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Unfern der Meeresklippen im Westen von England erheben sich die Ruinen einer alten Abtei, die wissentlich von keinem Freunde des Malerischen unbesucht gelassen werden; und stolz in ihrer melancholischen Großartigkeit wiesen sich jetzt diese Ruinen, als auf den Schwingen des Windes, die Asmodeus zu unserer Hülfe 49 herbeibeschworen hatte, wir über die Waldstrecke zu ihnen hinsegelten. Ein Theil des trümmerhaften Gebäudes verbarg sich hinter Schlingkraut und Moos, das an dem grauen Gestein herabhing, und hinter manchem Baum, der mit trauervoll hangendem Wipfel sich über gestürzte Säulen und zerfallene Schwibbögen beugte. Allein durch ein einziges hohes Bogenfenster ließ der Mond scharfen Strahl fallen, und tief unten brach der mitternächtige Ocean sich in zahllose Funken lebendigen Lichtes. Fernhin sah man den gelben Ufersand sich um die Klippen herumdehnen, jedoch außer diesen Ruinen war kein Haus, keine Hütte am weiten Horizont wahrzunehmen. Links von der Abtei lagert ein alter Kirchhof, in dessen Grüften die Gebeine eines Dutzend Mönche modern, die ihrer Zeit lustige Gesellen gewesen seyn mogten. So schienen nur die Todten uns zu bewillkommnen. Dem war jedoch nicht so, denn als ich einem anderen Theile der Abtei, da wo der Hauptthurm sich noch befand, mich zuwendete, gewahrte ich durch ein langes schmales Fenster, das zur Hälfte von Schlingkraut überhangen war, jenes bleiche, mystische Licht hervorströmen, das wir in der Ferne hatten schimmern sehen. In demselben Augenblick ward ein lautes Chorgelächter hörbar, und sobald dasselbe aufhörte, ließ sich auf den von einer sanften, lieblichen Stimme ertheilten Befehl ein Gesang in einer mir etwas fremdartig klingenden Sprache vernehmen, von der der Teufel mir jedoch, indem er sich die Augen wischte, nicht 50 nur versicherte, daß er rührend, sondern auch das reinste Schottisch wäre und aus seinem Mutterlande käme.
Als der Gesang zu Ende war, erscholl Musik wie aus tausend Instrumenten.
»Ich kann's nicht länger aushalten.« schrie Asmodeus und fuhr sausend zum Fenster hinein – ich hinter ihm drein.
»Halloh! He! was beunruhigt Euch? Bleibt doch! Kosem Kesamim, sey gegrüßt! Bleiben Sie doch, meine Damen! Was für ein Tolldurcheinander! Erschreckt Sie ein alter Freund? Es ist ja nur Asmodeus! Und sehen Sie nur, Señoras und Señoritas, er hat Ihnen einen Mann, einen jungen Mann als Gast mitgebracht, der zu gleicher Zeit unternehmend und verschwiegen ist.«
Während Asmodeus so sprach, hatte ich die Hand eines überaus schmuckaussehenden Hexchens ergriffen, das etwa fünfunddreißig Jahre zählen mochte, schlank gewachsen, jedoch in ein Gewand nach dem Schnitte zur Zeit der Königin Anna gekleidet war. Indem ich mich bemühete, sie von ihrer Furcht zurückzubringen, überblickte ich das Gemach und den in demselben auseinander gesprengten Gesellschaftkreis.
Es war ein großes, niedriges, langviereckiges Gemach; das Licht, welches ich bereits beschrieb, entquoll etlichen großen Scheiten Tannenholz im Kamin, und lieferte den Versammelten Erleuchtung und Wärme. In der Mitte des Gemaches stand ein Tisch, der mit gut aussehenden Speisen reichlich besetzt war, und es fehlte sogar 51 nicht an Wein, denn die Hexen pflegen nicht minder ihres Leibes als alle anderen respectablen Damen. Um diese Tafel herum saßen an achtzehn Weiber jeglichen Alters – von zwanzig Jahren bis zu grauer Ewigkeit, in sofern ich nach ihrem Aeußern sie beurtheilen konnte. Denn einige von ihnen sahen, um uns des Ausdrucks Wordsworth's zu bedienen – »unermeßlich alt« aus.
