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Im Lager.

 

Ha! Zapften sie sich ihren Trank
Aus Bachus Nektartonnen,
Sie jagten Blödigkeit und Zwang
In's Kloster zu den Nonnen.

Bürger.

 

Während Sickingens Freunde mit aller Vorsicht die Uebergabe der Stadt vorbereiteten, herrschte draußen im Lager unausgesetzt rauschende Freude bei Spiel und Gelagen. Mit Ausnahme des Feldhauptmanns, dessen hochgelegenes Zelt vom schwarzen Berge herab nach allen Richtungen das ausgedehnte Lager überragte, trugen nur wenige vom Adel Sorge für den glücklichen Ausgang des großen und bedeutungsvollen Unternehmens. Man zweifelte im Allgemeinen nicht an Richards Fall, und Sickingen wurde bereits in Liedern als » Kaiser und Retter des Reiches deutscher Nation« gepriesen.

Die Kriegsknechte waren jederzeit guten Muthes; denn ihre Taschen stacken voll Münzen und nicht Wenige besaßen kostbare Gefäße aus geplünderten Kirchen. Indeß die Lanzenknechte Wamms und Barett mit goldenen Borten der Meßgewänder und Kappen zierten, tranken viele der Herren aus Kelchen und Ciborien. Schwerlich befanden sich im ganzen Erzstift, die Hauptstadt ausgenommen, irgendwo noch Kirchengefäße oder Paramente; mit solcher Genauigkeit befolgte man die steten Mahnungen der Prediger, das Land vom Gestank und Wust römischer Gräuel zu säubern. Zu diesen Errungenschaften floß regelmäßig die starke Löhnung, und an Speise und Trank war im Lager kein Mangel.

Die einzige Ursache des zuweilen laut werdenden Mißmuthes bestand in der thatlosen Lagerung vor der Stadt. Man anerkannte zwar des Feldherrn Klugheit, im günstigen Augenblicke mit weniger Blutvergießen die Veste zu gewinnen, – man pries die Tapferkeit und scheute beinahe die verzweifelte Gegenwehr der Belagerten, – und dennoch murrten manche streitlustige Herren über dieses träge Hinhalten. Besonders lärmten die bewaffneten Bauernhaufen, seitdem die weithin verheerte Umgegend keine Beute mehr darbot. Ulrich von Hutten, Feldhauptmann der Bauernrotten, dessen feurige volksthümliche Reden jene Haufen noch mehr fanatisirten und zu wahren Geißeln für Klöster und Pfaffen heranbildeten, schürte das Feuer der Unzufriedenheit. Sickingens Zaudern ärgerte den Feuergeist und es war bereits zwischen beiden zu ernsten Zerwürfnissen gekommen.

In der Nähe des schwarzen Berges lag Melchiors Zelt, – gemeinhin »Einigungsherberge« genannt; denn bei Tag und Nacht ging es dort geräuschvoll her durch Zechen und Spielen der versammelten Waffenbrüder. Eben saßen die Herren wieder vor dem Zelte am langen Tische beisammen, auf dem ein Faß von ziemlicher Größe lag. Melchiors mürrisches Gesicht ruhte auf der rechten Hand und gleichgiltig folgte er dem Gespräche der Uebrigen, welches die über Sickingen und dessen Anhänger ausgesprochene Reichsacht betraf.

»Hab' mir's gleich gedacht, daß die Herren in solcher Weise sich werden hören lassen,« sprach Berthold von Steinbach. »Die Acht schert mich aber so wenig, wie das Pfeifen jener Stadtratten, die ich zu Speyer nächtlicher Weile über die Straßen laufen sah. Sonderbar – dieses fette, langschwänzige Vieh kommt mir immer in den Sinn, bei Erwähnung des Reichskammergerichts.«

»He Bursch' – meinen alten Humpen her!« rief Schauenberg, nachdem der Inhalt des goldenen Kelches wie ein Tropfen durch seine Kehle gelaufen. »Armseliges Gebecher, – man trinkt sich durstig d'raus,« – und er stieß verächtlich den Kelch zurück. »Da seht her Brüder,« rief er, den zweimaßigen Humpen stolz hinstellend. »Schaut Euch der nicht d'rein, wie der Melibokus in's Rheinthal? – Schafft Eure Fingerhüte weg, Gesellen, sie thun mir ordentlich in den Augen weh und schaden unserer ritterlichen Trinkehre.«

»Der Melchior hat eben wieder seine Launen, meinte Seckhendorf. Um diesen kostbaren Kelch zu bekommen, hielt er dem Küster eine zwei Stunden lange Rede, welche mindestens zweihundert Worte enthielt, was bei ihm höher anzuschlagen ist, als wenn gewöhnliche Menschen zwei Tage lang sprechen. Und jetzt stößt er den Kelch weg, als sei er keinen Heller werth.«

»Hab's verschworen, jemals wieder d'raus zu trinken, – will's geradezu unmöglich machen,« sagte Schauenberg und drückte das Gefäß zusammen.

