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Ungefähr ein Jahr lang war ich als Depeschenbote tätig gewesen, als Oberst John P. Glaß, der Leiter der unten liegenden Diensträume für den Verkehr mit dem Publikum, begann, mich ab und zu in seiner Abwesenheit auf kurze Zeit seinen Dienst versehen zu lassen. Da Mr. Glaß eine äußerst beliebte Persönlichkeit war und sich auch politisch viel betätigte, wurde seine zeitweilige Abwesenheit immer länger und häufiger, so daß ich bald mit seiner Arbeit vollkommen vertraut wurde. Ich nahm die Depeschen vom Publikum entgegen und gab acht, daß die aus dem Telegraphenzimmer kommenden den Jungen zur sofortigen Bestellung richtig zugewiesen wurden.
Für einen Jungen war das ein sehr verlockender Posten. Ich war deshalb bei den anderen, die mir die Befreiung von meiner eigentlichen Arbeit übel vermerkten, damals wenig beliebt. Man warf mir auch vor, ich sähe in meiner Kleidung dürftig aus, – »gemein«, wie es die Jungen nannten. Ich gab meine Extragroschen nicht aus; aber sie wußten nicht, warum. Ich wußte, daß jeder Penny, den ich ersparen konnte, zu Hause dringend gebraucht wurde. Meine Eltern waren klug und verheimlichten mir nichts. Ich kannte jede Woche den Verdienst jedes der drei Ernährer: Vaters, Mutters und meinen eigenen. Ich kannte auch alle Ausgaben. Wir beratschlagten gemeinsam darüber, wie wir unseren recht bescheidenen Vorrat an Möbeln und Kleidern ergänzen könnten; und jeder noch so kleine Gegenstand, der neu hinzukam, war für uns eine Quelle größter Freude. Ein innigeres Familienleben konnte man sich nicht vorstellen.
Jeder silberne halbe Dollar, den Mutter sparen konnte, wurde gewissenhaft in einen Strumpf gesteckt und aufgehoben; als dann zweihundert zusammen waren, gab man mir eine Anweisung, um die zwanzig Pfund zurückzuzahlen, die uns ihre Freundin Mrs. Henderson so freundlich geliehen hatte. Das war für uns ein Festtag! Die Familie Carnegie hatte keine Schulden mehr. O, wie glücklich waren wir an diesem Tage! Die materielle Schuld war nun abgetragen, aber die Dankesschuld bleibt und kann nie getilgt werden. Die alte Mrs. Henderson ist uns unvergeßlich.
Ein Ereignis, das mich gleich in den siebenten Himmel versetzte, trat in meinem Leben als Depeschenbote ein, als Oberst Glaß an einem Sonnabendabend den Jungen ihr Monatsgeld auszahlte. Wir standen in einer Reihe vor dem Zahltisch, ich stand ganz vorn und streckte meine Hand nach den ersten 11¼ Dollar aus, die Mr. Glaß auf uns zuschob. Zu meiner größten Überraschung schob er sie aber an mir vorbei und lohnte den nächsten Jungen ab. Ich dachte, hier läge ein Versehen vor, denn bis dahin hatte ich immer als erster mein Geld bekommen. Aber bei jedem der anderen Jungen wiederholte sich derselbe Vorgang. Mir schlug das Herz zum Zerspringen. Ich war anscheinend in Ungnade gefallen. Was hatte ich getan oder unterlassen? Gewiß würde man mir nun gleich sagen, daß man für mich keine Beschäftigung mehr hätte. Ich war der Schandfleck meiner Familie; das war mir das schmerzlichste dabei. Als dann alle Jungen ihren Lohn empfangen hatten und fortgegangen waren, holte mich Mr. Glaß hinter den Zahltisch und sagte, ich sei mehr wert als die anderen, er wolle mir von jetzt an 13½ Dollar monatlich geben.
