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Bunte Schmetterlinge, fleißige Ameisen, zudringliche Fliegen, die Finsternis suchende Tausendfüßler, Kunstweberei übende Spinnen und noch viele andere Tiere aus der nächsten Verwandtschaft der genannten, die uns jetzt beschäftigen sollen, gehören einem Formenkreise an, der von dem in den vorausgegangenen Bänden dieses Werks betrachteten wesentlich verschieden ist. Während bei den Säugern, Vögeln, Amphibien und Fischen ein inneres Knochen- oder wenigstens Knorpelgerüst mit einer Wirbelsäule als Hauptstamm die Stützpunkte für alle nach außen sich ansetzenden Fleischteile darbietet und, durch dieselben verhüllt, seine Gliederung nicht zur Schau trägt, finden hier die umgekehrten Verhältnisse statt. Die Haut bildet einen mehr oder weniger festen Panzer, der, um seinem Träger die Beweglichkeit zu sichern, in Glieder zerfällt, die durch dünne Häute beweglich miteinander verbunden sind. Diese Glieder gruppieren sich bei den einen in Kopf, Mittel- und Hinterleib, bei den andern verschmelzen die beiden ersten Gruppen zu einer einzigen, dem sogenannten »Kopfbruststück«, bei wieder andern setzt sich nur der Kopf von der übrigen gleichwertigen Gliedergruppe ab, die Mittel- und Hinterleib in sich vereinigt. Auch das Oben und Unten an diesem gegliederten Panzer kann von Bedeutung werden, indem die Glieder z. B. von der Rückenseite her verschmolzen und nur an der Bauchseite getrennt auftreten, oder in selteneren Fällen auch umgekehrt. Die Grenzen gewisser Glieder oder Ringe ( Segmente), wie man sie auch nennt, obschon sie in den wenigsten Fällen wirklich geschlossene Ringe darstellen, setzen sich als Leisten, Zapfen und Vorsprünge verschiedener Gestalt in das Körperinnere fort, um hier den Muskeln und sonstigen Weichteilen als Anheftungspunkte zu dienen. Diese festen Glieder bilden, um es kurz zu sagen, ein äußeres » Hautskelett«. Demselben gehören meist abermals gegliederte, als besondere Anhänge erscheinende Fortsätze an, die verschiedenen Zwecken: dem Umhertasten, dem Fressen, dem Laufen, bei dem Fortpflanzungsgeschäfte dienen, oder auch ihrem Wesen nach noch nicht gedeutet werden konnten, vorwiegend aber Füße sind. Infolge dieses eigentümlichen Bauplanes hat man alle denselben für ihren Körper innehaltenden Tiere als Gliedertiere ( Insecta) dem Formkreise der bisher betrachteten Rückgrat- oder Wirbeltiere entgegengestellt. Weil aber die unserm Formkreise nicht angehörigen Ringelwürmer auch gegliedert oder eingekerbt erscheinen, wenn auch ohne gegliederte Anhänge, und weil zu Anfang dieses Jahrhunderts der Begriff »Insekt« ein engerer geworden als zu Linné's Zeiten, so legte Gerstäcker (seit 1855) unserm Formkreise den jetzt ziemlich allgemein angenommenen Namen »Gliederfüßler« ( Arthropoda) bei.
Die Gliederfüßler unterscheiden sich von den Wirbeltieren auf die eben angedeutete Weise nicht nur in ihrer äußeren Erscheinung, sondern auch durch ihren inneren Bau, wie ein flüchtiger Blick auf denselben ergeben wird. Dort zieht vom Hauptsitz, dem Gehirn, ausgehend, das Rückenmark in der Wirbelsäule dem Rücken entlang als Stamm des Nervensystems, hier finden wir an entsprechender Körperstelle das sogenannte Rückengefäß, ein gegliederter Hauptstamm für den wesentlich andern Blutlauf; wogegen dem Rückengefäß gegenüber, längs des Bauches, Nervenfäden paarweise hinlaufen, die sich in gewissen Abständen knotenartig zu den sogenannten Ganglienketten erweitern und in ihrer Gesamtheit das Bauchmark als den Hauptsitz des Nervensystems darstellen. Zwischen dem Rückengefäß und dem Bauchmark befindet sich der Ernährungskanal, der zwar auch eine Verbindung zwischen der Mundöffnung am vorderen und der Afteröffnung am hinteren Ende des Körpers herstellt, wie bei den Wirbeltieren, auch teils gerade, teils vielfach gewunden verläuft, aber in seinen verschiedenen Abteilungen von dem Verdauungskanal der höheren Tiere wesentlich abweicht. Um zu der Mundöffnung zu gelangen, drängt er sich in seinem vordersten Teil zwischen den Verbindungssträngen der beiden vordersten Ganglienpaare des Bauchmarks hindurch und bildet auf diese Weise den sogenannten Schlundring, den man wohl mit dem Gehirn der Wirbeltiere verglichen hat. Neben drüsigen Gebilden von verschiedener Beschaffenheit und Bedeutung, die zu den Ernährungswerkzeugen in irgendwelcher Beziehung stehen, füllen die Geschlechtsteile die Leibeshöhle aus, und zwar die hintersten Abschnitte derselben. Sie treten paarig auf und sind wie bei den höheren Tieren auf zweierlei Einzelwesen verteilt; ihre Öffnung liegt vor dem After. Die Werkzeuge für die Sinne finden sich bei den Gliederfüßlern nicht in der Vollständigkeit wie bei den Rückgrattieren, sondern es sind dieselben nur für das Gesicht und das Gefühl allgemein verbreitet, die Geruchs- und Gehörwerkzeuge nur bei wenigen nachgewiesen; die vorhandenen haben aber ihren Sitz hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, am Kopfe. Heute kennt man auch diese Organsysteme besser. Die Geruchsnerven endigen gewöhnlich in den Fühlern und Kiefertastern. Auch Gehör- und Geschmacksorgane sind jetzt häufiger nachgewiesen worden, obschon hier die Deutungen gewisser Nervenendigungen vielfach noch sehr unsicher sind. Hrsgbr. Die Gliederfüßler atmen weder unter Beihilfe von Lungen oder Kiemen ausschließlich durch den Mund, noch durch eine am Kopfe gelegene Öffnung, sondern der ganze Körper wird bei dieser Tätigkeit in Anspruch genommen. Ein ihn durchziehendes, in äußerst seine Röhrchen verzweigtes Gefäßnetz, die Luftröhren ( Tracheen) genannt, öffnet sich an bestimmten, zahlreichen Stellen, den Luftlöchern ( Stigmen), um allerwärts der Luft den Zutritt in das Innere zu gestatten. Kiemenbildung ist nicht ausgeschlossen und vor allem verdrängt sie bei den auch sonst als entschiedene Wassertiere nicht unwesentlich von den Land- und Luft-Gliederfüßlern abweichenden Krebsen die Luftlöcher.
Zu diesen Eigentümlichkeiten der Krebse, die von unsern weiteren Betrachtungen ausgeschlossen und dem folgenden Band vorbehalten bleiben, gehört auch der Stoff, aus welchem sie ihr Hautskelett aufbauen. Es besteht nämlich dem Wesen nach aus Kalk, während sich die Bedeckung der übrigen Gliederfüßler von einer unterliegenden Haut aus als höchst eigentümliche Masse schichtenweise ablagert. Dieselbe ist reich an Stickstoff, in Wasser, Weingeist, Äther, verdünnten Säuren oder auch in konzentrierten Alkalilaugen unlöslich und schmilzt nicht im Feuer wie das Horn, sondern glüht nur. Man hat sie unter dem Namen » Chitin« in die Wissenschaft eingeführt. Wenn somit das Chitin nur äußerlich dem Hornstoffe gleicht, trotzdem aber in Zukunft von Hornteilen oder hornigen Gebilden die Rede sein wird, so hat dies seinen Grund in der nun einmal eingebürgerten Ausdrucksweise, die nicht so leicht zu verdrängen ist, selbst wenn man längst ihre Ungenauigkeit vom wissenschaftlichen Standpunkt aus erkannt hat.
Diese wenigen Vorbemerkungen werden ausreichen, um den Formkreis der Gliederfüßler im allgemeinen zu charakterisieren und seinen Gegensatz zu den Rückgrattieren hervorzuheben; der letztere wird nach allen Seiten hin noch schärfer hervortreten, wenn wir im weiteren Verlaufe die einzelnen Abteilungen (Klassen) der Gliederfüßler näher betrachten. Es sind deren vier: die Kerbtiere oder Insekten, Tausendfüßler, Spinnen und Krebse, von denen nur die drei ersten diesem Bande angehören sollen.
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Im Wasser und auf dem Lande, an Pflanzen und Tieren, auf dem Lande kriechend oder in der Luft fliegend, allüberall, wo überhaupt tierisches Leben möglich, trifft man Insekten an, nur die hohe See muß ausgenommen werden, weil die wenigen Arten, die man in ihren Seetangen gefunden hat, zu vereinzelt sind. Je weiter nach den Polen hin, desto vereinzelter, desto ärmer an Arten, wenn auch manchmal in größeren Mengen derselben Art, treten sie auf; dementsprechend nehmen sie bis zum gänzlichen Verschwinden ab, je höher man auf den Schneebergen vordringt, wie beispielsweise auf den Alpen der Schweiz bei 2812 Meter Meereshöhe; zahlreicher, mannigfaltiger und wunderbarer in Form und Farbenpracht werden sie, je heißer der Himmelsstrich, in dem sie wohnen.
Die Insekten, Kerbtiere, Kerfe ( Hexapoda) erkennt man äußerlich daran, daß ihr gegliederter Körper in drei Hauptabschnitte zerfällt, von denen der Kopf zwei Fühlhörner und der Mittelleib sechs Beine, meist auch vier oder zwei Flügel trägt. Hinsichtlich ihrer Entwicklungsweise zeichnen sich die meisten durch Verwandlung ihrer Form auf den verschiedenen Altersstufen aus; sie bestehen, wie man sich kürzer ausdrückt, eine » Verwandlung« ( Metamorphose).
Der Kopf, für den Beschauer des vollkommen entwickelten Insekts aus einem einzigen Stücke bestehend und durch weiche Haut mit dem Mittelleibe verbunden, kann für sich allein bewegt werden, nach allen Seiten hin, wenn er frei vor jenem sitzt, mehr beschränkt, wenn er in die Höhlung vor dessen Vorderteile wie der Zapfen in seine Pfanne eingelassen ist, oder wohl gar von oben her davon überwuchert wird. Die Eingliedrigkeit ist jedoch nur eine scheinbare; denn in der ursprünglichen Anlage setzen ihn fünf Ringe, wie wir die einzelnen Glieder immer nennen werden, zusammen, von denen die beiden ersten die Augen und das Fühlerpaar, jeder der folgenden ein Kieferpaar trägt, sämtlich Werkzeuge, die für den Kerf von größter Bedeutung sind, für uns aber großenteils zu durchgreifende Unterscheidungsmerkmale darbieten, als daß wir sie mit Stillschweigen übergehen könnten. Bevor wir jedoch zu ihrer näheren Betrachtung übergehen, sei noch bemerkt, daß die Gegend zwischen den oberen Augenrändern die Stirn, der Raum hinter den hinteren Augenrändern bis nach der Mundöffnung hin die Wangen, die vordere Partie von der Stirn abwärts das Gesicht und der vorderste Teil desselben vor der Mundöffnung das Kopfschild ( clypeus) genannt wird.
Die Augen der Insekten sitzen zu beiden Seiten des Kopfes vollkommen fest. Dessenungeachtet dürfte der Kerf ein größeres Gesichtsfeld beherrschen als die Wirbeltiere mit ihren zwei beweglichen Augen. Ohne den Körper zu rühren, schaut er zugleich nach oben und unten, nach vorn und hinten, wie der flüchtige Schmetterling lehrt, der sich nicht beschleichen läßt, von welcher Seite man auch nahen mag. Der Grund von dieser Umsichtigkeit liegt in dem Baue des Insektenauges. Dasselbe besteht nämlich aus einer überraschenden Menge kleiner Äugelchen, deren Oberfläche sich als je ein regelmäßiges Sechseck schon bei mäßiger Vergrößerung erkennen läßt. In den
gewöhnlichen Fällen zwischen zwei- und sechstausend schwankend, in einzelnen über diese Zahl hinausgehend, in andern weit unter ihr zurückbleibend (bei den Ameisen nur zu 50), bilden sie auf jeder Seite des Kopfes scheinbar ein einziges, mehr oder weniger gewölbtes, bisweilen halbkugelig vorquellendes, zusammengesetztes Auge oder Netzauge. Manchmal lassen sich die Ränder der einzelnen Felder oder Facetten als regelmäßige Unebenheiten auf der das Ganze überziehenden Hornhaut erkennen; sind sie mit Wimpern besetzt, so erscheint das Auge behaart. Unter jeder Facette befindet sich ein zunächst durchsichtiger und lichtbrechender, tiefer unten von einer Farbenschicht und von Nervenfasern umgebener Kegel. Alle Kegel liegen mit ihren Spitzen eng beisammen und vereinigen ihre Nervenfäden zu einem einzigen, der nach dem sogenannten Gehirn verläuft. Vom Durchmesser und der Wölbung der Hornhaut sowie von der Entfernung dieser bis zur Netzhaut mit dem Nervenfaden hängt die Weitsichtigkeit eines Insekts ab, von den bisweilen im Innern geschichteten Farben der äußere, prächtige Schiller, den manche Augen auszeichnen, der aber mit dem Tode des Kerfs in der Regel verlorengeht. Die Netzaugen füllen einen größeren oder geringeren Teil der Kopfoberfläche aus, sind oft an der Innenseite nierenförmig ausgeschnitten, durch eine eingeschobene Stirnplatte unvollkommener oder vollkommen in eine obere und untere Partie geteilt. Außer den zusammengesetzten kommen auch einfache oder Punktaugen ( ocelli, stemmata) ausschließlich oder neben jenen zugleich vor. Im letzteren Falle stehen sie meist zu dreien in einem flachen Bogen oder zu einem Dreieck vereinigt, auch zu zweien, am seltensten vereinzelt zwischen den Scheitelrändern der Netzaugen. In ihrer äußeren Erscheinung lassen sie sich am besten, wenn auch etwas grobsinnlich, mit einer zarten Perle vergleichen, welche der Goldarbeiter halbiert und gefaßt hat, im innern Baue wiederholt sich ungefähr dasselbe, was von dem einzelnen Kegel des zusammengesetzten Auges gilt. Wenige Insekten im vollkommenen Zustande haben nur einfache Augen, wenige sind gänzlich blind. Es gehören dahin beispielsweise einige Käfer, die tief im Innern von Höhlen oder ausschließlich von Steinblöcken bedeckt ihr kümmerliches Dasein fristen.