»Nun gebt acht,« rief Seckhendorf, »er wird den grimmen Hagen nachahmen, und das Gold in die Mosel werfen.«

»Der Hagen war ein Narr, oder es müßte dazumal keine Juden gegeben haben!«

»Was, Ihr haltet den Hagen für einen Juden?« scherzte Somebrief.

»Das nicht; aber weßhalb hat er den Schatz nicht an Juden verkauft? Brauchte er kein Geld?«

»Aha! Merkt ihr den Kniff?« lachte Paul von Wurtlingen. »Er schlägt den Kelch zu Geld und den Juden zu seinem Säckelmeister. Ich glaube, er könnte ohne Juden gar nicht mehr bestehen, und wenn's nichts mehr zu erbeuten oder verkaufen gibt, wird er wohl gar sich selber verkaufen.«

Schauenberg warf dem Sprecher einen finsteren, verächtlichen Blick zu, bevor er entgegnete:

»Wollte lieber vom Stegreif leben, als der hörige Knecht eines andern sein, – sei's durch Ohrenblasen, – durch Speichellecken oder sonst wie. Hm – will der Franz Kaiser werden, muß er schon seine Stiefelknechte haben.«

»Gilt das mir?« that Wurtlingen beleidigt.

»Wem sonst?« warf Melchior gleichgiltig hin. »Wüßte außer Euch Keinen vom Adel, welcher vor Sickingen kriecht, schwänzelt, und auf den Knieen ihm Kundschaft auskramt.«

»Bei meiner Ehre, das lügt Ihr!«

»Euer Schwur gilt nichts, Paul!« versetzte Schauenberg in träger Ruhe.

»Bei meiner Ehre – Ihr lügt!« rief Wurtlingen mit erhobener Stimme.

»Hm, – besser schwört Ihr bei 'nem halben Heller; denn Eure Ehre ist keinen halben Heller werth,« entgegnete Melchior mit derselben Gleichgiltigkeit.

»Ha – nur Euer Herzblut kann diesen Schimpf abwaschen!« schäumte der geschmähte Edelmann, indem er aufsprang und nach seinem Schwerte lief, welches am nahen Zeltpfosten lehnte.

»Macht Euch nicht lächerlich,« fuhr Schauenberg fort. »Das Blut der ganzen Ritterschaft könnte von Eurer Ehre den Schimpf nicht abwaschen. – Hm, – eher bleibt ein Schimpf in leerer Luft hängen, als an Eurer Ehre.«

»In Euren Hals das!« schrie Wurtlingen. »Auf, wappnet Euch! Den letzten Tropfen Blut leckt die Flamme meines Zornes aus Euerm Lügenleib, – nicht eher will ich rasten, bis zerstückt die blutige Rüstung um Eure zerfetzten Glieder hängt.«

»Ha, Ha!« lachte Melchior. »Wie er's Maul voll nimmt; – meint man nicht, Gesellen, es wäre ihm wirklich ernst?«

»Ernst ist mir's, und Deine schnöde Lästerzunge soll es büßen!« drohte Paul.

»Wollt Ihr also dem Schauenberger wirklich an Leib und Leben?« fragte Seckhendorf.

»Das will ich, ja – die durstige Erde soll des Schalken Blut trinken,« prahlte Wurtlingen, näher zu Melchior hinantretend. »Auf – greift zum Schwerte, sonst erlöscht mein Grimm und Mitleid regt sich in meiner Brust.«

»Euer Vater muß jedenfalls ein Schalksnarr gewesen sein, sonst könntet Ihr so toll nicht schwätzen,« sprach Schauenberg, streckte seinen langen Arm gegen Wurtlingen aus, packte ihn bei der Brust und hob den Edelmann langsam in die Höhe.

»Da seht den ehrenfesten Ritter Paul von Wurtlingen!« rief Schauenberg, immer noch den Junker in der vorigen Lage haltend, wobei er zugleich mit ihm eine hin- und herschwebende Bewegung vornahm. »Da seht Sickingens Aufpasser, – kaiserlicher Majestät erster vornehmster Spürhund, seht her, ist er nicht zwei Heller werth?«

Die vorübergehenden Krieger blieben stehen, mit Verwunderung und nicht ohne Wohlgefallen, das sonderbare Schauspiel betrachtend; denn Wurtlingen war allgemein verhaßt, wegen seiner Kriecherei und Verläumdungssucht beim Feldhauptmann. Auch der Jude Levi stand unter den Zuschauern, ganz versunken in den Anblick der goldenen Gefäße auf dem Tische. Kaum erblickte Melchior den Juden, so stellte er Wurtlingen nieder.

»Levi – da her!« rief er ihm zu. »Komm her, mein Filz, – kannst Du abschätzen?«

Kaum stand Paul auf den Füßen, so stürzte er mit gezogenem Schwerte auf den wehrlosen Schauenberg los. Seckhendorf sprang schnell empor und hielt ihm den Arm.

