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Wissen wir über die älteste Geschichte der Stadt wenig, so von dem nächstfolgenden Zeitraum nicht viel. Die Urkunde von 1153 warf einige Strahlen zurück, aber kein Licht voraus. In wichtigen Fragen sind wir auch weiterhin genötigt, den Weg der Vermutung einzuschlagen. Die urkundlichen Nachrichten sind immer noch zu spärlich und folgen einander in allzugroßen Abständen. Es wäre wohl anders, wenn Besigheim etwa ein Kloster oder einen eigentlichen Ortsadel besessen hätte, oder als noch so kleines Reichsstädtchen durch selbständigen Anteil an den politischen Ereignissen mit der Geschichte eines größeren Gebiets verflochten gewesen wäre. So müssen wir uns begnügen mit dem, was da ist.
1. Besigheim wird zur Stadt erhoben. Den badischen Markgrafen mußte daran liegen, Besigheim, diesen weit vorgeschobenen Außenposten, ihrer Herrschaft zu sichern, und ihm zugleich durch wirtschaftliche Förderung eine erhöhte Bedeutung zu geben. Jenes Interesse machte eine Befestigung notwendig; dieses wurde am wirksamsten durch Verleihung des Marktrechts erreicht. Beides, namentlich das Wochen- (nicht Jahr-) Marktrecht, kennzeichnet u. and. die mittelalterliche Stadt. Das Jahr der Verleihung des Stadtrechts an Besigheim ist uns nicht berichtet. Schon in der 2. Hälfte des 16. Jahrh. wußte man es nicht mehr (dies wird in einem Schreiben der Stadt nach Bietigheim vom 15. März 1584 ausdrücklich zugestanden). Stadtschreiber Fulda, um 1726, will zwar wissen, daß Kaiser Barbarossa († 1190) Besigheim zur Stadt gemacht und mit herrlichen Rechten und Freiheiten begabt habe. Aber es ist fraglich, ob er das aus mündlicher lebendiger Ueberlieferung schöpfte. Immerhin kann er nicht weit daneben getroffen haben. Wenn, was wahrscheinlich, die Befestigung des Orts mit der Verleihung des Stadtrechts zeitlich zusammenfiel, oder kurz nachher erfolgte, so kann hiefür als spätester Zeitpunkt rund das Jahr 1220 angesetzt werden, denn die Bauart der beiden Türme weist ziemlich genau auf dieses Jahr. – Ferner setzt das Vorkommen von herrschaftlichen Vögten ( advocati), die von 1231 an erwähnt werden, die Stadtgerechtigkeit sicher voraus.
Die Verleihung des Stadtrechts bedeutete immer auch eine wesentliche Veränderung des äußeren Stadtbildes. Wir sehen es ja heute noch einem Ort meist auf den ersten Blick an, ob er Dorf oder Stadt ist, wäre es auch ein weitangelegtes Dorf oder eine winzige Zwergstadt. Wenn ein Dorf zur Stadt gemacht wurde, so war der Unterschied gegen früher nicht bloß der, daß er mit Mauern umgeben oder daß von da ab Wochenmarkt gehalten wurde; es gab auch mauer-, tor- und grabenbewehrte Dörfer. Vielmehr ließ der Grundherr neben dem Dorf (oder Hof, Burg, Kloster) oder in einiger Entfernung Marktplatz, Straßen, Hausplätze abstecken und Handelsleute und Handwerker zur Niederlassung einladen. Daraus erklärt sich die planmäßige Anlage auch der kleinsten Städtchen, mit Rathaus, Marktplatz und einer Anzahl stattlicher alter Gebäude der Handels- und Gewerbetreibenden als Mittelpunkt. Da nun auch unser Besigheim diese städtische Anlage keineswegs verleugnet, so ergibt sich der Schluß, daß die jetzige Oberstadt jünger ist als die Unterstadt. Im übrigen ist Besigheim, wie es seine Lage – auf einem länglich schmalen Höhenrücken zwischen zwei Flüssen – gebot, als »Leiterstadt« angelegt: eine der Länge nach den Ort durchziehende Hauptstraße mit Quergassen, die sie mehr oder weniger senkrecht schneiden, im Unterschied von der Gitterstadt, mehrere gleich oder annähernd gleich laufende Längs- und mehrere Quergassen. (Nach Dr. R. Gradmann, die städtischen Siedlungen des Königreichs Württemberg, Stuttgart 1914.)