Mir wurde schwindlig; ich glaubte, ich hatte ihn nicht recht verstanden. Er zählte mir aber das Geld auf den Tisch. Ich weiß wirklich nicht, ob ich mich bedankte; ich glaube, ich vergaß es. Ich nahm das Geld, sprang mit einem Satz aus der Tür und hielt nicht eher im Laufen inne, als bis ich zu Hause angelangt war. Ich erinnere mich deutlich, wie ich über die Alleghenybrücke rannte oder vielmehr in großen Sätzen sprang, mitten auf der Fahrbahn, weil mir der Fußweg am Sonnabendabend zu voll war. Ich gab meiner Mutter, die die Schatzmeisterin für die Familie war, 11¼ Dollar und sagte nichts von den 2¼, die ich noch in der Tasche hatte und die mir noch jetzt mehr wert sind als alle Millionen, die ich seitdem verdient habe.
Tom, damals ein Junge von neun Jahren, schlief mit mir zusammen im Dachstübchen. Als wir glücklich im Bett lagen, flüsterte ich meinem lieben Brüderchen mein großes Geheimnis ins Ohr. Selbst in seinem Alter begriff er schon, was das zu bedeuten hatte, und wir sprachen von der Zukunft. An jenem Abend setzte ich ihm zum erstenmal auseinander, wie wir zusammen ein Geschäft eröffnen wollten; daß die Firma »Gebrüder Carnegie« bedeutend werden müsse und daß Vater und Mutter eine eigene Kutsche bekommen sollten. Das schien für uns damals der Inbegriff alles Reichtums und das begehrenswerteste Ziel auf der Welt. Eine alte schottische Frau, deren Tochter einen Londoner Kaufmann geheiratet hatte, wurde von ihrem Schwiegersohn aufgefordert, zu ihnen nach London zu ziehen, da sollte sie auch eine eigene Kutsche haben. Aber sie antwortete ihm: »Was habe ich von der schönsten Kutsche, wenn mich die Leute in Strathbogie nicht darin fahren sehen?« Unser Vater und Mutter sollten nicht nur von allen Leuten in Pittsburg gesehen und bewundert werden, sie sollten auch nach Dunfermline fahren und ihre alte Heimat in vornehmem Stile besuchen.
Als am Sonntag früh die ganze Familie beim Frühstück saß, holte ich meine Dollar aus der Tasche. Die Überraschung war groß, und es dauerte erst eine ganze Weile, bis die Eltern die Situation erfaßt hatten. Aber dann verrieten Vaters zärtlicher Stolz und Mutters glänzende, tränenfeuchte Augen ihre Gefühle. Es war der erste große Erfolg ihres Jungen und ein sicherer Beweis dafür, daß er der Beförderung würdig war. Kein späterer Erfolg, keine Anerkennung von irgendwelcher Seite ist mir so zu Herzen gegangen wie diese. Ich kam mir vor wie im Himmel auf Erden. Meine ganze Welt vergoß Freudentränen. –
Bei dem morgendlichen Reinemachen im Telegraphenzimmer hatten die Jungen Gelegenheit, auf den Apparaten zu üben, ehe die Telegraphisten zum Dienst erschienen. Da war wieder eine neue Chance für mich. Ich lernte bald den Stromschließer zu handhaben und unterhielt mich auf diese Weise mit den Jungen auf anderen Ämtern, die die Gelegenheit ebenso wahrnahmen wie ich.
Wenn man etwas lernt, so bleibt auch nie die Gelegenheit aus, seine Kenntnisse bald praktisch zu verwerten. Eines Morgens hörte ich sehr stark das Pittsburger Rufzeichen. Ich nahm an, daß jemand dringend ein Telegramm aufzugeben wünschte. Kurz entschlossen antwortete ich und ließ den Streifen laufen. Philadelphia wollte dringend eine Todesnachricht nach Pittsburg senden. Ob ich sie aufnehmen könnte? Ich antwortete, ich wolle es versuchen, nur müsse sie langsam aufgegeben werden. Es ging alles glatt, und ich lief mit dem Telegramm hinaus. Aufgeregt wartete ich, bis Mr. Brooks kam, und erzählte ihm, was ich zu tun gewagt hatte. Glücklicherweise erkannte er es an, lobte mich, anstatt mir über meine Eigenmächtigkeit Vorwürfe zu machen, und entließ mich mit der Ermahnung, sehr gut aufzupassen und keine Fehler zu machen. Bald ließ man mich zeitweilig den Apparat bedienen, wenn der Diensthabende fortgehen wollte. So lernte ich telegraphieren.