»Schämt Euch, so meuchlings den Ritter anzufallen,« zürnte Seckhendorf. »Euer Ehrgefühl scheint in der That bis auf einen winzigen Rest herabgekommen.«

»Lasse ihn nur los, Wilhelm,« sprach Melchior gelassen. »Geht, Herr Paul, – wollte Euch nur zeigen, wie hoch man Speichellecker, Aufpasser und Ohrenbläser anschlägt.«

»Wir begegnen uns, – dann wehe Dir!« drohte Wurtlingen und ging davon.

»Dießmal habt Ihr ihm doch zu arg mitgespielt,« sagte Somebrief. »Kein Gassenbube ließe dermaßen sich behandeln.«

»Zu arg? Will keinen Humpen mehr anrühren, wenn der Schuft morgen nicht wieder kommt, – den Handel für einen Scherz auslegt und thut, als sei nichts vorgefallen. Vertrüge es nur meine Ehre, ich würde ihn zwingen, 'ne scharfe Lanze mit mir zu brechen. Donnerwetter – sein bloßer Anblick gießt mir Galle und Wermuth in den Wein. – Komm her Levi, wie hoch schlägst Du den Kelch an?«

Der Jude war in ehrerbietiger Entfernung stehen geblieben, nun schlich er unter fortwährenden Bücklingen heran.

»Wie hoch, edler Herr, wie hoch?« entgegnete Levi schlau lächelnd und mit heißhungrigen Blicken die goldenen Gefäße betrachtend. »Wie hoch ich ihn anschlage, – nun, nicht so hoch, als die Botschaft, welche ich dem edlen Feldhauptmann bringe. Wahrhaftig, – eine gold'ne Botschaft, – eine Botschaft nicht zu bezahlen mit allen Perlen des Meeres, – eine Botschaft, – die Euch glücklicher machen würde, als alle Goldbecher der Erde.«

»Wie uns der Schelm den Brei um's Maul schmiert,« meinte Berthold von Steinbach. »He – Jude, was ist das für 'ne Botschaft?«

»Nun, – edle Herren!« that Levi verlegen und kriechend; »gern wollte ich Euch mit meiner Botschaft glücklich machen, – aber, edle Herren, – die Botschaft ist für den Feldhauptmann.«

»Die Pest über Dich, Jude!« fluchte Schauenberg. »Für den Feldhauptmann, und nicht für uns? Schlägst Du den Franz höher an, als uns? Wisse Unbeschnittener, daß Sickingen um keinen Zoll über uns steht an Rang und Würde.«

»Nun, edle Herren, verzeiht dem unwissenden, thörichten Juden,« bat Levi unter tiefen Verbeugungen. »Meine Botschaft ist deßhalb für den Feldhauptmann, weil er sie bezahlt und wir armen Juden ohne Lohn nichts thun können.«

»Wie der Schalk nach dem Kelche schielt! Ist Deine Botschaft feil für den zerdrückten Becher?«

»Edle Herren, meine Botschaft ist für Euch mit Gold nicht aufzuwägen, und dennoch edle Herren, gebe ich noch sechs Gulden auf den Kelch heraus!«

»Es gilt, – heraus damit!« drängte Schauenberg.

Der Jude trat näher, schaute vorsichtig um und sprach mit gedämpfter Stimme: »Morgen früh zwischen acht und neun Uhr, – wenn an der Nordseite des Nolanerthurms das rothweiße Fähnlein flattert, dann stürmt, – die Brüder öffnen das Thor.«

»Nimm den Kelch, er ist Dein,« rief Melchior erfreut. »Hätte ich zwanzig solcher Becher, alle solltest Du sie haben für Deine Botschaft. – Ha, Gesellen, – Sturm morgen und Kampf, – trinkt Brüder, trinkt. – Fort Jude – schnell hinauf zum Feldhauptmann mit Deiner Botschaft!«

Nach vielem Danken und zahllosen Bücklingen eilte Levi davon, und die Herren tranken wacker auf den nahen Sturm.

»Gottlob! Der Sturm erheitert das knurrige Gesicht unseres Melchior,« rief Seckhendorf lachend.

»Und dort kommt Einer, dem unsere Kunde nicht minder gefallen wird,« sprach Berthold auf Hutten hinweisend, der in trübem Sinnen näher kam. »Seht nur, wie er den Kopf hängt, – gewiß hatte er wieder mit Sickingen seinen Span.«

»In allem Ernst, der Sickinger gefällt mir gar nicht mehr, – hat sich ganz verändert,« versicherte Schauenberg. »Schon thut er, wie kaiserliche Majestät – runzelt bedächtig die Stirne, – schneidet Gesichter, wie Kaiser Rudolph auf dem Bilde zu Hanau; – spricht: ›Wir wollen sehen, – Ihr habt Euch verdient gemacht um unsere Person!‹ – Glaub' fast, der Kaiser hat ihm den Kopf verrückt.«

»Und wie gnädig hält er's jetzt mit den Lanzenknechten!« setzte Seckhendorf hinzu. »Gestern sah ich ihn mitten im Kreise der zechenden Gesellen sitzen, er machte sie lachen, sagte diesem ein Schmeichelwort, warf jenem gnädige Blicke zu, und als er sich erhob, riefen die Burschen: ›Franziskus hoch! Nieder mit Carl – Franziskus hoch!‹ Er hat die Kerle ganz in sich vernarrt; ich glaube, sie liefen aus dem Himmel und schaarten sich unter seine Fahnen.«

