfel die aus ihrer Höhle streifenden Urzeitjäger gelockt haben, von ihm aus ihr weites Jagdgebiet zu überschauen. Im Jahre 1911 ist die genaue Erforschung der Kakushöhle von sachkundiger Hand erfolgt. Sie hat die erhofften Ergebnisse völlig gebracht. Als unterste Schicht fand sich die der älteren Steinzeit mit den charakteristischen Werkzeugen, den mannigfaltigen Schabern, Messern und Bohrern aus Quarz und Quarzit. Selbstverständlich fehlten auch nicht die Spuren der damaligen Riesenfauna, in Gestalt der Knochen des Mammut, des wollhaarigen Rhinoceros, des Höhlenbären, des Urochsen und zahlreicher anderer Tierformen.
Als die Steinzeit vorübergegangen, besiedelten allmählich aus dem Westen, also von Gallien hervordrängende keltische Völkerstämme die Eifel und die ihr vorgelagerte Ebene. Sie waren keine Nomaden mehr und liebten schon die Seßhaftigkeit, allerdings weniger in zusammenhängenden Dörfern als in Einzelgehöften. Dafür bargen sie sich und ihre Habe in Zeiten der Gefahr in steinernen Ringwällen, die auf Bergen, z. B. bei Weingarten, angelegt waren. Im Gebiete des Michaelsberges ist kein Ringwall entdeckt worden. Ueberhaupt hat die keltische Zeit am Michaelsberge und in seiner engeren Umgebung keine erkennbaren Spuren hinterlassen, vor allem auch nicht in Bezug auf den Matronenkult, der keltisch-germanischen Ursprunges ist. Aber an drei nur wenige Stunden entfernten Stellen sind sichere Kultstätten nachgewiesen, auf dem Addig bei Pesch im Nöthener Walde, in Antweiler bei Euskirchen und in Nettersheim. An beiden zuerst genannten Orten wurden die Matronae Vaccalinchae, dagegen in Nettersheim die Matronae Aufaniae verehrt. Die meist in der Dreizahl auftretenden Matronen sind als Familien- oder Stammesgottheiten, daneben auch als Ortsgottheiten aufzufassen.
Gegen das letzte Jahrhundert v. Chr. fand die Zeit der Kelten in der Eifel ihr Ende. Die von rechts des Rheines vorstoßenden germanischen Völkerstämme drängten sie schrittweise nach Westen zurück. Ihre zurückbleibenden Reste gingen in den Germanen auf. Als Cäsar vom Jahre 58 v. Chr. ab seine Kriege in Gallien und später im Rheinlande führte, fand er schon, wie er nachher in seinem Buche über diese Kriege berichtet ( lib. II, 4), daß im Gebiete der Ardennen ( Arduenna silva), zu dem damals die ganze Eifel zählte, überwiegend germanische Völkerstämme wohnten, die sich auch selbst Germanen nannten.
Als unsere Vorfahren der römischen Herrschaft untertan wurden, kamen sie bald in enge Berührung mit der römischen Kultur. Sie gereichte ihren noch einfachen und reinen Sitten vielfach zum Verderben, bot ihnen aber auch Gelegenheit, auf Schritt und Tritt zu lernen. Besonders in Bezug auf Ackerbau, Wohnungsbau, Webkunst und vieles andere zeigten sich die Römer als gute Lehrmeister. Vor allem aber wurden die Germanen Zeugen der unübertrefflichen römischen Straßenbaukunst. Kaum waren die Hauptpunkte Trier, Köln, Bonn, Remagen, Coblenz entstanden, da war es das erste Bestreben, sie durch militärische Marschstraßen zu verbinden. Davon hatte damals die Eifel den größten Vorteil. Mitten hindurch entstand die Hauptheerstraße Trier–Marmagen. In Marmagen erfuhr sie eine Dreiteilung. Ein Arm ging nach Zülpich, ein zweiter über castra belgica (Billig) nach Köln. Der dritte Arm aber zog nach den sicheren Feststellungen des Generals von Veith von Marmagen über Blankenheimerdorf und Tondorf direkt auf den Michaelsberg zu und weiter nach Bonn. Damit tritt der Michaelsberg in die Geschichte ein.
Die Römer maßen die Eifeler Heerstraßen nach Leugen. Eine Leuga oder gallische Meile war gleich 2,2 km. Somit betrug das Wegestück Marmagen – Michaelsberg fast genau 10 Leugen. Alle wichtigen Heerstraßen, die als erhabene Dämme von ca. 6,5 m Breite liefen, waren in ihrem Zuge durch eine Reihe größerer oder kleinerer Kastelle mit ständiger Besatzung gesichert. An einem so ausgezeichneten Punkte, wie ihn die hohe Kuppe des Michaelsberges darstellt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein solches Kastell zu vermuten. Der verstorbene Archäologe aus'm Werth in Bonn hat berichtet Bonner Jahrbücher, Heft 76., daß er 300 Schritt südlich vom Michaelsberge, am Wege von Mahlberg nach Reckerscheid, in der Flur »am Lindchen« römischen Bauschutt mit Ziegelsteinen und Dachziegeln in solcher Menge gefunden habe, daß ohne Zweifel ein größeres römisches Bauwerk dort gestanden haben müsse. Demselben Forscher glückte es, auf der Kuppe des Michaelsberges im Boden Tuff- und Mörtelstücke zu finden, die er als bestimmt der spätrömischen Zeit angehörig anspricht. Somit ist der Schluß berechtigt, daß St. Michaelsberg, als ein damals noch ganz namenloser Bergesgipfel schon eine römische Warte ( specula) Vergl. Speckelstein im Flamersheimer Wald. getragen hat, von der ein scharfes Auge genau wie heute vom Turm der Michaelskapelle bis in die Rheinebene schweifen konnte. Ueberdies hat man die Spuren römischer Ziegeleien in Eicherscheid, in Esch in der Mutscheid und im Bouderather Walde festgestellt, sodaß deren Erzeugnisse ohne zu große Mühe für die Bauten am Michaelsberge zu benutzen waren. Die gleichen Ziegeleien mögen auch das Material für die Bauten in dem nahen, im Zuge der Heerstraße Michaelsberg – Bonn gelegenen Dorfe Scheuren geliefert haben, die Schöttler Beilage zum Programm des Progymnasiums zu Rheinbach 1889. in ihren Grundmauern festgestellt hat. Er fand in Scheuren auch Steine mit römischen Inschriften und Grabhügel. Am Wege nach Reckerscheid ist auch die Pflugschar der späteren Besitzer noch häufig auf Reste des alten römischen Mauerwerks gestoßen.
Das gewaltigste römische Bauwerk der Eifel, die berühmte römische Wasserleitung, ein förmliches Wunderwerk der Wasserbaukunst, ebenso genial in der Anlage, wie in der Führung, gelangte nicht in die Nähe des Michaelsberges. Es umzog ihn von Dalbenden bei Nettersheim über Breitenbenden, Weingarten, Palmersheim nach Rheinbach zwar in einer Art weiten Halbkreises, aber der Radius beträgt immer mindestens 10 km.
Über 400 Jahre hatten die Römer ihre Herrschaft bis zum Rhein aufrecht erhalten. Mit der Entthronung des Romulus Augustulus im Jahre 476 brach sie zusammen. Da nahmen die schon lange vom Niederrhein immer stärker vordrängenden Rheinfranken das ganze linke Rheingebiet in Besitz. Als ernsthaften Gegner hatten sie noch die von Süden vorstoßenden Alamannen. Als aber diese im Jahre 496 in mörderischer Schlacht (bei Zülpich?) unterlagen, war den Rheinfranken der neue Besitz dauernd gesichert.
