James Fenimore Cooper
Die Monikins
James Fenimore Cooper

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Dreizehntes Kapitel.

Kapitel der Vorkehrungen, – Charakter-Unterscheidung, – enges Anpassen, nebst andern Convenienzen und einigem Urtheil.

Ich gehe leicht über die Begebenheiten des folgenden Monats hinweg. Während dieser Zeit ward die ganze Gesellschaft nach England übergesiedelt; ein geeignetes Schiff war gekauft und ausgerüstet worden, die Fremdlinge befanden sich im Besitz ihrer Kabinete, und ich hatte alle Anordnungen zu einer zweijährigen Abwesenheit von London getroffen. Das Fahrzeug war ein stark gebautes, bequemes Schiff, von etwa 300 Tonnen, und war gehörig eingerichtet, um dem Eis zu begegnen. Seine Bequemlichkeiten waren so, daß sie Monikins- und menschliche Bedürfnisse befriedigten, indem die Zimmer der Damen gehörig von denen der Herren getrennt waren, und ausserdem schön und bequem ausgerüstet worden. Dame Chatterissa nannte sehr artig ihr besondres Zimmer das Gynäceum, welches, wie ich später erfuhr, ein aus dem Griechischen hergeleitetes Wort für Frauengemach war; die Monikins sind nämlich ganz so eifrig, wie wir selbst, ihre Fortschritte durch aus fremden Sprachen hergenommenen Wörter zu zeigen.

Noah bewies große Sorgfalt in der Auswahl seiner Schiffsmannschaft, da der Dienst als beschwerlich anerkannt war, und große Verantwortlichkeit auf sich hatte. Zu diesem Zweck machte er ganz besonders eine Reise nach Liverpool (das Schiff lag in Grönland-Dock in London), wo er so glücklich war, fünf Yankee zu werben, eben so viele Engländer, zwei Norweger und einen Schweden, die alle gewohnt waren, so nahe den Polen zu steuern, als nur immer gewöhnliche Menschen sie erreichen können. Er war auch gut versehen mit Koch und Untersteuerleuten; aber ich bemerkte, daß es ihm schwer fiel, einen Schiffsjungen nach seinem Sinn zu finden. Mehr als zwanzig Bewerber wurden zurückgewiesen; der eine wegen Mangels der einen Eigenschaft, der andre wegen etwas anderm. Da ich bei einigen Prüfungen der verschiedenen Kandidaten zu diesem Amt zugegen war, bekam ich einige Einsicht in seine Weise, ihre verschiedenen Verdienste zu erproben.

Das unabänderliche Verfahren war, erst eine Flasche Rum und einen Krug Wasser vor den Jungen zu stellen, und ihn seine Hand in Mischung eines Glases Grog versuchen zu lassen. Vier Bewerber wurden ohne Weiteres verabschiedet, weil sie eine natürliche Unfähigkeit zeigten, das juste milieu in diesem wichtigen Stück des Schiffsdienstes zu treffen. Die meisten Kandidaten waren jedoch ziemlich erfahren in der Kunst, und der Kapitain ging bald zum zweiten Erforderniß über, welches war: Sir in einem Ton zu sagen, wie Noah sich ausdrückte, »etwas zwischen dem Zuschnappen einer Stahlfalle und dem bittendem Winseln eines Bettlers.« Vierzehn wurden wegen Mängel hierin abgewiesen, und der Kapitain bemerkte, die meisten von ihnen wären die schrecklichsten Strohköpfe, auf die er jemals getroffen. Als er endlich einen gefunden hatte, der einen Becher Grog mischen und Sir nach seinem Gefallen antworten konnte, machte er Experimente über ihre Geschicklichkeit, eine Suppenschüssel über ein schwankendes Brett zu tragen, Teller ohne ein Handtuch abzuwischen, und ohne dabei ihre Hemdärmel zu gebrauchen, Lichter mit den Fingern zu putzen, ein weiches Bett mit wenig Materialien ausser Brettern zu machen, die verschiedenen Compositionen Burgu, Lobskou und Dough zu verfertigen (das letztre sprach er affektirt Duff aus), Schweine mit Rindsknochen und Enten mit dem Kehricht des Verdecks zu mästen, Essenz anzusehen, ohne ihre Lippen zu lecken, und in verschiedenen ähnlichen Fertigkeiten, welche den Kindern von Stonington, wie er behauptete, eben so geläufig wären, als ihre Gesangbücher und die zehen Gebote. Der neunzehnte Bewerber schien in meinen ungeübten Augen vollkommen; aber Noah verwarf ihn wegen Mangel einer Eigenschaft, die, behauptete er, unerläßlich wäre zur Ruhe des Schiffs; es schien, er war zu knochig an einem wesentlichen Theil seines Baues, ein Umstand, der für einen Kapitain sehr gefährlich wäre, da er selbst einst so unglücklich gewesen, seine große Zehe zu verrenken, indem er einem dieser unglücklich gebildeten Jungen mit unvorsätzlicher Gewalt einen Tritt habe geben wollen, was einem Mann in Eile gar leicht begegnen könnte. Glücklicher Weise ging Nummer zwanzig durch, und bekam alsbald die erledigte Stelle; gleich den nächsten Tag ging das Schiff in sehr gutem Stande und mit aller Aussicht auf eine glückliche Reise in See.