»Dazu streichen die ausgelaufenen Mönche den Sickingen dermaßen heraus in ihren Predigten, daß es zum Lachen ist,« sprach Berthold. »Hörte neulich solchen Schelm mit vollen Backen rufen: ›Abgeschafft sind alle Heiligen durch's lautere Evangelium, – Franziskus, Euer Feldhauptmann, sei Euch St. Georg, St. Michael und Allerheiligen.‹

»Gefällt mir nicht!« brummte Schauenberg. »Wir sind ausgezogen, unsere entrissenen Rechte mit Gewalt zurückzufordern, – Franz aber macht aus dem ganzen Span einen Pfaffenkrieg.«

»Wie geht's, tapferer Feldhauptmann der Bauernschaft?« rief Seckhendorf Herrn Ulrich entgegen. »Was macht der Franz? – Ihr schaut ja so verstimmt d'rein, wie 'ne rostige Stahlhaube!«

»Kein Wunder!« entgegnete Ulrich. »Die Gallblase zerspringt mir fast vor Aerger. Droben sitzt das künftige Reichsoberhaupt und fängt Grillen, – geht spazieren, – spricht mit dem Staarmatzen, – gibt seinem hungrigen Falken zu fressen, – lehnt mit seinem schlafenden Schweißhunde am Zeltpfosten, – guckt Sterne am hellen Tage und lähmt die Kraft von achtzehntausend Lanzen. Längst säßen wir drüben hinter den Bollwerken, die unbezwungen uns entgegentrotzen, wäre Franz keine Memme geworden.«

Huttens Klage wurde durch den schmetternden Ruf einer Trompete unterbrochen, welche in geringer Entfernung ertönte und immer näher kam. Verworrene Stimmen zahlreich versammelter Menschen kamen näher, und gleich darauf erschien in der nächsten Zeltstraße ein bunter Haufen Kriegsknechte, an ihrer Spitze ein Mann in der Tracht der Franziskaner.

»Beim Teufel!« schalt Seckhendorf. »Der Narr wird doch sein Possenspiel hier nicht aufführen? Gebt acht, wie ich den heimschicke.«

»Bleib' – laß ihn!« wehrte Berthold, den Junker zurückhaltend. »Ihr werdet sehen, Heinz Kettenbach vertreibt uns vergnüglich die Zeit.«

Ungefähr hundert Schritte vom Zechertische entfernt wurde ein Faß aufgestellt, welches Bruder Heinrich von Kettenbach, ehemals Franziskaner, deren Kutte er noch trug, mit derselben Würde bestieg, wie etwa der größte Kanzelredner den Predigerstuhl. In Ermangelung der Glocken, blies ein Trompeter die Lanzenknechte zur Anhörung des lauteren Wortes zusammen. Von allen Seiten strömten die Zuhörer herbei, und viele betrachteten in gespannter Erwartung den seltenen Mann, welcher auf dem Fasse niederkniete und mit innigster Andacht des Himmels Beistand anrief. Der Prediger erhob sich endlich von den Knieen und begann seinen Vortrag mit einer Stimme, die ihrer Stärke wegen gar wohl für ein Feldlager sich eignete.

» Dedit Dominus victoriam populo suo – verdolmetscht: Gott hat seinem Volk den Sieg gegeben, begann er. O fromme, getreue Ritter, tapfere Lanzenknechte, allerliebste Brüder!«

»Hört nur,« schalt Berthold, »der Schelm gibt den Knechten ehrenvollere Namen, als uns; sie nennt er tapfer, – uns nennt er fromm, – uns macht er zu Mönchen und jene zu Rittern.«

Der Franziskaner, als hätte er Bertholds Rede vernommen, predigte weiter:

»Ich gebe Euch Allen einen Titel, den uns unser Herr Jesu hat gegeben, daß wir alle Brüder seien.«

»Heda Bursch!« unterbrach Melchiors rauhe Stimme die andächtige Stille; – »den Krug gefüllt! Hol's der Henker, der Kerl plaudert entsetzlich langweilig.«

Kettenbach machte eine lange Pause, warf dem Schreier einen strafenden Blick zu, und fuhr weiter:

»Also um seinetwillen und um seines heiligen Wortes und Evangeliums willen sind wir in Streit gezogen und stehen wider die Feinde des Evangeliums als jetzund fast alle Bischöfe sind: so sind wir Diener und Ritter Christi.«

»Langsam, Herr Mönch!« rief Schauenberg dem Prediger voll Aerger und Unwillen zu. »Bin nicht in Streit gezogen, um des Evangeliums willen, – hab' zum Schwert gegriffen, unserer Rechte und Freiheiten willen. Was schert mich Luthers Evangelium? Der Sachsenmönch mag selber sein Fündlein an den Mann bringen, – geb' keinen leeren Humpen dafür.«

»Schweigt doch, – still!« mahnte Somebrief.

