James Fenimore Cooper
Der letzte Mohikan
James Fenimore Cooper

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Viertes Kapitel.

Wohl! Geh' nur deines Wegs,
aus diesem Haine kommst Du nicht,
bis für dein Unrecht ich mich räche.
Sommernachtstraum.

Noch sprach der Kundschafter, als der Führer der Parthie, deren nahende Tritte das wachsame Ohr des Indianers vernommen hatte, sichtbar ward. Ein gebahnter Pfad, wie ihn der gelegentliche Durchzug des Wildes bildet, wand sich durch ein nahes Thälchen und führte an den Fluß auf die Stelle, wo der weiße Mann und seine rothen Genossen Halt gemacht hatten. Auf diesem Wege kamen die Reisenden, welche so unerwartet in der Tiefe des Waldes erschienen, langsam auf den Jäger zu, welcher, vor seinen Genossen stehend, bereit war, sie zu empfangen.

»Wer da?« fragte der Kundschafter, seine Büchse nachläßig über den linken Arm werfend, und den Vorderfinger der Rechten auf dem Drücker haltend, wobei er jedoch allen Schein von Drohung vermied. – »Wer kommt hieher, unter die Thiere und die Gefahren der Wildniß?«

»Gläubige Christen und Freunde von Gesetz und König,« antwortete der vorderste Reiter. »Menschen, welche seit Sonnenaufgang in dem Schatten des Waldes gereist haben, ohne Nahrung und erschöpft von der Anstrengung des Weges.«

»So habt Ihr euch verirrt,« unterbrach ihn der Jäger, »und habt gefunden, wie übel man daran ist, wenn man nicht weiß, ob man sich zur Rechten oder Linken wenden soll.«

»So ist es; der Säugling ist nicht abhängiger von der Amme, als von dem Führer wir, die Erwachsenen, welche jetzt nur die Gestalt, nicht aber den Verstand von Menschen haben. Wißt Ihr, wie weit es nach einem Posten der Krone, genannt William Henry, ist?«

»Wetter!« rief der Kundschafter, indem er laut auflachte, aber bald diese gefährlichen Laute unterdrückte, um seiner Laune auf eine Weise Raum zu geben, die von den lauernden Feinden weniger gehört werden konnte, »Ihr seyd so weit von der Fährte, als ein Hund, wenn der Horican zwischen ihm und dem Wilde liegt! William Henry, Mann! Wenn ihr Freunde des Königs seyd, und ein Geschäft bei dem Heere habt, so thätet ihr besser, am Flusse hinab nach Edward zu gehen, und eure Sache Webb vorzulegen, der dort liegen bleibt, statt in die Engpässe vorzudringen und den frechen Franzmann über den Champlain in sein Nest zurückzutreiben.«

Ehe der Fremde auf diesen unerwarteten Vorschlag etwas erwiedern konnte, sprengte ein anderer Reiter durch das nahe Gebüsch sein Roß auf den Pfad, seinem Begleiter gegenüber.

»Wie weit mögen wir denn von Fort Edward seyn?« fragte der neue Sprecher. »Den Platz, nach dem ihr uns weiset, verließen wir diesen Morgen und unsre Bestimmung geht nach der Quelle des Sees.«

»Dann müßt Ihr euern Gesichtssinn früher als den Weg verloren haben: der Weg über den Trageplatz ist gute zwei Ruthen breit ausgehauen und eine so breite Straße, denk' ich, als irgend eine in London, oder selbst vor dem Königspalast.«

»Wir wollen uns jetzt nicht über die Vortrefflichkeit des Weges streiten,« versetzte Heyward lächelnd: denn er war es, wie der Leser bereits entnommen haben wird. »Es ist genug, wenn ich euch sage, daß wir uns einem indianischen Führer anvertrauten, der uns einen nähern, wiewohl geheimeren Weg führen wollte, und daß wir durch seine vermeintliche Ortskenntniß getäuscht worden sind. Mit einem Wort: wir wissen nicht, wo wir uns befinden.«