Während in den für die damalige Zeit schon bedeutenden Niederlassungen Köln, Bonn, Coblenz und Trier das junge Christentum noch in römischer Zeit Eingang fand, wenn z. B. in Köln der hl. Maternus schon um das Jahr 313 n. Chr. als erster Bischof vermutet wird, und von Bonn eine uralte Legende berichtet, daß die hl. Helena um 310 dort die erste Kirche gegründet habe, dauerte es in her Eifel und Vordereifel noch mehr als 400 Jahre, bis das Heidentum überall besiegt war. In den westlichsten Teil der Eifel drang die christliche Lehre zuerst ein, als um die Zeit zwischen 647 und 650 der hl. Remaclus, der Apostel der Ardennen, die ersten Klöster Malmedy und Stavelot gründete. Um 698 folgte die Gründung des Klosters des hl. Willibrord zu Echternach am Rande der Südwesteifel. Um 720 entstehen die ersten Anfänge des später weltberühmten Klosters Prüm im Mittelpunkte der Eifel. Erst zwischen 830-836 erhält auch die Vordereifel ihre Klostergründung in dem »Neuen Münster«, in der Folge Stift Münstereifel genannt. Wiederum fast 100 Jahre später folgt um 930 die letzte große Klostergründung der Eifel, das berühmte Steinfeld.
Wie nun und wann von diesen großen Zentren aus die Christianisierung der abgelegenen, schwer zugänglichen und vielfach unwirtlichen Eifeldistrikte erfolgte, darüber fehlen leider alle sicheren Einzelnachrichten. Nur in großen Zügen vermögen wir uns ein wahrscheinliches Bild zu machen. Von dem Kreise Rheinbach kann man mit guten Gründen vermuten, daß sein östlicher, in der Ebene gelegener Teil von dem Cassiusstifte in Bonn in Angriff genommen wurde. Heusgen, Gesch. der Dekanate Meckenheim und Rheinbach, Köln 1926. Aber der westliche gebirgige Teil, insbesondere das weite Gebiet um unseren St. Michaelsberg herum, kann von dem Kloster Prüm aus seine ersten Glaubensboten erhalten haben. Doch darf die weitere Möglichkeit nicht übersehen werden, daß schon der heilige Willibrord (657-739) oder seine Gefährten, deren er zwölf gehabt haben soll, auch bis in diese Gegenden gekommen sein können. Die Aebtissin Irmina, Tochter des Merovingischen Königs Dagobert II., hatte dem hl. Willibrord nicht nur die in Echternach entstandene Klosteranlage geschenkt, sondern ihm auch eine weitere Schenkung in Berg im alten Zülpichgau, jetzt Berg vor Floisdorf im Kreise Schleiden, gemacht. Die Frage, wie weit nun der Heilige mit seinen Gefährten von hier aus auch in der Nordeifel als Glaubensbote gewirkt haben könne, wird demnächst von Bibliothekar Dr. P. Heusgen in Köln eingehend behandelt werden. Manche der um den Michaelsberg gelagerten Ortschaften haben bereits vor der Gründung Prüms existiert. Einige mögen sogar nicht erst in fränkischer Zeit, sondern in ihren ersten Anfängen schon ausgangs der Römerzeit entstanden sein. Von Schönau und Eicherscheid ist dies ziemlich sicher anzunehmen, weil sie an einer römischen Nebenstraße lagen und man in beiden Orten römische Spuren gefunden hat. Das gleiche gilt, wie wir bereits hörten, von Scheuren. Von dem Dorfe Mahlberg, das uns im Hinblick auf den Michaelsberg am meisten interessieren muß, ist mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß es in fränkisch-heidnischer Zeit entstanden ist. Der Name Mahlberg ist aber ursprünglich nicht dem Dorfe, sondern dem hohen, das Dorf überragenden Berge eigen gewesen und erst in christlicher Zeit, als der spätere Michaelsberg kein »Malberg« mehr war, als Dorfname geblieben. Die altdeutschen Wörter » mahal, mahel, mâl« bedeuten Gerichts- oder Opferstätte. Daraus sind auch die spätlateinischen Worte mallobergium und malbergium entstanden. Sie weisen im allgemeinen auf eine Stätte, die durch ihre erhöhte Lage und vielleicht noch durch sonstige Kennzeichen, also irgend ein Mal, sich auszeichnete. Der Michaelsberg konnte schon darum den Namen führen, weil er die höchste isolierte Kuppe der ganzen Vordereifel ist. Vielleicht aber hat er in heidnischer Zeit noch ein sonstiges Mal, die Reste der römischen Warte oder etwa einen riesigen Felsblock auf der Spitze getragen, in dessen Schutze die Opferfeuer lodern konnten. Am nahen Weissensteine lagen ja stets der Riesenblöcke genug. Jedenfalls ist an der Tatsache, daß die heidnischen Franken bis zum Ende des 8. Jahrhunderts auf dem Michaelsberge eine Kultusstätte, eine Gerichts- und Opferstätte hatten, nicht zu zweifeln, auch wenn urkundliche Sicherheit nicht gegeben ist. Ohne Grund erhält sich eine solche Tradition nicht und der heutige Name des Dörfchens Mahlberg am Abhange des Berges ist ein nicht abzuweisender Beweis für die Richtigkeit der Tradition. Genau wie der Godesberg noch in seinem Namen erkennen läßt, daß er einst ein Odins- oder Wodansberg war, der durch die Nachfolger des hl. Bonifatius in einen Michaelsberg verwandelt wurde, so war auch unser Eifler Michaelsberg, wie noch zahlreiche andere Michaelsberge in Deutschland, einstmals ein Odins-, Wodans- oder Donarsberg, bis St. Michael, der Fürst des himmlischen Lichtes, die finsteren Heidengötter überall enttrohnte. Nicht allzuweit vom Fuße des Michaelsberges liegt Odendorf, das in alter heidnischer Zeit von seinen fränkischen Gründern »Odin-Thorp« Heusgen, Gesch. der Dekanate Meckenheim und Rheinbach, Köln 1926. getauft wurde. Auch hier hat sich die Tradition erhalten, daß einst von Odin-Thorp ein direkter Weg auf den Odin-Berg, den heutigen Michaelsberg, ging.
Wann etwa der heidnische Kult auf dem Michaelsberge endete, ist nur annähernd zu vermuten. Als der Abt Regino von Prüm im Jahre 893 ein Register aller Besitzungen der Abtei mit den ihnen anhangenden Dienstbarkeiten und Gerechtsamen aufzeichnen ließ, wird das Dörfchen Mahlberg als »Mahlberhc« genannt. Damals war also dem Berge der Name schon genommen und auf das Dorf übergegangen, was ganz verständlich ist, denn die Besitzungen der Abtei Prüm waren zu dieser Zeit schon länger der christlichen Lehre gewonnen und Heidnisches wurde nicht mehr geduldet. Das Prümer Register kennt auch noch keinen Michaelsberg, aber es nennt dafür eine ganze Anzahl Ortschaften, die schon um den Michaelsberg herumlagen, Wir finden effelesburc = Effelsberg, honespolt = Hospelt, rodenre = Rodert, Eykmesceyt oder Ekinneskeit = Eicherscheid, vor allem aber sconouhe = Schönau. Das Prümer Registerbuch von 893 ist im Originale nicht mehr vorhanden, aber es existiert eine genaue Abschrift mit Kommentar vom Jahre 1222, die der ehemalige Abt Cäsarius von Prüm angefertigt hat. In dieser wird erwähnt, daß Schönau schon eine Kirche hat, über die die Grafen von Vianden und Jülich das Patronat besaßen. Somit gehörten schon um oder vor dem Jahre 1200 Mahlberg mit dem Gebiete des Michaelsberges zur Pfarre Schönau. Wir werden also nach dem oben Gesagten es für wahrscheinlich halten können, daß rund um das Jahr 800 oder nur wenig später der heidnische Kult mit dem letzten Opferfeuer auf dem ehemaligen »Malberge« erloschen ist.