Jahrhunderte schienen in ihren Wangenrunzeln und in ihren verglaseten aber stechend blickenden Augen begraben zu liegen. Ihre Gewänder entsprachen keiner Mode, von welcher irgend eine mir bekannte Geschichte oder Legende eine deutliche Beschreibung lieferte. Falte an Falte in denselben erinnerte an eine Todtenbekleidung, deren Farbe entweder schwarz oder vom kältesten Weiß war, und die so herabfiel daß sie keinen Umriß des Körpers erblicken, ja nur ahnen ließ, sondern so sich zeigte, als verhülle sie irgend eine Traumgestalt. Von den älteren Weibern trug jede auf ihrer Brust einen brennendrothen Halbmond, dessen Gestein aus unverzehrbarem Feuer zu seyn schien. Kein anderer Schmuck war an ihnen zu erblicken.
Diese Weiber wurden, wie ich recht wohl bemerkte, durch unser Kommen nicht im mindesten gestört. Sie behielten ihre Stellung bei, hefteten blos ihren leidenschaftlosen und unzubeschreibenden Blick auf uns und winkten meinem Gefährten ein ernstes, wortloses »Willkommen« zu. Die jüngeren Hexen aber, die vielleicht so unerfahren waren, daß sie noch nie zuvor einen Teufel gesehen 52 hatten, erhoben mitsammen das lieblichste Geschrei, das man sich nur denken kann, fuhren von ihren Sitzen auf, und wurden durch meines Begleiters Anrede halb in die Flucht gejagt, halb an die Stelle, auf der sie standen, gebannt, so daß sie ein »tableau« zeigten, wie nimmer ein Opernballet es hat zur Veranschaulichung bringen können. Da ich jedoch wußte und weiß, daß in allen Damengesellschaften die Herren gewöhnlich so selten zu seyn pflegen, wie die Erdbeeren es um Weihnacht sind, so war mein Hauptzweck bei'm Umherblicken im Gemache der, ob ich einige junge Hexenmeister wahrnehmen möchte. Anfänglich gewahrte ich außer uns beiden Ankömmlingen nichts Männliches, bis mein Blick plötzlich auf eine Gestalt fiel, die zu Häupten der Tafel in einer Schattenmasse saß, vor welcher sogar das stätighelle Licht des Kamins wie mit Ekel oder Entsetzen zurückzubeben schien. Ob Mann, ob Weib, ob menschliches, ob übermenschliches Wesen ich vor mir sah, wußte ich in diesem Augenblick nicht, bis ich, als das Geschöpf aufstand, durch die verdichtete Luft, von der es umgeben war, Umriß und Gestalt eines Mannes wahrnahm.
Indem Asmodeus, als er die allgemeine Ordnung wieder hergestellt sah, sich höchst ehrerbietig zu dieser Mannsgestalt wendete, sprach er: »Heil Dir, Kosem Kesamim! Ein junger Strebling nach dem Unklaren, dem Schattigen, dem Fernen kommt mit mir, Dich und Deine Dienerinnen bei dieser festgesetzten Zusammenkunft zu besuchen. Beurtheile ihn, o Kosem, nicht unbedingt nach 53 seinem Begleiter, denn ich bin um Vieles zu gut für ihn.«
Die Hexen, die jungen nämlich, lachten; und da ich nicht vermochte den Teufel ganz und gar zu verläugnen, so that als hörte ich ihn nicht, und fuhr fort mit dem schmuckaussehenden Hexchen schön zu thun, das mir eine Wittwe zu seyn schien.
»Alle sind mir willkommen, denn in Allen steckt Wissenserkenntniß!« antwortete eine dumpfe, trauervolle, aber melodische Stimme, die all' mein Gebein wie die Stimme irgend eines geschiedenen Propheten durchdrang, die von einem Hebräer beschworen worden war, künftiges Unheil zu weissagen. Die Gestalt setzte sich wieder, und dies war das Zeichen zur Fortsetzung des Banketts.