»Ein Indianer in den Wäldern verirrt!« sprach der Kundschafter, bedenklich den Kopf schüttelnd: »wenn die Sonne auf die Baumgipfel brennt, und die Ströme ihre Bette füllen, und das Moos an jedem Baume ihm sagen muß, in welcher Richtung der Nordstern in nächster Nacht leuchten wird, wenn die Wälder voll von Fährten des Wilds sind, welche zu den Strömen führen, Punkte, die Jedermann kennt! Und noch sind nicht alle Gänse nach den Canadagewässern fort! Es ist seltsam, daß sich ein Indianer zwischen dem Horican und der Krümmung des Flusses verirrt haben soll? Ist er ein Mohawk?«

»Nicht von Geburt, obgleich in diesen Stamm aufgenommen; ich glaube, seine Heimath liegt weiter nördlich, und er ist einer von denen, die ihr Huronen nennt.«

»Hugh!« riefen die zwei Begleiter des Kundschafters, die bis zu diesem Theile des Gesprächs unbeweglich und anscheinend gleichgültig gegen das, was vorging, dagesessen hatten, jetzt aber überrascht mit einem Ungestüm und einer Theilnahme, die offenbar über ihre Zurückhaltung gesiegt hatte, emporsprangen.

»Ein Hurone!« wiederholte der kecke Kundschafter, noch einmal voll Mißtrauen den Kopf schüttelnd; »dies ist ein diebisches Geschlecht, und ich frage nicht viel darnach, von wem er aufgenommen wurde. Ihr könnt ihn zu Nichts als zum Wegelagern und Herumstreichen brauchen. Da Ihr euch der Sorge Eines aus dieser Nation anvertraut habt, so wundert es mich nur, daß Ihr nicht noch mit Mehreren zu thun bekommen!«

»Das hat keine Gefahr, da William Henry so viele Meilen vor uns liegt. Ihr vergesset, was ich euch vorhin sagte; unser Führer ist jetzt ein Mohawk und dient als Freund bei unserm Heer.«

»Und ich sage euch, daß, wer als Mingo geboren wird, als Mingo stirbt,« entgegnete zuversichtlich der Andere. »Nein, da lob' ich mir einen Delawaren oder Mohikaner: die sind ehrlich; und wenn sie fechten wollen, wozu jedoch nicht Alle Lust bezeigen, da sie sich von ihren listigen Feinden, den Maquas, zu Weibern machen ließen – aber wenn sie überhaupt fechten wollen, so schaut mir einen Delawaren oder Mohikaner an, wenn Ihr einen Krieger haben wollt.«

»Genug davon,« sprach Heyward ungeduldig, »ich will nicht den Charakter eines Mannes untersuchen, den ich kenne, und dem Ihr fremd seyn müsset, Ihr habt mir noch nicht auf meine Frage geantwortet: wie weit sind wir von dem Hauptheer zu Edward?«

»Das kommt, scheint mir, darauf an, wer euer Führer ist. Ein Pferd, wie das da, dürfte eine gute Strecke Landes zwischen Sonnenauf- und Untergang zurücklegen, sollte Einer meinen.«

»Ich wünsche keinen Streit mit eiteln Worten gegen euch, mein Freund,« bemerkte Heyward, sein Mißvergnügen unterdrückend, in höflicherem Ton; »wenn Ihr mir die Entfernung von Fort Edward sagt und mich dahin führt, so soll eure Bemühung nicht unbelohnt bleiben.«

»Und wenn ich das thue, wer bürgt mir dafür, daß ich keinen Feind und Spion Montcalm's nach den Festungswerken des Heeres führe? Nicht Jeder, der englisch sprechen kann, ist darum ein Ehrenmann.«

»Wenn Ihr bei dem Heere dient, von dem Ihr, wie ich schließe, ein Kundschafter seyd, so solltet Ihr das sechzigste Regiment des Königs kennen.«

»Das sechzigste Regiment! Ihr könnt mir wenig von den königlichen Amerikanern sagen, das ich nicht schon wüßte, obgleich ich ein Jagdhemd und seinen Scharlachrock trage.«