Es wird zunächst interessant sein, über Schönau und Mahlberg den alten Bericht des Abtes Regina nach der Darstellung des Exabtes Cäsarius im Urtext und in der Uebersetzung kennen zu lernen.
Sconouhe sita est non longe a Monasterio, quam tenent comites Viennenses et Juliacenses. Attinet etiam eidem curiae jus patronatus ecclesiae eiusdem villae, quod tenent prädicti comites, vel alter eorum cum decima. Sunt in sconouhe tria mansa et jugera novem. Solvit unusquisque sualem, valentem denarios XII, facit camsilem. Pro hostilicio denarios III, pullos II, ova VIII. Facit jugerem unum, corvadas II, secant foenum et colligunt. Ad annonam quotidie mancipium I, panem et cerevisiam. Facit scaram similiter ut illi de Ivernesheim, linum. Duas XV noctes. Angaria de Ara ad novum Monasterium et de novo Monasterio ad Prumiam. Excutiunt annonam, in orto faciunt lectum unum. Mahlberhc est ibi satis prope, quam tenet comes Juliacensis et nobilis vir Volcoldus de Bure tenet eam ab eo. Invenimus in Mahlberhc Mansa VI et dimidium. Solvit unusquisque de dimidio manso pullos II, ova X, denarios VI, aut facit camsilem medium. Facit jugera duo, corvadas duas, angarias ut illi de sconouhe et scaram. Terra dominicata jugera LXXIX, prata ad carradas VIII, silva ad porcos CCC.
Schönau liegt nicht weit von Münster, das die Grafen von Vianden und Jülich besitzen. Zu diesem Stift (Münstereifel) gehört auch das Patronatsrecht über die Kirche des Dorfes (Schönau), das die genannten Grafen besitzen, oder (abwechselnd) einer von ihnen zugleich mit dem Zehnten. In Schönau liegen 3 Hufen und 9 Morgen. Jeder (Zehntpflichtige) liefert 1 Schwein im Werte von 12 Denaren und macht ein Leintuch. Für die Zwecke der Heerfahrt stellt er drei Denare, zwei Hühner und acht Eier. Er bestellt einen Morgen mit zwei Pflügungen. Das Heu wird gemäht und gesammelt. Zur Ernte stellt jeder täglich eine Hilfskraft, Brot und Bier. Botendienst leistet er ähnlich wie jene von Iversheim und sammelt auch den Flachs. Zweimal fünfzehn Nächte (leistet er Wachdienst). Sie leisten Spanndienste von der Ahr nach Neumünster und von Neumünster nach Prüm. Sie dreschen die Ernte und bestellen im Garten ein Beet. Mahlberg liegt ziemlich nahe dabei. Der Graf von Jülich besitzt es und der edle Herr Volcoldus von Bure (= Buir) hat es von ihm als Lehen. Wir finden in Mühlberg 4½ Hufen. Ein jeder zahlt von der halben Hufe zwei Hühner, zehn Eier und sechs Denare, oder er macht ein halbes Leintuch. Er bestellt zwei Morgen in zwei Pflügungen. Seine Spann- und Botendienste leistet er wie jene von Schönau. Das Herrenland umfaßt 79 Morgen, dazu Wiesen mit 8 Karren (Ertrag) und Wald (mast) für 300 Schweine.
Aus dieser Urkunde ersehen wir vor allem, daß die Kirche von Schönau schon frühzeitig zu dem Stift Münstereifel gehörte, aber sich doch nicht unter den acht Kirchen befand, die von Prüm bei der Gründung des novum Monasterium im Peterstale um das Jahr 830 bis 836 dem Stifte Münstereifel ausdrücklich mit dem betreffenden Zehnten zugewiesen wurden. Cäsarius berichtet auch darüber:
Constat conventum monasterium ab ecclesia Prumensi a primis fundamentis fundatum esse, et eundem conventum a nobis octo matrices ecclesias praeter cum decimis possidere, quarum ecclesia in Rhembac (Rheinbach) una est. Es ist auch durchaus denkbar (vergl. die Ansicht von Reinartz bei Heusgen a. a. O. S. 359), daß die acht Kirchen nicht gleichzeitig, sondern im Laufe der Zeit überwiesen wurden.
Cäsarius fügt dann noch hinzu, daß dem neuen Münster auch noch viele andere Güter überwiesen worden seien. Zu diesen haben alsdann vermutlich auch die oben genannten Besitzungen in Schönau und Mahlberg gehört. Endlich erfahren wir durch eine weitere Urkunde des Prümer Abtes Jodefridus vom Jahre 1266 noch, daß die Namen der acht Mutterkirchen Münster, Kirspenich, Rheinbach, Sahr, Vischel, Weingarten, Wichterich und Wissersheim waren. Schönau aber war eine der frühen Tochterkirchen, und hat auch sicherlich sehr früh den hl. Goar zum Schutzpatron erhalten. Wir wissen, daß das Kloster Prüm unter dem Abte Assuerus noch zu Lebzeiten Pipins eine weitere Schenkung in Gestalt der kleinen Klosterniederlassung erhielt, die sich um die Zelle des im 6. Jahrhundert verstorbenen hl. Einsiedlers Goar gebildet hat. Seitdem waren Münstereifel und St. Goar die vornehmsten Tochterklöster Prüms und ein Teil der Reliquien St. Goars gelangte als Geschenk des Mutterklosters an zwei Kirchen, die in engen Beziehungen zum Stifte Münstereifel standen, an Schönau und an Harzheim.
Die Grafen von Vianden waren Schirmvögte der Abtei Prüm und als solche trugen sie eine größere Anzahl Prüm'scher Besitzungen zu Lehen, ebenso wie die Grafen von Jülich. Die Schirmvogtei ging im Jahre 1264 von Vianden an die Herren von Schönecken über und mit ihr der Besitz von Schönau und Mahlberg. Die Familien Schönecken und Blankenheim waren schon im 12. und 13. Jahrhundert nahe verwandt und verschwägert. Infolge dieser Beziehungen gaben die Herren von Schönecken den Herren von Blankenheim schon frühzeitig (vor 1300) Schönau und Mahlberg als Unterlehen, woraus sich alsdann im Laufe der Jahrhunderte ein regelrechter Besitz entwickelt hat. Im Jahre 1586 sagt Graf Hans Gerhard von Manderscheid-Blankenheim-Gerolstein (1536-1611) in einem Prozesse (Staatsarchiv Koblenz), den er von 1586-88 wegen Schönau und Mahlberg gegen Jülich vor dem kaiserlichen Gerichte in Luxemburg führen mußte, daß seine Vorfahren seit urdenklichen Zeiten diese Güter vom Hause Schönecken zu Lehen getragen hätten.
Die heutige Kirche von Schönau geht in ihrem Kern, besonders mit den unteren Partien des Westturmes auf das 12. Jahrhundert zurück. Große Erneuerungen, Ergänzungen und Erweiterungen haben natürlich wiederholt stattgefunden, besonders im 15. und 19. Jahrhundert. Ob vor dem 12. Jahrhundert eine ältere Kirche die Vorgängerin der späteren gewesen ist, bleibe dahingestellt, wenn auch aus geschichtlichen Gründen und wegen des frühen Patronates St. Goars die Möglichkeit einer solchen Annahme durchaus gegeben sein könnte. Der Name des Dorfes Schönau kommt im Laufe der Jahrhunderte in mancherlei Schreibarten vor. Die ältesten Formen sind sconouhe und sconhoye. Später finden sich sconovise, das latinisierte schenowa und Schonawe. Als Vorgängerin der heutigen Schreibart tritt zuletzt Schönauwe auf.