»Meine liebe Mekassephahs, oder richtiger, Mekassephim,« sagte Asmodeus, indem er die Damen anredete – denn dies Wort, wie ich späterhin lernte, drückt die eigentliche Benennung der Hexen aus – »meine liebe Mekassephim, ich bin entzückt, Sie endlich einmal wieder zu sehen. Azna, mein Herzblättchen, kredenze mir ein Glas Wein. Bosniah, soll ich Dir aus dieser Schüssel vorlegen? Die Trüffeln darin scheinen köstlich zu seyn. Jesdah, ich bitte Dich, sorge für meinen jungen Freund.«
Wir Alle langten jetzt zu, und ich kann versichern, daß ich nimmer einem trefflicheren Abendschmause beiwohnte, denn traun! dies Hexengelichter hat seinen Leckerzahn. Was für ein Tollwahn ist's zu glauben, die Mekassephim verspeiseten Kröten und Finger Erwürgter! 54 Eitel Pöbelvorurtheil! just so, wie wenn man glaubt, unsere Philosophen lebten von Brunnenkresse! Als ob das Wissen, so in der Hexe, wie im Philosophen, nicht dahin strebte, die besten Genussesquellen ausfindig zu machen! Und was gab's, ein Geschnatter und Geplauder und Gelächter, und Gläsergeklingel und Tellergeklapper – lauter ächtes Porzellan, ich kann's beschwören, denn ich sah nach dem Fabrikstempel – und wie vertraut wurden wir mit einander, als gehörten wir zur Weisheitclique im Gesellschaftsaal einer Madame Du Devand! – versteht sich immer mit Ausnahme Kosem Kesamims, zu Häupten der Tafel, und der ältlichen Damen, auf welche ich früher ehrerbietig hingedeutet habe. Diese aßen nicht, tranken nicht, sprachen nicht, sondern glichen den gespenstischen Mumien, die von den Aegyptern an deren Festmahlstafeln aufgestellt wurden, obschon deshalb das Mahl nicht um ein Härchen minder jovial ausfiel, denn man betrachtete sie nur als Figürchen auf einer Confectschüssel.
Ich machte die besten Fortschritte in der Gunst der schönen Jesdah, die mir zum Heil eine Engländerin war, während die übrigen Anwesenden andere Länder zur Heimath hatten, und deswegen nur mittelst ihrer Augen sich mit mir unterhalten konnten.
»Kommen Sie aus London?« fragte Jesdah mich mit huldvollem Lächeln.
»Zu dienen,« antwortete ich. »Ist es lange her, daß Sie dort waren, Mylady?«
»Ah, Sie haben also meinen Rang ermittelt?«
55 »Um Verzeihung, ich muthmaßte ihn nur.«
»Hm! Nun ja, es mag ein Paar Schock Jährchen her seyn, daß ich London besuchte. Geht's dort noch so lustig her? Alle Nacht Trommelgewirbel? Und die Damen? Zerfallen sie noch in Cliquen? Und das liebe Schauspielhaus? Wer macht dort jetzt Furore? Wer ist der hübscheste Schauspieler? Wie heißt der jüngste dramatische Autor? Noch immer, sollt' ich meinen, ward kein Stück geschrieben, das Addison's Cato gleichkommt, so daß dieser Cato noch immer allwöchentlich zweimal gespielt wird. Doch – verzeihen Sie mir die Frage, gehören Sie – nochmals, verzeihen Sie – gehören Sie der – der vornehmen Welt, den Männern ›à la mode‹ an? Sie tragen keine Perücke, und an Ihrem Kleide sehe ich keine Spur von Goldtressen.«