Für mich war es ein Glücksfall, daß wir damals einen ziemlich lässigen Telegraphisten hatten, der mir seine Arbeit nur allzu gern überließ. Der Betrieb wurde damals so gehandhabt, daß die Depesche auf einem laufenden Streifen Papier ankam und der Beamte dann den Text einem Schreiber diktierte. Aber es war schon die Kunde zu uns gedrungen, daß ein Mann im Westen gelernt hätte, die Nachricht sofort nach dem Gehör zu entziffern, d. h. ein Telegramm wirklich gleich beim Hören aufzunehmen. Ich versuchte, dieses neue Verfahren zu üben. Einer unserer Telegraphisten, Mr. Maclean, hatte es schnell gelernt und sein Erfolg spornte mich an. Ich war selbst überrascht, mit welcher Leichtigkeit ich die neue Sprache lernte. Als ich eines Tages in Abwesenheit des Beamten eine Nachricht aufnehmen wollte, nahm mir unser alter Schreiber meine Anmaßung übel und erklärte, er schriebe nicht nach dem Diktat eines Botenjungen. Da griff ich nach Bleistift und Papier und nahm die Nachricht nach dem Gehör auf. Sein überraschtes Gesicht werde ich nie vergessen. Er ließ sich seinen Bleistift und seinen Block zurückgeben, und von da an gab es zwischen dem lieben, alten Courtney Hughes und mir keinerlei Schwierigkeiten mehr. Er war von da an mein ergebener Freund und Schreiber.
Kurz darauf wollte Mr. Taylor, der Telegraphist in Greensburg, dreißig Meilen von Pittsburg entfernt, auf zwei Wochen verreisen und fragte bei Mr. Brooks an, ob er ihm nicht jemand zur Vertretung schicken könnte. Mr. Brooks ließ mich rufen und fragte mich, ob ich mir die Leistung wohl zutraute. Ich antwortete sofort bejahend. »Schön«, sagte er, »schicken wir Sie also versuchsweise dorthin.«
Meine Fahrt in der Postkutsche war herrlich. Es war mein erster Ausflug und die erste Gelegenheit, mir die Gegend einmal anzusehen. Das Hotel in Greensburg war die erste öffentliche Gaststätte, in der ich eine Mahlzeit genommen habe. Das Essen kam mir fürstlich vor. Das war im Jahre 1852. Bei Greensburg machte man damals tiefe Ausschachtungen und legte Dämme an für die Pennsylvaniabahn, oft ging ich schon früh am Morgen hinaus, um die Fortschritte der Arbeit zu beobachten. Ich ließ mir's damals auch nicht träumen, daß ich so bald in den Dienst dieser großen Gesellschaft treten sollte.
