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Jeder kennt die Begründer unserer Sammlungen alter Kunst: Friedrich der Große, der feinsinnige Kunstfreund und erste leidenschaftliche Sammler unter den Hohenzollern, bestimmte seine Galerie in Sanssouci als Kunsttempel für jedermann; Friedrich Wilhelm III. ging weiter, indem er – schon bald nach seinem Regierungsantritt – durch Schinkel Pläne für ein Museum in Berlin entwerfen ließ, das alle plastischen und Gemälde-Schätze aus königlichem Besitz aufnehmen sollte. 1830 wurde der Schinkelsche Bau eröffnet, nachdem inzwischen noch manches erworben war, vor allem die große Galerie Solly mit ihren reichen Schätzen namentlich an Werken des fünfzehnten Jahrhunderts. Während der König der Kunst persönlich nicht näher stand, aber für ihre Förderung im öffentlichen Interesse volles Verständnis hatte, war sein Sohn Friedrich Wilhelm IV. von seltener künstlerischer Begabung; ihm verdankt das Museum auch seine Erweiterung durch das Neue Museum und die Überweisung und Erweiterung des Kupferstichkabinetts und der Kunstkammer, sowie die Begründung der ägyptischen Abteilung und einer großen Sammlung von Gipsabgüssen. Aber um die Gemäldesammlung in ähnlicher Weise zu bereichern wie sein Vater, fehlte es ihm an Entschluß und Ausdauer, Als sein Bruder Wilhelm ihm als König folgte, ließen zunächst innere und äußere Kämpfe nicht an die Förderung der Museen denken. Gefördert konnten sie erst wieder werden, nachdem der Kampf mit Frankreich siegreich ausgefochten war. Gerade damals wurde ich an die Berliner Museen berufen und habe hier seither unter den drei Hohenzollern-Kaisern tätig mitgewirkt und über ihre Stellung zur Kunst, vor allem zu den Berliner Museen, mir ein Urteil bilden können; mit wenigen Worten sei hier angedeutet, welchen Dank die Museen den drei Herrschern schulden, wie jeder dieser unserer Herrscher sich zu ihnen gestellt und in welcher Art er sie gefördert hat.
Wilhelm I. war so ausschließlich als Soldat erzogen und so lebhaft für diesen Beruf begeistert, fühlte sich in allen Fragen der Kunst hinter seinem älteren Bruder so weit zurückstehend, daß er sich selbst als völligen Laien betrachtete. Als ernste Fragen der Kunstverwaltung an ihn als Herrscher herantraten, war er ein Greis; sein erstes war daher, daß er diese Sorge seinem Sohn übertrug, indem er ihn Anfang 1872 zum Protektor der königlichen Museen ernannte. In echt staatsmännischem Sinne hat er aber trotzdem die Förderung der Museen sich am Herzen liegen lassen. Die Ausgrabung von Olympia und bald darauf die Ausgrabung von Pergamon fanden seine Billigung und warme Unterstützung; auch für unsere Erwerbungen in der Gemäldegalerie war er interessiert.