Die Fühler, Fühlhörner ( antennae), zeigen sich als das oberste Paar der gegliederten Anhänge, indem sie an den Seiten oder vorn am Kopfe, weiter oben oder unten, häufig in dem Ausschnitt der nierenförmigen Augen eingelenkt sind. Sie bestehen aus einer geringeren oder größeren Anzahl von Gliedern und liefern den ersten Beweis für den unendlichen Reichtum an Formen, den wir in jeder Beziehung bei den Kerfen anzustaunen noch Gelegenheit finden werden. Ohne auf die Mannigfaltigkeit näher einzugehen, sei nur bemerkt, daß das Grundglied sich durch besondere Dicke oder Länge vor den andern auszeichnet und als Schaft den andern, die Geisel bildenden, entgegengestellt wird. Die Geiselglieder sind entweder gleichartig in ihrer Bildung, oder die letzteren von ihnen weichen insofern ab, als sie einen Kamm, einen Fächer, einen Knopf von dichter oder loser Zusammensetzung, eine Keule und anderes darstellen. Bei den geraden Fühlern reihen sich sämtliche Glieder in derselben Richtung aneinander, bei den geknieten, gebrochenen dagegen die Geiselglieder unter einem Winkel an den meist verlängerten Schaft, und dieser Fall gab wegen der Ähnlichkeit mit einer Peitsche ursprünglich die Veranlassung für die besonderen, eben angeführten Benennungen. Während bei manchen Insekten die Fühler so klein sind, daß sie von einem ungeübten Auge gänzlich übersehen werden können, übertreffen sie bei andern die Körperlänge mehrfach.
Über die Bedeutung der Fühler sind die Gelehrten noch nicht einig. Daß die entwickelteren irgendeinem Sinne dienen und dem Kerfe gewisse Wahrnehmungen von außen zuführen, unterliegt keinem Zweifel. In den meisten Fällen dürften sie, wie ihr deutscher Name besagt, dem Gefühle dienen, worauf das fortwährende Umhertasten deutet, oder die Erfahrung, daß der Flug ein unsicherer wird, wenn die Fühler abgeschnitten sind; in andern scheinen sie dem Gehör- oder Geruchswerkzeug der höheren Tiere zu entsprechen. Erichson, der eine große Menge dieser geheimnisvollen Gebilde mikroskopischen Prüfungen unterwarf, fand in der Regel an gewissen Gliedern, besonders den letzten, oder an den blattartigen Ansätzen dieser einzelne oder siebartig beieinanderstehende größere oder kleinere Löcher und hinter jedem eine Haut ausgespannt und um diese einen kurzen Filz dichter Härchen. Er glaubte in diesem Bau die Nase der Wirbeltiere erkennen zu müssen. Und in der Tat, wer einer weiblichen Schlupfwespe zusieht, wie sie die im Holze eines alten Baumstamms verborgene Larve aufsucht, der sie ihre Eier anvertrauen möchte, der wird nach seiner menschlichen Ausdrucksweise erklären, sie berieche mit den Spitzen der langen Fühler alle Bohrlöcher, bis sie das richtige aufgefunden hat. Die Männchen vieler Nachtschmetterlinge suchen stundenweit die verborgenen Weibchen auf, indem sie in wildem Fluge ihre langkammstrahligen Fühler vorstrecken, und werden sicher nur durch den Geruchssinn auf die rechte Spur geführt. Die Honigbienen und andere Insekten scheinen sich mittels ihrer Fühler bisweilen zu unterhalten und ihre für uns Menschenkinder freilich unverständliche Sprache zu reden. Landois will, gegen Erichson, in dem Endblatt der Fühler beim Hirschkäfer das Gehörorgan aufgefunden haben. Weil es im Begriffe des niederen Organismus liegt, daß zwei Verrichtungen, die wir beim höheren auf zwei verschiedene Werkzeuge verteilt finden, einem einzigen zufallen können oder auch ganz fehlen, weil es ferner nicht zulässig ist, die Einrichtung unserer Geruchs- oder Gehörwerkzeuge auf die der so wesentlich anders gebauten Insekten übertragen zu wollen: so ist es meiner Ansicht nach sehr wohl möglich, daß bei den einen von ihnen die Fühler den Ohren, sofern ihnen solche überhaupt nötig, bei andern der Nase höherer Tiere entsprechen, und vielleicht wieder bei andern keinem von beiden. Hiermit sind wir für eine allgemeine Betrachtung mit den Sinneswerkzeugen der Kerfe zu Ende; denn was sich noch von ihnen berichten ließe, hat mit dem Kopfe nichts gemein und ist so eigentümlicher Art, daß es am besten für die betreffenden Kerfe aufgespart bleibt.
Die Mundteile nehmen das vordere Kopfende ein und sollen in möglichster Kürze näher besprochen werden. (Vgl. Tafel 1.) Bei aller Verschiedenartigkeit in der Ausbildung unterscheidet man in den beißenden und saugenden Mundteilen die beiden Hauptformen, jene dazu befähigt, feste Nahrung zu zerkleinern, diese nur imstande, flüssige Stoffe aufzunehmen, womit nicht behauptet sein soll, daß die Beißer nicht auch Flüssigkeiten lecken könnten. Abgesehen von der unpaarigen Oberlippe oder Lefze ( labrum), die sich in der Regel als Chitinplättchen vorn an das Kopfschild ansetzt, aber auch unter ihm angewachsen und dünnhäutig sein kann, bestehen die zunächst zu betrachtenden beißenden Mundteile aus drei Paaren von Gliederfüßen, die aber als zu Fußwerkzeugen umgebildet, Kiefer genannt werden und den drei letzten Kopfringen angeheftet sind.
Oberkiefer, Kinnbacken (Freßzangen, mandibulae) heißt das oberste ungegliederte Paar; es ist am Ende der Wangen beweglich eingelenkt und seine beide Hälften können sich in wagerechter Richtung gegeneinander bewegen, wie die Arme einer Kneipzange. Jede Kinnbackenhälfte läßt sich je nach ihrer Form mit Hacke, Schaufel, Meißel usw. vergleichen, pflegt hornig (chitinig) zu sein, spitz oder stumpf, nur vorn oder längs der ganzen Innenseite gezähnt. In der Regel gleicht jede der andern, es kann aber auch die eine ein kräftigeres Ansehen annehmen als die andere. Während beim männlichen Hirschkäfer jede wie ein Geweih, weit länger als der Kopf selbst, diesen überragt, drohend und grimmig dem Anscheine nach, zum Kauen aber unbrauchbar, verstecken sie sich bei vielen Verwandten unter der Oberlippe und enden nach innen dünnhäutig in gleicher Unfähigkeit zum Zerbeißen der Nahrung. Bei dem Blätter kauenden Maikäfer und den andern seiner Sippe liegen die Kinnbacken auch verborgen, haben indessen breite Kauflächen, ähnlich den Mahlzähnen der Wiederkäuer. Bei vielen Kerfen, namentlich den Raub- und Blumenwespen, jenen Leckermäulern, denen nur Süßigkeiten munden, sind in der Regel die Kinnbacken ungemein kräftig entwickelt, dienen aber allem andern mehr als der Zerkleinerung von Nährstoffen, sie sind vielmehr unentbehrliche Werkzeuge zum Bauen der Wohnungen, zum Bearbeiten des Baustoffes, zu der Beschaffung desselben, zum Ergreifen der Nahrung, jedoch weniger der eigenen als der für die Nachkommen bestimmten.
Unterkiefer, Kinnlade ( maxillae) nennt man das zweite, gegliederte Paar, das in der Regel weicher als das erste ist, ihm in andern Fällen (Wasserjungfern usw.) nicht nachsteht und es in noch andern an Härte übertrifft (Roßkäfer). Mehr oder weniger leicht lassen sich an jeder der beiden immer symmetrischen rechten und linken Unterkieferhälften folgende Teile unterscheiden: ein kurzes, queres Stück, die Angel, durch welche der Kiefer an der Seite der Kehle, unter und wenig hinter dem Oberkiefer eingelenkt ist. Die Angel geht aus der dreieckigen in die langgedehnte bis stabförmige Gestalt über und ist meist horniger Natur. Das nächste Stück, der Stiel oder Stamm, lenkt sich unter einem (rechten) Winkel der Angel ein und bildet im allgemeinen eine hornige Platte, deren Länge 1½ bis 6mal den Querdurchmesser übertreffen kann; bei den Bienen gleicht er einem Kamme, weil seine Innenkante mit Borsten dicht bewimpert ist. An der Innenseite des Stammes sitzen die Lappen oder Laden, deren unterer innerer Teil auch als Kaustück unterschieden wird. Sind die Laden an der Spitze mit Zähnen oder Dornen bewehrt, so kommen sie an Härte dem Oberkiefer gleich, andernfalls bleiben sie weicher und mehr häutig. Dieser Teil wirkt auf das Futter und bereitet es zum Verschlucken vor, bildet somit das Hauptglied des ganzen Kiefers, er besteht nur aus einem Lappen, wie bei manchen Käfern, den Blumenwespen und andern, und kann sehr lang, aber auch sehr kurz sein, häufiger noch setzt er sich aber aus zwei Lappen zusammen, einem oberen, mehr äußeren, und einem unteren, mehr nach innen gelegenen. Dabei finden die verschiedenartigsten Verhältnisse statt in Rücksicht auf die gegenseitige Lage, die Gestalt der Lappen, ihre Anheftung an den Stamm. So hängt z. B. der untere Lappen seiner ganzen Länge nach an der Innenseite des Stammes bei gewissen Käfern, beide liegen nebeneinander an der Spitze, wie bei den Blattwespen, der eine über dem andern, jedoch jeder am Stamm sitzend, wie beispielsweise die häutigen Lappen des Hirschkäfers. Bei den Schrecken legt sich der obere Lappen als » Helm« über den unteren. Eigentümlich gestalten sich in dieser Beziehung die Verhältnisse bei drei großen Käferfamilien, die man als Fleischfresser zusammengefaßt hat (Sandkäfer, Laufkäfer, Fadenschwimmkäfer. ) Hier nämlich verwandelt sich die äußere Lade in einen zweigliederigen, fadenförmigen Körper, ganz von der Beschaffenheit eines Tasters, den wir gleich kennenlernen werden. Auch die Bekleidung der Lappen ist großem Wechsel unterworfen. Hier verwandelt ein reicher Besatz von Borsten die ganze Innenseite in eine Bürste, den Rand in einen Kamm, dort beschränkt sich die Behaarung nur auf die Spitze oder fehlt gänzlich. Statt weicherer oder steiferer Haare finden sich auch Zähne, bewegliche oder durch Einschnitte in den Körper entstandene unbewegliche Hervorragungen. Die Sandkäfer charakterisiert ein beweglicher Klauenzahn an der Spitze der Lade, bei den gefräßigen Schrecken und räuberischen Libellen kommen ihrer mehrere längs der ganzen Innenseite vor. Am Ende des Stammes oder nahe vor demselben sitzt nach außen, meist in dem Einschnitte, den er mit dem oberen Lappen macht, je ein fühlerartiger, ein- bis sechsgliederiger Taster (Freßspitze), der Kiefertaster ( palpus maxillaris). Gegenseitige Länge der Glieder, namentlich aber die Gestalt derselben, bedingen allerlei Unterschiede.
Das dritte Gliedmaßenpaar endlich bildet den zweiten Unterkiefer, der aber verwachsen, ein in der Mittellinie höchstens eingekerbtes einfaches Stück darstellt und Unterlippe ( labium) heißt. Daß die Unterlippe so aufgefaßt werden müsse, beweist die Trennung beider Hälften bei andern Gliederfüßlern, wie z. B. bei den Krebsen, die tiefe Teilung derselben bei manchen Käfern und den Schrecken, sowie ferner die Gegenwart von zwei weiteren Tastern, den Lippentastern ( palpi labiales), die aus zwei bis vier Gliedern zusammengesetzt und meist kürzer als die Kiefertaster, am Vorderrande oder auch mehr zur Seite der Unterlippe eingelenkt sind. Bei den Bienen nennt man diese Taster eingestaltig, wenn ihre gleichgebildeten Glieder sich in der gewöhnlichen Weise mit den Spitzen aneinanderreihen, zweigestaltig dagegen, wenn die beiden Grundglieder lange schmale Schuppen bilden und die beiden letzten sich seitwärts und vor der Spitze des zweiten als zwei verkümmerte Läppchen anhängen. Der hinterste, hornige Teil der Unterlippe wird als Kinn ( mentum) der mehr oder weniger entwickelten häutigen Zunge entgegengesetzt, die vor oder auf jenem sitzt. Das Kinn ist verschieden gestaltet, häufig breiter als lang, und, abgesehen von seiner wechselnden Vorderseite, der Vierecksform nahe gebracht; bei andern Kerfen, zu denen die Bienen zählen, überwiegt die Längsausdehnung wesentlich, und fast röhrenförmig umschließt es dann die Seiten der Zungen. Diese liegt entweder dem Kinn selbst auf und überragt es nicht, wie bei den meisten Käfern, wird länger als dasselbe, oder sie ist ganz frei dem Vorderrande des Kinns angewachsen. Wenn sie bei Einnahme der Nahrung keine oder eine nur untergeordnete Rolle spielt, so bemerkt man sie kaum; ist sie mäßig entwickelt, so finden wir sie vorn abgerundet, mehr oder weniger ausgeschnitten, oder wie bei den Blattwespen dreizipfelig. Den höchsten Grad ihrer Vollkommenheit erlangt sie bei den honigleckenden Bienen, wo sie manchmal länger als das ganze Tier wird. Sie ist an der Spitze mit Härchen bekleidet, in denen der Honig kleben bleibt, um der Mundöffnung zugeführt werden zu können, und besteht aus drei Zipfeln, deren Seitenlappen hier als Nebenzungen von dem Hauptteile unterschieden werden; alle drei sind einander nahezu gleich bei den Afterbienen, oder die Nebenzungen umschließen den streifenförmigen Mittellappen an seinem Grunde, so daß das ganze Leckwerkzeug beinahe den Anblick eines blühenden Getreideährchens mit seinen Spelzen und Grannen darbietet.