2. Politische Verhältnisse. In der Zeit der Gauverfassung gehörte Besigheim entweder zum Enzgau wie Bietigheim (nach Urkunde vom Jahr 789) oder zum Murrgau wie Ingersheim (836). Weiterhin gehörte der Ort zum Herzogtum Franken, genauer zu Rheinfranken. Die ältesten Grenzen der Herzogtümer Franken und Schwaben, wie sie seit rund 500 feststanden, sind freilich nicht ausdrücklich berichtet, aber man vermutet mit Grund, daß sie mit denjenigen der späteren Bistümer Würzburg (Ostfranken), Speier und Worms (Rheinfranken) einerseits, und denen von Konstanz und Augsburg (Alamannien-Schwaben) andrerseits zusammenfielen. Alle diese Bistümer, außer Konstanz, griffen in den jetzigen Oberamtsbezirk ein; somit zog sich durch letzteren auch die Grenze der Herzogtümer.
Mit der alten Stammesgrenze deckte sich ursprünglich auch die Grenze der fränkischen und der schwäbischen Mundart. Eigentlich auch noch heute, wenigstens in unserem Oberamt. Allerdings sind die Mundarten in der Nähe der alten Grenze heute nicht mehr scharf geschieden. Was insbesondere unseren Ort betrifft, so zeigt er eine Mischung von fränkischem und schwäbischem Lautstand, doch so, daß das Schwäbische, das überhaupt dem Fränkischen im Lauf der Zeit Boden abgenommen hat, überwiegt. In älterer Zeit, je weiter zurück, desto mehr, wird das Fränkische vorgeschlagen haben. Hierauf scheint hinzudeuten die Flurnamenform »Enzhälde«, »Neckarhälde«. Der Umlaut »ä« statt »a« in »Hälde« findet sich im schwäbischen Sprachgebiet nur selten oder gar nicht; auch »die« Bach statt »der« Bach (Walheim) ist fränkisch. – Es kann in dieser Beziehung auch darauf hingewiesen werden, daß das in Besigheim früher gültige Erbrecht, mit seinem Institut der »Verfangenschaft«, dem fränkischen System der ehelichen Lebensgemeinschaft angehörte, wie u. and. auch aus den im Jahr 1573 beginnenden Protokollen der Inventuren und Teilungen hervorgeht. Im Jahr 1578 suchte dann Besigheim Stadt und Amt um Gewährung des markgräflich-badischen Erbrechts nach, »anstatt des beschwerlichen bei ihnen bisher gebrauchten«, was ihnen dann auch bewilligt wurde.
Nachdem Besigheim badisch geworden, ward es der Sitz badischer Amtleute oder Vögte (» advocati«). Aus dem 13. Jahrh. sind uns einige Namen von solchen Beamten überliefert. Der erste ist Conradus de Basenkeim, advocatus marchionis, genannt Schobelin, der Marschall (1231). Ferner Ruggerus, advocatus de Baesinkain (Dez. 1253); 1285 und in den folgenden Jahren ist genannt Konrad der Marschalk (neben dem 1293 als Zeuge ein Burkhardt genannt Sturmfeder erscheint). Ein Bruder dieses Konrad ist der in verschiedenen Urkunden 1272–1303 genannte Berchthold, miles de Schaubeck (Ritter von Schaubeck, bei Kleinbottwar), genannt Schubel. Beide Brüder sind Oheime des z. B. 1297 genannten Dietrich von Ingersheim. Endlich kommt 1321 vor Konrad, Vogt von Besigheim.
Klemm nimmt folgende Beziehungen zwischen diesen Personen an (W. Vjh. 1898, 25–33): Ein und dieselbe Familie namens Schobel (Schubel) hat 1270–1310 in zwei Brüdern, Konrad und Berthold, 2 Burgen des Hauses Baden, nämlich Besigheim und Schaubeck, zu Lehen. Beide führen als badische Dienstleute das badische Wappen im Siegel. Vater beider Brüder scheint Ruggerus, Vogt von Besigheim, zu sein. Konrad von Besigheim 1231 ist vielleicht Vater des Rugger. Von dem Marschall Konrad aus dem Ende des 13. Jahrh. muß das Burglehen an die von Ingersheim übergegangen sein. Eine Schwester der Brüder war nämlich an Einen von Ingersheim verheiratet; deren Sohn war Dietrich von Ingersheim. Dieser dürfte das Lehen an Rüdiger (1318 genannt, vermutlich sein Sohn) vererbt haben. Nach Aussterben des Mannstammes ist 1339 das Burglehen in der Hand des Schwiegersohns Rüdigers, Heinrich Sturmfeders, genannt von Ingersheim. Dieser samt seinen Söhnen »Heinrich der Jung Sturmfeder, und Wernher, ein Edelknecht«, stellen 1339 gegen Johanna von Montbligart, vrowe (Frau) zu Besenkein einen Revers aus, daß Johanna ihnen zu rechtem Burglehen verliehen habe, das der selige Markgraf Rudolf genannt Hesso ihnen auch zu Burglehen verliehen habe. – Diese Vermutung Klemms hat viel Ansprechendes und wir haben keinen Grund, sie anzufechten.