Ein Besuch, bei dem ich den damals Achtzigjährigen selbst führen durfte, hat mir auch den überraschenden Beweis geliefert, daß der Kaiser infolge seines Mangels an jeder Übung und durch Unterordnung unter seinen älteren Bruder seinen Kunstsinn sehr unterschätzte und sehr mit Unrecht auch im Publikum als Kunstbanause galt. Ich hatte damals Gelegenheit, gerade seine natürliche Begabung für echte Kunst zu beobachten. Die ersten Gruppen des großen Frieses von Pergamon waren angekommen, zu deren Besichtigung der Kaiser mit seiner Suite sich angemeldet hatte. Da am gleichen Tage auch Michelangelos Giovannino aus Pisa eingetroffen war, ließen wir in aller Eile diese Marmorfigur auspacken und auf einer der Kisten im Direktionszimmer aufstellen, für den Fall, daß der Kaiser Zeit und Lust haben sollte, nach den Pergamenischen Reliefs auch diese Figur noch anzusehen. Wir waren eben fertig damit, als der Kaiser eintrat. »Ein Johannes soll das sein? Ich hätte mir ihn anders vorgestellt!« war seine erste Bemerkung. »Ja, es ist eine recht törichte Figur und zudem so unsinnig teuer,« akkompagnierte der mitanwesende Kultusminister. »Da verstehen Sie mich falsch, mein lieber P.«, antwortete der Kaiser; »mir erscheint die Auffassung des Wüstenpredigers als schöner, honignaschender Jüngling recht merkwürdig; doch das ist Sache des Künstlers. Dagegen finde ich die Haltung und Ausführung ganz wundervoll.« Er betrachtete die Figur von allen Seiten und stieg sogar auf eine der Kisten, um sie ganz in der Nähe zu sehen. »Das ist wirklich eine prächtige Erwerbung! Wem verdanken wir sie denn?« Der Generaldirektor wies auf mich. »Ach, da danke ich Ihnen, junger Herr; hoffentlich haben Sie etwas dabei verdient!« »Doch nein,« sagte der Generaldirektor, ich sei ja Beamter der Galerie und mir unterstünde auch die Abteilung der christlichen Plastik, für die der Johannes erworben sei. Dem Kaiser war diese Verwechslung offenbar peinlich. Er fragte mich, ob meine Abteilung nahebei sei; und als ich das bejahte, sagte der Kaiser, trotz dem Einspruch des Adjutanten, daß Vorträge im Schloß angemeldet seien: »Dann kommen Sie, junger Mann, da wollen wir uns Ihre Sachen mal zusammen ansehen!« Er ging selbst voran und fand sofort die nicht sehr zahlreichen Hauptwerke, die wir damals besaßen, aus der Menge des Mittelguts heraus: die Büsten Minos und Benedettos da Majano und die Marietta Strozzi von Desiderio, und machte treffende Bemerkungen darüber. Besondere Freude hatte er an der Mädchenbüste von Mino und an der Marietta. »Hat die aber einen häßlichen, langen Hals.« Ja, es ist eine garstige Büste, urteilte der Herr Minister, worauf der Kaiser sofort erwiderte: »Sie sind ja recht streng heute, lieber P.; was konnte denn der arme Künstler dafür, dass das junge Mädchen solchen Gänsehals hatte! Ich finde die Büste ganz prächtig; sehen Sie nur den Mund! Ich möchte wohl den Witz wissen, den sie gerade machen wollte.« Ein so naives, gesundes Kunsturteil, verbunden mit der wiederholten Versicherung, daß er ja leider nichts von Kunst verstünde, habe ich nur selten bei einem Laien gefunden.
Der Kronprinz – in den traurigen hundert Tagen, in denen er König und Kaiser war, habe ich ihn nicht mehr gesehen – war der häufigste Gast in unseren Sammlungen; oft allein, aber meist mit der Gattin. Für jede Erwerbung, jede Änderung in der Aufstellung und Ausstattung interessierte er sich und ließ uns seine Hilfe dabei angedeihen.