Die Antwort auf die Frage, von wann ab wir mit genügender Wahrscheinlichkeit die Anfänge der Verehrung auf dem St. Michaelsberge vermuten können, ist nicht ohne Schwierigkeiten. Vor allem darf man nicht in den Fehler fallen anzunehmen, daß als der heidnische Kult um das Jahr 800 verschwand, der Berg nun ohne weiteres in eine Verehrungsstätte St. Michaels umgewandelt worden wäre. Für eine solche Annahme fehlt nicht nur jeder Anhalt, es sprechen sogar gewichtige Gründe dagegen. Daß die Chronik des Abtes Regino vom Jahre 893 noch nichts von dem Michaelsberge berichtet, ist nicht verwunderlich. Eher könnte es zu denken geben, daß der Exabt Cäsarius, der sich in seinem Kommentare vom Jahre 1220 nicht nur im allgemeinen, sondern speziell über die Verhältnisse der Kirche und Pfarre Schönau, über die Besonderheiten von Mahlberg und aller um den Michaelsberg liegender Siedlungen so wohlunterrichtet zeigt, ebenfalls vom Michaelsberge schweigt. Nun wissen wir sehr wohl, daß man bei einem Autor » ex silentio« nicht zuviel schließen soll. Aber im vorliegenden Falle drängen sich doch mancherlei Ueberlegungen auf, die sich zwar zu keinen bestimmten Schlußfolgerungen verdichten sollen, trotzdem sich aber nicht ganz abweisen lassen.
Es gab damals im Besitze des Klosters Prüm noch nicht so viele Kirchen und Kapellen, daß Cäsarius irgend eine und wenn sie die kleinste und primitivste gewesen wäre, hätte übergehen brauchen. Dagegen gab es in Deutschland seit den Zeiten des hl. Bonifatius so zahlreiche Michaelskirchen, daß die Kunde davon allgemein sein mußte. Am Mittelrhein entstand um das Jahr 1064 die Kirche auf dem Michaelsberge zu Siegburg und mindestens ebenfalls schon im 11. Jahrhundert trug die Spitze des Godesberges eine Michaelskapelle. Beide hat Cäsarius ohne Zweifel gekannt, besonders da Siegburg auch ein Benediktinerkloster war. Umsomehr will es verwunderlich erscheinen, daß Cäsarius eine im Jahre 1222 schon existierende Kapelle auf dem Eifelberge im Herzen vieler Prümer Besitzungen nicht genannt haben sollte. Hätte eine Kapelle bestanden, so hätte ihr auch irgend ein Recht angehangen und ein solches hätte das Urbar des Cäsarius geradezu erwähnen müssen. So lange also keine weiteren sicheren Nachrichten sich finden lassen, bleibt es in unserer Frage für das 13. Jahrhundert besser bei einem » non liquet.« Der Beginn des 14. Jahrhunderts aber bietet sicherere Anhaltspunkte.
Seit der Zeit wo Katzfey in seiner verdienstvollen Geschichte von Münstereifel (Köln 1854/55) auch dem Michaelsberge und seiner Geschichte einen kurzen Abschnitt gewidmet hat, begann für alle Autoren die Geschichte des Berges um das Jahr 1500 Clemen-Polaczek, Kunstdenkmäler des Kreises Rheinbach, Düsseldorf 1898. – Becker, Gesch. des Dezernates Münstereifel. Bonn 1900.. Es war ganz in Vergessenheit geraten, daß längst andere Autoren, die im Jahre 1732 ein allerdings sehr bescheidenes Büchlein herausgegeben hatten, sich weit besser unterrichtet gezeigt hatten. Das Büchlein trägt den Titel »Schutz und Schirm des Heiligen Ertz-Engels Michaelis. Zu suchen und zu finden in der von viel hundert Jahren bewehrter Sodalitäts-Andacht auff St. Michaels-Berg bey der Stadt Münster in der Eiffel, unter Direction der P. P. Societatis Jesu, cum Permissu Superiorum.« Es erschien in erster Auflage im Jahre 1732 und ist bei Becker (a. a. O. S. 236) als im Pfarrarchiv von Münstereifel befindlich genannt. Aber gesehen und benutzt hat Becker es sicher nicht, denn er hat sich seinen sehr interessanten und wichtigen Inhalt entgehen lassen. Im übrigen ist das Buch zur Zeit Beckers wahrscheinlich schon nicht mehr im Pfarrarchiv vorhanden gewesen, denn Tille Tille, Uebersicht über die kleineren Archive der Rheinprovinz, Köln 1899. führt es schon nicht mehr auf. Eine Auskunft des Pfarramtes Münstereifel bestätigt, daß auch heute das Buch nicht vorhanden ist. Ein Nachdruck des Büchleins vom Jahre 1761 »Cölln bey Caspar Pohl« befindet sich in der Erzbischöflichen Seminarbibliothek zu Köln. Eine noch etwas spätere dritte Ausgabe »Köln bei J. G. Lumscher« (ohne Jahreszahl) vermutlich um 1780 fand der Verfasser im Jahre 1926 im Besitze einer Münstereifler Familie und erwarb sie für sich. Diese dritte Ausgabe wurde mit der zweiten genau verglichen und, zwar in der Rechtschreibung teilweise verschieden, aber sonst wörtlich übereinstimmend befunden. Von ihr befindet sich in den Akten des Kölner Generalvikariates (Michaelskapelle Pfarre Schönau) ein zweites Exemplar. Weitere Exemplare dieses Büchleins sind bislang nicht zu ermitteln gewesen.
Die Verfasser des Bruderschaftsbüchleins, Jesuiten der Eiflischen Mission, deren Namen Sommervogel Soc. J. Dictionnaire des ouvrages anonymes publ. par des religieux de la Soc J., Paris 1884, enthält die Namen der Verfasser nicht. unbekannt sind, widmeten ihr Werk
»Ihro Hoch-Gräffliche Exzellenz Johann Wilhelm, Grafen zu Manderscheid, Blankenheimb und Gerolstein, Frey-Herrn zu Junkenrath, Cronenburg, Schuler und Heistart, Herrn zu Dhaun, Bettingen und Erpp: des Ertz-Stifts Cöllen Erb-Hofmeisteren, Ihro Churfürstlicher Durchleucht zu Pfalz, Obristen über ein Regiment Dragoner, wie auch
Ihro Hoch-Gräffliche Exzellenz Joanetta, Gräfin zu Manderscheid, Blankenheimb und Gerholstein, Frey-Herrn zu Junkenrath, Frawen zu Dhaun, Bettingen und Erpp, Rottenfeltz und Stauffen«.
Die Gräfin Joanetta war die Mutter des Grafen Joh. Wilhelm.
Die Widmung erfolgte anläßlich der hundertjährigen Wiederkehr des Tages, an dem im Jahre 1632 »Ihro Hoch-Gräffliche Excellenz Carl Graf in Manderscheid, Blankenheim und Gerolstein als berechtigter Herr des Michaelsberges zur Befürderung dieser Bruderschaftsandacht Belieben getragen, der Societät Jesu alles Recht und Verwaltung gemeltes Bergs und Kirchen gnedigst zu überlassen«.