»Gut, dann kennt Ihr vielleicht unter Anderem den Major desselben.«

»Seinen Major!« unterbrach der Jäger, sich emporrichtend, wie Einer, der stolz auf das ihm geschenkte Vertrauen ist. »Wenn ein Mann im Lande ist, der Major Effingham kennt, so steht er vor euch.«

»Das Corps hat mehrere Majors. Der von euch genannte ist der älteste; aber ich spreche von dem allerjüngsten, der die Compagnien in William Henry befehligt.«

»Ja, ich habe gehört, daß ein sehr reicher junger Mann, aus einer Provinz weit im Süden, diesen Posten erhalten hat. Er ist jung für einen solchen Rang, wo er über Männern steht, deren Köpfe zu bleichen beginnen, und doch sagen sie, er sey ein geschickter Soldat und ein ritterlicher Herr.«

»Was er auch seyn mag, und wie er für seinen Posten sich eignet, er spricht jetzt mit euch und Ihr habt daher keinen Feind in ihm zu fürchten.«

Der Kundschafter betrachtete Heyward erstaunt, lüpfte dann seine Mütze und antwortete in einem minder freien, obgleich noch immer argwöhnischen Tone –

»Ich habe gehört, daß eine Abtheilung diesen Morgen aus dem Lager nach dem Ufer des Sees abgehen sollte.«

»Da habt Ihr recht gehört, ich wählte lieber einen nähern Weg, wobei ich mich auf den vorerwähnten Indianer verließ.«

»Und er täuschte euch und lief davon.«

»Keines von Beiden, wie ich glaube, wenigstens das letztere nicht; denn er ist in meinem Gefolge.«

»Ich möchte mir diesen Menschen etwas näher ansehen. Wenn es ein ächter Irokese ist, so erkenn' ich ihn an seinem schelmischen Blick und an der Farbe seines Gesichts,« sprach der Kundschafter, indem er an Heyward's Pferde vorbeischritt und den Weg hinter des Singmeisters Stute betrat, deren Füllen den Stillstand benützte, um die Mutter in Kontribution zu setzen. Nachdem er das Gebüsch bei Seite geschoben hatte, traf er einige Schritte weiter auf die Frauen, welche das Ergebniß der Besprechung mit Ungeduld und nicht ohne Furcht erwarteten. Hinter diesen lehnte der Läufer an einem Baum, die genaue Prüfung des Kundschafters mit unveränderter Miene aushaltend, aber mit einem so finstern und wilden Blick, daß schon dieser an sich Furcht erregen konnte. Zufrieden mit dem Resultat seiner Forschungen, verließ ihn der Jäger. Als er an den Frauen vorüberging, hielt er einen Augenblick, um ihre Schönheit zu betrachten, das Lächeln und Nicken Alicens mit augenfälligem Vergnügen erwiedernd. Von da trat er der Stute zur Seite und nachdem er einen Augenblick vergeblich den Charakter des Reiters zu erforschen gesucht hatte, schüttelte er den Kopf und kehrte zu Heyward zurück.

»Ein Mingo ist und bleibt ein Mingo, und da ihn Gott einmal so erschaffen hat, so können ihn weder die Mohawks noch andere Stämme anders machen,« sprach er, nachdem er seine frühere Stellung wieder eingenommen hatte. »Wenn wir allein wären und Ihr wolltet das edle Roß der Willkühr der Wölfe überlassen, so könnte ich euch selbst den Weg nach Edward in einer Stunde zeigen: denn weiter ist es nicht von hier entfernt; aber mit den Frauen in eurem Gefolge ist es unmöglich.«

»Warum? Sie sind zwar ermüdet, aber für einen Ritt von ein paar Meilen weiter noch kräftig genug.«

»Es ist eine offenbare Unmöglichkeit!« wiederholte der Kundschafter, »für die beste Büchse in den Kolonien möchte ich in Gesellschaft des Läufers nach Einbruch der Nacht keine Meile in diesen Wäldern machen. Sie sind voll von lauernden Irokesen und euer Zwitter-Mohawk weiß zu gut, wo er sie zu finden hat, als daß ich sein Gesellschafter werden möchte.«