Ich will hier noch bemerken, daß eine allgemeine Parlamentswahl die Woche, bevor wir absegelten, Statt fand; so eilte ich nach House-Holder, und ließ mich erwählen, um die Interessen derer vertreten zu können, die ein natürliches Recht auf diese kleine Gunst von mir zu haben schienen.

Wir entließen den Lootsen, als wir die Scilly-Inseln hinter uns hatten, und Herr Poke übernahm in allem Ernst den Befehl über das Schiff. So lange wir den Kanal hinunterfuhren, hatte er wenig mehr gethan, als in der Kajütte herumzustöbern, die Schlösser zu untersuchen, und seinen Fuß mit der anatomischen Beschaffenheit des armen Bob bekannt zu machen, (so hieß der Schiffsjunge) der nach des Kapitains langer Praxis zu urtheilen, ausserordentlich gut für seine Stelle wenigstens als Trittaushalter sein mußte. Aber als der letzte Anhaltspunkt mit dem Land durch des Lootsen Abgang gelös't war, kam unser Schiffer in seiner wahren Gestalt hervor, und zeigte, aus welchem Stoff er wirklich bestand. Das erste, was er that, war eine Schlinge an jede Segelstange, Bogenlinie und Brüstung im Schiff machen zu lassen; er schimpfte dann beide Untersteurer recht aus, um ihnen zu zeigen, (wie er mir nachher im Vertrauen sagte) daß er Kapitain seines Schiffs sei, und gab dem Volke zu verstehen, er liebe nicht zwei Mal über dieselbe Sache und bei derselben Gelegenheit zu sprechen, dieses Vorrecht überlasse er gern den Congreß-Mitgliedern und Weibern; – dann schien er zufrieden mit sich und allen um ihn.

Eine Woche, nachdem wir abgereist, wagte ich Kapitain Poke zu fragen, ob es nicht passend wäre, eine Beobachtung anzustellen und durch ein oder das andre Mittel in Erfahrung zu bringen, wo das Schiff eigentlich wäre. Noah behandelte diese Idee mit großer Verachtung; er könne gar keinen Nutzen dabei sehen, ohne Noth die Quadranten vorzunehmen; unser Lauf wäre südlich, das wüßten wir, denn wir wollten ja nach dem Südpol; alles, was wir zu thun hätten, wäre Amerika rechts und Afrika links zu lassen; freilich müßte man etwas auf die Passatwinde dann und wann sehen, aber er und das Schiff würden bald damit bekannt werden, und dann würde alles wie ein Uhrwerk gehen. Einige Tage nach diesem Gespräch war ich auf dem Verdeck, gerade als es Tag ward und zu meinem Erstaunen rief der Kapitain, der in seiner Hangematte lag, dem Steuermann durch das Verdeckloch zu, ihn genau wissen zu lassen, wie das Land läge. Keiner hatte bis jetzt irgend Land gesehen, aber bei dieser Aufforderung sahen wir uns um, und allerdings eine Insel war dunkel sichtbar in Osten. Ihre Lage nach dem Kompas ward alsbald dem Kapitain mitgetheilt, der damit wohl zufrieden schien. Nachdem er dem Offizier auf dem Verdeck auf's Neue anempfohlen hatte, Sorge zu tragen und Afrika links zu lassen, drehte er sich im Bette herum, um sein Schläfchen fortzusetzen.