Die Kraft, welche die kleinen Wesen in ihren beißenden Mundteilen entwickeln, ist ebenso wunderbar wie verderblich durch Zerstörung menschlichen Eigentums. Man erinnere sich der Verwüstungen, die 4 Millimeter lange Kerfe am Holzwerke unserer Häuser, andere an Waldbäumen anrichten können, die auf tausenden von Hektar durch deren Zahn zugrunde gegangen sind und zur Zeit, wo diese Zeilen niedergeschrieben werden (1875), im Böhmerwalde zugrunde gehen. Wer ein Maß für die beißende Kraft zu erlangen wünscht, der stecke nur seinen Finger zwischen die geweihförmigen Kinnbacken eines männlichen Hirschkäfers; will er Blut fließen sehen, so wähle er die kurzen Zangen des Weibchens als Probierstein. Selbst Metall, wenn auch nur das weiche Blei, vermag den Beißern keinen Widerstand zu leisten. Es liegen mehrfach Fälle vor, in denen von Insektenlarven bewohnte Hölzer in Schwefelsäurefabriken verwendet und mit Bleiplatten überzogen worden sind. Als für den Insassen die Zeit gekommen, in der er sich seines geflügelten Daseins erfreuen sollte, wozu das Verlassen des dunklen Kerkers die Vorbedingung war, mußte nach dem Holze auch die Bleischicht durchdrungen werden, und siehe da, es gelang. In meiner Insektensammlung befindet sich ein solcher Held unter dem Namen der gemeinen Holzwespe, der in einer Bleikammer zu Freiberg das Licht der Welt erblickt hat.
Die saugenden Mundteile erscheinen als bis zur Unkenntlichkeit verbildete Kiefern, lassen sich aber, so verschieden sie auch bei den einzelnen Ordnungen auftreten, auf die einzelnen Teile der beißenden Mundteile deuten. Bei Wanzen, Zikaden, Blattläusen, überhaupt bei allen denjenigen, denen man wegen ihrer übereinstimmenden Mundbildung den Namen Schnabelkerfe beigelegt hat, erinnert die Umformung an einen Schnabel. Das dritte Kieferpaar oder die Unterlippe der Beißer bildet hier eine drei- bis viergliederige Röhre, die durch Biegung etwas verkürzt werden kann, meist auch in ihrer ganzen Länge Bewegungen zuläßt. Sie ist das Futteral oder die Scheide, die in ihrem engen Hohlraume vier feine, dicht beisammenliegende Borsten birgt. Je zwei dieser Borsten entsprechen dem Ober- und Unterkiefer. In dieser Einrichtung besitzt das Tier einen Saugapparat, der ihm durch Einstechen der Borstenspitzen in tierische oder pflanzliche Körper den ernährenden Saft zuführt. Ein schmal dreieckiges Hornplättchen auf der Oberseite der Scheidenwurzel angeheftet, entspricht der Oberlippe, von Tastern will man hier und da nur eine Andeutung gefunden haben. Der Schnabel, manchmal von der Länge des Kopfes, bisweilen des ganzen Körpers, hält meist die Mitte zwischen beiden Gegensätzen, legt sich in der Ruhe an Kehle und Brust an, richtet sich aber beim Gebrauch unter einem rechten oder stumpfen Winkel, je nach der Bequemlichkeit, auf; ist er kurz, dick und nach unten gekrümmt, so fehlt ihm wohl auch das Vermögen, seine Richtung zu verändern.
Kaum verwickelter, wenn auch mannigfacher gestaltet, ist die Einrichtung des Rüssels, wie man bei Fliegen und Mücken den Saugapparat genannt hat. In seiner Vollständigkeit besteht er aus der den Mund von unten schließenden Unterlippe, die sich allermeist nach vorn verlängert, fleischig und gekniet ist, um mehr oder weniger in die Mundhöhle zurückgezogen werden zu können. Sie stellt den bestentwickelten Teil des ganzen Werkzeuges in den meisten Fällen dar. Wenn, wie beispielsweise bei unserer Stubenfliege, die Unterlippe in einer Saugfläche endigt, d.h. in zwei nebeneinander liegende fleischige Anhänge, die wie ein Hämmerchen an ihr, dem Stiele, sitzen, so nennt man das Ganze einen Saugrüssel; bei ihm pflegen die übrigen Teile bis auf die Lippentaster mehr oder weniger zu verkümmern. Der Unterlippe liegt die meist hornige Oberlippe gegenüber und zwischen beiden schließen sich die übrigen Stücke, die beiden Kieferpaare und die Zunge, als Borsten, jene auch als messerförmige Werkzeuge aneinander an, sind jedoch selten alle vollkommen entwickelt. Diese Mundborsten können empfindlich stechen, wovon die blutdürstigen Mücken und Bremsen einen Beweis liefern; der zugespitzten Scheide fehlen dann die Saugflächen, und darum hat man diese Form der ersteren unter dem Namen » Stechrüssel« entgegengestellt. Der Mundöffnung bald näher gerückt und in sie zum Teil zurückziehbar, bald weiter von ihr entfernt, stehen nach oben am Grunde der Unterlippe die ein- bis viergliederigen Lippentaster, die nach Form, Farbe und sonstiger Beschaffenheit oft gute Unterscheidungsmerkmale abgeben.
Bei den Schmetterlingen endlich verkümmern Oberlippe und Unterkiefer gänzlich. Unmittelbar unter dem Kopfschilde ragt ein längerer oder kürzerer, härterer oder weicherer Streifen hervor, der im Ruhestande wie eine Uhrfeder zusammengerollt, von unten her durch die kleine, zipfelartige Unterlippe gestützt, an den Seiten durch deren dreigliederige Taster eingeschlossen wird. Mithin verbleibt hier dem Unterkiefer allein die Aufgabe, dem Schmetterling Honig und Tautropfen als Nahrung zuzuführen, und sind daher die ihm beigelegten Bezeichnungen Rollzunge oder Saugrüssel unglücklich gewählt. Bei gewissen Kleinschmetterlingen kommen geringfügige Abweichungen von diesem Bauplane, namentlich auch Kiefertaster, sogenannte Nebenpalpen, vor.
Die zweite Gruppe der Körperringe bildet den Mittelleib, Brustkasten (Rumpf, thorax), den alleinigen Träger der Bewegungswerkzeuge. Derselbe besteht aus drei Ringen, dem Vorderbrustring ( prothorax) mit dem vordersten Beinpaar, dem Mittelbrustring ( mesothorax) mit dem zweiten Beinpaar und den Vorderflügeln, wenn die Flugwerkzeuge vorhanden sind, dem Hinterbrustring ( metathorax) mit den hintersten Beinen und Flügeln. Je nach dem Bedürfnisse sind diese drei Ringe verschiedenartig entwickelt und der eine meist überwiegend. Bei zahlreichen Kerfen hat der vorderste Ring das Übergewicht, ist dann » frei« und beweglich dem nächstfolgenden eingelenkt und scheint dann in der Ansicht von oben den mittelsten Hauptteil des Körpers allein zu bilden (Käfer, Wanzen, Schrecken und andere). Ein freier Vorderbrustring, dessen Rücken Halsschild genannt zu werden pflegt, findet sich in Gemeinschaft derber, sogenannte Decken bildender Vorderflügel und gleicht entschieden wieder aus, was durch letztere der Beweglichkeit entzogen worden ist. Weil sich die Hinterrandsmitte auf dem Mittelrücken als ein durch besonderen Glanz, besondere Farbe ausgezeichnetes, eigentümlich, meist dreieckig geformtes Gebilde gegen seine Umgebung abhebt, so hat man diese Stelle gleichfalls mit einem besonderen Namen belegt und Schildchen ( scutellum) genannt, wie Hinterschildchen ( postscutellum) eine entsprechende ähnliche Auszeichnung auf der Vorderrandsmitte des Hinterrückens. Zu der üblichen Annahme von drei Mittelleibsringen sei beiläufig noch bemerkt, daß sie keine so ausnahmsweise Gültigkeit hat, wie aus obigem zu entnehmen ist. Es haben nämlich schon ältere, dann wieder vergessene, in der Neuzeit abermals aufgenommene und von neuem geprüfte anatomische und morphologische Untersuchungen dargetan, daß ein sogenanntes Zwischenglied bei vielen Kerfen (Käfern, Hautflüglern, Schrecken) sich eng als obere Hälfte eines vierten Mittelleibringes an den Hinterrücken anschließt, während es bei den Fliegen, Schnabelkerfen und Libellen einen auch nach unten geschlossenen Ring bildet und dem Hinterleibe angehört, so daß bei den zuletzt genannten der Mittelleib in der Tat nur aus drei Ringen besteht. Bei den Schmetterlingen rechnet man es auch noch zu dem Mittelleibe, obschon es seiner ganzen Natur nach mehr Neigung zum Hinterleibe verrät.
Neben Fühlern und Kiefern sind die sechs Beine die Gliedmaßen der Insekten, und zwar die eigentlichen Bauchgliedmaßen, wie sie für sämtliche Gliederfüßler bezeichnet werden, obschon sie bei den Insekten niemals am Bauche, sondern an der Brust stehen. Jedes Insektenbein besteht, von seiner Wurzel an gerechnet, aus Hüfte, Schenkelring, Schenkel, Schiene und Fuß. Die Hüfte ( coxa) ist das immer kurze Stück, das frei oder mehr oder weniger in die »Gelenkpfanne« eingeschlossen die Verbindung des ganzen Bewegungswerkzeuges mit dem Rumpfe vermittelt. Der Schenkelring ( trochanter) schiebt sich als einfaches oder doppeltes, verhältnismäßig kleines Glied zwischen Hüfte und Schenkel ein, um beiden eine andere Richtung gegeneinander zu geben und sicher auch, um die Bewegungsfähigkeit des letzteren zu erhöhen. Der Schenkel ( femur) bildet in der Regel den kräftigsten Teil des ganzen Beines, besonders des Hinterbeines, wenn er zum Springen befähigen soll. Das Schienbein, die Schiene ( tibia), pflegt von der Länge des zugehörigen Schenkels zu sein, von der dünnen Einlenkungsstelle an diesem allmählich zuzunehmen und sehr häufig an der Innenseite seiner Spitze mit beweglichen Dörnchen, zweien oder auch nur einem, den sogenannten Sporen, Enddornen, »bewehrt« zu sein während die Außenseite häufig ihrer ganzen Länge nach unbewegliche Zähne, Stacheln oder Borstenhaare trägt. – Der Fuß ( tarsus) endlich besteht aus kurzen, gelenkig miteinander verbundenen Gliedern, deren letztes in zwei, bisweilen auch nur eine bewegliche Kralle ausläuft. Meist kommen an allen Füßen die Glieder in gleicher Anzahl vor, und zwar nie mehr als fünf; dieselben können aber auch an den hinteren Füßen in geringerer Anzahl auftreten als an den vorderen. Die bedeutend kleinere » Afterklaue« sowie die Hautläppchen ( Pulvillen) zwischen den Krallen schaffen in vielen Fällen größere Sicherheit beim Gehen, letztere besonders die Möglichkeit, an den glättesten Gegenständen (Fensterscheibe) emporzukriechen. Die drei Paare der Beine sind bei keinem Insekt so gleich in jeder Hinsicht, daß sich eins mit dem andern vertauschen ließe; das vorderste oder das hinterste erleidet verschiedene Abänderungen, jenes, insofern es zum Greifen oder Graben, dieses, indem es zum Springen oder Schwimmen befähigen soll, je nachdem durch die Lebensweise seines Trägers die Verrichtung geboten ist.
Die Flügel, obschon gleichfalls Bewegungswerkzeuge, lassen sich nicht wie die Beine als Fortsätze oder Ausstülpungen des Hautskeletts auffassen, sondern, so wunderbar es auch klingen mag, als umgewandelte Atmungswerkzeuge. Denn bei den Schmetterlingen wenigstens ist nachgewiesen, daß die Andeutungen der Flügel schon im zweiten und dritten Ring unter der Haut der jungen Larve liegen und daß später neben den Chitinadern auch Luftröhren die Häute derselben durchziehen. Die Flügel sind entweder alle vier gleichartig gebildet, meist dünnhäutig und von Chitinadern durchzogen, oder die Vorderflügel verwandeln sich durchaus in Chitinmasse, nehmen dadurch eine feste Beschaffenheit an, sind zu Flugwerkzeugen nicht mehr tauglich und heißen Flügeldecken (Deckschilde, elytra), weil sie für die dünnhäutigen Hinterflügel und den Körperrücken eine schützende Bedeckung bilden. Bei den dünnhäutigen Flügeln dienen die Adern als Stütze und schließen häufig Räume auf der Flügelfläche, die sogenannten Zellen, ab. Die Zweiflügler haben nur Vorderflügel; manchen unter den Vierflüglern fehlen die Hinterflügel, und viele Kerfe sind gänzlich flügellos.