Es erhebt sich nun die Frage: wo stand die Burg, auf welcher diese Herren saßen? Und welche Güter waren mit ihr verbunden? Wir haben die Wahl: einmal kommt in Betracht das » Steinhaus«, welches zum erstenmal genannt ist 1413. Damals verkaufen Hans und Klara von Stain, offenbar Geschwister (die Klara von Stain ist 1400 Gemahlin des Hug von Venningen, der auch 1384 vorkommt), die Hälfte am Steinhaus samt Gülten aus etlichen Gütern an die Herrschaft. 2) Das frühere Oberamt, früher »das alt Schloß« genannt, ist im 15.–17. Jahrh. Sitz von verschiedenen Herren, teilweise zugleich Vögten, aber anscheinend Privateigentum derselben. 1457 sitzt im Schloß ein Hans von Yberg, 1494 ein Anshelm von Yberg. Möglicherweise sind die Yberg durch Kauf in den hiesigen Besitz der Sturmfeder eingetreten. Die Sturmfeder treten nämlich von etwa 1360 an nicht mehr in Ingersheim auf. 1448 dagegen finden wir dort die von Yberg begütert, von denen einer um 1500 seine Güter in Ingersheim an Burkhard Sturmfeder verkauft. Dieser ist 1504 Obervogt von Besigheim und vielleicht derselbe Burkhard Sturmfeder, welcher nach L. B. 1522 im alten Schloß zu Besigheim wohnt. Auch 1555, 1587 wohnen dort noch Sturmfeder. Nach all dem könnten wir mit einigem Grund das alte Oberamt, d. h. das »alte Schloß« der von Yberg und Sturmfeder, als die Burg auch der Sturmfeder des 14. und der Vögte des 13. Iahrh. ansprechen. 3) Wir könnten endlich an das frühere untere Schloß, beim untern Turm, denken, zu welchem die heute noch so genannten »Burgäcker« gehörten. Der Umstand, daß darin zeitweise eine Markgräfin-Witwe residierte, stände dieser Annahme nicht im Wege.
Mehrfach ist die Anwesenheit von Markgrafen in hiesiger Stadt bezeugt. So stellte 1277 Rudolf von Verona, genannt von Baden, hier eine Urkunde aus, betreffend die Schenkung des Halbteils seines Zehntens zu Ettlingen an das Kloster Maulbronn; 1293, 19. Juni, ist Rudolf Hesso hier; 1406, 10. Aug., 1407, 31. Juli Bernhard I. Nach dem Bes. Wochenblatt 1842 soll, einer alten dem Schreiber nicht mehr erinnerlichen Chronik zufolge, anno 1137 (?) Friedrich der Einäugige von Besigheim aus nach Maulbronn zur Einweihung des Klosters gereist sein. (?) In den Jahren 1339 ff., wenn nicht schon vorher, besitzt Besigheim als Wittumgut die Johanna von Montbligardt (Mömpelgardt), Witwe des Markgrafen Hesso, die sich Frau von Besigheim nennt. Von Straßburg aus, Montag nach U. Fr. der Jüngern Tag, bestätigte sie denen von Besigheim alle Herkommen und gute Gewohnheiten, welche sie unter ihrem Gemahl und dessen Vorfahren gehabt. Dieselbe stiftete damals ein beneficium oder Spend gen Besigkhain. – 1340 verschrieb sie dem Grafen Ulrich III von Württemberg, ihrem Bruder, die Oeffnung von Burg und Stadt Besenkein, wofür ihr derselbe beides wider jedermann zu schirmen gelobt, ausgenommen wider seinen »Bulen« Markgraf Rudolf (V), falls seine Schwester diesen bekriegen und von Besigheim aus schädigen wolle. – 1347 reversieren die Markgrafen Gebrüder Friedrich und Rudolf V genannt Wekker, und Konrad Schöpflein Zweifellos aus der Familie der von Schaubeck; man erinnere sich an den Konrad, genannt Schobelin, und den Berchthold genannt Schübel, vergl. oben S. 8., daß sie der Gräfin von Montbligardt und Katzenellenbogen die Festen Besigheim, Selz, Eppingen u. s. f. abtreten wollen. Johanna muß bald darauf gestorben sein, denn 2 Jahre darauf bestätigen die zwei Brüder der Stadt Besigheim alle Gewohnheiten etc., die sie vor ihnen von ihrer Schwieger selig Johanna von Montbligardt bisher gehabt. – 1356, 30. März verweist Rudolf V (Wecker) die Mechthild von Spanheim, Gemahlin seines Brudersohnes Rudolf VI, wegen ihrer Morgengabe von 5000 fl. auf Besenkeym. Stirbt ihr Gemahl ohne Leibeserben, so