Ich erfuhr später von den Untersteuerleuten, daß wir gar hübsch auf die Strömung gekommen und herrlich voranrückten; obgleich es ihnen ein eben so großes Geheimniß als mir war, wie der Kapitain wissen konnte wo das Schiff war, denn er hatte, seit wir England verlassen, seinen Quadranten nicht angerührt, ausser um ihn mit einem seidnen Tuch abzuwischen. Etwa vierzehn Tage, nachdem wir Cap Verde passirt, kam Noah in großer Wuth auf's Verdeck, und begann über den Steuermann und den Mann am Rad zu schimpfen, daß sie das Schiff nicht in seinem Lauf hielten. Hierauf antwortete klug der erstre, daß der einzige Befehl, den er seit vierzehn Tagen erhalten, wäre, es südlich laufen zu lassen, die Umstände mitbegriffen; und jetzt eben laufe es so. Hierauf gab Noah dem Schiffsjungen, der gerade vorbeiging, eine ziemliche Application a posteriori, und schwur, der Kompas wär' eben ein solcher Thor als der Steuermann, das Schiff wäre um zwei Knoten aus seiner Richtung. Süden wäre hierherum nicht dort, er wisse am Anfühlen des Winds, daß er nichts Nördliches hätte, wir bekämen ihn von der Seite, statt von der Spitze, wir liefen nach Rio, statt nach Springhoch, und wenn wir je an den letztern Ort wollten, müßten wir eine gute Tau-Länge weg. Der Steuermann zu meinem Erstaunen beruhigte sich plötzlich, und brachte alsbald das Schiff in den Wind. Er sagte mir später in einem Lispeln, der zweite Steuermann hätte einige Harpune scharf gemacht, und unwillkührlich sie zu nahe bei dem Compas-Gehäuse gelassen, wirklich sei der Magnet von ihnen angezogen worden, und habe so den Mann am Rad und ihn getäuscht, und zwar um volle zwanzig Grade über die wahren Punkte des Compasses. Ich muß gestehen, diese kleinen Vorfälle ermuthigten mich sehr, und ließen keine Zweifel über unsre wirkliche und glückliche Ankunft, wenigstens bis zur Eisgrenze, die die Menschen- von der Monikins-Region trennt. Dieß Gefühl der Sicherheit benutzend, fing ich wieder die Unterredung mit den Fremdlingen an, die durch die neuen und unangenehmen Umstände des Seelebens theilweise unterbrochen worden war.