Der Hinterleib ( abdomen) endlich als dritter Hauptabschnitt des Insektenkörpers besteht aus drei bis neun Ringen. Die Normalzahl von elf Gliedern wird selten erreicht, weil die beiden letzten am Ende des Mastdarmes Verwendung gefunden haben; schwindet die Anzahl unter neun herab, so sind die fehlenden Glieder entweder unentwickelt geblieben, oder von ihren Nachbarn verdeckt, oder in Legröhre, Stachel, Zange sowie andere Anhängsel umgewandelt, von denen die unpaarigen in der Regel Kennzeichen für das weibliche Geschlecht abgeben. Besser als an andern Körperteilen läßt sich hier die Zusammensetzung jedes Ringes aus einer Rücken- und einer Bauchschuppe erkennen, die, wie untereinander, so mit den Nachbarringen durch federnde Häutchen in Verbindung stehen, so daß das Hautskelett des Hinterleibes einer wesentlichen Ausdehnung fähig ist, wenn ihn beispielsweise bei den Weibchen die Eier anschwellen. Überdies bleibt sein Rücken bei allen den Kerfen weichhäutig, wo Flügeldecken den Schutz übernehmen. Abgesehen von der bestimmten Gestalt des Hinterleibes trägt die Art seiner Anheftung an den Brustkasten wesentlich zu der Tracht eines Kerfes bei. Wenn sich, wie z. B. bei den Käfern, seine gesamte Vorderfläche eng an die Hinterwand des Mittelleibs anschließt, so nennt man ihn angewachsen; ein solcher würde mit dem Mittelleibe zu einer und derselben Gruppe zu gehören scheinen, wenn nicht dieser sich durch Anwesenheit der Beine eben als Mittelleib auswiese. Überall da, wo keine Flügeldecken vorhanden sind, trennt sich der Hinterleib deutlich durch Einschnürung vom Mittelleibe; hängt er mit ihm durch eine Querlinie zusammen, so heißt er sitzend ( Pimpla), in einem Punkte anhangend, sobald er sich nach vorn nicht verdünnt (Honigbiene), oder gestielt, wenn er sich an seiner Wurzel kürzer oder länger stielähnlich verdünnt (Wegwespe). Auf diese Weise kommen Insekten mit zum Zerbrechen dünner und zierlicher Taille zum Vorschein und wieder andere, denen sie ganz fehlt, dazwischen alle denkbaren Übergangsformen, die man durch einschränkende Wörter, wie fast sitzend, kaum gestielt usw., in etwas unbestimmter Weise näher zu bezeichnen pflegt.
Das Hautskelett des Insektenkörpers samt seinen Anhängen, die Tracht des Einzelwesens bedingend, zeigt, abgesehen von der Form der einzelnen Teile und deren Größenverhältnisse, abgesehen von der Vollzähligkeit, in welcher die Teile vorhanden, abgesehen von der Festigkeit und der damit zusammenhängenden Oberflächenbildung, auch in Hinsicht der Färbung und der Bekleidung eine außerordentliche Mannigfaltigkeit. Haare, Borsten, Schuppen, Stacheln oder Dornen, alle aus Chitin bestehend, bekleiden diesen oder jenen Teil dichter oder mehr vereinzelt, die drei ersten Gebilde nicht selten den ganzen Körper in solcher Menge, daß die Haut vollkommen durch sie verborgen wird. In diesem Falle sind es dann auch jene Gebilde, die den Farbenwechsel hervorrufen. Nicht nur die bunten Schmetterlinge verdanken den Schuppen ihrer Flügel ihre so anziehende Farbenpracht, sondern auch Käfer und andere Insekten, namentlich solche, die dem heißen Erdgürtel angehören, erglänzen durch einen Schuppen- oder Haarüberzug in dem lautersten Golde, im reinsten Silber, wie Smaragde und andere edle Steine; die Schuppen sitzen loser als die andern Überzüge, können daher mit der Zeit teilweise verlorengehen und dadurch den Kerf bis zur Unkenntlichkeit entstellen. Aber auch die Haut selbst, vorherrschend dunkel gefärbt, tritt stellenweise in den buntesten Farben auf, echt und unveränderlich, oder vorübergehend und im Tode getrübt, sobald der durchscheinende Fettkörper oder andere mit dem Tode schwindende Umstände an der Färbung teilnehmen, wie jeder weiß, der Insekten sammelt. Stacheln und Dornen, als die kräftigsten der genannten Verzierungen, treten vorherrschend an den Beinen und vereinzelt als Ausläufer dieses oder jenes andern dazu geeigneten Körperteiles auf und tragen kaum etwas zur Veränderung des Farbtones bei. Haare (Borsten) sind als Bekleidungsmittel am allgemeinsten verbreitet und dürften selten einem Kerfe gänzlich fehlen; die Teile aber, an denen sie dem unbewaffneten Auge entgehen, bezeichnet man als nackt.
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Die Muskeln oder das Fleisch der Insekten sind farblos oder ziehen schwach in das Gelbliche, bestehen aus Bündeln quergestreifter Fasern und bilden, sofern sie nur der Verschiebung der Körperabschnitte unter sich oder der Fortbewegung des ganzen Körpers dienen, ein gegliedertes Ganzes, das dem äußeren Hautskelett entspricht, dem sie nach innen angeheftet sind. Die Anheftung der Muskeln im Rumpfe wie an den Gliedmaßen erfolgt nach dem, wie es scheint, ganz bestimmten Gesetz, daß sie bei ein und demselben Muskel an zwei unmittelbar aufeinander folgenden Gliedern, nie mit Überspringung des benachbarten, erfolgt. An solchen Stellen, wo die stärkste bewegende Kraft erforderlich, also z. B. im Brustkasten für Flieg- und Kriechwerkzeuge, finden sich selbstverständlich auch die meisten Muskeln angehäuft, im Hinterleibe kleiden sie vorherrschend die Rücken- und Bauchwand zur Verschiebung der Ringe aus. Die Zahl der Muskeln ist jedoch sehr groß, Lyonet fand an der Raupe des Weidenbohrers 40 061 verschiedene Muskeln, also eine im Verhältnis zu den Wirbeltieren ganz außerordentliche Anzahl. Entsprechend sind auch die Muskelarbeitsleistungen. Ein Floh kann 1 Meter weit springen und das 80fache seines Gewichts ziehen. Hrsgbr.
Was nun das Nervensystem Auch bei den Insekten hängt die sogenannte »Intelligenz« ab von ihrer relativen Gehirnmenge. Das Gehirn eines so wenig »intelligenten« Insekts wie des Maikäfers beträgt nur 1/3500 der Körpermasse, das Gehirn der Arbeitsbiene wiegt jedoch 1/174 ihres Körpers. Hrsgbr. betrifft, so wurde der Hauptstamm, das Bauchwerk oder die Ganglienkette, dessen vorderster Teil, der Schlundknoten, als Gehirn der höheren Tiere angesehen zu werden pflegt, bereits oben erwähnt; es sei dem ergänzend nur noch hinzugefügt, daß bei den Kerfen die drei Nervenknotenpaare des Brustkastens am meisten entwickelt sind, daß durchschnittlich jedem Hinterleibsringe ein Knoten zukommt, und daß von dem oberen Knoten des Schlundringes nicht nur nach den Augen und Fühlern, sondern auch nach den Eingeweiden Nerven abgehen, während der etwas kleinere untere Knoten des Schlundringes die seinigen nach den Mundteilen entsendet. Im übrigen strahlen die Stränge zwischen den Knoten nach allen Seiten und namentlich auch nach den Atmungsröhren ihre Nerven aus. Öfters auch begleitet, ohne Knoten zu bilden, ein zweiter Strang den mit ihm verbundenen, unmittelbar unter ihm gelegenen Hauptstrang, hier und da hat man sogar gemeint, vier Stränge unterscheiden zu müssen, und je mehr die anatomischen Untersuchungen verallgemeinert werden, desto mehr Abweichungen im Ausbau werden sich herausstellen. In der mehr gleichmäßig im ganzen Körper verteilten Anordnung der Nerven haben wir entschieden den Grund zu suchen, warum kein Kerf durch Abtrennung einzelner Hauptteile schnell getötet werden kann, und daß die einzelnen Ringgruppen so lange nach ihrer Trennung voneinander durch Zuckungen noch Lebenszeichen von sich geben. So hörte beispielsweise die vordere Hälfte einer Maulwurfsgrille, die von ungefähr durch den Spaten halbiert worden war, erst nach zweiundachtzig Stunden, die hintere erst nach hundertundacht Stunden auf zu zucken.
Die Verdauungswerkzeuge sind einfacher Natur und bestehen in einem Darm, der von der Mundöffnung aus in verschiedenen Windungen nach dem After verläuft. Durch diese Krümmungen kann er zwei- bis dreimal so lang als das ganze Tier werden, bisweilen noch länger. Man unterscheidet an ihm vier Partien. Die vorderste als Speiseröhre, die bis zur Mitte der Brust oder bis zum Hinterleibe reichen kann und sehr eng ist, bei denen, die nur Flüssigkeiten einnehmen, weiter bei denen, die ihre Nahrung kauen; bei diesen kommt gegen das Ende auch eine sackartige Erweiterung, ein Kropf, vor. Im nächsten Teile verwandelt sich der eingenommene Stoff in den zur Ernährung nötigen Saft, den sogenannten Chylus, weshalb unter Umständen seine Innenwände zum Teil mit Zähnchen besetzt sind oder Drüsen haben, die beide die Verdauung befördern. Wenn auch auf diese Weise der genannte Teil des Darmes die Verrichtungen des Magens der höheren Tiere übernimmt, so kann er doch nicht damit verglichen werden, vielmehr spricht man mit Recht den Insekten einen solchen ab. Am Ende des in Rede stehenden Darmabschnittes befinden sich bei allen Insekten meist einfache, bisweilen verästelte und geschlängelte Röhrchen, die sogenannten Gallengefäße, die ihren Inhalt in den Darm entleeren und bei der Verdauung die Verrichtungen der Galle, Leber und Nieren höherer Tiere übernehmen, ohne eines dieser Organe selbst zu sein. Der ziemlich kurze dritte, mit einem Blinddarm versehene Teil leitet den zur Verwertung geeigneten Speisebrei (Chymus) fort und wird gewöhnlich als Dünndarm bezeichnet, während der Dickdarm mit dem Mastdarm als das Ende der ganzen Vorkehrung das Unverdauliche aus dem Körper entfernt.
Die wenig entwickelten Blutgefäße bestehen nach von Siebold aus einem zusammenziehbaren Rückengefäß, welches die Stelle eines Herzens vertritt, und aus einer großen Schlagader ( Aorta), die das Herzblut in den Körper hinausleitet. Das in gleichen Zwischenräumen eingeschnürte Rückengefäß nimmt stets die Mittellinie des Hinterleibes ein und ist durch eine Anzahl dreieckiger Muskeln an dem Rücken der Ringe befestigt. Seine Wände bestehen aus Längs- und Querfasern und werden außerdem von einer zarten Haut ausgekleidet, die an den eingeschnittenen Stellen klappenartige Hervorragungen bildet. Hierdurch wird das Rückengefäß in so viele Kammern abgeteilt, als Einschnitte an ihm vorhanden. Jede dieser Kammern besitzt an ihrem Vorderrande beiderseits eine Spalte, die von innen her durch eine Falte verschlossen werden kann. Das aus dem Körper zurückkehrende Blut sammelt sich in der nächsten Umgebung des Herzens an und tritt durch die Seitenspalten in die einzelnen Kammern, die sich in regelmäßiger Reihenfolge von hinten nach vorn zusammenziehen und so unter Mitwirkung der Klappeneinrichtung das Blut in die Schlagader treiben. Dieselbe bildet nur die Fortsetzung der vordersten Herzkammer und läuft als einfache enge Röhre unter dem Rücken des Brustkastens nach dem Gehirn, wo sie mit einer einzigen Öffnung endet oder sich in kurze Äste spaltet. Die Länge des Rückengefäßes richtet sich nach der des Hinterleibes und ist daher unbestimmt, doch scheinen acht Herzkammern sehr allgemein vorzukommen. Wenn nun das Blut vorn ausgetreten ist, so verbreitet es sich in regelmäßigen Strömen, aber frei durch den Körper, nach den Fühlern, Flügeln, Beinen und sonstigen Anhängen, kehrt dann von allen Seiten als Venenblut zurück und vereinigt sich zuletzt in zwei Hauptströmen nach hinten, die es den seitlichen Falten des Rückengefäßes und durch sie diesem selbst wieder zuführen. Auf seinem Laufe vermischt es sich mit den neuen Nährflüssigkeiten, die aus den Wandungen des Verdauungskanals heraustreten. Das Blut ist meist farblos, auch gelblich und grünlich, nur selten rot gefärbt. Bei nackten Schmetterlingsraupen sind die Blutbewegungen im Rückengefäße mit unbewaffnetem Auge sehr wohl zu erkennen.
Im Gegensatz zu der Einfachheit der eben besprochenen Werkzeuge verbreitet sich durch den Körper, sein Inneres nach allen Seiten durchsetzend, ein stellenweise zu Blasen erweitertes Röhrennetz (Tracheen), um den Sauerstoff der Luft oder des Wassers dem seiner bedürftigen Blute zuzuführen und die Atmungswerkzeuge herzustellen. Diese Röhren ordnen sich in zwei unter sich brückenartig verbundenen Hauptstämmen, einen an jeder Körperseite, von wo die Verästelungen netzartig allerwärts hingehen. Von den Hauptstämmen führen kurze, dicke Äste nach außen, um in den Luftlöchern ( stigmata), die Verbindung mit der äußeren Umgebung herzustellen. Die Luftlöcher befinden sich an den Seiten der meisten Ringe, im Hinterleibe in der Regel in der Verbindungshaut zweier benachbarten, eines auf der linken, das andere, dem zweiten Hauptstamme angehörig, auf der rechten Seite, so daß sie immer nur paarweise auftreten. Die Mündung jedes Luftloches ist mit einem hier mehr, dort weniger von seiner Umgebung abgehobenen Chitinringe umgeben und kann nach Belieben geschlossen oder geöffnet werden. Die Luftröhren selbst scheinen aus Spiralfäden zu bestehen, sorgfältigere Untersuchungen haben jedoch ergeben, daß ihre Innenhaut durch spiralförmig verlaufende Verdickungen der Chitinmasse dieses Ansehen bewirkt. Die blasigen Erweiterungen, die den besten Fliegern am zahlreichsten zukommen und an die lufthaltigen Knochen gewisser Vögel erinnern, zeigen jene Verdickungen nicht. Ist durch den Verschluß der Luftlöcher die Luft in dem Körper abgeschlossen, so wird sie durch die Körperbewegungen nach allen Richtungen in das Innere hineingepreßt, wieder geöffnet, von neuem geschlossen und so fort, bis sämtliche Röhren gefüllt sind. Die allgemein bekannten Bewegungen des Maikäfers vor dem Auffliegen bezwecken nichts weiter, als sich den Körper voll Luft zu pumpen. Im Wasser lebende Kerfe kommen zeitweise an die Oberfläche, um am Bauchfilze oder überhaupt an der dazu eingerichteten Körperoberfläche eine Luftschicht mit in die Tiefe hinabzunehmen; andere besitzen, namentlich während ihres Larvenlebens, an bestimmten Stellen gefiederte, faden- oder quastenartige Anhängsel als sogenannte Tracheenkiemen und Aufbewahrungsort für die Luft. Dergleichen Tracheenkiemen stehen an den Stellen, wo die Luftbewohner ihre Luftlöcher haben, oder nur an der Schwanzspitze, nur an der Kopfgegend, oder sie treten an die Darmwände, ohne äußerlich sichtbar zu werden. Solche und ähnliche Vorkommnisse ändern nichts im Bauplane der Luftröhren, sondern geben nur die Mannigfaltigkeit in der Art und Weise zu erkennen, wie diese gespeist werden. Die Verstopfung der Luftlöcher hat für den Kerf einen ziemlich schnellen Tod, und zwar durch Erstickung, zur Folge.