»Seht Ihr die Sache so an?« sprach Heyward, indem er sich in dem Sattel vorneigte und seine Stimme fast zu einem Geflüster sinken ließ: »ich gestehe, ich war auch nicht ohne Argwohn, obgleich ich ihn wegen meiner Begleiterinnen zu verbergen suchte. Eben weil ich Verdacht schöpfte, wollt' ich ihm nicht länger folgen, und ließ ihn, wie Ihr seht, hinter mir her gehen.«

»Ich wußte, daß er ein Schelm ist, so bald ich ihn anblickte!« versetzte der Kundschafter, als Zeichen der Vorsicht einen Finger auf die Nase legend. »Der Dieb lehnt am Fuße des jungen Baums, den Ihr über den Büschen weg sehen könnt, sein rechtes Bein steht in Einer Richtung mit der Rinde des Baums und (hier griff er nach seiner Büchse) ich kann ihn von meinem Standpunkt aus zwischen dem Knöchel und dem Knie nehmen, daß ihm nur wenigstens einen Monat das Herumstreichen in den Wäldern vergeht. Ginge ich zu ihm zurück, so würde der Schlaukopf etwas wittern, und wie ein erschrecktes Reh durch die Bäume entschlüpfen.«

»Das geht nicht. Er kann unschuldig seyn und ich liebe diese Handlungsweise nicht. Und doch, wenn ich gewiß wüßte, daß er ein Verräther –«

»Auf die Schurkerei eines Irokesen darf man mit Sicherheit rechnen,« sprach der Kundschafter, indem er instinktmäßig nach seiner Büchse griff.

»Halt!« unterbrach ihn Heyward, »es geht nicht –wir müssen auf etwas Anderes denken – und doch, ich habe vielen Grund zu glauben, daß der Schuft mich getäuscht hat.« Der Jäger, welcher bereits seine Absicht, den Läufer lahm zu schießen, aufgegeben hatte, sann einen Augenblick und machte dann ein Zeichen, das seine zwei rothen Begleiter ihm sogleich zur Seite rief. Sie sprachen leise, aber lebhaft in delawarischer Sprache mit einander; aus den Gebärden des Weißen jedoch, der sich häufig gegen den Gipfel des jungen Baumes richtete, ging deutlich hervor, daß er von ihrem verborgenen Feinde sprach. Seine Begleiter hatten seine Wünsche alsbald verstanden, legten ihre Feuergewehre weg, wandten sich nach entgegengesetzten Seiten und vergruben sich mit so vorsichtigen Bewegungen in das Dickicht, daß ihre Tritte nicht gehört werden konnten.

»Jetzt, geht zurück,« sprach der Jäger wieder zu Heyward, »und haltet den Teufelsbalg mit Reden hin, die Mohikaner hier wollen ihn lebendig fangen, ohne ihm die Schminke zu verderben.«

»Nein,« sprach Heyward stolz, »ich will ihn selbst fassen.«

»Pah! was vermöget Ihr zu Pferd gegen einen Indianer in den Büschen?«

»Ich steige ab.«

»Glaubt Ihr, er werde, wenn er sieht, daß Ihr einen Fuß aus dem Bügel habt, warten, bis auch der andere frei ist? Wer in den Wäldern mit den Eingebornen zu thun hat, muß indianische Kniffe brauchen, wenn er etwas ausrichten will. Geht denn, sprecht vertraulich mit dem Bösewicht, und thut, als ob Ihr ihn für euern treuesten Freund auf Erden hieltet.«