Lady Chatterissa und ihre Gefährtin, wie dieß meistens bei Frauenzimmern auf der See gewöhnlich ist, verließen selten das Gynäceum, aber als wir dem Aequator nahe kamen, verbrachten der Philosoph und junge Pair ihre meiste Zeit auf dem Verdeck oder in der Höhe. Doktor Raisono und ich brachten die Hälfte der milden Nächte im Gespräche über Gegenstände zu, die mit meinen künftigen Reisen zusammenhingen, und sobald wir im Klaren über Regen, Donner und Blitz dieser ruhigen Breitegrade waren, fing Kapitain Poke, Bob und ich das Studium der Sprache von Springhoch an. Der Schiffsjunge wurde dabei zugelassen, da Noah bemerkte, wir würden es passend finden, ihn mit an's Ufer zu nehmen; ich hatte nämlich, meine Bestimmung zu verbergen, keinen Bedienten mitgenommen. Zum Glück für uns, hatte der Monikin'sche Scharfsinn das Erlernen sehr erleichtert. Die ganze Sprache wurde nach einem Decimalsystem geschrieben und gesprochen, was sie sehr leicht machte, wenn man erst die Elemente erlernt hatte. So, ungleich den meisten menschlichen Sprachen, wo die Regel gewöhnlich die Ausnahme ist, wurde keine Abweichung von ihren Gesetzen bei Strafe des Prangers erlaubt. Diese Vorkehrung, versicherte der Kapitain, wär' die beste Regel von allen, und sparte viele Mühe; denn, wie er aus Erfahrung wisse, könne man vollkommner Meister der Sprache in Stonington sein, und dann für seine Mühe in Neu-York ausgelacht werden. Die Kürze der Sprache wäre ein zweiter großer Vortheil, obwohl, gleich allen andern erhabenen Vorzügen und überschwenglichen Gütern, sie der nächste Nachbar eines ebenso großen Uebelstandes wäre. So, wie Mylord Chatterino sehr gefällig erklärte, heißt wi-witsch-it-mi-cum – »Madam, ich liebe Sie von der Krone meines Hauptes bis zur Spitze meines Schweifs; und da ich keine andre halb so sehr liebe, würde es mich zum glücklichsten Monikin auf der Erde machen, wenn Sie mein Weib werden wollten; damit wir Muster häuslichen Glücks vor aller Augen sein möchten von nun an bis in Ewigkeit.« Kurz es wäre die gewöhnliche und feierlichste Formel der Brautwerbung, und nach den Gesetzen des Landes für den Bittenden bindend, bis er eben so förmlich vom andern Theil abgewiesen worden. Aber unglücklicher Weise bedeutet eine andre Redensart: wi-switch-it-mi-cum. »Madam, ich liebe Sie von der Krone meines Hauptes bis zur Spitze meines Schweifes, und wenn ich nicht schon eine andre liebte, würde es mich zum glücklichsten Monikin auf der Erde machen, wenn Sie mein Weib werden wollten, damit wir Muster des häuslichen Glücks sein möchten, von nun an bis in Ewigkeit.« Nun verursachte aber diese feine und für's Ohr und Aug unmerkliche Unterscheidung viel Herzbrechen und Täuschung unter dem jungen Volk von Springhoch. Mehrere ernsthafte Prozesse waren daraus entstanden, und zwei große politische Partheien hatten durch den Mißgriff eines jungen Monikins von Stande ihren Ursprung erhalten, blos weil dieser lispelte und das verhängnißvolle Wort unrecht gebrauchte. Dieser Zwist war jedoch jetzt glücklich beigelegt, nachdem er nur ein Jahrhundert gedauert hatte; aber es mochte weise sein, da wir alle drei Junggesellen waren, uns den Unterschied zu bemerken. Kapitain Poke sagte, er übrigens sei hinlänglich sicher, da er so ziemlich an das Wort switsch (auspeitschen) gewohnt sei, aber er hielte es für gut, gleich nachdem das Schiff geankert, zu einem Konsul zu gehen, und einen förmlichen Protest wegen unsrer Unbekanntschaft mit all diesen Feinheiten einzulegen, damit nicht die Reptile von Rechtsgelehrten einen Vortheil über uns erlangten; daß er besonders kein Junggeselle mehr sei, und Mad. Poke wild sein würde wie ein Orkan, wenn er sie zufällig vergessen sollte. Die Sache wurde künftiger Berathung vorbehalten.

Um diese Zeit auch hatte ich eine interessante Unterredung mit Doktor Raisono über die besondre Geschichte eines jeden der Gesellschaft, wovon er das Hauptmitglied war. Es wollte scheinen, als wenn der Philosoph, obgleich reich an Gelehrsamkeit, und Besitzer eines der bestausgebildeten Schweife in der ganzen Monikins-Welt, doch arm war an den gemeinern Dingen von Monikins- Reichthum. Während er daher freigebig von den Vorräthen seiner Philosophie durch die Academie von Springhoch allen mittheilte, sah er sich genöthigt, nach einem besondern Recipienten seiner Uebergelehrsamkeit in der Gestalt eines Zöglings sich umzusehen, um für die geringen Ueberreste des Animalischen, die noch in ihm zögerten, zu sorgen. Lord Chatterino, der verwaiste Erbe eines der edelsten und reichsten, sowie auch der ältesten Häuser von Springhoch, war in sehr zartem Alter seinem Unterricht übergeben worden, wie auch Lady Chatterissa der Mad. Lynx. Dieß junge und vollkommne Paar hatte sich bald, eins das andre in der Monikins-Gesellschaft wegen seiner ungewöhnlichen Grazie, seiner allgemeinen Bildung, gegenseitigen Neigung, Harmonie der Gesinnung und wegen seiner gesunden Grundsätze ausgewählt; alles war der lieblichen Flamme günstig, die sich in dem vestalischen Busen der Chatterissa entzündete und von einer heißen aber ehrfurchtsvollen Leidenschaft in dem glühenden Herzen von Nro. 8. Purpur erwiedert ward. Die Freunde von beiden Theilen hatten, sobald die knospende Leidenschaft zwischen ihnen bemerkt ward, um eine Täuschung so passender Wünsche zu verhindern, zur Unterstützung des allgemeinen Eheraths von Springhoch noch einen vom König im Rath ganz besonders ausersehenen Diener berufen, dessen Amt es ist, Kenntniß von allen einzelnen Verpflichtungen zu nehmen, die etwa den so ernsten und dauerhaften Charakter der Ehe annehmen möchten. Dr. Raisono zeigte mir das von dem Ehe-Departement ausgegangne Certifikat, welches er auf allen seinen Wanderungen glücklich in das Futter des dreieckigen Huts versteckt hatte, den die Savoyarden ihn zu tragen gezwungen, und welches er noch als ein Document aufbewahrte, das bei seiner Rückkehr nach Springhoch unumgänglich nothwendig werden würde, weil es ihm sonst nicht erlaubt wäre, zu Fuß in Gesellschaft von zwei jungen Leuten von Geburt und Reichthum und von verschiednem Geschlecht zu reisen. Ich übersetze das Certifikat, so wörtlich, als es die Armuth unsrer Sprachen nur erlauben will:

»Auszug aus dem Anpassungs-Buch; Ehe-Departement; Springhoch, Zeit der Nüsse, Tag des Glanzes, Bd. 7243. p. 82.

»Lord Chatterino; Domainen: 126,952¾ Acre Land; Wiesen, ackerbares Land, Wald in gehörigem Verhältniß.«

»Lady Chatterissa; Domainen: 115,999½ Acre Land; meistens ackerbar.«

»Beschluß, wie im Buch: es findet sich, daß die Ländereien von Mylady Chatterissa in Qualität besitzen, was ihnen an Quantität abgeht.«

»Lord Chatterino: Geburt: sechszehn Ahnen, rein; ein Bastard; vier Ahnen rein, einer verdächtig, einer rein, einer gewiß.«

»Lady Chatterissa: Geburt: sechs Ahnen rein, drei Bastarde, eilf Ahnen rein, einer gewiß, einer verdächtig, unbekannt.«

»Beschluß, wie im Buch: das Uebergewicht findet sich auf Seiten Mylord Chatterino's, aber die Vortrefflichkeit der liegenden Gründe, andrer Seits muß wohl die Partheien ausgleichen.«

»Unterzeichnet Nro. 6. Hermelin. Getreue Abschrift.«

»Gegengezeichnet: Nro. 100,003 Tintenfarbe.«

»Verordnet: Beide Theile sollen die Erprobungsweise zusammen machen, unter Leitung des Professors der Probabilitäten auf der Universität Springhoch, Sokrates Raisono, und Madame Vigilanza Lynx, graduirte Duenna.«

Die Erprobungsweise ist dem Monikin-System so eigenthümlich, und könnte mit so vielem Nutzen unter uns eingeführt werden, daß es gut sein mag, es hier näher zu beschreiben.

So oft sich's findet, daß ein junges Paar in allen wesentlicheren Stücken der Ehe zu einander passen, werden sie auf die genannte Reise geschickt, unter der Obhut kluger und erfahrner Mentor, die sich nämlich zu vergewissern, wie weit sie im Stande sind, vereint die gewöhnlichen Wechsel des Lebens zu ertragen. Bei Prüflingen von den niedern Classen sind eigne dazu beorderte Aufseher da, die sie durch einige Schmutz-Pfützchen ziehen, und dann an eine harte Arbeit setzen, die den öffentlichen Beamten besonders zum Nutzen gereicht, welchen gemeiniglich der größere Theil ihrer jährlichen Arbeit auf diese Art gethan wird. Aber da die moralischen Vorkehrungen des Gesetzes weniger für die erfunden sind, die 126,952¾ Acre Land besitzen, getheilt in Wiesen, Ackerland und Wald im gehörigen Verhältniß, als für die, deren Tugenden leichter der Feuerprobe der Lockung unterliegen, so ziehen sich die reichen und adligen, gewöhnlich nachdem sie gehörig und zum allgemeinen Nutzen ihre Unterwerfung unter den Gebrauch zur Schau getragen, auf ihre Landsitze zurück, wo sie die Zeit der Prüfung so angenehm als möglich zubringen, tragen jedoch Sorge, daß von Zeit zu Zeit gelegentliche Auszüge aus ihren Briefen in die Springhoch-Zeitung eingerückt werden, welche die Mühen und Beschwerden beschreiben, die sie zum Trost und zur Erbauung derer, die weder Ahnen noch Landhäuser haben, zu erdulden gezwungen sind. In vielen Fällen wird die Reise wirklich durch Stellvertreter gemacht. Aber der Fall mit Mylord Chatterino und Mylady Chatterissa machte eine Ausnahme selbst von diesen Ausnahmen. Der Magistrat hält dafür, daß die gegenseitige Zuneigung eines so hohen Paars eine gute Gelegenheit darbiete, die Springhoch-Unpartheilichkeit an den Tag zu legen; und nach dem wohlbekannten Grundsatz, der uns manchmal einen Grafen in England hängen läßt, wurde dem jungen Paar befohlen, wirklich mit allem nützlichen Aufsehen (zu gleicher Zeit wurde ihren Begleitern der geheime Befehl, alle mögliche Nachsicht zu gebrauchen) auf die Reise zu gehen, damit die Untergebenen die Strenge und Gewissenhaftigkeit ihrer Herrscher erkennten und sich darüber erfreuten.

