Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Nach dem Erscheinen unserer Ausgabe von Brehms Tierleben traten vielfache Wünsche an den Verlag heran, doch auch die den Wirbellosen gewidmeten Bände von Brehms Tierleben unserer Ausgabe anzufügen. Diesem Verlangen wird hiermit gern entsprochen. Wie schon in der Einleitung zum ersten Bande dieser Ausgabe bemerkt worden ist, hat Brehm die Bearbeitung der wirbellosen Tiere Ernst Ludwig Taschenberg und Oscar Schmidt übertragen, zwei ganz hervorragenden Fachforschern auf diesem Gebiete. Beide stimmten in der allgemeinen Auffassung vom Wesen und der Seele der Tiere mit Brehm überein und haben ihre Aufgabe in einer Brehm kongenialen Weise gelöst. So bildet Brehms Tierleben in der letzten, ihm von Brehm selbst noch verliehenen Gestalt ein in sich geschlossenes Ganzes. Wer es nicht weiß, daß die Schilderungen des Insektenlebens und des Lebens der sogenannten niederen Tiere nicht von Brehm selbst stammen, merkt es an der Lektüre dieser Bände selbst kaum.
Über Oscar Schmidt werden wir im Vorwort des ersten von ihm bearbeiteten Bandes berichten. Hier ist zunächst noch mit einigen Worten Ernst Ludwig Taschenbergs zu gedenken, der das »Leben der Insekten, Tausendfüßler und Spinnen« im Brehm geschrieben hat. Er war Professor der Zoologie an der Universität Halle und Kustos des Zoologischen Museums dieser Universität. Als solcher hat er ein stilles und langes Gelehrtenleben geführt, fern von der Unrast und dem Lärm des sogenannten praktischen Lebens. Er starb am 19. Januar 1898 in Halle, wenige Tage nach Vollendung seines 89. Lebensjahres. Sein Amtsnachfolger wurde sein Sohn Otto Taschenberg. Der »Zoologische Anzeiger« vom 31. Januar desselben Jahres fügt der Mitteilung seines Ablebens folgenden ehrenvollen und schlichten Satz hinzu: »Sein ausgebreitetes Wissen auf dem Gebiete der Entomologie, seine feine Beobachtungsgabe, sein liebenswürdiges Wesen lassen seinen Hintritt in weiterem wissenschaftlichen wie im näheren Freundeskreise innig bedauern.«
Über die bei der Herausgabe waltenden Grundsätze habe ich mich ebenfalls schon in der Einleitung des ersten Bandes deutlich ausgesprochen. Auch hier habe ich es sorgsam vermieden, durch sogenannte Überarbeitung des Textes von Taschenberg und Oscar Schmidt den Anschein eines auf »neu renovierten« Tierlebens zu erwecken. Ein solches kann heute nur noch unter Mitwirkung einer sehr großen Zahl von Spezialforschern verfaßt werden, wobei dann allerdings kaum ein in allen Stücken einheitliches Bild vom Leben und Wesen des Tieres herauskommen kann. Das aber ist gerade die Stärke des »alten Brehm«, also des Ergebnisses der Zusammenarbeit von Brehm, Taschenberg und Oscar Schmidt. Dieser »alte Brehm« aber hat, wie gerade heute bei den zahlreichen Brehm-Gedenkfeiern immer wieder zum Ausdruck gebracht worden ist, erst das »Leben der Tiere« den Menschen wirklich nahegebracht. Diese seine große Mission ist auch heute noch keineswegs erschöpft, genau wie der historisch interessierte Laie immer wieder in Rankes Werken oder Gustav Freytags »Bildern aus der deutschen Vergangenheit« Belehrung sucht, obschon diese durchaus nicht mehr dem gegenwärtigen Stande der Spezialforschung entsprechen. Dieser aber ändert sich dauernd, während die großen Leistungen auch der wissenschaftlichen Forschung zu den Klassikern unseres Volkes gehören. So wird auch Brehm gerade wegen seiner am Bilde des Menschen gemessenen Auffassung des Tierlebens immer der erste und beste Zugang zur Erkenntnis des Tierlebens bleiben, und die »modernen Forscher«, die heute über den »veralteten Brehm« klagen, können ihm nicht dankbar genug dafür sein, daß er immer wieder neue Generationen unseres Volkes für das Interesse auch an der modernen Zoologie heranbildet.
In allerdings zahlreichen Fußnoten habe ich mich bemüht, solche Ergänzungen und Änderungen zu bringen, die ohne Zweifel auch Taschenberg und Schmidt selbst gebracht hätten, wenn sie noch lebten. Die Bilderbeigaben verdanken wir in erster Linie unserem trefflichen Zeichner und Maler, Herrn Diehl, sowie der Verlagsbuchhandlung von Oldenbourg in Berlin und Herrn Georg E. F. Schulz, dem ersten Schöpfer vorzüglicher photographischer »Naturkunden«.
Hamburg, den 3. Februar 1929.