»Madam,« antwortete ich, »mein Stammbaum hat der Aeste genug, und mein Vermögen ist ziemlich ausreichend, um mich zu dem zu machen, was man gemeinhin einen Gentleman nennt. Anderer Qualitäten zu Führung dieses Titels bedarf man in unserer Zeit nicht mehr. Nur die Schreiber bei den Parlamentsitzungen tragen noch Degen, und das Gold ist viel zu knapp bei uns, daß wir es an unsere Kleider verschleudern sollten. So waren Sie also wirklich seit der Zeit der Königin Anna nicht in London? Wohnen Sie beständig in dieser Abtei? Sie scheint mir keine anmuthige Winterresidenz zu seyn.«
»Oh ciel! nicht doch!« rief die Dame, indem sie kokettirend sich fächelte. »Der Qualm hier würde mich 56 tödten. Ich – – doch still! Sie sind noch nicht bevorrechtet meine Wohnung kennen zu lernen. Späterhin vielleicht, wenn Sie sich fein artig benehmen, soll Ihnen Erlaubniß werden mich zu besuchen.«
»Ich lebe in Hoffnung. Ein Glas Champagner gefällig? Und nun um Verzeihung, wenn ich frage, ob Sie wirklich eine Hexe sind. Ich leugne nicht, daß Sie hohe Zauberkraft besitzen, allein Sie sehen so wenig den Hexen gleich, die man uns auf der Schaubühne vorführt.«
»Nichts desto weniger,« versetzte Jesdah lachend, indem sie sich einige Löffel voll Hummersalat vorlegte – »nichts desto weniger bin ich eine ganz regelrechte Hexe, und kann in einer Nußschale über das Meer eben so gut segeln, als irgend ein altes Weib, das jemals verbrannt worden ist.«
Nachdem ich über diesen Selbstruhm meine Verwunderung geäußert hatte, fragte ich: »Mit Verlaub, Madam? Befinden sich hier alle jetzt existirenden Hexen? Ist dies der Fall, so sagen Sie mir, welche von ihnen die drei Damen sind, die im ›Macbeth‹ figuriren.«
»Ach, die sind todt – mausetodt!« rief Jesdah mit emporgehobenen Händen; »sie starben vor Aerger, als sie lasen, was für Scheugebilde William Shakspeare aus ihnen gemacht. Unter uns,« setzte die Dame flüsternd hinzu, »sie waren unbändig eitle, alte Creaturen, und es geht noch das Gerede, daß sie sich nicht genugsam von Macbeth den Hof gemacht sahen.«
Das Jubeln um Asmodeus herum ward jetzt ein 57 wahrer Lärm, und ich benutzte das Getöse, um »sotto voce« die schöne Jesdah zu fragen, ob die dunkle Gestalt zu Häupten der Tafel – der Fürst des Bösen wäre?
»Nicht doch! nein!« antwortete sie in gleichem Flüstertone, »er ist ein menschliches Wesen gleich Ihnen, jedoch der mächtigste Zauberer, der jemals existirte; auch weiß Niemand das Land, in welchem, noch die Stunde, in welcher er geboren ward.«
Forschend blickte ich auf die Gestalt; die Dunkelheit jedoch, von der dieselbe, wenn sie sich ruhig hielt, umgeben war, machte meinen schärfsten Hinblick zunicht.
Das Mahl war jetzt zu Ende – die Gläser wurden rascher noch denn zuvor geleert – der Lärm verbrudelte sich immer ärger – und ich und meine Hexe trieben allen Ernstes ein süßes Liebesspiel, als nochmals die überirdisch klingende Stimme Kosem Kesamims erscholl, und plötzlich, gleich wie Schnee auf einer märzgrünen Wiese, sich kältend über uns ausbreitete.
