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Schulaufsatz. 1829/1830
Für Tugend, Menschenrecht und Menschen-Freiheit sterben
Ist höchsterhabner Mut, ist Welterlöser-Tod,
Denn nur die göttlichsten der Helden-Menschen färben
Dafür den Panzer-Rock mit ihrem Herz-Blut rot.
Bürger
Erhaben ist es, den Menschen im Kampfe mit der Natur zu sehen, wenn er mit gewaltiger Kraft sich stemmt gegen die Wut der entfesselten Elemente und, vertrauend der Kraft seines Geistes nach seinem Willen die Kräfte der Natur zügelt.
Aber noch erhabner ist es den Menschen zu sehen im Kampfe mit seinem Schicksale, wenn er es wagt mit kühner Hand in die Speichen des Zeitrades zu greifen, wenn er an die Erreichung seines Zweckes sein Höchstes und sein Alles setzt. Wer nur einen Zweck und kein Ziel bei der Verfolgung desselben sich gesetzt hat, sondern das Höchste, das Leben daran wagt, gibt den Widerstand nie auf er siegt oder stirbt. Solche Männer waren es, die, wenn die ganze Welt feige ihren Nacken dem mächtig über sie hinrollenden Zeitrade beugte, kühn in die Speichen desselben griffen und es entweder in seinem Umschwunge mit gewaltiger Hand zurückschnellten oder von seinem Gewichte zermalmt einen rühmlichen Tod fanden, d. h. mit dem kleinen Reste des Lebens sich Unsterblichkeit erkauften. Solche Männer waren es, die ganze Nationen in ihrem Fluge mit sich fortrissen und aus ihrem Schlafe rüttelten, zu deren Füßen die Welt zitterte, vor welchen die Tyrannen bebten. Solche Männer, welche unter den Millionen, die gleich Würmern aus dem Schoß der Erde kriechen, ewig am Staube kleben und wie Staub vergehn und vergessen werden, sich zu erheben, sich Unvergänglichkeit zu erkämpfen wagten, solche Männer sind es, die wie Meteore in der Geschichte aus dem Dunkel des menschlichen Elends und Verderbens hervorstrahlen. Solche Männer zeugte Sparta, solche Rom. Doch wir haben nicht nötig die Vorwelt um sie zu beneiden, wir haben nicht nötig sie wie die Wunder einer längstvergangnen Helden-Zeit zu betrachten, nein, auch unsre Zeit kann mit der Vorwelt in die Schranken treten, auch sie zeugte Männer, die mit einem Leonidas, Cocles, Scävola und Brutus um den Lorbeer ringen können. Ich habe nicht nötig um solche Männer anzuführen auf die Zeiten Karls des Großen, oder der Hohenstaufen, oder der Freiheits-Kämpfe der Schweizer zurückzugehen, ich brauche mein Augenmerk nur auf den Kampf zu richten, der noch vor wenig Jahren die Welt erschütterte, der die (Menschheit) in ihrer Entwickelung um mehr denn ein Jahrhundert in gewaltigem Schwunge vorwärtsbrachte, der in blutigem aber gerechtem Vertilgungs-Kampfe die Greuel rächte, die Jahrhunderte hindurch schändliche Despoten an der leidenden Menschheit verübte(n), der mit dem Sonnen-Blicke der Freiheit den Nebel erhellte, der schwer über Europas Völkern lag und ihnen zeigte, daß die Vorsehung sie nicht zum Spiel der Willkür von Despoten bestimmt habe. Ich meine den Freiheits-Kampf der Franken; Tugenden entwickelten sich in ihm, wie sie Rom und Sparta kaum aufzuweisen haben und Taten geschahen, die nach Jahrhunderten noch Tausende zur Nachahmung begeistern können. Tausende solcher Helden könnte ich nennen, doch es genügt allein der Name eines L'Atour d'Auvergne, der wie ein Riesenbild in unsrer Zeit dasteht, hunderte solcher Taten könnte ich anführen, doch nur eine und die Thermopylen hören auf die einzigen Zeugen einer großen Tat zu sein.