Wir werden uns mit den Nachrichten des Buches im folgenden Abschnitt eingehend zu befassen haben. Vorläufig wollen wir uns den Passus S. 17 herausgreifen, der bestimmte Angaben über die ungefähre Zeit der Entstehung der Eifeler Michaelsverehrung bringt. Er lautet:
»In dieser (wie gleich gemeltet) über die 400 Jahr gestandener Bruderschaft haben sich beym Anfang 1400 einschreiben lassen nahmentlich die Edele Herren und Frawen von Ahr, von Metternich, von Hillesheim und Myrbach, denen von Jahr zu Jahr ohne Unterlaß unzahlbare andere nachgefolget«.
Wollen wir diese Nachricht zunächst einmal wörtlich nehmen, so müßte vom Jahre 1732 zurückgerechnet, die Bruderschaft vom Michaelsberge etwa um die Jahre 1325-1330 entstanden sein. Dann aber ergibt sich die Frage, ob ex juvantibus eine Bestätigung möglich ist. Zu diesem Zwecke liegt es am nächsten festzustellen, ob für die genannten vier adeligen Familien sichere urkundliche Beziehungen zu Münstereifel um das Jahr 1400 nachweisbar sind. Gelingt es, so ergibt sich von selbst ein günstiger Schluß auf die Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der ganzen Nachricht.
Beginnen wir mit dem Geschlechte von Mirbach, das noch heute in einer gräflichen und freiherrlichen Linie besteht und dessen genealogische Verhältnisse leicht bis in das 14. Jahrhundert zurück zu verfolgen sind. Der Ursprung dieser Familie liegt im Dorfe Mirbach, unweit Hillesheim im Kreise Daun. Wir finden der Reihe nach:
Die Nachrichten über die Glieder 1, 2, 4 der Familie Mirbach finden sich bei E. von Mirbach »Die Erlöserkapelle und die Burg Mirbach in der Eifel, Berlin 1903«. Sie werden auch durch anderweitige Urkunden bestätigt. Die Urkunde Nr. 256 des Stiftes St. Andreas Annalen des Historischen Vereins, Heft 76, 1903. in Köln (Pfarrarchiv) vom 28. 9. 1397 besagt: »Auf Wunsch des R.'s Engelbertus Nut de Burgel, Marschalk des Herzogtums Jülich (in einer Urkunde vom 24. 11. 1406 auch Engelbricht Nijt van Birgel genannt) geben die Glehner Schöffen ein Weistum über die vogteiliche Erbfolge. Als Zeugen treten auf 1.) Johann Smeych, Kanonikus von Münstereifel, 2.) Heinzo de Mirbach, Ritter (Armiger). Im Jahre 1403 quittiert Heyntzen von Myrbach Herrn Arnold »Graven zu Blankenheim« über erhaltene Jahrgelder. (Urkunde im Staatsarchiv Koblenz). Endlich schenken nach einer Urkunde vom 4. April 1408 (im Pfarrarchiv zu Münstereifel) Heyntze von Mirbach und seine Ehefrau Ida, offensichtlich kurz vor dem Tode des Heyntze, dem Stift Münstereifel zu einem Jahrgedächtnis für sich und ihre Nachkommen zwei Malter Spelt Jahresrente aus ihrem Hofe zu Freilingen. Die beiden Söhne Heinrich (hier noch der Jonghe genannt) und sein Bruder, Kanonikus in Prüm, siegeln mit.
Das Geschlecht der Herren von Ahre war ursprünglich ein Ministerialengeschlecht im Dienste der Grafen von Are und Hochstaden, die sich ihrerseits von dem Grafen Sigebodo als Ahnherrn ableiteten, der um das Jahr 920 bis 930 das Kloster Steinfeld begründete. Das gräfliche Geschlecht starb im Jahre 1261 mit dem Erzbischof Konrad von Köln, dem letzten Grafen von Are und Hochstaden aus. Es ist bekannt, daß im Mittelalter adelige Dienstmannen sich häufig nach ihrem Herrn benannt haben. Die späteren Herren von Ahre stammen möglicher Weise ab von den Schenken von Are, die im Dienste der Grafen von Are erwähnt werden. Sie saßen später auf einer Burg in Antweiler an der Ahr. (Strambach, Rhein. Antiquarius, III. 10.) In der gleichen Urkunde des Stiftes St. Andreas, die den Ritter Heinzo von Mirbach als zweiten Zeugen nennt, fungiert als dritter Zeuge Johann de Arre, Vogt von Münstereifel. Johann von Ahr oder Aer scheint ein sehr einflußreicher und vermögender Herr gewesen zu sein. Er ist schon vom Jahre 1384 ab urkundlich nachweisbar. Zu dieser Zeit hat er dem in Geldnot befindlichen Grafen Gerhard VII. von Blankenheim (gest. 1406) eine Summe von 500 Mentzer (Mainzer) Goldgulden vorgeschossen, gegen eine Verpfändung der Blankenheim'schen Besitzungen in Schönau. (Staatsarchiv Koblenz.) Im Jahre 1385 werden die Eheleute Johann und Katharina von Ahre außerdem mit der Hälfte eines Bauerngutes in Schönau belehnt. Am 28. VIII. 1407 (Staatsarchiv Düsseldorf) werden Johann van Aer der Aeltere und Johann van Aer der Jüngere als Schöffen von Münstereifel genannt. Im Jahre 1409 quittiert Johann van Aer (Staatsarchiv Koblenz), daß er nichts mehr von dem zu fordern habe, was Graf Gerhard von Blankenheim ihm schuldig gewesen sei. Sein Sohn Johann der Jüngere und sein Enkel Otto von Aer, letzterer ebenfalls Vogt in Münstereifel, kommen noch in Urkunden bis 1425 bezw. 1443 vor (Scheins, urkundl. Beiträge zur Geschichte der Stadt Münstereifel).
Wie wir unten sehen werden, war Katharina von Ahr, die Gemahlin Johanns des Aelteren, eine geborene von Metternich. Ihr Neffe oder sonstiger naher Verwandter Otto von Metternich war am 11. November 1411 Zeuge einer Urkunde des Peter Gillis in Münstereifel. (Jes.-Urkunden, Archiv Düsseldorf.) Im Jahre 1438 sind Johann von Metternich und Otto von Aer Zeugen der Heirat von Elisabeth Gürtzgen, Tochter des adeligen Ehepaares Clais und Hilgen Gürtzgen in Münstereifel, mit dem Ritter Godart Ruymschüttel von Vritzdorp. (Strange, Beiträge zur Genealogie, Heft 10.) Ein Karl von Metternich ist 1440 noch als Burgmann in Münstereifel erwähnt. Im übrigen ist der größte Teil der frühen Metternich'schen Familienurkunden bei dem Brande der Winnenburg bei Cochem, wohin sie zur Sicherheit gegen die Scharen Ludwigs XIV. gebracht worden waren, im Jahre 1689 untergegangen.