»Ei was, – soll mir der Pfaff unter die Augen lügen? Fort mit dem Schwätzer, – stimmen wir ein Lied an! He – Wilhelm!« schrie er Seckhendorf zu, »kannst Du jetzt das Lied vom ›Trutzpfaff Richard?‹«

»Soll ich's loslassen?« rief dieser entgegen.

»Schweigt, still, in's Teufels Namen!« bat Hutten. »Ihr macht ihn ja ganz irr, – es kommt schon noch etwas Ergötzliches hintennach.«

In Folge dieser Ermahnung legte Melchior sein haariges Gesicht knurrend in beide Hände, nachdem er vorher die Ellebogen auf den Tisch gestellt, und hörte in dieser Lage dem Prediger zu.

»Darum ich etliche Pünktlein melden will,« – fuhr dieser fort, »welche aus Allen zu merken sind; denn sie sind aus der Schrift gezogen. Zum ersten, daß wir streiten, wie Gott uns lehrt, gegen alle Feinde des freien Evangeliums, besonders aber gegen den Wolf Richard, – den Erzteufel, der ein Haupt des Höllenthieres ist, wie bei Johannes geschrieben steht.«

Eine rothe Gluth flammte hier über Schauenbergs Gesicht, und wild aufspringend, schrie er dem Prediger zu:

»Was Du Schuft? Den tapfern Richard schmähst Du?«

»Alle Wetter – Melchior!« schalt Somebrief. »Könnt Ihr's Maul gar nicht halten?«

»Wer kann hier schweigen?« – zürnte der Ritter und schlug mit seiner Faust auf den Tisch, daß die Gefäße umstürzten und das Faß hohl klang. »Der Richard ist ein so guter Edelmann, wie wir! Schmäht ihn jene Nachteule nochmals, soll er gleich meinen Humpen am Kopf verspüren.«

»Gebt acht, jetzt kommt die Hauptstelle, – hört!«

»Was – Hauptstelle! Kann's 'mal nicht hören, wenn Schufte wollen ehrliche Leute schelten. Wenn ich schon beim ersten Zusammentreffen dem Greiffenklau den Schädel spalten will, ist er doch ein wackerer Mann, der's ritterlich mit uns aufgenommen hat. Der Schalksnarr aber dort, der ausgesprungene Mönch, der hat seinen Eid gebrochen – und,« rief er entrüstet, »ein Schuft, der seinen Eid bricht.«

Melchior hatte diesmal gegen alle Gewohnheit viel und leidenschaftlich gesprochen; und da alle Uebrigen Bruder Heinrich zuhörten, ergab auch er sich zur Ruhe.

»Darum getreue Ritter Christi, allerliebste Mitbrüder,« predigte der entlaufene Franziskaner; »bittet Christum unseren obersten Feldhauptmann, daß er um seiner Ehre willen uns Sieg verleihe wider seine Feinde. Denn dieser Streit ist nicht angefangen, daß Franziskus, Euer Mitbruder, reicher werde an Land und Leuten, er hatte dessen vorher genug als Edelmann. Ja Land, Leute, Gut, Ehre, Huld und Freundschaft aller Welt will er d'ran setzen, daß Gottes Ehre gehandhabt werde. – Nun liegt es am Tage, wie uns Päpste und Bischöfe mit ihren Fündlein haben abgeführt vom Evangelio. Was Christus erlaubt hat, verbieten sie, und was Christus verboten hat, – erlauben sie. Darum liebste Mitbrüder, macht Euch daran und zerstört, sengt, brennt, bis der römische Drache vom Erdboden vertilgt ist. Dies besagt Euch schon das gebenedeite Wort › Tetragrammaton‹ – an Euren Aermeln und Feldzeichen.«

Viele betrachteten in heiliger Scheu das in rother Farbe auf ihre Kleidung geschriebene Wort Tetragrammaton, welches seine magische Kraft um so nachdrücklicher ausübte, je weniger die abergläubischen Kriegsknechte dessen Bedeutung verstanden. Zum Schlusse zog der Prediger ein beschriebenes Pergamentstück hervor, das er mit andächtiger Wichtigkeit entfaltete.

»Höret, allerliebste Brüder! Was zuletzt Doktor Martinus Luther, der heilige Gottesmann, Euch rathet und verheißt.«

Er hielt einen Augenblick inne, als sammle er Kraft zum würdigen Vortrage der bedeutungsvollen Schrift und las:

Alle, die dazu thun, Leib, Gut und Blut daran setzen, daß die Bisthümer zerstört und der Bischöfe Regiment vertilgt werde, das sind liebe Gotteskinder und rechte Christen; denn offenbar ist, daß die Bischöfe nicht allein Larven und Götzen; sondern ein vermaledeit Volk für Gott ist, das da wider Gottes Ordnung sich erhoben, das Evangelium zu vertilgen und die Seelen zu verderben. Darum sollte jeglicher Christ dazu helfen mit Leib und Gut, daß ihre Tyrannei ein Ende nehme und fröhlich thun, alles, was ihnen zuwider ist, gleich als dem Teufel selber, ihren Gehorsam als des Teufels Gehorsam mit Füßen treten. – Das sei meine, Doktor Luthers Bulle, die da gibt Gottes Gnade zu Lohn, allen die sie halten und ihr folgen. Amen.‹ Luthers Werke, Jen. Ausg. Th II. Fol. 120 und 122.