soll Mechthild im Fall der Wiederverheiratung Besigheim (u. a.) ihm und seinen Erben wieder zu losen geben. Unter dem 11. Febr. 1373 verkündet dann Mechthild, daß Pfalzgraf Ruprecht der Aeltere als Vormünder und Pfleger der Markgrafschaft mit ihr wegen des Wittums und der Morgengabe (von ihrem † Hauswirt Rudolf VI war ihr Besinkeim Burg und Stadt mit allem Zubehör verschrieben worden) ein Uebereinkommen getroffen habe. Der Amtmann von Besigheim samt Burg und Stadt soll ihr gehorchen, von den Gütern daselbst soviel nehmen, als ihm als Burghüter zukommt, alle übrigen jährlichen Gefälle aber ihren beiden Söhnen Bernhard und Rudolf überlassen.
1380 trifft Mechthild mit ihren beiden Söhnen einen Vergleich. Sie bleibt im Besitz von Besigheim, das sie jedoch nicht mit ungebührlichen Steuern belasten noch verpfänden darf, erhält 1200 fl. jährlicher Gülten an Geld, Frucht und Wein, nämlich 500 fl. von der Zugehörde zu Besigheim. Dem Markgrafen bleibt die Lösung von Besigheim für 15 000 fl. vorbehalten (Urkunde erst v. J. 1385). Als bald darnach die Brüder die Markgrafschaft unter sich teilten, behielten sie beide gemeinsam die Anwartschaft auf ihr mütterliches Erbe Besigheim. – Mechthild ist noch 1392 und 1400 am Leben; im ersteren Jahr öffnete sie dem Pfalzgrafen Ruprecht II ihr Schloß Besinkeim Zeit ihres Lebens (Heidelberg 11. Dez.). 1400, im Nov., verträgt sie sich mit ihrem Sohn Bernhard auf gütlichem Wege allerlei Streitigkeiten halber. Gegen Zahlung von 15 000 fl. soll sie an ihren Sohn Burg und Stadt Besigheim bis 14. Nov. überantworten, und die Burger, Wächter und Turmknechte ihrer Eide lossagen. Will sie in der Feste wohnen bleiben, bis obiges Geld ihr angelegt und versichert ist, so darf sie es; will sie verziehen, so soll Bernhard das, was sie zu Besigheim hat, 3 oder 4 Meilen Wegs fortführen lassen.
Auch 1435 hat eine hochgeb. Fürstin und Frau, Frau Mechthild, Markgräfin von Baden, geborne von Spanheim, Besigheim (und Walheim) zur Morgengabe.
Diese fürstlichen Frauen wohnten zweifellos im untern (1693 zerstörten) Schloß. Noch im 17. und 18. Jahrh. wußte man das. – So haben die Besigheimer (1643) von ihren Voreltern jederzeit gehört, daß die Burgäcker, die auch Fronäcker hießen, früher zum Schloß gehörten und vorher Gärten waren. Noch war damals und 70 Jahre später in der Stadtmauer, bei der Burg, ein zugemauertes Törlein zu sehen, sowie ein kleines, auch vermauertes Türlein in dem Rundell »das Bollwerk« genannt, allda, »die beide hie vor der Zeit zum wandeln und aus-und-einfahren bestimmt gewesen.«
3. Kirchliche Verhältnisse. Die erste Nachricht, welche das Bestehen einer Pfarrstelle hier zu bezeugen scheint, findet sich in einer Urkunde v. J. 1279, in welcher ein Berenger decanus de Bes. als Zeuge erscheint. Im J. 1297 kommt vor ein H. rector ecclesiae in Bas. – 1370 sind Kirchherren in Besigheim Ritter Otto zu Selbach samt seiner Frau Anna Sachs und Pfaff Gebhard zu Selbach. (Schon 1321 ist ein Heinrich von Selbach Ritter neben Schultheiß Heinrich »der wizze« und Vogt Konrad als Zeuge genannt.) Unter Rektoren oder Kirchherren verstand man diejenigen Personen, welche im eigentlichen Genuß des vollen Pfarreinkommens standen. Meist gehörten sie dem Adel an. Sie verwalteten jedoch gewöhnlich das Amt nicht selbst, sondern durch Plebane oder Leutpriester, welche meist nur einen kleinen Teil des Einkommens bezogen.– 1388 berichten die beiden Markgrafen Bernhard und Rudolf, daß sie die Kirche zu Besigheim und die zu Ingersheim »bedersite zweyen Pfaffen geliehen haben«. Wird eine von ihnen ledig, so hat Bernhard das Leihungsrecht. – 1414 ist genannt Pfaff Diepolt von Besigheim, folgenden Jahrs ein magister Johann Plüsse von Besigheim, Licenziat in decretis.