Die Herren von Hillesheim entlehnen ihren Namen von der Stadt Hillesheim im Kreise Daun, wo sie ursprünglich begütert waren. Aber über diese Zeit existieren anscheinend keine Nachrichten mehr. Einer der ersten Herrn von Hillesheim war Dietrich, der durch Beerbung eines Verwandten in den Besitz eines Burghauses in Kaltenborn an der Hoheacht im Amte Nürburg kam. (Strange, a. a. O., Heft 10.) Hier haben die von Hillesheim lange gesessen. Aber einzelne Glieder ihrer Familie sind auch in Münstereifel nachweisbar. Wir werden unten einen Clais von Hyllesheim kennen lernen. Die Urkunde Nr. 10 des Pfarrarchivs von Münstereifel, datiert den 31. Oktober 1404 ( up alre hilligen avent) berichtet, daß Heyne von Wilre und seine Ehefrau Gerdruyt dem Frederich von Hyllesheim, Bürger zu Münstereifel, eine Jahresrente von 7½ Malter schulden. Dieser Frederich besaß einen Sohn Otto von Hyllesheim, der spätestens im Jahre 1465 starb, denn am 10. Oktober dieses Jahres ( up sent Gereonis dach ind sijne gesellschaff) schenkt seine Witwe Fya von Hyllesheim dem Glöckneramt zu Münstereifel zu einem Jahresgedächtnis für ihren verstorbenen Gemahl, dessen Eltern und Erben einen Hof zu Antweiler. (Urkunde Nr. 17 des Pfarrarchivs zu Münstereifel.)
Fassen wir alle gebrachten Nachrichten über die vier Geschlechter zusammen, so bilden sie in ihrer Gesamtheit ein mehr als genügendes Zeugnis für die Zuverlässigkeit des von den Jesuiten im Jahre 1732 gegebenen Berichtes. Aber es findet sich noch eine weitere wertvolle Bestätigung in dem Inhalte eines schmalen Bruderschafts-Büchleins in Pergament, das im Staatsarchiv Düsseldorf den Münstereifeler Jesuitenakten Nr. 19 beiliegt. Das Büchlein enthält in seinem ersten Teile ein Namensverzeichnis von ca. 300 verstorbenen Mitgliedern der Michaelsbruderschaft. Die Namen sind in einem Zuge von derselben Hand in der Schrift der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts geschrieben. Vor jedem Namen stehen die Worte » Item vur« (Ebenso für). Das zeigt, daß die ganze Liste aus einem noch älteren Verzeichnisse abgeschrieben ist, um zur Verlesung bei den jährlichen Totenämtern in der St. Michaelskapelle zu dienen. Am interessantesten aber ist, daß an der Spitze der ganzen Liste stehen:
»
Item vur Johan vâ Aer vaet zo mûstereyffel ind syne huysfrauwe
Kathry van meytternich cû p.
Ite clais van Hillesheym cû parentibus.
Itç margrayt van myrbach«.
Das Wort »vaet« hinter Johann van Aer bedeutet Vogt. Wir können aber nun kaum mehr daran zweifeln, daß die Jesuiten wohl unterrichtet waren, als sie den Beginn der St. Michaelsverehrung auf dem Berge in das erste Drittel des 14. Jahrhunderts legten.
Noch erhebt sich eine letzte Frage, was im 14. Jahrhundert den Anstoß zu der Bildung der Michaelsbruderschaft und der Errichtung der frühesten Michaelskapelle gegeben haben könnte. Von der Legende über den frühesten Kirchenbau wollen wir ganz absehen. Auch auf das Beispiel des hl. Bonifatius und seiner Nachfolger zurückzugreifen, geht nicht wohl an, da seit der Zeit, wo Wodans und Donars Heiligtümer auf Bergeshöhen in St. Michaelsheiligtümer verwandelt wurden, etwa 500 Jahre dahin gegangen waren. Aber an andere Einflußmöglichkeiten könnte man denken, an die große Bedeutung, die St. Michaels Verehrung in Italien durch das Heiligtum auf dem Berge Gargano und in Frankreich durch das Heiligtum auf der Felseninsel St. Michel an der normannischen Küste gewonnen hatte. Die Höhlenkirche auf dem Berge Gargano, nach der Legende von St. Michael selbst erbaut und von ihm zu seinem Heiligtums bestimmt, war im Mittelalter weltberühmt. Seit drei deutsche Kaiser, Otto III. im Jahre 999, Heinrich II. im Jahre 1021 und Lothar II. im Jahre 1137 zu ihr gewallfahrtet waren, war sie auch in Deutschland in aller Munde. Eine ähnliche Berühmtheit genoß das St. Michaelsheiligtum in der Normandie, im Mittelalter, » St. Michael in periculo maris« genannt. Auch die Pilger, die von diesem Heiligtume zurückkehrten, haben in Deutschland überall seinen Ruhm verkündet. Von diesen beiden Zentren der Michaelsverehrung konnte der Einfluß selbst bis in die entlegene Eifel strahlen, besonders nachdem auf dem nahen Godesberge eine Stätte der Michaelsverehrung entstanden war und Anno II. Erzbischof von Köln an die Stelle einer Raubritterburg seine Michaelskirche auf den Siegburger Berg gesetzt hatte. Diese Annahme erhält eine Stütze darin, daß die Münstereifeler Jesuiten in ihren Jahresberichten ( Litterae annuae Kölner Stadtarchiv) an vier verschiedenen Stellen in den Jahren 1739, 1741, 1751, 1759, den St. Michaelsberg »unseren heiligen Garganusberg« nennen.
Für die Zeit des 15. Jahrhunderts stehen uns wiederum nur recht wenige Nachrichten zur Verfügung. Sicher wissen wir nur das eine, daß laut Zeugnis der Jesuiten von 1732 die Bruderschaft auf dem Michaelsberge und mit ihr die Verehrung des Erzengels von Jahr zu Jahr einen immer größeren Aufschwung genommen hat. Wenn ausdrücklich festgestellt ist, daß »unzahlbare« edle Herren und Frauen ständig der Bruderschaft beigetreten sind, so ist es ganz selbstverständlich, daß die Zahl der bürgerlichen und bäuerlichen Mitglieder eine noch viel größere war. Aber Ereignisse von größerer Bedeutung sind anscheinend nicht zu verzeichnen gewesen, sonst hätten die Jesuiten ihre nachträgliche Kenntnis davon ihren übrigen Berichten angeschlossen.
Dagegen findet sich in einer anderen Quelle eine Nachricht aus dem Jahre 1402, die deshalb zu erwähnen ist, weil sie zeigt, daß damals der St. Michaelsberg für die Bewohnerschaft von Münstereifel in Zeiten der Not nicht als einziges Ziel bei Bittprozessionen in Frage kam. Es handelt sich um den Bericht des Tilmann Pluntsch in seiner Münstereifeler Chronik vom Jahre 1448. Pluntsch oder Pluyntsch war Kanonikus in Münstereifel und stammte aus Euskirchen. Seine Chronik (Floß, Annalen des Historischen Vereins, Heft Nr. 15, 1864), die sich als Papierhandschrift Nr. 50 in der Stadtbibliothek zu Luxemburg befindet, zählt in knappem referierenden Tone eine Menge von Ereignissen auf, wie sie dem Verfasser von nah und fern zur Kenntnis kamen. Sie entfallen alle auf die Zeit von 1270-1448 und berücksichtigen in Münstereifel selbst eine Anzahl von Hochwasser-Katastrophen der Erft. Von dem Jahre 1402 heißt es wörtlich: » Anno domini MCCCCII up sent Barnabas dach (11. Juni) was eyn grois gewesser bynnen munster in eyffel dat wail IIII off V gueder huyser bynnen munster wech vorte. Ind nei qeyn stech noch bruck bleiff stain dan eyne. darumb die herren van deme cloister ind die Burgere zwae bijdvart geyngen sere syneclichen zoe wijngarden ind zoe Sweynhem.«
Damals also erhielten die Kirche zu Weingarten und das Kloster zu Schweinheim den Vorzug vor dem Michaelsberg, was umso auffälliger ist, als gerade der Aufschwung der Bruderschaft durch den Eintritt der adeligen Herren und Damen genau in die gleiche Zeit fiel. In Weingarten wurde wie noch heute das hl. Kreuz verehrt. Das im 18. Jahrhundert verschwundene adelige Nonnenkloster Schweinheim war im Jahre 1238 mit nachträglicher Bewilligung des Erzbischofes Konrad von Hochstaden von dem Ritter Gottfried von Tomberg gestiftet worden. Es führte den Namen » Porta coeli« und rühmte sich des Besitzes von Reliquien der »Unschuldigen Kinder«. Sowohl Weingarten wie Schweinheim standen in engen Beziehungen zum Stift Münstereifel. Weingarten war eine der acht überwiesenen Mutterkirchen und Schweinheim hatte Güter des Stiftes zu Lehen. Pluntsch erwähnt auch die noch viel größere Wasser-Katastrophe (»Himmelsbors«) von 1416. Damals scheint aber keine Bittfahrt nach auswärts gemacht worden zu sein.
