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9. Von Jenen jedoch spricht Keiner so: denn es ist mühsamer, diese Verschränkungen des Ausdrucks, als den Auf- und Untergang der (himmlischen) Zeichen zu lernen. Doch wenden wir uns zu jenem Streite des Diodorus zurück, den man die Frage περὶ δυνατω̃ν [über das Mögliche] nennt, wobei untersucht wird, was Das heissen wolle: es könne Etwas geschehen. Da stellt denn Diodorus den Satz auf: Das allein könne geschehen [sey möglich], was entweder wirklich sey, oder wirklich seyn werde. Dieser Punkt steht in Verbindung mit folgender Behauptung: Daß Nichts geschehe, was nicht nothwendig gewesen sey; und: Was geschehen könne [möglich sey], Das sey entweder bereits, oder werde seyn; und: Was geschehen werde, lasse sich eben so wenig aus dem Wirklichen in's Nichtwirkliche [aus dem Wahren in das Nichtwahre] verwandeln, als Das, was geschehen sey; das Geschehene aber habe das Gepräge der Unveränderlichkeit; bei manchen künftigen Dingen, weil (die Unveränderlichkeit) nicht klar vorliege, scheine sie nicht einmal darin zu liegen. so daß (z. B.) es bei Einem, der an einer tödtlichen Krankheit darnieder liege, wahr sey, wenn man sagt. »Dieser wird an dieser Krankheit sterben.« Daß aber Dieß eben so gut geschehen werde, wenn es mit Wahrheit von Dem gesagt werde, bei dem die Heftigkeit der Krankheit nicht so auffallend am Tage liegt. Daraus folgt, daß auch nicht in Dem, was künftig ist, eine Umwandlung des Wirklichen in's Nichtwirkliche möglich ist. Denn (der Satz): 996 »Scipio wird sterben,« hat die Bedeutung, daß, wiewohl er von etwas Künftigem ausgesprochen wird, doch dieses unmöglich sich in ein Nichtwahres umwandeln kann. Denn es wird ja von einem Menschen ausgesagt, bei Dem Sterben eine Naturnothwendigkeit ist. Würde (bestimmt) so gesagt werden: »Scipio wird des Nachts in seinem Schlafgemache eines gewaltsamen Todes sterben,« so wäre auch Das wahr gesprochen. Denn es würde (damit) gesagt, es werde sich Das ereignen, was wirklich zukünftig wäre; daß es aber zukünftig gewesen (wirklich bevorgestanden) sey, muß man daraus erkennen, weil es geschehen ist. Auch war der Satz: »Scipio wird sterben,« nicht wahrer, als der: »Er wird auf jene Weise sterben;« und die Nothwendigkeit, daß Scipio sterbe, war nicht größer, als die, daß er auf jene Weise sterbe; und der Satz: »Scipio ist ermordet worden,« war eben so wenig aus einem wahren in einen falschen zu verwandeln, als der: »Scipio wird ermordet werden;«Eigentlich sollten die Sätze: »Scipio wird ermordet werden,« und: »Scipio ist ermordet worden,« ihre Plätze wechseln, und im Texte mutabile für immutabile stehen, welches auch mehrere Handschriften haben. und da dem so ist, gibt es keinen Grund für den Epicurus, das Schicksal zu fürchten, und bei den Atomen ein Auskunftsmittel zu suchen, dadurch daß er sie von ihrer Bahn abweichen läßt, und zu gleicher Zeit sich in zwei unauflösliche Widersprüche zu verwickeln; den einen: daß Etwas ohne Ursache geschehen soll, woraus sich ergäbe, daß aus Nichts Etwas würde; ein Satz, den weder er noch irgend ein Naturforscher gelten läßt; den zweiten: daß, während zwei Atome durch den leeren Raum 997 sich bewegen, der eine sich gerade [senkrecht] bewege, der andere schief. Es darf nämlich Epicurus, wenn er zugibt, jeder ausgesprochene Satz sey entweder wahr oder falsch, nicht besorgen, es müsse dann nothwendig Alles durch das Schicksal geschehen. Denn nicht aus von Ewigkeit her bestimmten Ursachen, die aus Naturnothwendigkeit fließen, ist Das wahr, was so ausgesprochen wird: »Carneades begibt sich in die Academie;« und doch auch nicht ohne Ursachen; allein es ist ein Unterschied unter zufällig vorausgegangenen Ursachen, und unter Ursachen, die eine Naturwirkungskraft in sich schließen. So war zwar der Satz: »Epicurus wird sterben, nachdem er zwei und siebenzig Jahre gelebt hat unter dem Archon Pytharatus,« von jeher wahr; und doch lagen keine vom Schicksal verhängte Ursachen zum Grunde, warum es so geschehen mußte; allein, weil es so geschah, mußte es doch wohl so geschehen, wie es geschah. Auch Diejenigen, welche sagen, Das, was geschehen werde, sey unveränderlich, und das wirklich Zukünftige könne sich nicht in ein Nichtwirkliches verwandeln, bestätigen damit nicht die Nothwendigkeit des Schicksals, sondern erklären blos die Bedeutung der Ausdrücke. Diejenigen aber, welche eine ununterbrochene Reihe von Ursachen einführen [voraussetzen], berauben den menschlichen Geist seines freien Willens und fesseln ihn durch die Nothwendigkeit des Schicksals.