»Fremdling,« ließ Kosem Kesamim sich vernehmen, »es weisen sich Zeichen und Spuren von Umwandlung in der Welt – werden sie von der Menge als solche wahrgenommen und gedeutet? Sprich! Ich weiß Alles, was im Werk' ist, allein hören möcht' ich, um zu erkennen, was in der Menschen Busen vorgeht, wie das Erdenvolk dergleichen anschauet, auffasset, beherzigt, und welche Folgerungen für die Zukunft es daraus hergeleitet. Also rede!«
»O Kosem Kesamim – vergib mir, wenn ich Deinen 58 Namen nicht mit gebührendem Hexenaccent ausspreche! – ich bin so eben jenem Bienenkorbe Londons entflogen, in welchem ich einen fleißigen Mitarbeiter abgab, und so weit mir Muße zum Beobachten blieb, nahm ich wahr, daß des ganzen Schwarmes großes Geschäft ein Hader zwischen den Arbeitsthieren und den Drohnen ist. Gewiß aber, o Kosem, ist, um von metaphorischer Redeweise abzulassen, und schlichtweg zu sprechen, gewiß aber ist in dem Aussehen der gegenwärtigen Dinge Vieles, was den menschlichen, nichthexenmeisterlichen Beschauer belustigt, überrascht und entsetzt. Zuvörderst sehe ich eine bedeutende Anzahl hübsch aussehender, hochnasiger und prunkend gekleideter Leute. die zu Clubbs und Soireen gehen, als ob sie in der friedvollsten Zeit der Welt lebten; dennoch ist an ihnen eine Wandlung oder doch ein Anflug von Wandlung wahrzunehmen. Es entsetzt sie, daß Andere, die nicht zu ihrer Caste gehören, sondern tief unter dieser zu stehen pflegten, angefangen haben, zu denken, und so nach Selbstständigkeit zu ringen. Dadurch ermangeln die Belustigungen der Vornehmen des Systems, von welchem dieselben ehemals durchdrungen waren, so daß sie gestört, zersplittert erscheinen, ohne daß sie unausgesetzt gehegt oder verfolgt würden. Die Oper kränkelt, die Bälle sind fade und langweilig, tonangebende Damen sehen sich mehr der Menge gleichgestellt, die Dynastie der Modegecken und Pflastertreter ist ihrem Erlöschen nahe; mit einem Worte, die Schlenderer und Schlecker aus den seiderauschenden Zirkeln fangen an zu wittern, daß eine 59 Zeit reift, die nicht mehr zum Lebenszwecke hat, daß etliche Wenige sich atzen und mästen, und herrlich und in Freuden leben, während die Vielen mit dem Hungertode ringen. Wird aber das Wogen und Wallen der Elemente in socialen Anordnungen schon in den höheren Graden sichtbar, so ist es doch nichts gegen den Feuergeist, der langsam durch die Gemüther der Menge zieht. Wird der menschliche Scharfsinn in dem einen Punkte angeregt, so schleift er sich um so mehr für andere Punkte spitz; es ist jetzt zwischen dem Mechanismus einer Dampfmaschine und dem einer Regierungverwaltung kein so großer Unterschied, als Mancher vielleicht glauben möchte; Vereinfachung ist wahrer Fortschritt in der Weisheit – man arbeitet jetzt an Vereinfachung, und so werden unter den Gewerbsleuten unserer großen Städte Dinge von hoher und gewaltiger Wichtigkeit, die ehemals nur den Verhandlungen der Philosophen überwiesen waren, ernst und feierlich besprochen. Die wahren Grundlagen der menschlichen Gesellschaft – der eigentliche Ursprung der Volksstände – die Vertheilung der Güter und die beiden großen Fragen: ›was ist Menschenwerth?‹ und ›was ist Regierung?‹ sind die Hauptthemata, über die der Mann hinter seinem Arbeitgeräth nachdenkt; und während die oberen Grade dergleichen Themata als langweilig von der Hand weisen, das Theoretische in ihnen verachten, und es als gefährlich verdammen, bricht die Stunde herein, in welcher Antwort auf solche Fragen begehrt wird; und – vergebens würd' ich trachten, es zu verhehlen – sociale 60 Reform will den Frechfernblick legislativer Reformen den Sehkreis beengen. O Kosem Kesamim! würde mir nur noch ein Viertheil der Lebensjahre, welche diese schöne Dame neben mir zählt – ihrer sind zehn Dutzend, wie sie sagt, so dürft' ich Dinge schauen, wodurch Herr Winzig auf dem Machthabersitze zu Stein, und jeder steifnackige Sinecurist butterweich werden mögte. Aus diesen Winken, o Kosem Kesamim, magst Du entnehmen, daß, während Weisheit sich in den Tiefen der socialen Welt regt, die Thorheit noch immer oben schwebt, und ihre Narrenschellen klappern läßt.«