Als das 15. Jahrhundert zu Ende ging, muß die erste Kapelle auf dem Michaelsberge entweder räumlich nicht mehr genügt haben, oder hatte in ihrer exponierten Lage schon so gelitten, daß sie ersetzt werden mußte. Um diese Zeit hat das Haus Manderscheid-Blankenheim-Gerolstein die zweite Kapelle erbaut, von der heute noch so viele Teile erhalten sind, daß aus ihrer Architektur Clemen-Polaczek, a. o. O. auf die Entstehungszeit kurz nach dem Jahre 1500 geschlossen werden konnte. Der eigentliche Stifter der Kirche ist zwar bislang noch nirgendwo genannt worden, aber man kann m. E. doch mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit auf ihn schließen. Das Haus Manderscheid Dronke, Die Eifel, Köln 1899 und Becker, Gesch. des Decanates Blankenheim, Köln 1893 Schannat-Bärsch, Eiflia illustr. Köln 1824 ff. wurde schon zu Lebzeiten des Grafen Dietrich III., der 1489 starb, in drei Linien gespalten. Es bildeten sich:
1. die Linie Manderscheid-Blankenheim-Schleiden unter Dietrich's ältestem Sohne Cuno (geb. 1444), der aber schon 1489 starb,
2. die Linie Manderscheid-Blankenheim zu Blankenheim unter dem zweiten Sohne Johann I. (1446-1524),
3. die Linie Manderscheid-Kail unter Wilhelm (1447-1502).
Die Linien 1 und 3 (Schleiden und Kail) kommen für den St. Michaelsberg nicht in Betracht. Wilhelm war wegen Unbotmäßigkeit gegen seinen Vater teilweise enterbt und die ihm überlassene Herrschaft Kail unbedeutend. Der Erbe der Linie Schleiden, Cuno's zweiter Sohn Dietrich IV. (1481-1551), war der Reformation zugeneigt. Als der wahrscheinliche Erbauer kommt somit nur Johann I. zu Blankenheim in Betracht. Er war ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt und schon im Jahre 1459, also mit 14 Jahren, Domherr zu Köln. Jedoch trat er, ohne die höheren Weihen erhalten zu haben, wieder aus und heiratete später Margarete von der Mark-Aremberg, die ihm 18 Kinder schenkte. Graf Johann und seine Frau zeichneten sich durch besondere Frömmigkeit aus. Im Jahre 1496 wurden sie Mitglieder der Hospital-Bruderschaft vom hl. Geiste in »Saxia de Roma«. So hieß die alte angelsächsische Niederlassung in Rom, die 1471 von Papst Sixtus IV. wieder aufgebaut wurde. Im Jahre 1516 traten sie der Bruderschaft des hl. Hubertus in St. Hubert in den Ardennen bei. (Staatsarchiv Koblenz.) Von ihren Kindern widmeten sich 3 Söhne und 5 Töchter dem geistlichen Stande. Einer der drei Söhne, Eberhard (1485-1559), kam als Domherr von Trier, Lüttich und Köln zu hohem Ansehen, selbst am Hofe Kaiser Karl's V. Das gräfliche Ehepaar erbaute in Blankenheim im Jahre 1505 eine neue Kirche, obwohl kein Bedürfnis dafür vorlag, da das damals nur 14 Häuser zählende Blankenheim stets zu der nahen Pfarre Blankenheimerdorf gehörte, die schon im 13. Jahrhundert errichtet war. Ebenso stifteten sie in Blankenheim ein Hospital. Der Karthäuser-Abtei St. Alban bei Trier (gegr. 1335) machten sie reiche Zuwendungen u. a. durch Schenkung des Blankenheimer Hofes in Odendorf im Jahre 1481. (Heusgen, a. a. O. S. 316). Sie betätigten sich auch noch in vielen anderen frommen Werken, daher hat also der Neubau der Kapelle auf dem Michaelsberge ihrem frommen Sinn durchaus entsprochen.
Auch für das 16. Jahrhundert fließen die weiteren Nachrichten dürftig. Eine der wichtigsten vermittelt uns Katzfey (a. a. O.) durch die Angabe, daß er selbst noch ein Missale gesehen habe, das für den Gottesdienst auf dem Berge handschriftlich verfaßt und im Jahre 1556 begonnen war. Um diese Zeit muß also schon in regelmäßigen Zwischenräumen das hl. Meßopfer in der Kapelle gefeiert worden sein. Das Missale ist leider nicht mehr vorhanden und wahrscheinlich bei dem Brande im Jahre 1836 vernichtet worden.
Ebenso wichtig ist der Vorgang, wie Schönau, Mahlberg und der St. Michaelsberg an die gräfliche Linie Manderscheid-Gerolstein und nicht an Manderscheid-Blankenheim kamen. (Staatsarchiv Koblenz.)
Nach dem Tode Johanns I., des Erbauers der zweiten Michaelskapelle, konnten sich seine Söhne Gerhard und Arnold über die Teilung des väterlichen Erbes nicht einigen. Ueber 20 Jahre dauerte der Streit, wie es scheint, hauptsächlich durch Unzugänglichkeit Arnolds. Endlich gelang es dem schon erwähnten älteren Bruder Eberhard, der damals Archidiaconus in Lüttich war, eine Einigung herbeizuführen nach langen Vorverhandlungen, die zu Münstereifel am Tage nach dem Sonntag Oculi 1545 und am 20. November 1545 in Düsseldorf geführt wurden. Von dem Teilungsvertrage, der dann endlich am 2. Mai 1548 mit Bewilligung des Herzogs Wilhelm von Jülich zustande kam, befindet sich eine Abschrift im Koblenzer Staatsarchiv. Gerhard, der sich von jetzt ab Graf von Manderscheid-Blankenheim zu Gerolstein nannte, erhielt in der Hauptsache alle damaligen Besitzungen in den heutigen Kreisen Daun und Bitburg. Arnold von Manderscheid-Blankenheim zu Blankenheim fielen diejenigen in den heutigen Kreisen Schleiden und Rheinbach zu. Er ergibt sich aber die auffällige Tatsache, daß der Gerolsteiner Graf sich ausdrücklich im Rheinbacher Gebiet Rodert, Schönau und Mahlberg vorbehielt, samt dem Kirchenpräsentationsrecht in Schönau. Was könnte ihn zu der Bildung dieser kleinen, entfernten, ganz von Blankenheimischem Gebiete umschlossenen Enklave bewogen haben? So nahe die Vermutung liegt, daß es der zugehörige Michaelsberg gewesen sein könnte, ich gestehe, daß ich bislang noch nicht den geringsten urkundlichen Anhaltspunkt dafür gefunden habe.