Daraus ergibt sich mit Sicherheit, daß eine Pfarrstelle hier schon im 13. Jahrh. bestand, und dann wohl auch eine Pfarrkirche.
In der ältesten christlichen Zeit dagegen war Besigheim jedenfalls in eine Kirche der Nachbarschaft eingepfarrt. Es kommt in Betracht die Kirche von Kirchheim a. N. oder die in Lauffen, oder die auf dem Michelsberg. Die letztere dürfte als Mutterkirche eher als die beiden andern anzunehmen sein, weil diese den Bistümern Worms bezw. Würzburg, aber Besigheim samt Bönnigheim und Erligheim – diese letzteren beide Tochterkirchen des Michelsbergs – dem Bistum Speier zugeteilt waren.
Das wichtigste kirchliche Ereignis in unserem Zeitraum ist für Besigheim die Erbauung der heute noch stehenden Kirche. Das Langhaus scheint, nach einer an demselben angebrachten Jahreszahl in gotischer Schrift, 1448 vollendet worden zu sein; der Chor war schon 65 Jahre früher fertig.
Wir erfahren das aus einer im Jahr 1847 unter dem Altar gefundenen Urkunde, welche meldet, daß 1383, am 3. Tag nach Urbani, dieser Chor dem hl. Nikolaus, dem hl. Martin und der hl. Katharina zu Ehren geweiht und eingesegnet wurde. Vollzogen wurde der Akt durch Bruder Konrad als Stellvertreter des Nikolaus, Bischofs von Speier.
Mitte 15. Jahrh. und jedenfalls schon früher gehört die Pfarrei Besigheim zum Bistum Speier, Archidiakonats St. Guido, Landkapitels Marbach. Damals gab es 4 Geistliche hier, nämlich den Pfarrer und 3 Kapläne St. Katharinen-, St. Peters- und Uns. lieb. Frauen-Altars.
An Namen von Geistlichen vor der Reformation sind auf uns gekommen: Bernhard, natürlicher Sohn des Markgrafen Bernhard von Baden, 1422-28 Pastor in Besigheim; 1439 und 1444 Herrn. Hedeller (St. Peter); 1457 Berchthold Harprecht, Pfr.; Gregorius Pluß (St. Kathar.); Wendel Murer (U. l. Fr.); 1475 Friedr. Harder (St. Pet.); 1492 »der alte Pfarrer Wagner«; 1494 Herr Hans Heiliger; 1495 Meister Hans, Pfr.; Hans Heiliger (All. Heil.); Heinr. Henndlin (St. Pet.); Albr. Helwig (St. Kath.); Wendel Murer (U. l. Fr.); 1522, 1525 Herr Balthus Dürr, Kaplan (All. Heil.); vor diesem an All. Heil.: Michel Cammerer; 1525 und 1556 Hans Schuhmacher, Kapl. (St. Kathar.?); 1543 Meister Konr. Sommenhardt; 1555 Herr Pfr. Hans Wolff.
Wichtig für die hiesige Kirche war u. a. die Gründung des Kollegiatstifts zu Baden. Angeordnet ist sie im Testament Jakobs I (1453), genehmigt durch eine Bulle Papsts Nikolaus V. U. a. wird da dem Kollegiatstift einverleibt der Kirchensatz zu Besigheim, wobei dem Pfarrer eine Kompetenz (Einkommen) von 60 fl. vorbehalten bleibt. – Diejenigen Güter und Einkünfte, welche im ältesten vorhandenen L.B. des Stifts Baden (1560) als diesem gehörig aufgeführt sind (die sog. »Wittumgüter«), sind wohl damals (1453) von dem Pfarrwittum (-Pfründe) abgezweigt worden. Insbesondere wird die Haltung des Faselviehs ursprünglich eine auf der Pfarrpfründe ruhende Last gewesen sein (wie noch später z. B. in Hessigheim, Bietigheim, Walheim u. s. f.).