Als die Franken unter Dumouriez den größten Teil von Holland mit der Republik vereinigt hatten, lief die vereinigte Flotte der Holländer und Franzosen gegen die Engländer aus, die mit einer bedeutenden Seemacht die Küsten Hollands blockierten. An der Küste von Nordholland treffen die feindlichen Flotten aufeinander, ein verzweifelter Kampf beginnt, die Franken und Holländer kämpfen wie Helden, endlich unterliegen sie der Übermacht und der Geschicklichkeit ihrer Feinde. In diesem Augenblick wird der Vainqueur, eins der Holländischen Schiffe, von drei feindlichen zugleich angegriffen und zur Übergabe aufgefordert. Stolz weist die kühne Mannschaft, obgleich das Schiff schon sehr beschädigt ist, den Antrag ab und rüstet sich zum Kampf auf Leben und Tod. Mit erneuerter Wut beginnt das Gefecht, das Feuer der Engländer bringt bald das der Franken zum Schweigen. Noch einmal wird der Vainqueur zur Übergabe aufgefordert, doch den Franken ist ein freier Tod lieber als ein sklavisches Leben, sie wollen nicht Leben, sie wollen Unsterblichkeit. Mit letztem Ruck feuern sie auf die Feinde, schwenken noch einmal die Banner der Republik und versenken sich mit dem Ruf: es lebe die Freiheit! in den unermeßlichen Abgrund des Meeres. Kein Denkmal bezeichnet den Ort wo sie starben, ihre Gebeine modern auf dem Grunde des Meeres, sie hat kein Dichter besungen, kein Redner gefeiert, doch der Genius der Freiheit weint über ihrem Grabe und die Nachwelt staunt ob ihrer Größe.
Doch warum greife ich denn nach außen um solche Männer zu suchen, warum beachte ich denn nur das Entfernte, warum nicht das, was mir am nächsten liegt? Sollte denn mein Vaterland, sollte denn Teutschland allein nicht Helden zeugen können?
Nein, mein Vaterland ich habe nicht nötig mich deiner zu schämen, mit Stolz kann ich rufen ich bin Teutscher, ich kann mit dem Franken, dem Römer und Sparter in die Schranken treten, mit freudigem Selbstbewußtsein kann ich die Reihe meiner Ahnen überblicken und ihnen zujauchzen: seht, wer ist größer denn sie? Die Griechen kämpften ihren Heldenkampf gegen die Gesamtmacht Asiens, die Römer triumphierten über den Trümmern Karthagos, die Franken erkämpften Europas politische Freiheit, aber die Teutschen kämpften den schönsten Kampf, sie kämpften für Glaubens-Freiheit, sie kämpften für das Licht (der) Aufklärung, sie kämpften für das, was dem Menschen das Höchste und heiligste ist. Dieser Kampf war der erste Akt, des großen Kampfes, den die Menschheit gegen ihre Unterdrücker kämpft, so wie die Französische Revolution der zweite war; sowie einmal der Gedanke in keine Fesseln mehr geschlagen war, erkannte die Menschheit ihre Rechte und ihren Wert und alle Verbesserungen, die wir jetzt genießen sind die Folgen der Reformation, ohne welche die Welt eine ganz andre Gestalt würde erhalten haben, ohne welche, wo jetzt das Licht der Aufklärung strahlt, ewiges Dunkel herrschen würde, ohne welche das Menschen-Geschlecht, das sich jetzt zu immer freieren, zu immer erhabneren Gedanken erhebt, dem Tiere gleich, seiner Menschen-Würde verlustig sein würde.