Die Mehrzahl der Kerbtiere ist stumm. Wenige bringen Töne hervor, die von Alters her die Forscher zu erklären, einzelne Dichter zu verherrlichen versucht haben. Homer vergleicht die Rede seiner Helden in der Iliade mit dem Gesang der Zikaden, und das Gezirpe der Grillen und Grashüpfer galt den Griechen für unentbehrlich zur Vollendung der sommerlichen Reize. Annette von Droste-Hülshoff singt in ihren »Heidebildern«:
»Da krimmelt, wimmelt es im Heidegezweig:
Die Grille dreht geschwind das Beinchen um,
Streicht an des Taues Kolophonium
Und spielt so schäferlich die Liebesgeige.
Ein tüchtiger Hornist, der Käfer, schnurrt,
Die Mücke schleift behend die Silberschwingen,
Daß heller der Triangel möge klingen;
Diskant und auch Tenor die Fliege surrt;
Und immer mehrend ihren werten Gurt,
Die reiche Katze um des Leibes Mitten,
Ist als Bassist die Biene eingeschritten.
Schwerfällig hockend in der Blüte, rummeln
Die Kontraviolen die trägen Hummeln.
So tausendstimmig stieg noch nie ein Chor
Wie's musiziert aus grünem Heid hervor.«
Es ist wohl zu unterscheiden zwischen Lauten, die durch Reibung gewisser, mit Leisten, Runzeln und sonstigen Unebenheiten versehenen Körperteile gegeneinander hervorgebracht werden, und zwischen Tönen, die von einem wirklichen Stimmwerkzeuge ausgehen, das, wie bei den höheren Tieren, mit der Atmung in Verbindung steht. Auch sind in gewissen Fällen die Töne als Äußerungen einer inneren Stimmung aufzufassen. Eine Reihe von Käfern lassen leise Knarrlaute vernehmen, besonders wenn man sie festhält, die immer nur durch Reibung verschiedener Teile ihres harten Körpers erzeugt werden. So bei vielen Bockkäfern durch Reibung des Vorderrückenhinterrandes an dem kurzen, sich in ihn hineinschiebenden Zapfen, der durch den Mittelbrustring gebildet wird; bei den Totengräbern sind es zwei schmale Mittelleisten des fünften Hinterleibsringes, die gegen quergestellte Leisten unterseits der Flügeldecken reiben. Bei den Roßkäfern entsteht das schnarrende Geräusch durch Reiben der querriefigen Hinterkante der Hinterhüften gegen die scharfe Kante des dritten Bauchringes; bei dem roten »Lilienhähnchen« durch die geleistete Seitenkante der Flügeldecken gegen die gekörnelte, entsprechende Stelle am Hinterleibe. In weitere Ferne erschallen die Laute der Heuschrecken; aber auch sie kommen nur auf Reibung der Hinterbeine an den Flügeln oder dieser aneinander hinaus und stehen in keinem Zusammenhange mit den Atmungswerkzeugen, wie wir später bei näherer Betrachtung dieser Kerfe sehen werden. Mittels eines besonderen Stimmapparates, der mit einigen Luftlöchern zusammenhängt, bringen die sogenannten Singzikaden ihre öfters trommelnden Töne zu Wege, und bei den fliegenden Bienen, Hummeln und deren Verwandten, sowie bei den brummenden und summenden Fliegen kommen nicht nur die raschen Bewegungen der Flügel und deren Muskeln im Innern, sondern auch blattförmige Anhänge am Ausgange einiger Luftröhren in Betracht, wie an den betreffenden Stellen näher erläutert werden soll.
Die Fortpflanzungswerkzeuge verteilen sich als männliche und weibliche auf zwei Einzelwesen, und wenn man von »Insekten zwittern« spricht, so versteht man darunter dann und wann vorkommende Mißbildungen, bei denen beispielsweise die linke Hälfte das eine, die rechte das andere Geschlecht in einem Leibe vereinigt, oder wo in beliebiger anderer Weise eine geschlechtliche Vermischung der Körperteile statt hat. Der modernen experimentellen Zoologie ist es gelungen, z. B. bei manchen Schmetterlingen (Schwammspinner) jeden beliebigen Grad von »Intersexualität« (R. Goldschmidt) hervorzubringen. Hrsgbr. Wenn es in manchen Fällen für ein ungeübtes Auge mit Schwierigkeiten verbunden ist, äußerlich beide Geschlechter ein und derselben Art wegen ihrer beinahe vollkommenen Übereinstimmung zu unterscheiden, so fehlt es anderseits auch nicht an solchen, wo beide so auffallend voneinander abweichen, daß es keinem Forscher zur Last gelegt werden darf, wenn er das Weibchen unter diesem, das Männchen unter jenem Namen beschrieben und in die Wissenschaft eingeführt hat. So trägt z. B. in verschiedenen Ordnungen das zuletzt genannte Geschlecht Flügel, das andere nicht, der Körper des einen ist wesentlich anders geformt oder gefärbt als der des andern. Die Mannigfaltigkeit geht noch weiter. Bei den großen Fadenschwimmkäfern ( Dytiscus) kommen Weibchen zweierlei Bildung vor, solche mit glatten, den männlichen gleichen Flügeldecken und zahlreicher solche, deren Flügeldecken bis über die Hälfte längsfurchig sind. Der große amerikanische Tagfalter Papilio Memnon findet sich gleichfalls im weiblichen Geschlechte in zwei wesentlich verschiedenen Formen, die an derselben Örtlichkeit fliegen und ohne Übergänge sind; die einen Weibchen weichen von den Männchen durch Färbung und Zeichnung ab, die andern durch einen lang spatelförmigen Schwanz an jedem Hinterflügel. Ein anderer in Nordamerika gemeiner Schwalbenschwanz, Papilio Turnus, hat gelbe Grundfarbe in beiden Geschlechtern um Neuyork und Neuengland, dagegen ist das Weibchen im Süden von Illinois schwarz gefärbt. Man hat dieses Auftreten einer Art in Doppelform als Dimorphismus bezeichnet und sogar Trimorphismus bei dem Weibchen einer dritten Falterart ( Papilio Ormenus) beobachtet. In neuerer Zeit ist die eben angedeutete Erscheinung von Darwin und dessen Anhängern bei der Lehre von der Entstehung der Arten zur Geltung gebracht worden, weil aber, wie von Kiesenwetter an einer Stelle sehr richtig bemerkt, »nicht jeder Naturforscher mit dem kühn kombinierenden Geiste Darwins die Masse positiven Wissens und den Grad wissenschaftlicher Nüchternheit verbindet, die vor Abwegen bewahren«, und weil innerer Bau, Entwicklung und Leben der Insekten noch viel zu lückenhaft erkannt sind, so werde ich mich hier, wie bei andern Gelegenheiten, an das Gegebene halten, das des Interessanten und zum Nachdenken Auffordernden mehr enthält, als auf dem mir zur Verfügung gestellten Räume untergebracht werden kann.
Die Fortpflanzungsorgane, von denen wir reden wollten, nehmen zumeist die hintersten Ringe des Hinterleibes in Anspruch und bestehen bei dem Männchen aus einem Drüsenpaare zur Entwicklung der Samentierchen, also aus den Hoden, einem Ausführungskanale dieser letzteren, und bei vielen Insekten aus einem mannigfach gestalteten Paarungswerkzeuge ( penis). Die weiblichen Teile setzen sich aus zwei vorherrschend traubenförmigen Eierstöcken und einem sie vereinenden Eierleiter zusammen, der vor und in seinem Ausgange verschiedene Umformungen erleidet, immer aber, durch kapsel- oder taschenförmige Erweiterungen, die Samentasche zur Aufnahme und Aufbewahrung des männlichen Samens bildet. Erst bei dem Vorbeigleiten an der Samentasche werden die Eier befruchtet, so wenigstens nach dem regelrechten Verlaufe der Fortpflanzung.
Es kommen jedoch allerlei Regelwidrigkeiten vor: Insektenweibchen, die der Befruchtung nicht bedürfen, um entwicklungsfähige Eier legen oder überhaupt Nachkommen erzeugen zu können, wie gewisse Gallwespen der Gattungen Cynips und Neuroterus, einige Schildläuse ( Lecanium hesperidum und andere), die Aphidengattung Chermes, deren Männchen völlig unbekannt sind, Schmetterlingsweibchen der Gattungen Psyche und Solenobia, sämtliche Blattläuse, die während des Sommers lebendig gebären. Von Siebold hat diese Fähigkeit gewisser Insektenweibchen, sich ohne Befruchtung fortzupflanzen, unter dem Namen der Parthenogenesis (Jungfernzeugung) in die Wissenschaft eingeführt und dieselbe bei der Honigbiene und andern geselligen Immen beobachtet, denen die Männchen nicht fehlen, bei denen aber in gewissen Fällen die entwickelten oder selbst die verkümmerten Weibchen (Arbeiter) Eier legen können, aus denen sich allerdings nur Männchen entwickeln. Außer den angeführten Fällen, in welchen die Parthenogenesis die Regel bildet, ist dieselbe ausnahmsweise bei einer Reihe von Schmetterlingsweibchen und bei der Stachelbeerblattwespe ( Nematus ventricosas) beobachtet worden, und zwar bei dem Pappelschwärmer ( Smerinthus populi), dem braunen Bär ( Euprepia caja), dem Kiefernspinner ( Gastropacha pini), dem Maulbeerspinner ( Bombyx mori) und der Saturnia Polyphemus zu wiederholten Malen. Wegen des hohen Interesses, das diese Erscheinung bietet, mögen wenigstens die wissenschaftlichen Namen der andern Verwandten folgen, bei denen die Parthenogenesis bisher nur einmal festgestellt worden ist. Sphinx ligustri, Smerinthus ocellatus, Euprepia villica, Gastropacha quercifolia, potatoria, quercus, Liparis dispar, ochropoda Orgyia pudibunda, Psyche apiformis. Einen und den andern dieser Schmetterlinge werden wir später noch näher kennenlernen. Wie die regelrechte Fortpflanzung einerseits durch die Parthenogenesis Ausnahmen zuläßt, so kommen deren noch anderer Art vor. Der lebendig gebärenden Blattläuse wurde bereits gedacht, bei einigen Käferweibchen aus der Familie der Staphylinen und Chrysomelen sind gleichfalls lebendige Geburten beobachtet worden. Scott fing in Australien eine Motte, die er Tinea vivipara nannte, weil aus ihrem Hinterleibe bei dem zufälligen Drucke zwischen seinen Fingerspitzen Räupchen hervorbrachen, und daß unsere gemeine Fleischfliege Maden statt der Eier erzeugt, ist eine schon längst bekannte Tatsache. Die Lausfliegen legen eine einzelne, allerdings puppenähnliche Larve, die Schaben scheinbar ähnliche Gebilde, in welchen aber reihenweise die Eier eingebettet sind, und wir werden später noch einer Fortpflanzungsweise gedenken, die allen bisher durch die Erfahrung bestätigten Gesetzen Hohn spricht. Ein besonders interessanter Sonderfall der Parthenogenesis ist die Pädogenese (Kinderzeugung), die N. Wagner bei gewissen Gallmücken beobachtete, deren Larven in der Lage sind, neue Larven hervorzubringen. Hrsgbr.
Wesentlich andere Ansichten waren unter den Alten über die geschlechtlichen Verhältnisse der Insekten verbreitet. So erzählt Claudius Aelianus, der um das Jahr 220 n. Chr. lebte und ein Werk »über die Tiere« geschrieben hat, in demselben: »Die Käfer sind sämtlich männlichen Geschlechts. Sie bilden aus Mist Kugeln, rollen sie fort, bebrüten sie achtundzwanzig Tage und nach deren Ablauf kriechen die Jungen aus. Die ägyptischen Soldaten tragen Ringe, auf denen ein Käfer eingegraben ist, wodurch der Gesetzgeber andeutet, daß jeder, der für das Vaterland streitet, männlichen Muts sein muß, da der Käfer keine weibliche Natur hat.«
Das Ei der Insekten, um zur regelrechten Entwicklung zurückzukehren, besteht aus einer festen, lederartigen Schale, an deren Innenseite sich die zarte Dotterhaut anlegt. Dieselbe umschließt eine klare Flüssigkeit, in welcher Kügelchen und das Keimbläschen als Dotter schwimmen. Hinsichtlich der Form und der oft zierlichsten Zeichnung auf der Oberfläche beginnt die Mannigfaltigkeit, die sich um so mehr steigert, je weiter die Entwicklung der verschiedenen Werkzeuge bis zum vollkommenen Insekt fortschreitet. Die Kugel, Halbkugel, der Kegel, die Walze mit abgerundeten Endflächen, flachgedrückte, beiderseits in Spitzen ausgezogene Gestalten, wie sie bei den Samen vieler Pflanzen vorkommen, und zahlreiche andere finden sich noch. Die Oberfläche ist bei diesen glatt, bei andern kantig, regelmäßig gerippt nach einer oder verschiedenen Richtungen. Hier markiert sich eine Stelle als solche, wo sich beim Ausschlüpfen des Jungen ein Deckelchen abhebt, dort nicht, weil die Schale unregelmäßig zerreißt. Glanz, Farbe, die sich je nach der fortschreitenden Entwicklung im Innern ändert, schützende Umkleidung bedingen weitere Unterschiede. Je nach der Lebensweise der Insekten muß natürlich der Ort, an dem, und die Art, wie die Eier von den Weibchen abgesetzt werden, anders ausfallen.