Meine Greensburger Tätigkeit war die erste verantwortliche Stellung, die ich im Telegraphendienst hatte. Ich war so eifrig darauf bedacht, im Bedarfsfall immer zur Hand zu sein, daß ich eines Nachts während eines heftigen Unwetters noch sehr spät im Dienstraum saß, weil ich die Verbindung noch nicht abbrechen wollte. Ich kam zu dicht an den Stromschließer und wurde zur Strafe für meinen Leichtsinn vom Stuhl geworfen. Um Haaresbreite hätte ein Blitz meiner Laufbahn ein jähes Ende gesetzt. Von da ab war ich aber im Amt bekannt wegen meiner Vorsicht beim Gewitter. Ich füllte die leichte Tätigkeit in Greensburg zur Zufriedenheit meiner Vorgesetzten aus und kehrte, im Vergleich zu den anderen Jungen, mit einer Art Heiligenschein nach Pittsburg zurück. Bald kam auch eine Beförderung. Ein neuer Telegraphist wurde gebraucht, und Mr. Brooks depeschierte an meinen späteren lieben Freund James D. Reid, der damals Generaldirektor der Linie war (übrigens auch ein prachtvoller schottischer Landsmann), und empfahl mich ihm als Hilfstelegraphist. Das Antworttelegramm aus Louisville besagte, Mr. Reid sei durchaus mit »Andys« Beförderung einverstanden, wenn Mr. Brooks ihn für geeignet hielte. Das Ergebnis war, daß ich als Hilfstelegraphist eingestellt wurde mit dem fabelhaften Monatsgehalt von 25 Dollar. Mir kam das wie ein Vermögen vor. Mr. Brooks und Mr. Reid James D. Reid erzählt in seinem Buche The Telegraph in America (Neuyork 1879): »Mir gefielen die Augen des jungen Burschen, und man sah gleich, daß er, wenn er auch noch ein junges Kerlchen war, doch voll Begabung steckte. Er war noch nicht einen Monat bei mir, da bat er mich schon, ihn telegraphieren zu lehren. Ich unterrichtete ihn und hatte an ihm einen äußerst gelehrigen Schüler.« Reid stammte aus der Nähe von Dunfermline; vierzig Jahre später konnte Mr. Carnegie seine Ernennung zum amerikanischen Konsul in Dunfermline durchsetzen. [Van Dyke.] verdanke ich mein Aufrücken vom Botenjungen zum Telegraphisten. Ich war damals sechzehn Jahre alt, meine Lehrzeit war zu Ende. Nun war ich kein Junge mehr, sondern ein Mann und arbeitete auch wie ein Mann – verdiente ich doch für jeden Arbeitstag einen Dollar!
Der Dienstraum eines Telegraphenamtes ist eine ausgezeichnete Schule für einen jungen Mann. Hier kann sich seine Kombinationsgabe und Findigkeit trefflich entfalten. Mir kam auch mein bißchen Kenntnis der englischen und europäischen Verhältnisse bald gut zustatten. Jedes Wissen ist so oder so einmal nützlich; es kommt immer zur Geltung. Die ausländischen Nachrichten kamen über Cape Race, und das Aufnehmen der aufeinanderfolgenden Dampfertelegramme war ein Hauptteil unserer Obliegenheiten. Ich zog diese Arbeit aller anderen vor, und bald wurde sie mir stillschweigend ganz übertragen. Die telegraphischen Einrichtungen waren damals noch recht unvollkommen, besonders während eines Gewitters mußte vieles vom Text erraten werden. Ich stand in dem Ruf, ein Genie im Raten zu sein, und es war mir ein Hauptvergnügen, Lücken zu ergänzen, anstatt den Geber zu unterbrechen und wegen ein paar verlorener Worte kostbare Minuten zu vergeuden. Bei ausländischen Nachrichten war das nicht sehr gefährlich; denn wenn sich der kühne Telegraphist wirklich einmal einige Freiheiten am unrechten Orte erlaubte, so waren diese doch nie derart, daß sie ihn in ernstliche Verlegenheit bringen konnten. Meine Kenntnisse der auswärtigen, insbesondere der englischen Verhältnisse erweiterten sich sehr, und ich traf mit meinen Ergänzungen immer das Richtige, wenn ich nur erst die ersten 1 oder 2 Buchstaben hatte.
Die Pittsburger Zeitungen pflegten alle einen Berichterstatter zum Telegraphenamt zu senden, um die eiligen Nachrichten für die Presse abzuschreiben. Später versah ein Mann diesen Dienst für alle Zeitungen. Dieser schlug vor, von jeder einlaufenden Depesche gleich beim Eingang mehrere Abschriften zu nehmen. Es wurde vereinbart, daß ich ihm gegen ein Entgelt von wöchentlich 1 Dollar von jedem Pressetelegramm fünf Abzüge als Extraarbeit liefern sollte. Diese meine erste Tätigkeit für die Presse war zwar nicht besonders einträglich, aber sie erhöhte doch mein Gehalt auf 30 Dollar im Monat, und in damaliger Zeit war jeder Dollar für mich von Bedeutung. Meine Familie kam allmählich aus dem Gröbsten heraus; schon schien die Morgenröte künftigen Reichtums am Himmel zu leuchten.