Auf diesen Kampf kann ich mit Stolz blicken, von Teutschland ging durch ihn das Heil der Menschheit aus, er zeugte Helden, von deren Taten eine allein alle Taten des Altertums aufwiegt und der nur ein tausendjähriges Alter fehlt um von allen Zungen gepriesen zu werden. – In den ersten Jahren des dreißigjährigen Krieges, als nach der Schlacht am weißen Berge bei Prag, alle mächtigen Teutschen Fürsten, besorgt für ihre Existenz, treulos die Sache der Protestanten verließen, waren es nur noch die kleineren Fürsten Teutschlands, die von einem höheren Gefühle geleitet ihr Leben und ihre Länder opferten um für Glauben und Freiheit ihr Blut zu versprützen. Unter ihnen ragt als das Muster eines Fürsten, Markgraf Friedrich von Baden hervor, gehorsam dem Rufe der Ehre und Pflicht riß er sich aus den Armen der Ruhe, übergab die Regierung seines Landes seinem Sohne und vereinigte sich an der Spitze von 20,000 Badensern mit dem Heerhaufen des Grafen von Mansfeld. Ohne zu zaudern rückte das vereinigte Heer den Liguistischen entgegen, die unter Tilly in der Ober-Pfalz standen. Bei Wimpfen treffen sich die feindlichen Heere, die Badenser werfen sich, obgleich sie in wiederholten Gefechten einige Tage zuvor schon bedeutenden Verlust erlitten haben, mutig auf den ihnen weit überlegnen Feind. Ein blutiges Treffen beginnt, hier kämpft Fanatismus, dort die geläuterte Begeistrung für die heiligsten Rechte der Menschheit, Wut ringt mit Tapferkeit, Taktik mit Helden-Mut. Doch was verma(g) die Übermacht, was Feldherrnkunst, was vermögen feile Söldner und wahnsinnige Fanatiker, gegen Männer, die mit ihren Leibern ihr Vaterland decken, die entschlossen sind zu siegen oder zu sterben? An einem solchen Bollwerk brechen sich Tillys mordgewohnte Banden, ihre Schlachtreihn wanken und sinken unter dem Schwerte ihrer erbitterten Gegner. Schon lächelt der Sieg den kühnen Helden des Glaubens und der Freiheit, schon wähnt sich Friedrich die Helden-Schläfe mit dem blutigen dem Sieger von mehr den(n) zwanzig Schlachten entrissenen Lorbeer schmücken zu können. Doch einem größeren war dieser Lorbeer aufbehalten, ein größerer sollte Teutschland befreien, sollte die Menschheit rächen, noch sollte die Furie des Fanatismus, Teutschlands blühende Gauen verwüsten, noch einmal sollte Tillys finstrer Dämon siegen. Ein furchtbarer Donnerschlag vernichtet mit einmal die schönsten Hoffnungen, verfinstert wieder den rosigen Schimmer von Freiheit, der über Teutschlands Gefilden aufzublühen schien und zersplittert in den Händen der Sieger das blutige Rachschwert. Wie vom Blitzstrahl getroffen entzünden sich Friedrichs Pulverwagen, der Himmel verfinstert sich, die Erde bebt und von der furchtbaren Kraft des entfesselten Elementes zerschmettert brechen sich die Schlachtreihn der Badenser. In die Lücken stürzt sich der ermutigte Feind, er glaubt der Himmel streite für ihn, er glaubt ein Strafgericht Gottes zu sehen und würgt in fanatischer Wut die zerstreuten und fliehenden Haufen der Feinde. Vergebens sucht Friedrich die Seinigen wieder zu sammeln, vergebens erfüllt er zu gleicher Zeit die Pflichten des Feldherren und des Soldaten, vergebens stürzt er sich selbst dem andringenden Feinde entgegen. Von der Übermacht gedrängt muß er endlich weichen und das blutige Schlacht-Feld seinem glücklichen Gegner überlassen. Doch wohin soll er sich wenden? Schon ist er von allen Seiten umringt, schon überwältigt der Feind den letzten schwachen Widerstand, den ihm die Überreste des fliehenden Heeres entgegenstellen, und sein Untergang scheint unvermeidlich. Da werfen sich vierhundert Pforzheimer, an der Spitze ihren Bürgermeister Deimling dem Feinde entgegen, mit ihren Leibern decken sie, ein unerschütterliches Bollwerk, ihren Fürsten und ihre Landsleute. Vergebens bietet ihnen Tilly, betroffen von solcher Kühnheit und Seelengröße eine ehrenvolle Kapitulation an. Tausende stürmt der erbitterte Feind gegen das heldenkühne Häuflein, doch tausende brechen sich an der ehernen Mauer. Unerschütterlich stehen die Pforzheimer, kein(e) Wut, keine Verzweiflung nur hohe Begeistrung und Todesverachtung malt sich in ihren Zügen. Unablässig stürmt der Feind seine Schlachthaufen heran; doch das Vaterland steht auf dem Spiele, Freiheit oder Knechtschaft ist die große Wahl, keiner weicht, keiner wankt, wie Löwen streiten sie von ihren Leichenhügeln herab, Mauern sind ihre Reihen, ein Turm jeder Mann, ein Bollwerk von Leichen umgibt sie. Endlich von allen Seiten angegriffen, erdrückt von der Übermacht, sinken sie Mann an Mann unter Hügeln erschlagner Feinde nieder und winden sich sterbend die unvergängliche Lorbeer-Krone des Siegers und die unsterbliche Palme des Martyre(r)s um die Heldenschläfe.