Wenn auch die Brutpflege, wie man den Inbegriff aller Maßregeln nennt, die das Weibchen in Fürsorge für seine Nachkommen trifft, sich bei den Insekten wesentlich anders äußert, als bei den Vögeln, so ist sie doch nicht minder bewundernswert. Während der Vogel seine Eier selbst ausbrütet und die Jungen aufzieht, überläßt das Insekt das erste Geschäft der Sonnenwärme und genießt in den weitaus meisten Fällen nicht einmal das Glück, seine Nachkommen nur zu sehen, geschweige ihnen beim Heranwachsen Liebe und Zucht angedeihen lassen zu können. Die ganze Sorgfalt beschränkt sich mithin hier auf das Unterbringen der Eier und fällt ausschließlich der Mutter anheim. Der einer jeden Art angeborene Trieb, den man mit dem nichts erklärenden Worte Instinkt bezeichnet hat, läßt das Weibchen die Pflanze auffinden, von welcher das aus dem Ei geschlüpfte Junge seine Nahrung empfängt; sie ist bei vielen, den sogenannten Monophagen, eine sehr bestimmte, bei den Polyphagen (Vielerleifressenden) eine beliebige oder zwischen verwandten Pflanzenarten schwankende. Hier werden die Eier immer nur in die Nähe der Wurzel, da an den Stamm, dort an Knospen, Blätter, Früchte gelegt, äußerlich mit Hilfe eines beim Legen vordringenden Kittes aufgeklebt oder dem Innern einverleibt. Andere leben nur von faulenden pflanzlichen oder tierischen Stoffen und wissen solche als Brutstätten aufzufinden. Viele Mücken, Fliegen, Libellen und dergleichen, im vollkommenen Zustande recht eigentliche Luftbewohner, halten sich in ihrer Jugend im Wasser auf, darum lassen die Weibchen ihre Eier entweder in dasselbe fallen oder befestigen sie an Wasserpflanzen. Solche, die in den Leibern anderer Insekten, selbst warmblütiger Tiere, ihre Jugend verbrachten, wissen nachher die betreffenden Wohntiere ausfindig zu machen, um in ihnen ihre Art fortzupflanzen, sei es, daß sie sich unmittelbar auf dieselben setzen, sei es, daß sie dieselben tief im Holze und anderwärts aufsuchen und mit ihrem langen Legbohrer anstechen, überall hier handelt es sich um Auffinden des richtigen Ortes, zweckmäßige Befestigung, Einhüllung der Eier, wenn es nötig, um sie vor der Winterkälte oder andern feindlichen Einflüssen zu schützen. Obschon nachher öfters Nahrung und Aufenthaltsort des Weibchens wesentlich verschieden sind von denen seiner ersten Lebensperioden, so findet es doch in der Fürsorge für seine Nachkommen das Richtige wieder auf, als ob ihm Erinnerungen an die vergangenen Zeiten geblieben wären. Doch – wie der Mensch irren kann, warum sollte es nicht auch bei einem so tief unter demselben stehenden Wesen möglich werden? Ich habe schon manchmal die Eier des Kiefernschwärmers, dessen Raupe Kiefernnadeln frißt, an Eichstämmen gefunden, die allerdings in der Nachbarschaft jener standen, und von ausländischen Fliegen, die ihre Eier an verwesende Gegenstände legen, erzählt man, daß sie sich durch den Geruch der Aaspflanzen ( Stapelia) irre leiten ließen und dieselben zu unrichtigen Brutstätten benutzten. Bei weitem gesteigerte Ansprüche macht die Brutpflege an diejenigen Insekten, die im Sande, in alten Lehmwänden, faulem Holz Röhren oder einfache Höhlungen anlegen, allerlei andere Insekten einfangen, dort eintragen oder Honig sammeln, ein Ei daran legen und nun den Bau verschließen, das weitere der Zukunft, sich selbst dem Lose alles Sterblichen überlassend. Auf der höchsten Stufe stehen in dieser Hinsicht die Honigbienen, Ameisen und noch einige andere, in förmlichen Staaten beisammen lebende Insekten; davon jedoch später ausführlicher.
Unter dem Einflusse der Wärme erfolgt im Ei die Entwicklung des Embryo. Nach der Ausbildung der Keimhaut tritt eine kräftige Anziehung der Zellen untereinander ein, von denen sich eine größere Menge am künftigen Kopfende ansammeln. Hiermit hat sich die Keimhaut in den einfachen, zungenförmigen »Keimstreifen« umgewandelt, durch weitere Anziehung teilt sich der Keimstreifen nach beiden Seiten in zwei strangförmige, nebeneinander verlaufende, auf der Innenseite durch eine mehr oder weniger deutliche Furche getrennte Körper, die beiden »Keimwülste« die den symmetrischen Bau der Gliederfüßler bedingen – nicht nur bei den Insekten, sondern bei allen Gliederfüßlern ist die Entwicklung aus dem Ei im wesentlichen dieselbe. – Gleichzeitig trennt sich nach außen das sogenannte » äußere Blatt« ab, das zuletzt die Haut des Embryo bildet, während aus den Keimwülsten, die man im Gegensatze dazu das » innere Blatt« nennt, alles übrige entsteht. Durch fortgesetztes Zusammenziehen der Länge nach treten nun die einzelnen Körperteile auf, zuerst in kleinen Abschnitten um einzelne, hintereinander liegende Mittelpunkte, die Andeutungen der Ringe. Gleichzeitig entstehen auch Verkürzungen in größeren Abschnitten und endlich in der ganzen Ausdehnung der Keimwülste, so daß die drei Hauptabschnitte des Körpers unterscheidbar werden. Die Entwicklung, die wir in das einzelne nicht weiter verfolgen können, hat nun gelehrt, daß ursprünglich auch der Kopf aus mehreren Urringen besteht, sie hat ferner Fingerzeige an die Hand gegeben für die Deutung besonders der Kiefer und vordersten Beine, deren Verrichtungen, wie später bei den Spinnen und Krebsen gezeigt werden wird, nicht in der Weise angeordnet zu sein brauchen, wie wir es weiter oben bei den Insekten gefunden haben, wo die beiden Kiefer als Mundteile, die Vorderbeine zum Gehen dienen. Die ersten Anfänge beginnen in der Entwicklung von der Bauchseite des künftigen Embryo, und am Rücken schließen sich zuletzt die seitlich sich mehr und mehr ausdehnenden Keimwülste. Auf Kosten des Dotters, der mehr und mehr schwindet, sprossen die Gliedmaßen aus besonderen Keimanlagen hervor, und in verhältnismäßig kurzer Zeit ist das Junge so weit fertig, um die Eischale zu sprengen und ein selbständiges Leben zu beginnen.
Das Junge ist eine Larve; denn es hat in den meisten Fällen nicht die mindeste Ähnlichkeit mit dem vollkommen entwickelten Insekt, vermummt vielmehr dessen wahre Gestalt, kriecht wie ein Wurm an oder in der Erde umher und stillt seinen stets regen Hunger mit Blättern, Tieren oder der Verwesung anheim gefallenen Stoffen, während dieses in ganz anderer Gestalt auf leichten Schwingen durch die Lüfte schwebt und Honigseim oder Morgentau zur Nahrung wählt. Zwischen beiden liegt die Puppenruhe als Übergangszustand. Erst dann also, wenn es seine Larve und Verhüllungen als Puppe abgelegt hat, erscheint das Imago, das wahre, vollendete Bild dessen, was jene noch verbargen. Mit andern Worten: das Insekt besteht eine vollkommene Verwandlung ( Metamorphose). Doch gilt dies nicht von allen. Bei andern, die jedoch in der Minderheit bleiben, gleicht die Larve in der Hauptsache ihren Eltern, nur fehlen ihr die Flügel, einige Fühler- und Fußglieder oder sonstige, leicht zu übersehende Eigentümlichkeiten; solche bestehen nur unvollkommene Verwandlung. Endlich findet sich unter den letzteren noch eine kleine Anzahl, die als Imago nie Flügel bekommen und darum in dem eben ausgesprochenen Sinne überhaupt keine Verwandlung bestehen. Sie bilden in dieser Hinsicht wenigstens einen Übergang zu den übrigen Gliederfüßlern, die zu ihrer vollen Ausbildung der Verwandlung gar nicht bedürfen.
Die Verwandlung der Insekten ist den Forschern des grauen Altertums nicht verborgen geblieben und hat von jeher zu Vergleichen mit dem leiblichen und seelischen Leben des Menschen aufgefordert. Swammerdam, der tiefe Blicke in die Geheimnisse der Natur getan hat und sich wohl bewußt war, wie weit er in seinen Vergleichen gehen durfte, läßt sich an einer Stelle, wo er von der Metamorphose handelt, zu etwa folgenden Äußerungen hinreißen: »Dieser Vorgang geschieht bei dem Schmetterlinge auf eine so wunderbare Weise, daß wir die Auferstehung vor unsern Augen abgebildet sehen, daß wir sie mit den Händen greifen können. Sehen wir die Raupe, die auf der Erde kriecht, sich von Futter schlechter Art nährt, und nachdem sie wochen-, monatelang unter dieser niedrigen Gestalt ihr bestimmtes Werk vollbracht hat, zuletzt in den Zwischenzustand eines scheinbaren Todes übergehen. In eine Art von Leichentuch gehüllt, in einen Sarg verschlossen und gewöhnlich unter der Erde vergraben, liegt sie da. Von der Wärme der Sonnenstrahlen gerufen, brechen sie aus ihren Gräbern hervor, die Erde, Luft und Wasser als Gefangene festhielten, werfen ihre Bedeckung ab und mit neuem, hochzeitlichem Schmuck angetan, treten sie den Genuß eines erhabenen Zustandes ihres Lebens an, eines Zustandes, in dem alle ihre Fähigkeiten entwickelt werden und sie zur Vollendung ihrer Natur gelangen, wo sie, nicht mehr an die Erde gebunden, die Gefilde der Luft durchstreifen, den Nektar saugen aus Blumenkelchen und Liebe ihre beseligende Herrschaft über sie auszuüben beginnt. Wenn wir dies alles mit ansehen, sollten wir darin nicht ein lebhaftes Bild von dem dreifachen Zustande erblicken, in dem sich der Mensch nach und nach befindet, und besonders von jenem glücklichen Tage, wo auf den Ruf der großen Sonne der Gerechtigkeit alle die, die in den Gräbern ruhen, hervortreten, wo das Meer seine Toten wiedergeben und der Tod von dem Leben vernichtet wird, wo die Scharen der Glücklichen leben und lieben werden in alle Ewigkeit?«
Der vergoldete Schmetterling auf den Grabkreuzen unserer Verstorbenen soll, wie sich jeder dasselbe am liebsten deuten mag, ein Sinnbild sein: für die Auferstehung, bei einem ähnlichen Gedankengange eines Swammerdam, oder für die Unsterblichkeit der Seele, die dem hinfälligen Körper entwichen ist, wie der dem himmlischen Lichte entgegenschwebende Schmetterling seiner auf der Erde zurückbleibenden Puppenhülle.
Wißt ihr nicht, daß wir Würmer sind,
Geboren, um den engelähnlichen Schmetterling zu bilden?
Die Entwicklung der Insekten, mag sie nun, wie in der unvollkommenen Verwandlung, in stetigem Fortgange, oder, wie in der vollkommenen, scheinbar sprungweise sich vollenden, in der Tat ist sie eine allmähliche, größtenteils durch mehrmalige Häutung der Larve bedingte. Die Häutungen erfolgen nach bestimmten Zeitabschnitten, für die einen früher, für andere später, wiederholen sich öfters oder seltener, jedoch wohl nicht häufiger als sechsmal, und tragen den Charakter einer Krankheit an sich. Die Larven sitzen regungslos da, nehmen keine Nahrung zu sich und sind in dieser Zeit außerordentlich empfänglich für äußere Einflüsse, besonders die ungünstigen der Witterung, bis endlich im Nacken die alte Körperhaut zerreißt und sich unter krampfhaften Windungen das neu bekleidete Wesen, bisweilen mit anderer Färbung, anderm Schmuck angetan, daraus hervorarbeitet. Die Umwandlung geschieht aber nicht bloß äußerlich, das ganze innere Wesen nimmt teil an der Verjüngung, die Luftröhren, der Nahrungskanal, stoßen ihre Häute ab und erleiden allmählich sogar wesentliche Veränderungen; denn die im Wasser lebenden Larven verlieren bei der letzten Häutung ihre Kiemen, die kein vollkommenes Insekt besitzt, wie wir bereits wissen. Bei den freilebenden Larven finden die Häutungen ausnahmslos statt, aber nicht immer bei solchen, die, abgeschlossen von der äußeren Umgebung und deren Einflüssen entzogen, in andern Tieren leben. Es scheint, abgesehen von dem bestimmten Bildungsgesetze, dem die einzelne Art unterworfen, daß das Abwerfen der Haut nur da nötig wird, wo sie der Witterungseinflüsse wegen einen Schutz zu bilden hat, der zu fest ist, um bei der Vergrößerung der Körpermasse weiter nachgeben zu können. In den letztgenannten Fällen bedarf die Larve dieses Schutzes nicht, ihre Oberhaut bleibt weicher und elastisch genug, um beim fortschreitenden Wachstum immer noch weit genug zu sein. Der Stand der Larven ist für die Insekten die einzige Zeit ihres Wachstums, daher die unerhörte Gefräßigkeit, der vorherrschend entwickelte Verdauungskanal jener. In vierundzwanzig Stunden kann beispielsweise eine Schmetterlingsraupe mehr als das Doppelte ihres eigenen Gewichts an Pflanzennahrung zu sich nehmen und dadurch ein Zehntel ihrem früheren Gewichte hinzufügen, das sich in dreißig Tagen auf das 9500fache steigert, wenn man es mit dem vergleicht, was sie im Augenblick ihrer Geburt hatte. Welche Verheerungen die von Pflanzenstoffen lebenden Larven in unsern Gärten und Wäldern, auf Feldern und Wiesen anrichten können, wissen diejenigen am besten zu beurteilen, die den Schaden zu tragen hatten.