Für die Zeit vom Jahre 1600 ab übernimmt nunmehr das Jesuitenbüchlein »Schutz und Schirm etc.« die Rolle des gewissenhaften Chronisten. Es berichtet, daß seit langer Zeit eine jährliche Prozession von Münstereifel zum Michaelsberge gebräuchlich gewesen sei und daß im Jahre 1607 »die ganze hochlöbliche Clerisei, Bürgermeister und Rat, samt aller Bürgerschaft, sich einhellig aufgemacht und den Prozessionsgang angetreten haben.« Sodann haben die Teilnehmer mit einem Gelübde feierlich bestätigt, daß die Prozession auch weiterhin alle Jahre stattfinden solle. Die Auswirkung dieses Gelübdes zeigt sich schon im Jahre 1611, wo sich »die ganze Stadt Münstereifel, Mann und Frau, Söhne und Töchter, Knechte und Mägde einträchtig ihrem Schutz- und Schirmherrn, dem hl. Erzengel Michael ergeben und in die Bruderschaft haben einverleiben lassen«. Als, wie schon oben erwähnt, im Jahre 1632 Graf Karl den Jesuiten den Michaelsberg übertrug, »ist darauf das ganze Hochgräfliche Haus, alle Herren Grafen und Frauen Gräfinnen, sechs an der Zahl, zugleich in diese Erz-Englische Bruderschaft eingetreten. Und diesem Exempel zu folgen, haben sich unverweilet Ihro Durchleucht Philippus Fürst von Aremberg Geb. 1587. Regierender Fürst von 1611-1640., Herzog von Archott, selbiger Zeit Sodalibus beigefügt«. Aber auch damit ist der Höhepunkt noch nicht erreicht. Die Teilnahme von weit und breit wurde so allgemein, daß schließlich die Jesuiten mit freudiger Genugtuung berichten konnten:
»Endlich ist das Aufnehmen in die Sodalität so weit kommen, daß in benachbarten Grafschaften, Herrlichkeiten, Aemtern, Städt und Kirspelen unter der Geistlichkeit kein Prälat, kein Dechant, kein Pfarrherr, unter der Ritterschaft kein Amt- noch Edelmann, weder Amt- noch Edelfrau, unter nachgesetzten Amtsverwaltern kein Vogt, kein Schultheis, kein Kelner, kein Rentmeister, samt deren Ehe-Gattungen im Land zu finden gewesen, so sich nicht als Glieder dieser Sodalität zu sein beworben hatten: daß zuweilen in einem Jahre 1200 und mehrere sich haben einschreiben lassen.«
Diesem Bericht der Jesuiten schließen sich die ebenso wertvollen Berichte des Münstereifeler Stadtschreibers Math. Hörstgen, an, die dieser in dem oben genannten Bruderschaftsbüchlein des Düsseldorfer Staatsarchivs aufgezeichnet hat. Hörstgen war ein frommer und eifriger Teilnehmer an den Prozessionen von 1611 bis 1630. Am ausführlichsten berichtet er über die Jahre 1611 bis 1614 und vergißt auch nie die eingekommenen Opfergaben der Pilger (meist 4-6 Gulden) zu verzeichnen. Die Prozessionen wurden einmal im Jahre gehalten und zwar im Sommer, z. B. am 6. Juni, 12. Juli, 10. Juni oder 13. Juni. Der Dekan und das Kapitel des Stiftes beteiligten sich regelmäßig, ebenso die Kapuziner vom Jahre 1619 ab, nachdem sie sich im Jahre 1618 in Münstereifel niedergelassen hatten. In Scheins, Urkunden etc., S. 195, findet sich folgender hübsche Bericht des Münstereifeler Hospitalmeisters vom Jahre 1619-20: »Item alss den 19. May die general prozession von hienauss zue St. Michaelis capellen gehalten und die Herren Capucini derselben beygewohntt, so hab denselben präsentiert 1 f. Wein, die quart ad 8 albus: 1 gulden 8 albus.«
Im Jahre 1626 wird auch zum ersten Male die Teilnahme der Jesuiten (P. Henricus Rhincop mit seinen Schülern) erwähnt. Im Jahre 1629 findet, wie es scheint zum ersten Male, die Prozession am 8. Mai, dem Feste Michaels-Erscheinung, statt. Da aber am 17. August 1629 in Münstereifel die Pest ausbrach, fand am 5. Oktober noch eine zweite Bittprozession zur Abwendung der Pestgefahr statt. Auch 1630 fanden im März und am 16. Mai Pestprozessionen statt. In der Umgebung der Stadt scheint aber die Pest schon früher geherrscht zu haben, denn am 29. Mai 1629 unternahm die edle Frau Christina Spieß von Büllesheim geb. Krümmel von Nechtersheim, Frau und Erbvogtin von Satzvey, für sich und ihren Eheherrn Wilhelm Spieß von Büllesheim, Herrn und Erbvogt von Satzvey, mit ihren zwei Söhnen und einer Anzahl Untertanen und mit Zuziehung von 2 P. P. Kapuzinern eine besondere Wallfahrt auf den Michaelsberg zur Abwendung der Pest.
Vom Jahre 1617 ist noch eine interessante Verpfändung der gesamten Herrschaftsgüter in Schönau und Mahlberg an einen anscheinend sehr reichen Münstereifeler Bürger zu erwähnen. In den Manderscheid-Blankenheim'schen Akten des Staatsarchivs Düsseldorf berichtet die Urkunde 66 vom 6. April 1617: »Carl Graf zu Manderscheid-Blankenheim, Herr zu Gerolstein und dessen Gemahlin Anna Salome geb. Gräfin zu Schleiden-Virneburg, verpfänden ihre großen und kleinen Zehnten zu Schönau und Mahlberg samt zugehörigen Hofgütern und Gefällen den Eheleuten Johann und Susanna Hilgers zu Münstereifel für 1000 Königs- oder Philippstaler und 1500 Reichstaler iure antichreseos, d. h. mit Benutzung des Pfandes statt Zinszahlung.«
Die genannte Summe scheint also für die damalige Zeit eine sehr hohe. Aber wir erfahren aus der alten Abschrift eines Weistums vom Jahre 1507, »uff godesdach negst nach dem Sonndach quasimodogeniti«, daß Johann Schoenmacher, Scholtis zu Blankenheim und Weinandt Scholtis zu Schönau, »von wegen des wolgeborenen Junkherrn Johanns Grefen zu Blankenheim« zu Schönau »gesessen« und »geweisst« haben und dabei 22 Blankenheimische Lehen zu Schönau und Mahlberg »geweisst« haben. Deshalb war also die genannte große Pfandsumme doch angemessen. In einer Urkunde vom 18. April 1548 sind auch die Namen dieser Lehen und die Höhe ihrer Abgaben aufgeführt, aber durch die schlechte Erhaltung der Urkunde nur noch zu einem geringen Teile zu entziffern.
Da der Graf Carl von Manderscheid-Gerolstein (1574-1649) oben schon mehrmals erwähnt werden mußte, insbesondere als Schenker des Michaelsberges, so will ich ausdrücklich darauf hinweisen, daß bisher immer der Graf Johann Arnold von Blankenheim (1605-1644) fälschlich als Schenker genannt worden ist. Seitdem dem verstorbenen Pfarrer Johannes Becker, dem verdienstvollen Herausgeber der beiden Dekanatsgeschichten der Dekanate Blankenheim und Münstereifel, als erstem dieser Irrtum unterlaufen war, ist er in alle späteren Veröffentlichungen übergegangen, z. B. in Hürten, Geschichte der Stadt Münstereifel, in die Festschrift Zur Dreihundertjahrfeier des St. Michael-Gymnasiums zu Münstereifel und in Schüller, Die Wallfahrt auf den Michaelsberg zur Jesuitenzeit (Bonner Zeitschrift für Theologie und Seelsorge 1926).