Einen anderen Schritt von entscheidender Bedeutung für mich tat ich, als ich mich zusammen mit meinen fünf schon genannten Freunden in die »Literarische Webster-Gesellschaft« aufnehmen ließ. Wir fünf bildeten einen kleinen geschlossenen Kreis für uns und waren unzertrennlich. Das war für uns alle von großem Nutzen gewesen. Wir hatten bereits einen kleinen Diskussionsklub gehabt, dessen Zusammenkünfte in der Werkstatt von Mr. Phipps' Vater stattfanden, wo tagsüber dessen Schustergesellen arbeiteten. Tom Miller erinnerte mich vor kurzem daran, daß ich einmal fast anderthalb Stunden lang über die Frage »Soll der Richterstand vom Volk gewählt werden?« gesprochen habe, aber wir wollen gnädig annehmen, daß sein Gedächtnis hier nicht ganz zuverlässig ist. Der Webster-Klub nun war damals der erste in der Stadt und wir waren nicht wenig stolz, daß man uns der Mitgliedschaft würdig befand. Unsere Qualifikation für ihn beruhte nur auf unseren Debatten in der Schusterwerkstatt.
Die Mitgliedschaft in einem solchen Klub ist ein großer Vorteil für jeden jungen Mann. Ich bereitete mich durch Lektüre auf die bevorstehenden Diskussionen vor, meine Gedanken wurden dadurch klarer und präziser. Meine Sicherheit im Reden vor einem größeren Kreise habe ich sicher den Diskussionen in dem Webster-Klub zu danken. Seit damals gelten für mich zwei Hauptregeln bei allem öffentlichen Reden. Erstens: Bereite dich zu Hause ordentlich vor, ehe du sprichst, und rede in einfacher Weise zu deiner Zuhörerschaft, sprich nicht über sie hinweg. Sodann: Versuche nicht, anders zu erscheinen, als du bist; bleibe stets »du selbst«, und sprich, rede, aber schwatze nicht, bis dir selbst der Kopf brummt. –
Im Amte nahm ich schließlich alle Telegramme nur noch nach dem Gehör auf und benutzte den Druckapparat gar nicht mehr. Das war damals noch eine so seltene Fertigkeit, daß manche Leute den Dienstraum besuchten, um sich das Kunststück anzusehen. Ich wurde ordentlich berühmt dadurch; und als durch eine große Überschwemmung die gesamte telegraphische Verbindung zwischen Steubenville und Wheeling, eine Strecke von etwa 25 Meilen, zerstört worden war, schickte man mich nach Steubenville, um alle Telegramme aufzunehmen, die damals zwischen dem Osten und dem Westen hin und her gingen, und alle ein bis zwei Stunden die Depeschen in kleinen Booten den Fluß hinunter nach Wheeling zu senden. Die zurückkommenden Boote brachten dafür Depeschen mit, die ich nach Osten weitergab. Nur auf diese Weise ließ sich über eine Woche lang der ganze telegraphische Verkehr zwischen Osten und Westen über Pittsburg aufrechterhalten.