Die Larven der Insekten mit vollkommener Verwandlung haben vorherrschend eine gestreckte, durch gleichmäßige Ringelung geschlossene Gestalt, sind darum aber keine »Würmer«, für die man sie mit besonderer Vorliebe erklärt, wenn von »Kornwurm, Drahtwurm, Wurm in Haselnüssen oder Äpfeln«, von »wurmstichigem« Obste überhaupt die Rede ist. Trotz der Wurmähnlichkeit vieler gehen sie bei näherer Betrachtung wesentlich auseinander. Zunächst gibt es Larven mit Beinen und Larven ohne Beine. Die ersten zeigen dann regelmäßig an den drei ersten, auf den hornigen Kopf folgenden Körperringen, dem künftigen Brustkasten, drei Paar gegliederter, in eine oder zwei Klauen auslaufende Beine, denen man ihrer sehr bestimmten Stellung wegen den Namen Brustfüße beigelegt hat. Fehlen sie, so muß die Larve für fußlos erklärt werden, selbst dann, wenn warzige Hervorragungen die Stelle jener vertreten sollten. Außer den Brustfüßen können an einigen oder nahezu allen Ringen auch noch Bauchfüße vorkommen, die nie gegliedert sind, sondern als fleischige Ausstülpungen der Haut erscheinen. Da elf bis zwölf Ringe außer dem Kopfe den Larvenkörper aufbauen, so sind zweiundzwanzig Beine die höchste erreichbare Anzahl. Der hornige Kopf ist auch in dem Falle mit beißenden Mundteilen ausgestattet, wo das Imago zu einem Sauger wird. Die meisten Larven besitzen in ihrem Innern zwei Spinndrüsen, in denen sich ein zäher Stoff entwickelt, der sich in Faden ziehen läßt und an der Luft erhärtet; zwei mikroskopische Öffnungen in der Unterlippe gestatten diesem Stoff einen Ausweg, und die Gesamtheit dieser Einrichtungen bezeichnet das Spinnvermögen der Larven. Es wird besonders im Jugendalter oder auch später als Schutzmittel, in Zeiten der Not zum Entfliehen, vorherrschend aber beim Übergange aus dem Larvenstande zu dem der Puppe als Schutz für diese letzte verwendet, indem viele Larven ein Gespinst ( Kokon) anfertigen, in dem die Verpuppung vor sich geht. Bekanntlich liefert uns der Spinnstoff gewisser bevorzugter Larven die kostbare Seide.
Die fußlosen Larven heißen Maden und haben entweder einen hornigen Kopf, oder ihr vorderes Ende nimmt keine bestimmte Form an, indem es sich spitz vorstrecken und weit zurückziehen kann, und läßt keine Spur von einem Kopfe mit beißenden Mundteilen erkennen. Man hat sie daher kopflose Larven genannt, von denen bei den Zweiflüglern, wo sie allein nur vorkommen, eingehender berichtet werden soll.
Schon der bereits erwähnte Umstand, daß saugende Insekten als Larven ihre Nahrung zerbeißen, weist auf die Vielgestaltigkeit in der Lebensweise der einzelnen Arten hin und läßt auf weitere Unterschiede der Larven hinsichtlich ihres Verhaltens zu der Außenwelt schließen. Die einen leben frei auf Pflanzen und zeichnen sich nicht selten durch bunte Farben oder allerhand Bekleidungsschmuck aus, oder sie halten sich unter Steinen, faulendem Laube oder in sonstigen Verstecken auf, die sie zeitweilig, namentlich während der Nacht, verlassen; wieder andere kommen nie zum Vorschein, indem sie ihr Leben in der Erde, bohrend und minierend in den verschiedensten Pflanzenteilen, in tierischen Körpern oder im Wasser verbringen. Die lichtscheuen Larven zeichnen sich durch unbestimmte helle Färbung aus und pflegen nur an den mit Chitin bedeckten Stellen eine bestimmtere, auch dunklere Farbe anzunehmen; unmittelbar nach jeder Häutung sind sie am bleichsten.
Wenn demnach die Larve als das in der Entwicklung begriffene noch unreife Insekt bezeichnet werden muß und durch sie eine Vermehrung der Art, die Fortpflanzung unmöglich erscheint, weil dieses Vermögen gesetzmäßig das Kennzeichen der körperlichen Reife für jeden Organismus in sich schließt, so haben höchst interessante Entdeckungen vor einiger Zeit gelehrt, daß selbst von dieser bisher unangefochtenen Regel Ausnahmen vorkommen können. Nik. Wagner in Kasan fand im August 1861 unter der Rinde einer abgestorbenen Rüster weißliche, vollwüchsig 4 bis 5,5 Millimeter lange Larven, die nach der sorgfältigen Darstellung des äußeren und inneren Baues in Wort und Bild keinen Zweifel darüber lassen, daß sie einer Gallmücke angehörten. Weiter fand der genannte Forscher im Innern dieser Tierchen kleinere lebende Larven auf verschiedenen Stufen ihrer Entwicklung. Der Gedanke lag nahe, daß diese einem Schmarotzerinsekt angehören möchten, das hier auf Kosten der Fliegenlarven sein Dasein friste und seine naturgemäße Entwicklung durchmache. Die merkwürdige Übereinstimmung der kleinen Larven mit den großen und noch mehr der Umstand, daß sich in den kleineren später von selbst wieder in ganz gleicher Weise junge Larven bildeten, ließen die naheliegende erste Ansicht als Irrtum erkennen und lieferten den Beweis, daß die bewohnten und sie bewohnenden Larven ein und derselben Art angehören müssen. Die Ansicht Wagners über die Art der ersten Entstehung und allmählichen Entwicklung der jungen Larven wollen wir hier unerörtert lassen. Seine Entdeckung machte überall ungemeines Aufsehen und veranlaßte die Forscher, diese gänzlich neue Erscheinung weiter zu verfolgen. So gelang es Fr. Meinert, im Juni unter der Rinde eines Buchenstumpfes lebendig gebärende Fliegenmaden zu finden und auch später das vollkommene Insekt daraus zu erziehen, welchem er den Namen Miastor metralous beilegte. Auch Pagenstecher fand in den halbverdorbenen Preßrückständen einer Zuckerfabrik lebendig gebärende Maden, die einer andern Art angehörten. Wagner hat inzwischen eine winzig kleine Mücke aus seinen Larven erzogen.
Abgesehen von den eben erzählten, mit allen bisherigen Beobachtungen im geraden Widerspruche stehenden und von den andern bereits früher erwähnten Fällen wird bei den Insekten mit vollkommener Verwandlung die Larve zu einer ruhenden Puppe (Nymphe). Man hat auch bei denen, die sich nur unvollkommen verwandeln, von einer solchen gesprochen und darunter die Larve vor ihrer letzten Häutung verstanden, die man ihr jedoch in den wenigsten Fällen ansieht, weshalb mir die Bezeichnungsweise mindestens bedenklich erscheint. Unmittelbar nach der Häutung zur Puppe lassen sich an dieser die Gliedmaßen: Fühler, Flügelstumpfe, Beine, einzeln in glasige Häutchen eingeschlossen, vom Rumpfe abheben, kleben aber nach kurzer Zeit fest aneinander und bilden ein Ganzes, das nicht nur in den Gliedmaßen, sondern auch in den drei Hauptabschnitten des Körpers und in der Gliederung des Hinterleibes ein entsprechendes Bild von dem zukünftigen Kerf liefert. Dieses Bild ist nicht immer ein so deutliches, wie in der sogenannten freien Puppe oder Mumienpuppe, sondern die einzelnen Teile schließen sich eng an den Körper an, stellen mit ihm eine gemeinsame Fläche dar und werden von einer harten Chitinhaut umschlossen, wie bei der bedeckten Puppe der Schmetterlinge. Die Bedeckung kann den künftigen Kerf noch weiter verhüllen, indem die letzte Larvenhaut sich von ihrem Inhalte etwas abhebt, allmählich erhärtet und in dieser Weise einen Schutz für die aus jener entstehende Mumienpuppe bildet. Insofern diese den Fliegen eigentümliche Verpuppungsweise bei den meisten eine Tönnchenform nachahmt, hat man solche Puppen Tönnchenpuppen oder schlichtweg Tönnchen genannt. Dieselben sind nicht zu verwechseln mit oft sehr ähnlich erscheinenden, aber wesentlich anders entstandenen Puppen. Häufig webt, wie vorhin schon erwähnt, die Larve eine Gehäuse, Gespinst ( Kokon) um sich, das durch seine Dichtigkeit und pergamentartige Festigkeit im äußeren Ansehen die Entstehungsweise vollkommen verwischt. Die meisten Gehäuse lassen übrigens die Fäden der Weberei noch erkennen. Die freien Puppen sind nie dem Sonnenlichte und dem Witterungswechsel unmittelbar preisgegeben, sondern in der Erde, unter Laub, Rinde, im Innern anderer Körper verborgen. Nur bedeckte oder von Gehäusen umschlossene Puppen finden sich im Freien, so daß man wohl annehmen darf, daß die Bedeckung, welcher Art sie auch sein mag, dem wehrlosen, der Ortsbewegung baren, einer Entwicklung zur Vervollkommnung entgegenharrenden Wesen zum Schutze dient.
Natürlich erscheint es, daß die Puppe sich allemal da finden müsse, wo die Larve sich aufhielt, und doch trifft diese Annahme nicht immer zu. Ich wüßte keine in der Erde lebende Larve zu nennen, die zur Verpuppung aus derselben herausginge, genug dagegen, die auf Blättern, in Früchten oder im Stengel, ja, in andern Tieren hausen und zur Verpuppung die Erde oder die verborgen lebenden wenigstens das Freie aufsuchen. Worin die Notwendigkeit dieser Ortsveränderung liege, läßt sich nicht immer angeben; denn wenn man sagen wollte, die bohrend lebenden Raupen müßten aus ihren Verstecken vor der Verpuppung herausgehen, weil der Schmetterling, der keine beißenden Mundteile hat, sich aus dem Schilfstengel, dem Holze usw. nicht hervorarbeiten könne, so scheint diese Annahme gerechtfertigt, ist aber in der Wirklichkeit nicht begründet. Gerade von diesen bleiben vielleicht die meisten auch als Puppe da, wo die Raupe gelebt hat, indem diese den natürlichen Trieb empfand, vor ihrer Verwandlung bis auf die äußerste Pflanzenhaut oder auch bis in das Freie ein Flugloch zu nagen und es dann wieder mit seinem Gespinste zu verschließen, das der künftige Schmetterling ebenso leicht wie jene stehengelassene dünne Pflanzenhaut durchbricht. Übrigens sind sehr viele Puppen mit Dörnchen oder sonstigen dem Auge wenig bemerkbaren Einrichtungen versehen, mit denen sie an ihrer Umgebung haften, um dadurch dem ausschlüpfenden Imago einen gewissen Widerstand entgegenzusetzen und so die ermüdende Arbeit bedeutend zu erleichtern. Wenn gewisse Wasserlarven das Wasser zur Verpuppung verlassen, so hängt dies mit der jetzt eintretenden Veränderung ihrer Atmungswerkzeuge auf das engste zusammen. Die Tracheenkiemen verschwinden äußerlich und die Luftröhren im Inneren bleiben allein zurück. Es gibt aber auch Fälle, in denen wir bekennen müssen: warum dies hier so, dort anders sei, wissen wir nicht; die Natur hat es einmal so eingerichtet, vielleicht will sie uns nur ihre unendliche Mannigfaltigkeit, ihre unbegrenzte Erfindungsgabe zur Anschauung bringen.
Wie die einjährige Pflanze in ihrem Leben nur einmal Stengel, Blätter, Blüten und Früchte treibt und mit der Reife der letzteren ihren Lebenszweck erfüllt hat, indem sie im keimfähigen Samen das Fortbestehen ihrer Art sicherte, so das Insekt. Es hat seine Bestimmung erfüllt, wenn es, durch den Ei-, Larven- und Puppenzustand hindurchgehend, seine Reife erlangt und sich in der Regel nur einmal gepaart hat. Das Männchen stirbt sehr bald nachher, das Weibchen dann erst, wenn es sich der befruchtenden Eier entledigt hat, wozu es kürzerer, bei Zwischentreten des Winters längerer Zeit bedarf. Der Umstand, daß eine Bienenkönigin dieses Geschäft jahrelang als ihre einzige Tätigkeit betreiben kann, stößt die allgemeine Regel nicht um. Somit muß das Leben des Insektes als ein kurzes bezeichnet werden, wenn auch als kein gerade einjähriges, wie bei den Pflanzen, mit denen es eben verglichen wurde. Manche Arten entwickeln sich so schnell, daß in Jahresfrist einige Bruten zustande kommen, andere brauchen mehrere, bis etwa fünf Jahre zu einer einzigen. Wie im südlichen Amerika die Agave erst im hundertsten Jahre aus ihrer Blattrosette einen haushohen Schaft treibt, der in wenigen Wochen sich zu einem stattlichen, pyramidenförmigen Armleuchter entfaltet und in tausenden von Blütenbüscheln prangt, die an den Spitzen der Äste wie ebenso viele Flämmchen leuchten, dann aber abstirbt, also hier hundert Jahre nötig sind, was unsere Sommergewächse in kaum einem Jahre erreichen: so ernährt Nordamerika, wie behauptet wird, einen Kerf, der sich bei seiner Entwicklung auch mehr Zeit nimmt als alle andern. Eine Zikade nämlich soll gerade siebzehn Jahre zu ihrer Entwicklung bedürfen und darum die Cicada septendecim genannt worden sein. Das Weibchen legt zehn bis zwölf Eier in einen tiefen Schnitt, den es mit seiner messerartigen Legröhre in einen Zweig, wie beispielsweise in den vorjährigen Trieb eines Apfelbaumes, ausführt. Nach zweiundfünfzig bis sechzig Tagen kriechen die Lärvchen aus, lassen sich von oben herabfallen, um sich sofort nahe bei der Wurzel in die Erde einzugraben; mittlerweile stirbt der Zweig am Baume ab. Hier in der Erde leben sie siebzehn Jahre vom Safte der Wurzeln; einen so langen Zeitraum nimmt man darum an, weil die Zikaden nach diesen Zeitabschnitten in ungeheuren Massen erscheinen. Dann endlich kriechen die Puppen aus ihren unterirdischen Verstecken hervor, setzen sich an dem ersten besten, etwas über dem Boden erhabenen Gegenstande fest, bersten im Nacken, und das geflügelte Insekt erfreut sich seines oberirdischen Daseins. Ist es ein Männchen, so zirpt es wie unsere Grillen, die Weibchen stellen sich ein und die Paarung erfolgt. Das Weibchen legt seine Eier, und in einem Zeitraume von etwa sechsunddreißig Tagen ist alles abgetan, die Tiere sind wieder verschwunden.