Dr. Raisono hatte demnach wirklich aus der Hauptstadt nach den Gebirgen sich auf den Weg gemacht, wo er seine Mündel praktisch im Glück und Unglück dieses Lebens unterrichtete, indem er sie an den Rand der Abgründe und in die Luft der fruchtbarsten Thäler versetzte, (in welchen letztern er mit Recht behauptete, die größten Gefahren wären) indem er sie hungrig und frierend über die steinigten Pfade führte, um ihren Charakter zu erproben, und mit den rohesten Bauern Dienstverträge abschloß, um die Tiefe von Chatterissa's Philosophie zu ergründen. So noch eine Menge ähnlicher, scharfsinniger Erfindungen, die sich leicht jedem selbst darbieten werden, der einige Erfahrung von der Ehe hat, mag er nun einen Palast oder eine Hütte bewohnen. Als dieser Theil der Erprobung glücklich beendet war, (es zeigte sich, daß Chatterissa, was Charakter betrifft, probefest war) ward die ganze Gesellschaft nach der Eisgrenze entsandt, die die Monikin- von der Menschen-Rasse trennt, um zu sehen, ob ihre Zuneigung Wärme genug enthalte, dem erstarrenden Contakt mit der Welt zu widerstehen. Hier verführte unglücklicher Weise (denn die Wahrheit darf nicht verschwiegen werden) den Dr. Raisono, der schon vieler gelehrten Gesellschaften Mitglied war, der aber einen peinigenden Ehrgeiz in sich verspürte, mehr zu werden, ein trauriges Verlangen zu der außerordentlichen Unklugheit, durch eine Oeffnung, wo er auf einer frühern Expedition derselben Art eine Insel entdeckt hatte, durchzufahren; hier hatte er nämlich einen Felsen zu finden geglaubt, der das Fundament von einem Theil der 40,000 Quadrat-Morgen Land gebildet, die durch das Zerspringen des großen Erdkessels zerrissen worden. Der Philosoph sah tausend interessante Erfolge von der Aufklärung über diesen Gegenstand voraus, denn da die ganze Gelehrsamkeit von Springhoch sich schon seit 500 Jahren in Bestimmung der weitsten Entfernung, zu welcher ein Bruchstück bei dieser merkwürdigen Begebenheit hätte geschleudert worden sein können, erschöpft hatte, so war in der letzten Zeit viel Aufmerksamkeit auf die Entdeckung der geringsten Entfernung hievon verwandt worden. Vielleicht sollte ich mit Rührung von den Folgen seines gelehrten Eifers sprechen, aber nur durch diese Unvorsichtigkeit fiel die ganze Gesellschaft in die Hände gewisser Seeleute, die nach der Nordküste eben jener Insel steuerten, (Freunde und Nachbarn, wie es sich hernach zeigte, von Noah Poke) welche unbarmherzig die Reisenden aufgriffen, und sie einem heimkehrenden Ostindienfahrer verkauften, auf den sie später bei St. Helena trafen. Die Insel St. Helena! das Grab dessen, der ein Muster ist für die Nachwelt wegen der Mäßigung seiner Begierden, der Einfachheit seines Charakters, der tiefen Verehrung für Wahrheit, der hohen Ehrfurcht vor Gerechtigkeit und unwandelbarer Treue, durch eine klare Würdigung aller edleren Tugenden sich auszeichnete!