Im Jahr 1478 errichtete Markgraf Christoph aus den Einkünften der erledigten Pfarreien Besigheim und Mönsheim ein 11. Kanonikat am Kollegiat-Stift zu Ehren des hl. Nikolaus, dotiert mit 30 fl. – Da die Einziehung des Zehntens an vielen Orten, besonders solchen außerhalb Badens und evangelischer Konfession, auf Schwierigkeiten stieß, so traf Philipp II mit dem Stift ein Abkommen (1582, 10. Okt.), wonach der Markgraf den Einzug der dem Stift zustehenden Einkünfte an verschiedenen Orten, so auch in Besigheim, übernahm.
Ein Kloster hat es hier nie gegeben, wenigstens weist keine Spur auf das Vorhandensein eines solchen. »Kloster« heißt im Volksmund allerdings ein altes stattliches Haus am Biegelestor, welches mit dem Schreiner Mauk'schen Haus als der Wohnung eines früheren Geistlichen in Verbindung gebracht wird. Nun enthüllte sich zwar das letztere Gebäude als frühere Behausung des St.Pet.-Altar-Kaplans. Da aber sonst von einem hiesigen Kloster keine schriftliche Quelle etwas weiß, und das »Kloster« schon im L.B. 1494 ein Privathaus ist wie andere Häuser auch, so müssen wir die Richtigkeit jener Bezeichnung in Zweifel ziehen, wenn auch ungern. Denn meist steckt in solchen Ueberlieferungen ein geschichtlicher Kern. Vielleicht handelt es sich um ein früheres Beguinenhaus.
Ein Schulmeister und somit eine Schule wird 1457 urkundlich erwähnt. Beide werden schon früher vorhanden gewesen sein (vgl. Kap. 20).
4. Stadt und Amt. Wie in späterer Zeit, so war schon in diesem Zeitraum, jedenfalls gegen das Ende desselben, der eine oder andere badische Nachbarort unserer Stadt als Amtsflecken angegliedert. Aber die jeweilige Zusammensetzung des Amtes Besigheim vor 1463 ist bei dem Mangel ausdrücklicher Nachrichten sehr schwer oder gar nicht zu bestimmen. Unmittelbar vor 1463 gehörten zu Besigheim die Orte Walheim, ein Viertel von Löchgau und Freudental, welche 1463 an die Pfalz verloren gingen; ferner Hessigheim und Ingersheim, die allerdings damals verpfändet waren; endlich noch Mundelsheim. Aber sicher behaupten läßt sich nicht einmal das. Sehr wenig sind wir darüber unterrichtet, wie das Verhältnis von Amtsstadt und Amtsflecken im einzelnen geregelt war. Doch ist anzunehmen, daß die Beziehungen, wie sie im 16. Jahrh. und später deutlicher hervortreten, auch schon früher bestanden haben.
Auch das läßt sich nicht mehr sicher feststellen – wenn wir uns nicht täuschen – wann jeder einzelne Ort zu Baden kam. Am frühesten jedenfalls Walheim. Die besonders enge Verbindung zwischen der Stadt und diesem Ort, welche wir später noch öfters beobachten werden, erklären wir daraus, daß Walheim geraume Zeit allein mit der Stadt ein Aemtlein bildete. Freilich müssen wir die Angabe der O.A.B., daß Walheim (und Löchgau) mit Besigheim an Baden gekommen sei, mit einem Fragezeichen versehen. Ursprünglich war Walheim gräflich calwisch. Noch 1227 trifft Graf Albert eine Bestimmung bezüglich der Güter, welche er dem heiligen Grab bezw. den Herren in Denkendorf schenkt. Andrerseits bestätigt Markgraf Rudolf am 5. Jan. 1250 die von einem Nallingerius dem genannten Kloster gemachten Schenkungen seiner Güter in Walheim und macht sie abgabenfrei. Darnach fiele die Erwerbung des Orts durch Baden zwischen 1227 und 1250. Von da an teilt der Ort getreulich die Schicksale seiner Amtsstadt.