Wollen wir eine solche Tat beurteilen, wollen wir sie gehörig würdigen und auffassen, so dürfen wir nicht die Wirkung allein, nicht die bloße Tat berücksichtigen, sondern wir müssen hauptsächlich unser Augenmerk auf die Motiven und die Umstände richten, welche eine solche Tat bewirkten, begleiteten und bestimmten. Sie sind die einzige Richtschnur, nach der man die Handlungen der Menschen messen und wägen kann. Nach der Wirkung aber und nach den Folgen, kann man nichts beurteilen, denn jene ist oft die nämliche, diese sind oft zufällig. Wenn man nun von diesem Gesichtspunkte aus die Aufopferung der Pforzheimer betrachtet, so wird man finden, daß es sehr wenige, vielleicht auch gar keine Tat gibt, welche sich mit der der Pforzheimer messen könnte. Tausende bluteten freilich schon für ihr Vaterland, tausende opferten schon freudig das Leben für Rechte und Menschenfreiheit, aber keinen wird man unter diesen Tausenden finden, dessen Aufopferung an und für sich selbst so groß, so erhaben sei als die der Pforzheimer. Sie trieb nicht Wut nicht Verzweiflung zum Kampf auf Leben (und) Tod, (dies sind zwei Motive die den Menschen statt ihn zu erheben zum Tiere erniedrigen;) sie wußten, was sie taten, sie kannten das Los dem sie entgegengingen und sie nahmen es hin wie Männer und starben kalt und ruhig den Helden-Tod. Doch dies ist das Geringste, was ihre Tat so sehr von allen übrigen hervorhebt, die vierhundert Römer, die dreihundert Sparter opferten sich eben so kalt und ruhig. Aber die Römer, die Sparter waren von Helden gezeugt, waren zu Helden erzogen, kannten nur einen Zweck, nur ein Ziel – ihr Vaterland, ihre ganze Erziehung war nur die Vorbereitung zu einer solchen Tat. Doch wer waren die Pforzheimer?
Einfache ruhige Bürger eilten sie aus den Armen der Ruhe auf das blutige Schlachtfeld, nicht gewohnt dem Tod in das Auge zu sehen, noch nicht vertraut mit dem hohen Gedanken der Aufopferung für das Vaterland. Ihre Tapferkeit war nicht Gewohnheit, ihre Aufopferung war nicht die Frucht des Gehorsams, sie war die Frucht der höchsten Begeistrung für das, was sie als wahr und heilig erkannt hatten. Ihnen drohte nicht Schmach nicht Schande, wenn sie sich dem Tode entzogen, ihnen traten nicht die strafenden Gesetze des Vaterlandes entgegen. Sie hatten freie Wahl, und sie wählten den Tod.
Dies ist das große, dies das erhabne an ih(r)er Tat; dies zeugt von einem Adel der Gesinnung, der weit erhaben ist über die niedrige Sphäre des Alltagsmenschen, dem sein Selbst das Höchste ist, sein Wohlsein der einzige Zweck, der jedes höheren Gefühls unfähig und verlustig der wahren Menschen-Würde, (seine) Vernunft nur gebrauch(t) um tierischer als das Tier zu sein. Dieser schändliche Egoismus ist eins der charakteristischen Kennzeichen der damaligen Zeit. Um so vielmehr sind daher die Pforzheimer zu bewundern, denn sie erhoben sich, indem der Gedanke und die Idee einer solchen Tat ganz eigentümlich aus ihnen selbst entsprang, zugleich über ihre Nation und über ihr Zeitalter. Wie groß wie erhaben sind aber noch überdies die Zwecke für welche sie starben, sie allein könnten schon auch ohne die angeführten Umstände, dieser Tat das Siegel der Unsterblichkeit aufdrücken. Dem Vaterland gaben sie den Vater wieder, mit ihrem Blute erkauften sie sein Leben, diese Tat war groß, doch nicht beispiellos; sie warfen sich gleich einer ehernen Mauer zwischen den Feind und ihre Lands-Leute und deckten mit ihren Leibern ihren Rückzug, dies(e) Tat zeugt von hohem Seelen-Adel, aber schon Tausende taten dasselbe; sie opferten sich für Glaubens-Freiheit, das heiligste Recht der Menschheit. Der Himmel war es und nach ihrer Meinung, die ewige Glückseligkeit, für welche sie willig starben. Aber welche irdische Gewalt hätte denn auch in das innere Heiligtum ihres Gemütes eindringen und den Glauben, der ihnen ja einmal aufgegangen war und auf den allein sie ihrer Seligkeit Hoffnung gründeten, darin austilgen können? Also auch ihre Seligkeit war es nicht für die sie