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Dies Stück müßt mir der dickwanstige Falstaff heissen, denn er macht die Hauptperson des ganzen Spiels aus. Sonderbar lustige Weiber hab ich keine angetroffen: freilich hatten sie den Kerl zum besten, aber das würden fast alle einem solchen Koloß nicht besser machen. Falstaff ist ein possierlicher Kerl, aber doch find ich ihn an einem andern Ort weit schöner gezeichnet, sein Charakter fällt beim König Heinrich IV. weit besser in die Augen. Hier kommt wieder so ein Gemengsel von Saufbrüdern, Wortspielern, Spitzbuben u. dgl. lustigen Purschen vor. Falstaff versteht sich besser auf Schelmenstreich, aufs Windmachen, als auf Liebespossen. Der Beschreibung nach konnte sein Körper den Frauensleuten keine großen Anfechtungen machen. Er wird von einer Frau Fürth und Frau Page etlichemal hintergangen, mußte sich allemal verkriechen, wenn Herr Fürth dazukam, ins Ofenloch, unter die Wäsche, wo sie ihn dann hinaustrugen und ins Wasser schmissen. Es ist aber nicht so natürlich, daß ein so verschmitzter Kerl wie Falstaff von den gleichen Weibern sich so oft betrügen lasse und sich noch allemal selber bei dem Mann angab – freilich ist er ein offenherziger Kerl, der seine Schelmenstreiche gar nicht geheim hielt. Ich fand hier viel schön gezeichnete Charakter, aber doch keinen, der mir recht schön vorkam. Das Spiel da mit Anna Page, die drei Bewerber hatte, einen, den sie wählte, einen, den ihr der Vatter und einen andern die Mutter geben wollte, das muß recht lustig lassen, wenn Falstaff da bei Hernes Eichbaum mit einem Rehkopf erscheint und die Feen um ihn herum tanzen, ihn kniepen und brennen. Aber ich möchte die Weiber mit ihrem Hohngelächter nicht sehen, sie gefallen mir zum voraus nicht. Die drei Nebenbuhler, die Freier der Anna Page, Fenton, Schlender und der Doktor Kajus, der so deutsch daher stolpert, die möcht ich sehen. Wenn's wirklich so auf der Strauben stünde, daß jeder nach Anna Page zielte, Schlender nach dem weißen, Kajus nach dem grünen Kleid, wie jeder mit der vermeinten Braut ganz entzückt davonschlüpfte, und Schlender einen Postjungen, Kajus einen Bauernjung und nur Fenton die rechte Anna hatte. ha, die Kerls würden große Augen machen. Kein Wunder, wann sie s' schon wacker abgeprügelt hätten: unserm H. Wälly möcht ich nicht gern auf die Art seine Braut sein. Ich meine doch, es gehören eigene Leute, oder wenigstens besondere Gemütsstellungen dazu, wann dies Stück recht gefallen will. Freilich geht man nicht in die Komödie, um zu beten und den Kopf zu hängen, aber doch, dünkt mir, kommt auch gar keine Person vor, die einem die Seele bewegt. Verzeihe mir, großer William, dein großes Genie scheint zwar überall hervor, aber doch scheint's mir, du habest dies Stück in irgendeinigen leichtsinnigen Tagen, da deine Gemütsstellung ein bißchen aus dem Gleise war, gemacht, vielleicht nur zu Gefallen, lustige Damen zu ergötzen. Sonst bringst du in andern Stücken auch hie und da Personen her, die einem beweglich ans Herz reden. Ja, meinetwegen, es sind lustige Weiber zu Windsor, aber nicht nach meinem Humor. Gute Nacht, Falstaff!
Ha, schon besser nach meinem Humor. Lieber Petruchio, mache auch einen Besuch in unserm Land, ich will dir Kunden zuweisen, daß du davon leben sollst. Wann deine Rezepte probat sind, so will ich dich gebeten und ganz de- und wehmütig ersucht haben, im Namen aller deren, die von Käthen geplagt und jämmerlich mißhandelt werden – deren ich ganze Legionen kenne, in Compagnien verteilt und ungleich montiert; wiederum zu unterscheiden an dem Dupe, denen es die Cathreinen jede nach ihrer eigenen Art frisiert – bei denen will ich dich aufs beste rekommandieren –. Aber wann du kommen willst, so laß uns doch wissen und bringe ja gute Attestate mit, denn es sind einige unter uns sehr kleingläubig; weil sie schon ihren Witz abgestumpft und alle ersinnlichen Mittel umsonst verschwendet haben, – so sind sie so sehr verzagt, daß sie ehender glauben, das Meer auszuschöpfen und Berge zu versetzen, als eine solche Zunge still zu machen. Ich zweifelte selbst schier an deiner Methode, wann ich dein Käthchen nicht in ein Schäfchen verwandelt sähe. Und dennoch will oft noch Zweifel in mir aufsteigen, daß ich argwohne, dein Käthchen möchte noch nicht vom rechden Leder, vom recht zähen Schlage sein. Einer von uns hat ein Käthchen, welches ihm alleweil Lausknikker sagte, welches ihn so sehr angriff, daß er schon alles darwider probierte. Aber das ist ihr eben recht, Lausknicker ist alleweil auf ihrer Zunge. Als sie einst gar nicht wollt aufhören lausknickern, geriet er in einen heftigen Zorn, schmiß sein Käthchen in einen tiefen Brunnen – und tief in Wasser, da sie Maul und Nase zuhalten mußte, knickte sie noch beständig mit den Nägeln an ihren Daumen. Das ist eine, die wird Probe halten: Lieber Petruchio, mache dich doch wohl gefaßt und setze dich vorher auf alle Fälle in feste