Von Hessigheim und Ingersheim können wir nur soviel sagen, daß die beiden Orte schon geraume Zeit vor 1463 badisch geworden sein müssen. Zur pfälzischen Zeit gehören sie zum Amt Besigheim, Ingersheim bloß bis 1504, wo es dauernd an Württemberg kam, um dann stets beim Amt Bietigheim zu bleiben.
Nicht ganz einfach liegen die Verhältnisse in Löchgau. Schon 1225 und 1290 ist Baden dort reich begütert und besitzt Vogteirechte. Es scheint aber, daß Baden nie Alleinherr Löchgaus war, daher dieser Ort 1463 nur teilweise, nämlich zu 1 Viertel, an die Pfalz überging. Um 1500 ist 1 Viertel im Besitz des Konrad Schenk von Winterstetten, der es 1506 tauschweise gegen das Dorf Freudental an Württemberg überläßt. In den 1480er Jahren und früher, als wegen der Besteuerung solcher Güter, die auf Löchgauer Markung lagen, aber im Besitz von Besigheimer Bürgern waren, öfters Verhandlungen stattfanden, werden als die 3 Vogtherren in Löchgau mehrfach genannt: die Pfalz, Kloster Maulbronn und Württemberg. Teilweise scheint Löchgau schon damals zum Amt Bietigheim gehört zu haben. Im 14. Jahrh. sind die Herren von Venningen hier begütert und überhaupt Vogtherren über einen Teil des Dorfs; dies geht aus einigen Urkunden hervor, die Verfasser auf der Registratur des hiesigen Oberamts hervorsuchte, und die wir des ausführlichen hier wiedergeben wollen, da sie unsres Wissens noch nicht bekannt sind.
1416, St. Ulrichs Tag, verkauft Else von Gärtringen, Heinrichs von Durmentz eliche Witwe, an den Markgrafen Bernhard folgende ihre Güter zu Lochikeim: 12 gezymerter Hofstett, dazu etwieviel ungezymerter, darüber ich Vogt und Herr was; item 10 Pfd. Hl. Gelts, 3 Malter Korngelts, 3 Malter Habergelts, 24 Malter Hunrgetts (Hühner-gült); item die Vogtei über Walt, Wasser und Weyde zu Lochikeim; mer all ander Güter, die ich bisher daselbst inne gehabt, um 2 1/2 Hundert rynscher Gülten. (Siegeln: Else, ihr Vetter Hans von Gärtringen, ihr Bruder Heinrich von Gärtringen, ihr Oheim Reinhard von Remchingen, und Heinrich von Berwangen.)
1416, Samstag nach St. Gerigen. Gerlach von Durmentz, Vogt zu Horw giebt der Elsen von Gärtringen, Heinrichs von Durmentz seines Bruders Witwe seinen Teil an dem halben Dorf zu Lechikein, genannt der von Veningen Teil, mit allen Rechten rc., »das mir zu erb gefallen ist von Ermelin von Veningen, miner Swester Dochter selig; um denselben Teil zu Lechikein mir Gerlachen worden ist 100 guter Gulden von dem vorgenannten minem Bruder selig, der ich also baar geweert und bezahlt worden bin«. (Siegeln: Gerlach, ferner Albr. von D., Vogt zu Pforzheim, sein Vetter, und Reinhard von Enzberg, sein Bruder, endlich Albrecht von Zutern, sein Vetter.)
Offenbar um dieselben Güter und Rechte handelt es sich in einer Urkunde v. J. 1384, Montag nach St. Antonien Tag. Pfaf Sifrid von Veningen, Kirchherr zu Liebenzell, Conrad und Hug von V., alle Gebrüder, haben gegeben zu rechter Morgengab und Heimsteuer Elsen von Durmentz, Niefrers von Durmentz thote, und myn des obgenannten Conrad eelicher Hußfrau 7 1/2 Hundert Gulden, und haben eingesetzt für obige Summe ihren Teil an Lochikein dem Dorf und an der Mark desselben Dorfs mit allem Nutzen, Rechten und Zugehörden, Gericht oder aigen Leute, Zins, Güld oder Geld, es sey Olgelt, Ecker, Weingarten, Wisen, Wasser, Weid, Holz, Wald oder Almend, Huser, Hofstett ec. ... Obige 3 bekennen daß dieser Teil ist frei eigen, ledig, los und unbekombert (nicht beschwert). Er kann um 7 1/2 Hundert Gulden wieder gelöst werden von ihnen oder ihren Erben, 14 Tag vor oder nach St. Gergen Tag. (Siegeln: die 3 Gebrüder; Sifrid, Monch zu Hirsaw, Benediktiner Ordens, mit seiner Brüder Siegel, da er kein eigenes Siegel hat; ferner Hug von Münchingen, Edelknecht und Brenner von Oswilr. – Rechin von V. giebt sein Einverständnis und gelobt, die Elsa in jenem Teil von L. nicht zu irren.)