Heyward schickte sich an, diesen Rath zu befolgen, obgleich ihm die Rolle, die er zu spielen hatte, nicht behagen wollte. Indeß überzeugte er sich jeden Augenblick mehr, daß er durch sein zu großes Vertrauen seine Schützlinge in eine sehr mißliche Lage versetzt hatte. Die Sonne war bereits untergegangen, und die Wälder, plötzlich ihres Lichtes beraubt, nahmen eine düstere Farbe an, welche ihn ernstlich erinnerte, daß die Stunde, welche die Wilden gewöhnlich für ihre grausamsten und gefühllosesten Akte der Rache oder der Feindseligkeit wählten, mit schnellen Schritten heran rücke. Von Besorgnissen bestürmt, verließ er den Kundschafter, welcher unmittelbar darauf in eine laute Unterredung mit dem Fremden einging, der sich mit so wenig Umständen am Morgen in die Reisegesellschaft eingedrängt hatte. Als er an seinen zarten Begleiterinnen vorbeiritt, sprach er einige Worte der Ermuthigung zu ihnen und fand zu seiner Freude, daß sie, obgleich ermüdet von den Anstrengungen des Tages, keinen Verdacht zu haben schienen, ihre gegenwärtige Verlegenheit sey etwas anderes, als die Folge des Zufalls. Er ließ sie glauben, daß er sich blos über ihre bevorstehende Route bespreche, spornte sein edles Roß und zog die Zügel wieder an, als er in die Nähe der Stelle kam, wo der trotzige Läufer immer noch an den Baum angelehnt stand.

»Du siehst, Magua,« sprach er, indem er eine unbefangene, vertrauliche Miene anzunehmen bemüht war, »daß die Nacht rings umher einbricht, und daß wir William Henry noch nicht näher sind, als da wir Webb's Lager mit Aufgang der Sonne verließen. Du hast den Weg verfehlt und ich bin nicht glücklicher gewesen. Zum Glück aber sind wir auf einen Jäger getroffen, mit dem du den Sänger sprechen hörst. Er ist mit den Fährten des Wildes und den Fußpfaden der Wälder vertraut, und verspricht, uns nach einem Platze zu führen, wo wir sicher bis zum Morgen ausruhen können.«

Der Indianer heftete seine funkelnden Augen auf Heyward, und fragte in seinem gebrochenen Englisch: »Ist er allein?«

»Allein!« wiederholte zögernd Heyward, dem Täuschung noch zu neu war, als daß er nicht etwas verlegen geworden wäre. »Oh! gewiß nicht allein, Magua: du weißt ja, daß wir bei ihm sind.«

»Dann kann le Renard Subtil gehen,« versetzte der Läufer, indem er eine kleine Reisetasche von der Stelle, wo sie zu seinen Füßen lag, kaltblütig aufhob; »und die Blaßgesichter werden nur Leute ihrer eigenen Farbe sehen.«

»Gehen? Wen nennst du le Renard

»Diesen Namen haben seine Canadischen Väter Magua gegeben,« antwortete der Läufer mit einer Miene, welche bewies, daß er auf diese Auszeichnung stolz war. »Nacht und Tag sind für Subtil gleich, wenn Munro auf ihn wartet.«

»Was will le Renard Subtil dem Befehlshaber von William Henry von seinen Töchtern melden? Wird er es wagen, dem hitzköpfigen Schottländer zu sagen, daß er seine Kinder ohne Führer gelassen habe, obgleich Magua ihnen einer zu seyn versprach?«

»Der Graukopf hat eine laute Stimme und einen langen Arm, aber wird jene le Renard in den Wäldern hören, oder diesen fühlen?«

»Aber was werden die Mohawks sagen! Sie werden ihm einen Weiberrock machen und ihn heißen im Wigwam bei den Weibern bleiben: denn nicht länger kann man ihm das Geschäft eines Mannes anvertrauen!«

»Le Subtil kennt den Pfad zu den großen Seen und kann die Gebeine seiner Väter finden,« war die Antwort des unbeweglichen Läufers.