Die Ablaßverkündigung des großen Reformators blieb nicht ohne günstigen Erfolg. Indeß Bruder Heinrich vom Fasse stieg, erschollen immer lautere Versicherungen für Gottes Sache zu sterben, Klöster und Stifte zu berauben, und der Bischöfe Regiment zu vertilgen. Befriedigt durch den glänzenden Erfolg seiner Beredsamkeit, brach der Prediger auf, seine Mission an andern Orten fortzusetzen, nachdem er zuvor einen Blick des Unmuthes dem Zechertische zugeworfen.

»Ein toller Kerl!« sprach Seckhendorf. »Er versteht's vortrefflich, die Söldner anzufeuern.«

»Hm – das reinste Fastnachtsspiel! Meinte Berthold. Der Prediger zetert gegen die Bischöfe, weil ihn der Franz dafür besoldet, – die Knechte rasen gegen die Bischöfe, weil in Kirchen und Stiften Werthvolles zu erbeuten ist, – am lauteren Evangelium liegt ihnen aber so wenig, als uns und jedem wackeren Edelmann.«

»Sicher wird der Pfaff dem Sickinger Melchiors Gebrüll stecken,« sagte Seckhendorf.

»Ganz recht,« versetzte Schauenberg. »Hab' des Sickingers Handel ohnedies satt, – will seinen Planen nicht dienen, und fährt er fort, uns zu mißbrauchen, so breche ich mit meinen Lanzen auf und stoße zum Kaiser.«

»Melchior hat Recht, bestätigte Seckhendorf; außer Hochsteins Lösung gewannen wir nichts, und den gab Richard nicht gezwungen frei, sondern durch Austausch der Gefangenen.«

Die Herren wurden hier durch Emich von Gundsberg unterbrochen, welcher mit feurigem Gesichte und eiliger Hast daher rannte.

»Was gibt's?« riefen ihm mehrere Stimmen entgegen.

»Da haben wir's, keuchte Gundsberg; – da haben wir's, der rothe Schlächter ist eben mit seinen Lanzen in Trier eingezogen.«

Die Ritter vernahmen diese Kunde mit solchem bedeutungsvollen Ernst, als sei ihnen die Nachricht vom Einzuge eines mächtigen Entsatzheeres zu Ohren gekommen. Ulrich von Hutten schien besonders betroffen.

»Ei was, man hat Euch etwas aufgebunden!« meinte Seckhendorf. »Seit vierzehn Tagen schon droht uns der rothe Schlächter.«

»Aufgebunden? Keine hundert Schritte von mir ritt Windstein vorbei, – mit eigenen Augen sah ich ihn, entgegnete Gundsberg. Als er unseren äußersten Schildwachen auf zehn Schritte nahe kam, schwenkte er das Roß und betrachtete in aller Ruhe und Sicherheit das Lager. Ich glaube, er hatte Lust, ganz allein mit seinen Lanzen uns anzugreifen.«

»Hm, – brummte Schauenberg, ein Löwe könnt's wohl mit einem ganzen Heere von Katzen aufnehmen. Aber recht ist mir's, daß der Schlächter da ist, – wird jetzt bald das Gemetzel angehen.«

»Der Ritter ist furchtbar gerüstet,« fuhr Gundsberg fort; »er trägt die bekannte schwarze Rüstung, an welcher alle Klingen zu Schanden werden; – am Sattelknopf rasselt ihm sein furchtbarer Streithammer, der Zweihänder berührt fast den Boden und sein riesiges Schlachtroß steckt dermaßen im Eisenharnisch, daß nur Augen und Füße des Thieres sichtbar sind.«

»Der Bischof mag sich freuen,« sagte Berthold; »seine Mauern erhielten den stärksten Thurm und seine Lanzen wurden durch ein ganzes Heer vermehrt.«

»Still – hört Ihr – eben reitet er durch's Thor!«

Aus der Ferne klangen von der Stadt herüber langgezogene feierliche Fanfaren, das geräuschvolle Lagerleben verstummte augenblicklich, als horchten Alle auf die unheilvollen kriegerischen Klänge. Sogleich aber wurde diese Ruhe durch Lärmen und Geschrei unterbrochen, welches zwei Männer verursachten, die ganz in der Nähe des Zechertisches handgemein wurden.

Hutten war nämlich bei der Nachricht von Windsteins Eintreffen aufgestanden und die nächste Zeltstraße hinabgegangen. Keine hundert Schritte von Schauenbergs Zelt eilte ihm ein Mann entgegen, dessen Anblick ihm Bestürzung und Schrecken einjagte, – Nikolaus von Fleckenstein. Kaum erkannte dieser Ulrich, so verdoppelte er seine Schritte, den Junker im rauhesten Tone seiner starken Stimme anfahrend, wobei er mit Heftigkeit seinen Stock schwang.