5. Adelige Familien. Außer den gelegentlich schon genannten haben in unsrer Periode noch folgende adelige Personen oder Familien Beziehungen zu Besigheim:
a) Amtleute: Wir geben gleich die ganze Reihe bis Ende des 16. Jahrh.1365 Bernold von Aurbach, Ritter, genannt der Sydin (Seidene); 1430 Hans von Remchingen; 1462 Eberhard von Gemmingen; 1466 Hans von Berg; 1470/72 Wyprecht Sturmfeder; 1504 Burkhard Sturmfeder; 1515 Caspar von Freyberg; 1525, auch 1527 Jörg von Bernhausen; 1530 (31. 34.) Junckher Daniel Nothaft; 1540 Volmar Lemlin; 1548 Friedrich Landschad von Steinach; 1564 Wilhelm Schenk zu Winterstetten; 1566 und 1567 Volmar Lemlin zu Horkheim; 1569–84 Wilhelm Schenk zu Winterstetten; 1584 Joachim Daniel von Reitzenstein; 1592 Joachim von Trauschwitz; 1596 Albrecht von Liebenstein. – Staatliche Schultheißen s. Kap. 12.
b)Sonst werden noch genannt: 1259 Udalhardus de Besencheim als Zeuge in einer Urkunde; 1297 Gutta in Basinkain, Schwester des Dietrich von Ingersheim; 1390 Albrecht von Durmentz, Edelknecht, wird vom Markgrafen mit dem halben Wein- und Kornzehnten belehnt; 1406 Heinrich von Imertingen, ein Edelknecht, empfängt vom Markgrafen zu Lehen ein Haus am Markt, genannt Meingoz Wyssen Hus. Albrecht von Durmentz, Vogt zu Pforzheim, siegelt; 1410 Markgraf thut dem Letztgenannten die Gnade, daß seine Leibeserben den von der Markgrafschaft rührenden großen halben Laienzehnten aus der Mark der Stadt Besenkein erben und besitzen sollen. 1429 erhält Burkhard von Wiler, ein Edelknecht, vom Markgrafen 1 Sechstel des Zehnten an Frucht und Wein (die Albrecht von Liebenstein zuvor zu Lehen gehabt); 1431 Eberlin von Stein; 1451 Dietrich von Gemmingen erhält zu den andern Lehen, die er vom Markgrafen schon inne hat, noch 1 Sechstel Zehent als Mannlehen; 1457 Hans von Yberg (sitzt auf dem alten Schloß); 1494 Anshelm von Yberg (ebenda); 1494 Junker Konrad Schenk, begütert in Freudental, in Besigheim ansässig, u. and.
Unter den von Gabelkhover, 16. Jahrh. in der hiesigen Kirche beobachteten Epitaphien nennen wir das des 1390 verstorbenen Albrecht von Durmentz und das des
Schrimpf, dictus de Gultlingen († 1431), ferner († 1454) Frau Agnes von Renchingen, Gemahlin des († 1462) Johannes von Iberg, armiger (Ritter).
6. Güterbesitz von Auswärtigen. Schon vor 1245 ist Stift Backnang hier begütert. Der Spital zu Eßlingen bezieht 3 Imi Weingülten Anfangs des 14. Jahrh. – Im J. 1362 vertauschen Abt und Konvent von Maulbronn einige Güter auf der Hardt gegen einen Morgen Wiesen in der Mark der Stadt Besigheim. Einmal hat auch der deutsche Orden eine jedenfalls flüchtige Beziehung zu Besigheim. Nach Urkunde vom 24. Aug. 1273 schuldet Markgraf Rudolf dem Gerhard von Hirschberg als Obermeister 1200 Mark Silbers »umb das aygen und gut; das wir im zu Pforzheim und anders wo dorby, und an unsern höfen zu Besenkein hatten gegeben umb den kauff unsrer burg und des guts zu Liebenzell«. Möglicherweise verdanken der » deutsche Hof« und das » deutsche Hofgäßle« ihren Namen einer freilich vorübergehenden Verpfändung an den Deutschorden. Wenigstens können wir uns nicht denken, woher die erstmals Ende 16. Jahrh. uns begegnende, aber sicher viel ältere Bezeichnung stammen soll.