»Genug, Magua,« sprach Heyward, »sind wir nicht Freunde? Warum sollen bittere Worte zwischen uns gewechselt werden? Munro hat dir für deine Dienste ein Geschenk versprochen, und ich werde dein Schuldner für einen andern seyn. So laß deine müden Glieder ausruhen und öffne deine Reisetasche, um zu essen. Wir haben nur wenige Minuten zum Besten, laß sie uns nicht wie zänkische Weiber vergeuden. Wenn die Frauen Erfrischungen zu sich genommen haben, gehen wir weiter.«

»Die Blaßgesichter machen sich zu Hunden ihrer Frauen,« murmelte der Indianer in seiner Muttersprache, »und wenn sie essen wollen, müßen ihre Krieger den Tomahawk bei Seite legen, um ihre Trägheit zu nähren.«

»Was sagst du, Renard?«

»Le Subtil sagt, es ist gut.«

Der Indianer heftete jetzt das Auge fest auf das offene Gesicht Heyward's, als er aber seinem Blicke begegnete, wandte er sich schnell ab, nahm, indem er sich bedächtlich zu Boden setzte, den Rest eines früheren Mahles aus der Tasche und begann zu essen, jedoch nicht ohne langsam und vorsichtig um sich her zu blicken.

»So ist es recht,« fuhr Heyward fort, »und Renard wird morgen neue Kraft des Leibes und der Augen haben, um den Weg zu finden;« er hielt inne, denn Laute wie das Knistern von dürren Reisern und das Rauschen von Blättern ließ sich aus den nahen Gebüschen vernehmen. Plötzlich aber besann er sich und fuhr fort: »wir müssen aufbrechen, ehe die Sonne sich sehen läßt, sonst legt sich uns Montcalm in den Weg und schneidet uns von der Festung ab.«

Magua ließ seine Hand vom Munde zur Seite herabsinken und obgleich seine Augen auf den Boden geheftet waren, bog er dennoch den Kopf seitwärts: seine Nasenlöcher erweiterten sich, und sogar seine Ohren schienen aufrechter zu stehen, als gewöhnlich, indem sie ihm den Anschein einer Bildsäule gaben, welche gespannte Aufmerksamkeit darstellen soll.

Heyward, welcher seinen Bewegungen mit wachsamem Auge folgte, zog nachläßig einen seiner Füße aus dem Bügel, während er mit der Hand über die Bärenhautdecke seiner Pistolenhalfter hinglitt. Jede Bemühung, den Punkt zu entdecken, den der Läufer besonders ins Auge faßte, scheiterte an seinem zitternden Blick, der auf seinem besondern Gegenstande auch nur einen Augenblick ruhte und sich doch auch nicht eigentlich zu bewegen schien. Während Jener noch unschlüssig war, stand le Subtil vorsichtig auf, jedoch mit einer so langsamen und bedächtigen Bewegung, daß diese Veränderung nicht das geringste Geräusch verursachte. Heyward fühlte, daß jetzt gehandelt werden mußte. Er warf sein Bein über den Sattel und stieg ab, entschlossen sich seines verrätherischen Begleiters zu bemächtigen, indem er sich auf seine Mannesstärke verließ. Um jedoch unnöthigen Lärm zu verhüten, behielt er immer noch den Anschein der Ruhe und Vertraulichkeit. »Le Renard Subtil ißt nicht,« sprach er, indem er sich des Namens bediente, welcher der Eitelkeit des Indianers am meisten zu schmeicheln schien. »Sein Korn ist nicht gut geröstet, es scheint zu trocken. Ich will sehen, vielleicht findet sich etwas unter meinem eigenen Vorrath, was ihm besser mundet.«

Magua hielt die Reisetasche hin, um ihm zuvorzukommen. Er litt es selbst, daß ihre Hände sich berührten, ohne die geringste Aufregung zu zeigen, oder die Stellung der Aufmerksamkeit zu verändern. Kaum fühlte er aber, daß Heyward's Finger sich leicht über seinen nackten Arm hinbewegten, so schlug er die Hand des jungen Mannes zurück, stieß, unter ihr wegspringend, einen durchdringenden Schrei aus und tauchte mit einem einzigen Sprung in das entgegengesetzte Dickicht. Im nächsten Augenblicke erschien die Gestalt Chingachgook's vor den Gebüschen, der mit seiner Gesichtsbemalung wie ein Gespenst aussah, und glitt über den Pfad hin, um ihn eiligst zu verfolgen. Einen Augenblick später folgte Uncas' Ruf, und die Wälder wurden durch einen plötzlichen Strahl erleuchtet, den ein scharfer Knall von des Jägers Büchse begleitete.


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