Es ist nötig, bei dieser Gelegenheit auf eine bestimmte Ausdrucksweise aufmerksam zu machen, die im weiteren Verlaufe manchmal gebraucht werden wird. Man spricht nämlich von einfacher Brut ( Generation) eines Insektes, wenn es in Jahresfrist seine Verwandlungsstufen nur einmal durchlebt, von zwei, drei Bruten, wenn dies in derselben Zeit öfters geschieht, und unterscheidet, wenn es sich um deren zwei handelt, zwischen Sommer- und Winterbrut. Die letztere umfaßt immer einen längeren Zeitraum, weil der Kerf auf irgendeiner seiner Entwicklungsstufen den Winter über ruht. Bei dieser Bezeichnungsweise denkt man nicht an das bürgerliche Jahr, sondern an einen Zeitraum von zwölf Monaten, der für die verschiedenen Arten einen verschiedenen Anfang nimmt. Die Sommerbrut des großen Kohlweißlings, um ein Beispiel anzuführen, beginnt mit dem April oder Mai, zu welcher Zeit die Eier gelegt werden. Von diesen fliegen die Schmetterlinge ungefähr im August, mit welchem Monate die Sommerbrut zum Abschluß gelangt. Mit den Eiern dieser Schmetterlinge beginnt die zweite oder Winterbrut, die vor dem Winter bis zum Puppenstande gelangt und mit dem Ausschlüpfen des Falters im April zu Ende geht. Wenn man dagegen von der vierjährigen Brut des Maikäfers oder der siebzehnjährigen jener Zikade spricht, so legt man die Kalenderjahre zugrunde.
Im Verhältnis zu der ungeheuren Anzahl aller Insekten ist erst von sehr wenigen die Entwicklungsgeschichte zuverlässig beobachtet; soweit aber unsere Kenntnisse reichen, dürften sich ungefähr folgende Gesetze als maßgebend herausgestellt haben: 1. Das Larvenleben dauert länger als das Leben des geschlechtsreifen Kerfes, es sei denn, daß dieser zu überwintern habe; eine fernere Ausnahme von dieser Regel bilden die in Staaten lebenden Kerbtiere (Bienen, Ameisen, Termiten). 2. Die bohrenden oder unterirdischen Larven brauchen längere Zeit zu ihrer Entwicklung als die frei auf Pflanzen usw. oder über der Erde lebenden. 3. Die fußlosen, ganz besonders aber die fuß- und kopflosen Larven, gebrauchen am wenigsten Zeit zu ihrer Ausbildung. 4. Je längere Zeit ein Insekt zu seiner Entwicklung braucht, desto kürzer ist ihm im Verhältnisse hierzu die Lebenszeit für den vollkommenen Zustand bemessen. So wenig diese und vielleicht noch andere Gesetze, die sich aufstellen ließen, ausnahmslos sind, ebensowenig treffen die jeder Art ihrem Wesen nach gesetzten Ziele bei ihren Verwandlungen immer zu. Frauendorf hatte, um einige Beispiele anzuführen, Ende Juni 1836 Raupen eines an Birken nesterweise lebenden, für manche Gegenden Deutschlands gemeinen Spinners, der Gastropacha lanestris, und zwar zwei solche Nester, eingetragen. Die Raupen hatten sich Mitte August sämtlich versponnen. Den 18. September erschien der erste Schmetterling, den 14. Oktober ein zweiter, beides Männchen. Einige zwanzig Stücke beiderlei Geschlechts schlüpften im Frühjahr 1837 aus – dies wäre der regelrechte Zeitpunkt – andere folgten im Herbste nach, einzelne in den folgenden Jahren, das letzte am 4. März 1842. Der Puppenzustand hatte bei diesem letzten Stücke also fünfundeinhalb Jahre gedauert, beim ersten dagegen ebenso viele Wochen. Ähnliche Beobachtungen, wenn auch nicht mit so bedeutenden Zeitunterschieden, hat man auch bei andern Schmetterlingen, bloß nicht bei Tag- und Kleinfaltern, gemacht. In einem Falle, welchen F. Smith erwähnt, verpuppten sich von zweihundertundfünfzig Larven einer gemeinen Mauerbiene ( Osmia parietina) fünfundzwanzig erst im Sommer 1852, obschon die Eier 1849 gelegt waren und für gewöhnlich ein Jahr zur Entwicklung hinreicht. Es darf nicht Wunder nehmen, besonders von Schmetterlingen dergleichen Beispiele zu kennen, weil gerade diese von jeher und von den verschiedensten Liebhabern beobachtet und daher am vollständigsten in ihrer Entwicklungsgeschichte bekannt geworden sind.
Daß Wärme mit der gehörigen Feuchtigkeit und für die fressenden Larven Überfluß an Nahrung die Entwicklung beschleunigen, der Mangel an jenen Erfordernissen dieselbe aufhält, hat die Erfahrung zur Genüge gelehrt, und diese Einflüsse treten noch hinzu, um das Auffinden gewisser Gesetze schwieriger zu machen, als es an sich schon ist. Der kundige Schmetterlingszüchter weiß, daß er aus der Puppe, die im Freien ungefähr erst im Mai den Falter liefern würde, denselben schon um die Weihnachtszeit in gleich schöner Farbenpracht entlocken kann, wenn er jene dem warmen Ofen recht nahe bringt und sie öfters anfeuchtet. Im umgekehrten Falle hat er die Eier des Seidenspinners in der Kälte zu überwintern, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen will, im Frühjahr die Raupen vor ihrem Futter, dem Laube des Maulbeerbaumes, zu haben. Die beiden angeführten Beispiele waren nicht aus dem unumschränkten Walten der Natur selbst entnommen, sondern unterlagen teilweiser Beeinflussung seitens des Menschen. Aber auch ohne solche finden wir jene Behauptung bestätigt. Der aufmerksame Beobachter kann wahrnehmen, wie ein Insekt durch ungünstiges Wetter um etwa vier Wochen und noch länger im Erscheinen zurückgehalten wird gegen andere, seiner Entwicklung günstigere Jahre; es kann ihm nicht entgehen, wie ein und derselbe Kerf, wenn er im Sommer seine Verwandlung bestanden, dazu viel kürzere Zeit gebraucht, als wenn bei der nächsten der Winter dazwischen fällt. Am schlagendsten werden wir aber von dem Einfluß der Jahrestemperatur auf die Entwicklung der Insekten überzeugt, wenn wir uns nach einem umsehen, das eine große Verbreitung auf der Erdoberfläche hat und in Gegenden von wesentlich verschiedenen Graden mittlerer Jahreswärme zugleich lebt. Der schon oben erwähnte Kohlweißling ist ein solches. Im mittleren und nördlichen Deutschland fliegt er zum erstenmal im günstigsten Falle in der zweiten Hälfte des April und dann nochmals von Ende Juni bis in den September und überwintert unter allen Umständen als Puppe. Auf Sizilien, wo dieser Proletarier auch vorkommt, fliegt er vom November bis Januar. Bei uns geht seine Raupe im Winter zugrunde, während doch andere Arten nur als Raupen überwintern; auf Sizilien kann sie die Kälte des gelinden Winters ertragen. Man könnte nun glauben, daß in den heißen Ländern, wo die Temperaturunterschiede weit geringer sind als in den gemäßigten und kalten Gürteln, die Entwicklung der Insekten in gleichmäßiger Weise vor sich ginge und nur von der eigenartigen Natur der einzelnen bedingt wäre. Abgesehen davon, daß, wie schon oben erwähnt wurde, auch das Futter für die Larve eine bedeutende Rolle, ja, die wesentlichste in der Entwicklungsgeschichte spielt und in dieser Hinsicht die gleichen Länder sich das ganze Jahr hindurch nicht gleich bleiben, kommen auch hier ganz ähnliche Verhältnisse vor wie bei uns. Moritz erzählt z. B. von einem gesellschaftlich lebenden Spinner in Caracas, der sich zwar im November einspinne, aber nicht verpuppe, sondern erst mit Beginn der Regenzeit im Mai zur Entwicklung gelange; er erzählt weiter, wie ein anderer olivengrüner Spinner aus dem weit verbreiteten Geschlechte Saturnia sehr ungleichmäßig aus der Puppe käme. Einen Monat nach der Verpuppung erschien ein Männchen im Oktober, dann ein Weibchen im Dezember, im Februar folgten mehrere Stücke beiderlei Geschlechts, und noch waren andere lebende Puppen übrig, als er Ende des genannten Monats seinen Brief nach Europa abschickte. Wollen wir in solchen und ähnlichen Fällen – ein noch eigentümlicherer wurde ja oben schon erwähnt – einen Grund für so auffallende Unregelmäßigkeiten suchen, so wäre es kein anderer als der: die Natur will die Erhaltung der Art dadurch sicher stellen. Geht irgendwie das Tier bei seiner regelrechten Entwicklung zugrunde, so bleiben andere übrig, die sich dem Gesetze nicht gefügt hatten.
Für die Länder mit einem Winter, den Frost und Schnee kennzeichnen, verschwindet zwar während desselben alles Insektenleben unsern Augen: daß es aber nicht aufgehört hat, lehrt jedes darauf folgende Frühjahr von neuem. Die einen überwintern nur im Eizustande, andere nur als Larven, zu denen selbstverständlich alle diejenigen gehören, die zwei und mehr Jahre zu ihrer Entwicklung bedürfen; eine dritte Reihe überlebt die böse Jahreszeit als Puppe, eine vierte als Geschlechtstier. Nur in seltenen Fällen dürfte ein und dasselbe Insekt auf zwei verschiedenen Entwicklungsstufen die in Rede stehende Jahreszeit verbringen. Wer übrigens einen Begriff davon haben will, wie viele von ihnen im vollkommenen Zustande einen Winterschlaf halten, der gehe nur hin im Herbste, wo die Erstarrung noch nicht eingetreten ist, und suche im Walde unter dem dürren Laube nach, das sich seit Jahren angesammelt hat, oder unter dem trockenen Gestrüpp von Sträuchern, die an einer geschützten Stelle wachsen, oder unter Steinen und ähnlichen Orten, die dem scharfen Luftzuge nicht ausgesetzt sind, da wird er eine ungeahnte Mannigfaltigkeit von Käfern und Fliegen, Wespen und Spinnen, Wanzen und anderm Geziefer finden, hier und da einen Nachtschmetterling aus dem dürren Laube herausspazieren sehen, alle aber bemüht, sich so schnell wie möglich seinen Blicken wieder zu entziehen. Manche bekannte Erscheinungen sind vielleicht darunter, die man in der besseren Jahreszeit anderwärts zu sehen gewohnt ist, aber auch viele, die dergleichen Schlupfwinkel zu ihrem stehenden Aufenthaltsorte wählen und kaum je an das Tageslicht kommen. Ein Paar Maikäferflügel, eine halb verschimmelte Hornisse ohne Beine und sonstige Überreste könnten glauben machen, daß man hier in einen großen Begräbnisplatz dieser kleinen Wesen geraten sei, und daß über Winter keines mit dem Leben davon komme. Wohlan, gehe zum zweiten Male dorthin, wenn jener sich verabschieden will, wenn Frost und Schnee es gestatten, einige Hände voll zerkrümelten Laubes in einem wohlverwahrten Säcklein beizustecken, und trage es heim. Schüttet man den Inhalt, nachdem er einige Stunden in der warmen Stube gelegen, in ein Drahtsieb aus, breitet diesem einen Bogen hellen Papiers unter und fängt an zu rütteln und zu schütteln, so wird man zu seiner nicht geringen Verwunderung auf dem Papier ein reges Leben wahrnehmen und eine Menge derselben Tierchen wieder erkennen, die man im Herbste draußen im Freien antraf, vorausgesetzt, daß man ein treues Gedächtnis für dergleichen Dinge hat. Beiläufig gesagt, ist dieses Verfahren eine zwar schon bekannte, aber ganz vortreffliche Methode für den Sammler, sich mit einer Menge besonders kleinerer Tiere zu bereichern, die er auf den sommerlichen Sammelgängen ( Exkursionen) übersieht oder absichtlich unberücksichtigt läßt, weil er gerade andere Zwecke verfolgt.
Man kennt ungefähr tausendfünfhundert vorweltliche Insektenarten, die nicht unter die Steinkohlenbildung hinabreichen, und veranschlagt die Anzahl der noch lebenden Arten auf eine Million. Auch angenommen, es seien diese Ergebnisse der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu hoch gegriffen, so ist immerhin das Insektenheer ein ungeheuerliches im Vergleiche zu den Wirbeltieren. Rund gerechnet bilden die Gliedertiere etwa 80 v. H des gesamten Tierreichs. Hrsgbr. Es ist daher auch unmöglich, in dem folgenden eine Vollständigkeit zu erreichen, die derjenigen der höheren Tiere nur einigermaßen nahe käme. Bei der Auswahl der Arten wurden die heimatlichen aus vielerlei naheliegenden Gründen in das Auge gefaßt, und die fremdländischen nur insoweit berücksichtigt, als sie ergänzend zu einem allgemeinen Überblick für nötig erachtet wurden. Weil aber selbst die Heimat noch einen nicht zu bewältigenden Stoff bieten würde, so fiel die Auswahl auf solche Arten, die nach der einen oder andern Seite hin ein allgemeines Interesse für sich in Anspruch nehmen dürften. Dieselben sind, um den Charakter des Ganzen zu wahren, in derjenigen Reihenfolge vorgeführt, welche die Systematiker in der Bearbeitung der einzelnen Ordnungen einzuhalten pflegen.