Positur. Lieber Sir William, du bist sehr schonend gegen das schöne Geschlecht. Wenn dein Käthchen der Kopie entspricht, so verdient sie den Namen einer Widerbellerin gar nicht, vielmehr verdient dein Petruchio den Namen eines groben ungeschliffnen Pflegels. Eine solche Kur wollt ich keinem Hunde gönnen, geschweige einem so schönen Geschöpf, das sich von einem solchen Bengel noch so leiten laßt und zuletzt das allerschönste Weiberherz entdeckt. Nein, ich weiß, William, du hättest aus deiner Vorratskammer ein viel scheußlichers Ungeheur können herbringen, aber ich kann mir wohl vorstellen, wie's geht – wer so in die Welt hinaus schreibt. Und was wollte man doch das ganze schöne Geschlecht, so viel schuldlose, edle Herzen mit einem Schandfleck beschämen. Könnte man doch von unserm Geschlecht recht wilde Ungeheur, Bestien, Barbarn, Tiger, Löwen, Wölfe, Vollhengste aufs Theater bringen und jeden rechtschaffenen Mann ärgern. Ich dächte wohl, man sollte Gleichs und Gleichs an ein Joch spannen, aber das Schicksal kehrt sich nicht an mein Denken – wird freilich besser wissen, was zusammen muß, als ich. Am besten wär's, man ließ einandern ungeschoren und fände sich in aller Stille miteinander ab, ohne daß man so in die Welt hinein lärmte und alle Element störte. Die Einleitung und Zwischenspiele mit dem Kesselflicker Christoph Schlau dünkt mir recht artig. Das ist ein Trunkenbold, aber ganz von Falstaffs Art unterschieden – in kurzen Zügen ist er ähnlich genug – ich wollte doch lieber mit diesem als mit Falstaff teilen. Da brandmarkst du auch einen Nimrod, ein Lord, ein Hundeliebhaber, ein Tierverfolger, aber auch solide; – und doch magst du die Kerls überall nicht. O, du hast recht, ich mag sie auch nicht, sie kommen mir alleweil als blutgierige Leute vor. Die armen Tiere sind in der weiten Welt nirgends sicher vor diesen blutdürstigen Nimrods und ihren fräßigen Hunden. Der Betrug da, den der Pedant und ein Lucentio spielen, ist auch artig, aber viel besser gefällt mir der Schwung von Bianca, die erst als ein so zahmes Tierchen kommt, und hernach übertrifft sie Käthchen weit. Ja, ja, kleine kriechende Würmchen können auch zu großen Schlangen erwachsen. Närrische Kerl gibt's auch genug in diesem Spiel: Gremio, Grumio, Biondello, Tranio usw. Aber Petruchio übertrifft sie alle. Ja, ja, Käthchen, du solltest eher deinen Petruchio zähmen, und Grumio gehörte gar ein Dreck auf die Nasen.
Ein Lustspiel. Freilich ein Lustspiel – ja am Ende wohl – aber doch anfangs mitleidbewegend genug. Man möchte mit dem armen gefangenen Aegeon zum Tode gehen und die unbarmherzigen Gesetze von Ephesus in die Hölle verdammen. Dann möchte man immer den irrenden Burschen zurechthelfen und dem armen lustigen Sklaven Dromios die Prügel vom Halse halten. Lieber Menschenmacher, warum machst du doch die sonst guten Herren so prügelsüchtig? Ist's denn in allem Ernst so Mode in der Welt? Mich dünkt's doch gleichwohl eine verzweifelt unwirsche Mode, mir schmeckt keine Suppe weniger als die Prügelsuppe, und meinem Herzen hat's doch all mein Tage große Überwindung gekostet, solche anzurichten. Antipholus von Ephesus und Antipholus von Syrakus, zwei Zwillingsbrüder, zwei Dormio, auch Zwilling und den beiden Antipholus Bediente, machen das ganze Stück aus. Die sollen einander so ähnlich gesehen haben, daß man sie gar nicht voneinander kannte. Ich bin zwar wohl mit dir zufrieden, großer Dichter, du hast alles harmonisch und zierlich durcheinander gewebt: aber das glaub ich dir in Ewigkeit nicht, daß man auf Gottes Erdboden zwei Menschen finde, die in keinem Stück voneinander zu unterscheiden wären, – so wenig als unter hundert Millionen Steinen am Bach man zwei findet, die einander vollkommen gleich sind, die in Form, Farb und Gewicht u.s.f. nichts Eignes haben. Das glaub ich mein Lebtag nicht, daß man auf allen vier Weltteilen ein Weibsbild fände, die ich für die meinige halten sollte, und wann man sie bis an die Ohren in meiner Frauen Kleider stecken würde. Nein, ich glaube nicht, daß ich nötig hätte, sie auf die Wagschale zu setzen wenn ich nur das Gesicht sehen könnte, die Augen, die Nase, den Ton in der Aussprache, die Züge ums Maul etc. Nein, ich dürfte mein Leben wetten, wo ich sie nicht kennte, anderst ich hätte meine Sinnen verloren. Nein, Adriana, ich glaube, du seiest taub und blödsinnig gewesen, daß du darauf bestanden, ein anderer sei dein Mann. Und ihr Herren Antipholus, ihr wäret grad auch schlechte Beobachter von eueren Bedienten, daß nicht irgend ein Zug, ein Haar, ein Blick, ein Ton, oder wenigstens ein Knopf, ein Fleck an der Mondur eueren Irrtum verraten hat. Ja fremde Leute, daß die oft ein Mensch für das andere ansehen, das laß ich gelten, aber Leute, die Jahr und Tag mit einander auf- und niedergehen, nicht. Ein Doktor Zwick, Schulmeister und Schwarzkünstler, ist schön gezeichnet, ordentlich, wie's dergleichen Leute machen. Aegaeons Charakter ist der beste.