Wir bekamen diese Insel gerade zu Gesicht, als Dr. Raisono seine interessante Erzählung schloß, und so fragte ich, zu Capitain Poke gewandt, feierlich diesen scharfsinnigen und schlauen Seemann, »ob er nicht glaube, die Welt werde künftig vollständige Rache nehmen an der Vergangenheit, ob die Geschichte der ungeheuren That nicht Gerechtigkeit werde widerfahren lassen, ob gewisse Namen nicht ewiger Schande überantwortet sein würden, daß sie den Helden an einen Felsen gekettet, ob sein Land, das Land freier Männer, sich jemals durch eine solche Handlung der Barbarei und Rache besudelt haben würde?«

Der Kapitain hörte mich sehr ruhig an, dann bedächtig einigen Taback nehmend, antwortete er:

»Hört, Sir John, zu Stonington, wenn wir ein wildes Thier fangen, setzen wir es immer in einen Käfig; ich bin kein großer Mathematiker, wie ich Euch oft gesagt, aber beißt mich mein Hund ein Mal, so schlage ich ihn, zwei Mal, treff ich ihn tüchtig, drei Mal kett' ich ihn an.«

Ach, es gibt so übel berathne Geister, daß sie kein Gefühl haben für die Größe. Alle ihre Neigungen sind gerade aus und nur nach dem gesunden Menschenverstand; solchen erscheint Napoleon wenig anders als wie ein Mann der unter seinen Mitmenschen mehr wie ein Tiger als wie ein Mensch lebte; sie verdammen ihn, weil er seine Begriffe von Größe nicht zu der hausbackenen Moralität herabbringen konnte; und unter sie muß nun auch, scheint es, Kapitain Poke gerechnet werden.

Der Wunsch zu erzählen, wie Doktor Raisono und seine Gefährten in die Hände der Menschen fielen, hat mich einen oder zwei Umstände von geringerer Bedeutung übersehen lassen, die jedoch, um mir Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, nicht ganz übergangen werden dürfen.

Als wir zwei Tage in See waren, ward der Monikins-Rasse eine sehr angenehme Ueberraschung vorbereitet und ausgeführt. Ich hatte eine gewisse Anzahl Jacken und Hosen aus verschiednen Thierfellen, von Hunden, Katzen, Schafen, Tigern, Leoparden, Schweinen u. s. w. mit dem gehörigen Anhängsel von Schnauzen, Hufen, Klauen machen lassen und als die Damen nach dem Frühstück auf's Verdeck kamen, wurden ihre Augen nicht länger durch rohe Eingriffe in die Natur beleidigt, sondern die ganze Schiffsmannschaft kletterte auf dem Tauwerk herum, wie lauter Thiere von den besagten verschiednen Arten. Noah und ich erschienen als Seekälber, da jener zu verstehen gegeben, er kenne die Natur dieses Thiers besser als jedes andre. Diese zarte Aufmerksamkeit wurde denn auch gehörig geschätzt und gütig anerkannt.

Nachahmungen von Fellen hatte ich für die kältern Breitegrade von Baumwolle machen lassen, aber in der Nähe der Falklandsinsel nahm man die wirklichen Häute bereitwillig und mit Vergnügen wieder an.

Noah hatte Anfangs einige starke Einwendungen gegen diesen Plan gemacht; er würde sich nicht sicher in einem Schiff halten, das ganz und gar von wilden Thieren bemannt und bedient wäre: aber zuletzt gefiel's ihm als ein guter Spaß, und er verfehlte nie die Leute, nicht bei ihrem Namen wie früher, sondern wie er sich ausdrückte, nach ihrem natürlichen zu rufen; »Du Katz', greif das auf! Du Tieger, spring hierher! Du Schwein, aus dem Schmutz! Du Hund, trott dorthin! Du Pferd, huf zurück!« und verschiedene ähnliche Witze, die ausserordentlich seine Einbildung kitzelten. Die Leute selbst griffen den Ball auf, und hielten ihn in Bewegung, noch ausgeschmückt mit allen Arten von Matrosen-Witzen. Ihren eigentlichen Namen, sie hatten nur einen, nämlich Smith, legten sie für die neuen Benennungen ganz ab, und der Ruf Tom Hund, Tom Katz, Tom Tiger u. s. w. flog auf dem Verdeck herum vom Morgen bis zur Nacht.