Auf einer Reise in Oberitalien 1875 traf ich das kronprinzliche Paar in Florenz. Später kam ich wieder in Venedig mit ihm zusammen; die Kronprinzessin fuhr täglich mit einigen Künstlern hinaus, um zu aquarellieren, während ich den Cicerone des Kronprinzen in den Kirchen und Sammlungen Venedigs machen mußte. Dieser war bei der Besichtigung stets sehr gründlich. Sein besonderes Interesse erweckte S. Maria dei Miracoli, die köstliche Schöpfung Pietro Lombardis und seiner Söhne, die damals gerade in Restauration war. Wir hatten uns einschließen lassen, um alles in Muße betrachten zu können. Während der Kronprinz die dekorativen Skulpturen im Chor eingehend musterte, war ich auf einer hohen Leiter bis zur Decke hinaufgeklettert, um mir von dem Gerüst aus die sonst kaum erkennbaren Deckenbilder des G. Pennacchi anzusehen. Als der Kronprinz mich oben bemerkte, stieg er mir, trotz meines Abratens, nach. Beim Abstieg erklärte er plötzlich, er werde schwindelig; ich müsse vorangehen, müsse die Sprossen, von denen eine Anzahl fehlten oder lose waren, eine nach der anderen abtasten, sein rechtes Bein fassen und von einer zuverlässigen Stufe auf die andere ziehen, während er selbst nach oben blicken werde, um den Schwindel zu überwinden. Langsam machten wir den gefährlichen Abstieg und kamen ohne Unfall wieder unten an. Ich erwähne dies kleine Abenteuer nur wegen des feinen Taktgefühls, das der Kronprinz dabei bewies. Er half sich aus seiner ersten Verlegenheit mit einem Witz über die Energie, mit der ich ihn bei seinen »königlichen Hammelbeinen gepackt hätte«, blieb aber in seinem Benehmen gegen mich, damals wie später, stets von der gleichen, natürlichen Güte und Sachlichkeit, während mancher andere hohe Herr Leute, die ihn in solcher schwachen Stunde gesehen, nicht gern wieder um sich hätte haben wollen.
Der Kronprinz ist sechzehn Jahre lang der Protektor der königlichen Museen gewesen. Besondere künstlerische Begabung oder Kenntnisse hatte er nicht, prätendierte auch nicht, sie zu haben. Wenn er Vertrauen zu seinen Direktoren gefaßt hatte, so vertrat er ihre Anträge, auch wenn er selbst kein persönliches Verhältnis dazu hatte. Er hat sein Amt mit größter Gewissenhaftigkeit und nicht ermüdendem Eifer verwaltet, trotz aller Schwierigkeiten, die sich ihm dabei entgegenstellten. Denn er hatte wahrlich keine leichte Stellung, weder seinem Vater und Bismarck gegenüber, noch bei seiner Gemahlin. Dies schwächte auch seinen Einfluß bei den Ministern. Er empfand das selbst in hohem Maße; wiederholt hat er mir gesagt: »Warum haben Sie die Sache nicht selbst beim Kaiser vertreten? Mir wird ja doch alles abgelehnt.« Aber er ließ sich dadurch nicht abschrecken; bis auf sein jammervolles Sterbelager hat er pflichtmäßig aller Museumsangelegenheiten sich angenommen. Auch gegenüber – seiner Gattin! Die Kronprinzessin war eine begeisterte Kunstfreundin, ja fast mehr, als es ihre Pflichten erlaubten. Aber ihr Interesse lag mehr auf dem Gebiete der dekorativen als auf dem der hohen Kunst; die Einrichtung ihrer Räume, der Bau ihres Schlosses in Homburg und dessen Ausstattung mit Mobiliar und Kleinkunst war ihre größte Freude. Sie hatte auch die charakteristische Eigenschaft mancher Sammler, neidisch und egoistisch andern Sammlern gegenüber zu sein; auch den Museen gegenüber, trotz der Stellung ihres Gatten als Protektor der Museen. Freilich interessierte sie sich lebhaft für die Ausstattung unserer Museumsräume und für ihre Erweiterung, aber wenn wir eine Erwerbung von Kunstwerken machten, für die auch sie schwärmte, dann trat ihr Sammlerneid in den Vordergrund. Das sprach sie wiederholt ganz offen aus. Gleich im ersten Jahr der Protektorschaft ihres Mannes schenkte sie uns ein Mädchenköpfchen von Grenze, das einer ihrer Kammerherrn in Augsburg um 10 Taler für sie gekauft hatte. Es war stark übermalt; ich ließ es daher putzen, wobei es schön und tadellos zutage kam; zufällig fand ich auch einen passenden, prächtigen Rahmen der Zeit dafür, so daß das Bild sich zwischen unseren wenigen französischen Gemälden sehr gut ausnahm. Lange Jahre später sah es die Kronprinzessin zufällig in der Galerie wieder. »Ist dies nicht das Bild, das ich Ihnen einmal geschenkt habe?