»Ha, ehrloser Bube, Du kommst gerade recht!« schrie der Freiherr mit funkelnden Augen. »Geschworen hab' ich, Dich durchzuprügeln, wo immer Du mir begegnest.«

Bevor Hutten sich zur Wehre setzen konnte, hatte ihn der grimme Herr beim Arme erfaßt und schlug in derben Hieben auf ihn los. Flammend vor Zorn griff Ulrich zum Schwert, kaum aber hatte er den Stahl erhoben, als ein kräftiger Schlag seinen Arm traf und entwaffnete.

»Her Elender,« schrie Fleckenstein, – »her schamloser Fant, her gottloser Wicht!« und immer schneller und wuchtiger fuhren die Schläge auf des Junkers Rücken nieder, der sich vergebens der eisernen Faust zu entwinden bemühte. Der sonderbare Auftritt versammelte schnell einen Kreis verwunderter Zuschauer und auch die Zecher vor Melchiors Zelt liefen herbei.

»Was gibt's da?« riefen die Herren. »Haltet ein, – reißt den Alten los!«

»Was Teufel kommt Euch in den Sinn, diesen Edelmann gleich einem Buben durchzuprügeln?« fuhr Melchiors rauhe Stimme den Freiherrn an.

»Seid Ihr verrückt, unseren Waffenbruder dermaßen zu mißhandeln?« zürnte Seckhendorf.

»Langsam, ihr Herren!« erhob Fleckenstein Stimme und Hand. »Schande über Euch, wenn Ihr mich hindert, diesen Elenden schwarz und blau zu schlagen: – Schande über Euch, diesen Schurken zu beschützen.«

»Hutten ist unser Waffengenosse, – wer ihm Leib und Ehre verletzt, greift uns an,« versetzte Gundsberg.

»Hutten Euer Waffenbruder? – gut!« warf Fleckenstein hin. »Seid Ihr ihm gleich, dann könnte man mit Eurer Lüderlichkeit auf tausend Jahre die Welt vergiften.«

»Uns sagt Ihr dieß?« schrie Seckhendorf voll Zorn.

»Allen sage ich's« – erwiederte Fleckenstein mit Festigkeit, »die sich mit diesem schäbigen Fant, voll Bubensinn und Ehrlosigkeit, auf gleichen Boden stellen.«

Seckhendorf wollte mit erhobener Faust den Freiherrn anfallen; Schauenberg hielt ihn zurück.

»Weg da, – schäm' Dich, gegen diesen ergrauten Mann die Faust zu erheben,« rief er. »Schaut nur dem Fleckensteiner in's Gesicht, – trägt er Euch nicht den Edelmann an jedem Glied? Bei St. Kilian, der Alte muß allen Grund zum Schimpfen haben!«

»So, Ihr wißt es nicht?« sprach Fleckenstein verwundert. »Glaubte ich doch, die ganze Welt müßte es wissen, die Steine im Wege müßten diesem Schurken zurufen: Weiberdieb, – schmutziger, hundsföttischer Jungfernschänder! So – Ihr wißt es nicht, daß der Nichtswürdige meine Tochter gewaltsam entführen ließ zur Befriedigung seiner schändlichen Lust?«

»Das lügt Ihr in Euren Hals hinein,« schrie Ulrich mit erkünstelter Entrüstung. »Ich Eure Tochter entführen? Ersticken möchte Ihr an dieser schändlichen Verläumdung!«

»So, – Du läugnest es, – Du läugnest, durch Drachenfels meine Margareth auf dessen Schloß gebracht zu haben? Auf, ihr Herren, reiten wir zusammen gegen Drachenfels, und ist ein Wort von dem erlogen, was ich sage, will ich ein so gründlicher Spitzbube sein, wie dieser Hutten hier.«

»Pfui Ulrich, pfui, – zürnte Seckhendorf; uns Alle habt Ihr beschimpft.«

»Peitscht den Schuft aus dem Lager!« tobte Schauenberg. »Fort mit ihm, – Alter gebrauche deinen Stock! Hinaus mit ihm, – werft ihn aus den Schanzen,« und sogleich legte er Hand an.

»Melchior halt! Rief Hutten. Verurtheilt keinen Schuldlosen, – meine That verträgt sich vollkommen mit Ritterehre, Jeder von Euch hätte so gehandelt! Die Tochter dieses Alten liebt mich, Ihr wißt es, – da kam es plötzlich dem launenhaften Mann in den Sinn, die Thüre mir zu weisen, zum größten Harme meiner Herzenstrauten. Worin liegt nun das Ehrwidrige, wenn ich den dringenden Bitten meiner Braut nachgab und sie dem harten Vater entriß?«

»Was, Du Hund?« schrie der Freiherr außer sich vor Zorn. »Meine Tochter willst Du zur Metze machen?«