kämpften, dieser waren sie schon versichert. Die Seligkeit ihrer Kinder, ihrer noch ungebornen Enkel und Nachkommen war es; auch diese sollten auferzogen werden in derselben Lehre, die ihnen als allein heilbringend erschienen war, auch diese sollten teilhaftig werden des Heils, das für sie angebrochen war. Diese Hoffnung allein war es, welche durch den Feind bedroht wurde, für sie, für eine Ordnung der Dinge, die lange nach ihrem Tode über ihren Gräbern blühen sollte versprützten sie mit Freudigkeit ihr Blut. Bekennen wir auch gerne, daß ihr Glaubensbekenntnis nicht das einzige und ausschließliche Mittel war des Himmels jenseits des Grabes teilhaftig zu werden; so ist doch dies ewig wahr, daß mehr Himmel diesseits des Grabes, ein mutigeres und fröhlicheres Emporblicken von der Erde und eine freiere Regung des Geistes durch ihre Aufopferung in alles Leben der Folgezeit gekommen ist und die Nachkommen ihrer Gegner sowohl, als wir selbst ihre Nachkommen, die Früchte ihrer Mühen bis auf diesen Tag genießen. So also starben sie nicht einmal für ihren eignen Glauben, nicht für sich selbst, sondern sie bluteten für die Nachwelt.
Dies ist der erhabenste Gedanke für den man sich opfern kann dies ist Welt-Erlöser-Tod. Ja ihr Deimling, ihr Mayer, ihr Schober, ihr Helden, ein unvergängliches Denkmal habt ihr euch im Herzen aller Edlen erbaut, ein Denkmal, das über Tod und Verwesung triumphiert, das unbewegt steht im flutenden Strome der Ewigkeit. Eure Gebeine deckt nicht Marmor, nicht Erz, kein Denkmal bezeichnet den Ort, wo ihr starbt, vergessen hat euch euer undankbares Vaterland, die Gegenwart kennt euch nicht, aber die Bewundrung der Nachwelt wird euch rächen. Zu eurem Grabe rufe ich alle Völker des Erdbodens, rufe ich Vorwelt und Gegenwart, herzutreten und (zu) zeigen eine Tat, die größer, die erhabner ist, und sie müssen verstummen, und Teutschland wird es allein sein, das solche Männer zeugte, und einzig unerreicht prangt eure Tat mit unauslöschlichen Zügen in den Büchern der Weltgeschichte. –
Doch nicht dieser freudige Stolz auf meine Ahnen allein, bewegt mich an ihrem Grabe, auch ein tiefer Schmerz erfaßt mich bei ihrem Andenken. Nicht ihnen gilt dieser Schmerz, es wäre ja Torheit über solchen Tod zu klagen, nur glücklich sind die zu preisen, welchen ein solches Los zu Teil ward, denn sie haben sich das Höchste, haben sich Unsterblichkeit erkämpft. Ich kann nicht weinen an ihrem Grabe, ich kann sie nur beneiden. Nicht ihnen gilt mein Schmerz, mein Schmerz gilt meinem Vaterlande.
O über euch Teutsche! In euren Gauen geschah die schönste, die herrlichste Tat, eine Tat, welche die ganze Nation adelt, eine Tat, deren Früchte ihr noch genießt, und vergessen habt ihr die Helden, die solches ausführten, die sich für Euch dem Tode weihten. Das Fremde staunt ihr an in kalter Bewundrung, während ihr aus dem Busen eures Vaterlandes glühende Begeistrung für alles Edle saugen könntet. Am toten Buchstaben der Fremden klebt ihr, doch ihr Geist ist ferne von euch, denn sonst würdet ihr wissen, was ihr eurem Vaterlande schuldig seid. Eine Nation seid ihr, an der sich noch Jahrhunderte die Völker bilden könnten und ihr werft eure Nationalbildung d. h. eure geistige Selbstständigkeit hin um kindisch zu werden. O Teutschland, Teutschland den Stab wirfst du von dir, der dich stützen und leiten könnte für fremden Tand, an den Brüsten der fremden Buhlerin nährst du dich und ziehst schleichendes Gift in deine Adern, während du frische, kräftige Lebens-Milch saugen könntest aus deinem Busen. Du hast nicht mehr gegen Außen zu streiten, deine Freiheit ist gegen alle Anforderungen gesichert. Keines von jenen reißenden Raubtieren, die brüllend in der Welt umherirren um die anerschaffnen Rechtsame eines freien Volkes zu verschlingen, droht dir. Aber Teutschland darum bist du doch nicht frei; dein Geist liegt in Fesseln, du verlierst deine Nationalität, und so wie du jetzt Sklavin des Fremden bist, so wirst du auch bald Sklavin der Fremden werden.