Während meines Aufenthalts in Steubenville hörte ich, daß mein Vater nach Wheeling und Cincinnati fuhr, um die Tischtücher, die er gewebt hatte, zu verkaufen. Ich wartete auf das Boot, das erst spät abends ankam, und ging hinunter, um ihn zu begrüßen. Ich weiß noch, wie es mich schmerzte, daß er als Deckpassagier fuhr, um den Preis für die Fahrt in der Kajüte zu sparen. Es kränkte mich im tiefsten Innern, daß ein von Natur so vornehmer Mensch gezwungen sein sollte, so zu reisen. Aber ich tröstete mich mit meinem Lieblingsgedanken und sagte: »Laß gut sein, Vater; es soll nicht mehr lange dauern, dann fährst du mit Mutter in eurer eigenen Kutsche.« Mein Vater war gewöhnlich schüchtern, zurückhaltend, leicht empfindlich und (ein typisch schottischer Zug) sehr sparsam mit seinem Lobe, um seine Söhne nicht hochmütig zu machen. Aber wenn ihn die Rührung übermannte, verlor er leicht die Herrschaft über seine Gefühle. Das war auch hier der Fall. Er ergriff meine Hand mit einem Blick, an den ich noch oft denke und den ich nie vergessen werde, und sagte langsam und leise: »Andrew, auf dich kann ich stolz sein.« Seine Stimme zitterte, und es war, als ob er sich schämte, weil er das gesagt hatte. Als er mir Gute Nacht sagte und mich in mein Bureau zurückschickte, sah ich mit Rührung, wie seine Augen feucht wurden. Viele Jahre lang klangen mir seine Worte im Ohr und machten mir das Herz warm. Wir verstanden uns. Wie zurückhaltend ist doch der Schotte! Je mehr er empfindet, desto weniger spricht er aus; und das ist gut so. Es gibt heilige Tiefen, in die hineinzuleuchten Entweihung wäre. Schweigen ist oft beredter als Worte. Mein Vater war einer der liebenswertesten Menschen, beliebt bei seinen Kameraden, tief religiös, obwohl er sich keiner Sekte und keiner besonderen Konfession anschloß. Er war fast zu gut für diese Welt und erschien mir wie ein Wesen aus anderen Sphären. Trotz seiner Zurückhaltung war er die Güte selbst. Leider mußte er kurz nach dieser Reise nach dem Westen von uns scheiden, gerade als es möglich wurde, ihm das Leben weniger arbeitsreich und etwas behaglicher zu gestalten.
Bald nach meiner Heimkehr nach Pittsburg machte ich die Bekanntschaft eines hervorragenden Mannes, Thomas A. Scott. Er war ein Mann, dem die Bezeichnung eines Genies auf seinem Gebiete sicherlich gebührt. Er war nach Pittsburg gekommen als Direktor der dortigen Abteilung der Pennsylvania-Eisenbahn. Zwischen ihm und seinem Vorgesetzten, dem Generaldirektor Mr. Lombaert in Altoona, bestand ein lebhafter telegraphischer Verkehr. So kam er häufig des Abends ins Telegraphenamt, und mehrmals hatte ich, wenn er kam, zufällig gerade Dienst. Eines Tages erzählte mir zu meiner großen Überraschung einer seiner Assistenten, mit dem ich bekannt war, Mr. Scott habe ihn gefragt, ob er wohl glaube, daß er mich als Sekretär und Telegraphist bekommen könnte; worauf er geantwortet habe: »Das ist ganz ausgeschlossen; er ist ja als Telegraphist angestellt.« Als ich das hörte, erwiderte ich sofort: »Nicht so schnell! er kann mich schon haben, denn ich möchte aus dem ewigen Innendienst heraus. Bitte sagen Sie ihm das.«
So wurde ich am 1. Februar 1853 für ein Monatsgehalt von 35 Dollar als Mr. Scotts Sekretär und Telegraphist engagiert. Die Gehaltserhöhung von 25 auf 35 Dollar war die größte, die ich bis dahin erlebt hatte. Das öffentliche Telegraphenamt wurde zunächst in Mr. Scotts Bureau im äußeren Bahnhof verlegt; die Pennsylvania-Eisenbahngesellschaft erhielt die Genehmigung, den Draht nach Belieben bis zur Fertigstellung ihrer eigenen, zur Zeit noch im Bau befindlichen Linie zu benutzen, sofern dadurch der allgemeine öffentliche Dienst keine Störung erlitt.