Hutten heuchelte tiefes Bedauern in Miene und Ton, indem er sagte: »Euer Unmuth schmerzt mich, wir sollten Freunde sein! Seid mir gut, – nur mit ihrem Willen geschah die That.«

»O laßt mich doch an ihn – weg!« rief Fleckenstein und abermals erhob er seinen Stock auf Hutten eindringend; die Edelleute hielten ihn jedoch zurück. »Mit ihrem Willen? O du eingefleischter Schurke; – diesen Engel voll Unschuld zur Metze machen, – daß die Erde dich verschlinge!«

»Faßt Euch doch, guter Mann!« sprach Hutten mitleidheuchelnd. »Setzt Eure Tochter nicht selber herab. Stellt mir das Fräulein gegenüber, sie wird ihre Einwilligung nicht läugnen.«

»Freilich dies ändert den Handel,« meinte Schauenberg. »Wenn das Fräulein ihren Bräutigam nicht wollte fahren lassen, war's keine ehrlose Entführung.«

»Gut,« – sprach der Freiherr sich mühevoll beherrschend: »laßt Euch von diesem gleißenden Heuchler nur belügen, mir selber spielte er nicht besser mit. Nur Geduld! Vor dem ganzen Adel will ich ihn entlarven. Bald soll der falsche Lügner und faule Bube nackt und bloß vor Euch stehen.«

Mit schnellen Schritten eilte der Freiherr davon, und Hutten fand es für gut, den spitzigen Reden auszuweichen, welche trotz aller Betheuerung seiner Unschuld die argwöhnischen Edelleute gegen ihn fallen ließen. Die Sicherheit, womit Herr Nikolaus seine schwere Beschuldigung vorbrachte und die allgemein bekannte Biederkeit dieses Edelmannes entkräftete Huttens Vertheidigung.

Ulrich eilte in das Zelt seines Freundes Drachenfels. Er traf diesen wackeren Ritter auf einer Bärenhaut ausgestreckt in tiefem Schlafe. Dieses zottige Fell vertrat nämlich das Bett und war in einer Ecke des Zeltes auf bloßem Boden ausgebreitet. Außer der Rüstung des Edelmannes, welche blank geputzt in schöner Ordnung aufgestellt war, gewahrte man noch ein buntes Durcheinander erbeuteter Gegenstände aus Kirchen und Klöstern, theils im Zelte umherliegend, theils in Bündeln zusammengebunden. Huttens unsanfter Stoß weckte den Junker aus dem Schlafe.

»Zum Teufel, was störst Du mich?« fluchte Hans. »Träumte mir eben von Triers Fall, – es gab schöne Nonnen und güldne Sachen in Menge; – Wetter, daß Du dazwischen kamst.«

»Hans,« – sprach Ulrich voll Hast; »der Fleckensteiner ist im Lager.«

»Wer?« rief Drachenfels betroffen, zur Hälfte sich aufrichtend.

»Der Fleckensteiner; – Alles weiß er.«

»Was?« und Hans sprang rasch empor.

»Er weiß, daß seine Greth auf Deiner Burg ist und daß Du in meinem Auftrage sie entführtest.«

»Hölle und Wetter, – dieß weiß er?« – schrie Hans.

»Nun ja, – reiße nur Deinen Rachen nicht so schrecklich auf!« beschwichtigte Hutten.

»Das sind mir saubere Händel!« eiferte Drachenfels. »Alle Teufel, – wie werden die Ritter spotten! Sehe schon ihre höhnischen Mienen, – höre schon des Schauenbergers spottende Bärenstimme: ›Weiberdiebe – Buben des Rothen vom Scharfeneck, – Ihr seid mir saubere Degen!‹ Alle Pest über Dich, solchen Hohn werde ich nicht ertragen.«

»Hm!« that Ulrich verächtlich; »wie schnell Dein bischen Ritterehre mit Deinem Funken Verstand davonläuft. Hättest Du nicht Lust, den ganzen Schwank haarklein zu erzählen?«

»Lust, – wo ist hier ein Ausweg?«

»Ein Ausweg!« versetzte Hutten kalt. »Aus tausend nur dieser: Margareth willigte in die Entführung.«

»Wird sie aber die Erfindung nicht entkräften?«

»Hm – ich denke so: wir tragen Sorge, daß sie es nicht kann. Sogleich will ich zwei meiner Knechte gegen Drachenfels schicken und das Täubchen nach Arnsberg bringen lassen. Der Einäugige ist mit Franz zerfallen und ich habe ohnedies Mittel, den Arnsberger mir dienstbar zu machen. Kommen dann die Herren nach Drachenfels, ist das Täubchen ausgeflogen, – kein Mensch weiß wohin; verstanden?«

»Dieß könnte geh'n!«

»Bleibe Du nur fest bei der Behauptung stehen, fuhr Ulrich fort, Margareth wäre mit ihrem Willen nach Drachenfels gebracht worden und Du hättest auf meine Bitte ihr das Geleit gegeben. Weiter weißt Du nichts.«

»Recht!«

»Ich gehe, man darf uns jetzt nicht bei einander treffen,« schloß Hutten und verließ das Zelt.



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