Doch ich höre schon antworten, wie? sieh doch hin, einer schönen Ordnung stehen alle Staaten, gleichmäßig sind alle Rechte abgewogen, Friede und Wohlstand blüht in unsren Gefilden; sind wir nicht glücklich?
O, ihr Toren trägen Herzens den Ruf von vierthalbtausend Jahren zu fassen! Blickt doch in das große Buch der Weltgeschichte, das offen vor euch liegt, blickt doch hin und antwortet noch einmal, sind wir nicht glücklich? Was ist denn das, was die Staaten vom Gipfel ihr(er) Größe herabwirft? Der Verlust ihrer geistigen Selbstständigkeit ist es. Denn so wie ein Volk sich einmal über dem Fremden vergißt, so wie es seinen Nationalcharakter, das Band das es knüpft und zusammenhält, (verleugnet,) so wie es einmal in geistiger Bildung der Sklav eines andern wird, so geht auch leicht die politische Freiheit unter, auf die ihr stolz jetzt pocht, so trägt es den Keim des Verderbens in sich und wird, ein leeres Schatten-Bild die Beute jedes feindlichen Zufalls; versunken und vergessen geht es unter und steht mit Verachtung gebrandmarkt vor den Augen der strengrichtenden Nachwelt. Dies Teutsche, dies wird euer Los sein; wenn ihr euch jetzt (nicht) zu neuem, kräftigen Leben wieder erhebt, wenn ihr nicht bald wieder anfangt Teutsche zu werden, wenn ihr euch (nicht) eure Nationalität, rein und geläutert von allem Fremden wieder erwerbt, werden eure Nachkommen sich eures gebrandmarkten Namens schämen und untergehen werdet ihr ein Spott der Nachwelt und der Gegenwart. –
Denket, daß in meine Stimme sich mischen die Stimmen eurer Ahnen aus der grauen Vorwelt, die mit ihren Leibern sich entgegengestemmt haben der heranströmenden Römischen Weltherrschaft, die mit ihrem Blute erkauft haben die Unabhängigkeit der Berge, Ebnen und Ströme. Sie rufen euch zu: vertretet und überliefert unser Andenken eben so ehrenvoll und unbescholten der Nachwelt, wie es auf euch gekommen und wie ihr euch dessen und der Abstammung von uns gerühmt habt. Auch mischen sich in ihre Stimmen die Geister eurer spätem Vorfahren, die da fielen im heiligen Kampfe für Religions und Glaubens-Freiheit. Rettet auch unsre Ehre, rufen sie euch zu, laßt unsre Kämpfe nicht zum eitlen vorüberrauschenden Possenspiele werden, zeigt, daß das Blut, was wir für euch versprützten, in euren Adern wallt. Es mischen sich in diese Stimmen, die Stimmen eurer noch ungebornen Nachkommen.
Wollt ihr die Kette zerreißen lassen, rufen sie euch zu, die euch an eure Ahnen binde(t), wollt ihr das Andenken eurer Vorfahren, das ihr rein und makellos erhalten habt, besudelt und befleckt uns überliefern, wollt ihr uns die Nachkommen freier Männer zu Sklaven werden lassen? Teutsche! die Waage hängt, in jener Schale liegt, was eure Vorfahren an dem Römer verachtet und an seinen Cäsaren gehaßt, in dieser das ehrwürdige Kleinod eurer biedern Vorältern, die durch so mancher Helden Blut im Laufe achtzehn stürmischer Jahrhunderte gegründete, behauptete, befestigte Nationalität und Selbstständigkeit. Dort liegt Gold neben Fesseln, hier der seltne Ruhm zugleich die stärkste und beste Nation zu sein, Wählet. –