Gute Laune ist ein herrlicher Tröster bei körperlichen Entbehrungen. Seitdem wir Staaten-Land aus dem Gesicht verloren, hatten wir böses Wetter mit widrigen Winden von Süden und Westen, und konnten nur sehr schwierig die südliche Richtung beibehalten. Beobachtungen waren jetzt sehr schwer, da die Sonne eine ganze Woche hinter einander unsichtbar blieb. Der Seeinstinkt Noahs war um diese Zeit für alle an Bord von der höchsten Wichtigkeit. Er gab uns von Zeit zu Zeit die freudige Botschaft, daß wir nach Süden führen, obwohl die Seeleute erklärten, sie wüßten nicht, wo das Schiff wäre und hinginge; weder Sonne, Mond noch Sterne wären eine Woche lang sichtbar gewesen.

Vierzehn Tage blieben wir in diesem ängstlichen, zweifelhaften Zustand, als Kapitain Poke plötzlich auf dem Verdeck erschien, und in seiner gewöhnlichen unwiderstehlichen Stentorstimme den Schiffsjungen unter dem Namen: Du Affe Bob rief; denn da sein Amt ihn am meisten mit den Monikins in Berührung brachte, hatte ich ihm ein Gewand von Affenfellen zugelegt, als den Gästen anständiger als das eines Schweins oder Wiesels. Affe Bob kam bald herbei, und als er seinem Herrn nahe kam, wandte er ruhig das Gesicht ab, um gewohnter Maßen jene drei oder vier ermahnende Winke einzunehmen, die ihn zur Thätigkeit in aufzutragenden Geschäften ermuntern sollten. Bei der Gelegenheit machte ich eine seltsame Bemerkung. Bob hatte die größren Dimensionen seines Untergewands, die für einen weit größren Jungen bestimmt worden, (einen von denen, die bei der Aussprache des Sir durchgefallen) dazu benutzt, daß er eine alte Unions- und Service-Jacke hineingesteckt, die, wie er mir später sagte, ihm vieles Schinden und Winden ersparte. Um jedoch zu den Begebenheiten zurückzukehren, – nachdem Bob durch Püffe gehörig vorbereitet worden, drehte er sich mannhaft herum und fragte nach des Kapitains Befehlen. Er erfuhr, er solle den größten und schönsten Kürbis aus den Vorräthen (der Kapitain ging nie in See ohne dergleichen Artikel, die er Stoningtoner Futter nannte) heraufholen. Der Kapitain nahm den Kürbis zwischen die Beine, und nachdem er ihn sorgfältig seiner grün-gelben Umkleidung beraubt, sah man nur noch eine weiße Kugel. Er forderte dann den Theertopf, und zog mit den Fingern verschiedne Linien, die so ziemlich die Umrisse von den verschiednen Continenten und größren Inseln der Welt bildeten. Das Land jedoch in der Nähe vom Südpol wurde unangedeutet gelassen, wobei er zu verstehen gab, daß da gewisse Inseln wären, die er so ziemlich als Stoningtoner Privateigentum ansehe.

»Nun, Doktor,« sagte er, und deutete auf den Kürbis; »da ist die Erde und hier steht der Theertopf, bezeichnet gefälligst nach den besten Nachrichten, die Eure Academie davon hat, nur so eben die Lage Eurer Insel Springhoch. Macht einen Kleks hier und da, wenn Ihr wo von Felsen und Bänken wißt; dann könnt Ihr die Insel setzen, wo Ihr gefangen worden und im Allgemeinen eine Ansicht von ihrer Lage und dem Küstenzug geben.«

Doktor Raisono nahm ein Stöckchen und zeichnete mit seinem Ende, ziemlich schnell und geschickt, alles Verlangte hin. Noah untersuchte die Arbeit, und schien zufrieden, mit einem Monikin zusammengetroffen zu sein, der ziemlich richtige Begriffe von Lage und Entfernungen zu haben schien, auf dessen Lokalkenntnisse hin man selbst zur Nacht segeln könnte. Er skizzirte alsdann noch die Lage von Stonington, was ihm großes Vergnügen machte, bezeichnete das Versammlungshaus und das vorzüglichste Wirthshaus, und dann ward die Charte bei Seite gelegt.


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