« war ihre erstaunte Frage. »Freilich, Majestät,« war meine Antwort; »wir haben das Bild reinigen lassen, wobei sogar zwei echte Bezeichnungen zutage gekommen sind, und haben den schönen Rahmen dafür gefunden, so daß es sich jetzt als echt kaiserliches Geschenk präsentiert.« »Verspotten Sie mich nicht! Glauben Sie, ich werde dem Museum echte Bilder schenken? Die behalte ich doch für mich!« Fast noch krasser sprach sie sich einmal vor der herrlichen Büste der Prinzessin von Urbino aus. Kurz vor dem Tode des Kaisers Friedrich war mir die Erwerbung dieser seit Jahren von uns umworbenen Büste gelungen. Kaiser Friedrich wünschte sie zu sehen, und da ich verreist war, brachte sie Tschudi ins Schloß Charlottenburg; der Kaiser war aber so schwach, daß ihm die Büste nicht gezeigt w erden konnte ; die Kaiserin kam, um sie anzusehen. Unter Tränen warf sie einen Blick darauf und unterbrach ihren traurigen Bericht über den Zustand des Kaisers mit den Worten: »Sie sollten doch nicht immer solche Fälschungen kaufen!« Nicht lange, ehe sie dauernd nach Homburg übersiedelte, um einen ähnlich furchtbaren Tod zu sterben wie ihr Gatte, blieb sie bei einem Besuch des Kaiser-Friedrich-Museums vor dieser Büste stehen. Sie betrachtete sie lange. »Warum ist es mir nie gelungen, ein solches Prachtstück für meine Sammlung zu erwerben?« waren ihre Worte. Ich konnte mich nicht enthalten zu erwidern: »Aber, Eure Majestät haben die Büste ja bei der Erwerbung für eine Fälschung erklärt.« »Weshalb sind Sie immer so boshaft, Bode! Freilich habe ich es damals gesagt, aber können Sie sich denn gar nicht in die Empfindung eines Sammlers hineindenken, dem ein schönes Stück nach dem andern vor der Nase weggeschnappt wird?« Dies nur ein paar Beispiele dafür, dass der Protektor sowohl als wir Direktoren es oft auch da nicht leicht hatten, wo wir Förderung unserer Interessen erwarten durften.
Wilhelm II. hatte von Jugend auf Freude an der Kunst und hat ein dilettantisches Geschick in ihrer Ausübung bewiesen. Er wußte das und wollte diese seine Begabung – wie überhaupt seine vielseitigen großen Anlagen – auch als Herrscher betätigen. Als wir gelegentlich bei ihm anfragten, wen er als Protektor wünsche, erfuhren wir, das sei natürlich er selbst. Aber jahrelang hat er sich als Protektor nur ausnahmsweise betätigt; so gelegentlich bei der Besetzung einer Direktorstelle, um einen ihm sympathischen Lehrer dafür heranzuziehen. Unsere Museumsmaschine lief damals so gut, die Kollegen hatten sich untereinander, mit dem Generaldirektor und dem Minister so gut eingearbeitet, daß es kaum nötig war, an den Protektor heranzutreten; auch konnte der Kaiser bei den schwierigen sozialen, wirtschaftlichen und militärischen Aufgaben, die er sich gestellt hatte und mit Übereifer in Angriff nahm, kaum an die Museen denken. Inzwischen war durch das starke Anwachsen der meisten unserer Sammlungen das Bedürfnis nach Erweiterung der Museumsbauten immer dringlicher geworden. Unser Minister trat warm dafür ein, fiel aber bei dem allmächtigen Finanzminister Miquel, der der Kunst fern stand und in seiner großen Steuerreform nicht gestört sein wollte, vollständig ab. An den Protektor unmittelbar heranzutreten, wagte weder der Generaldirektor noch der Minister. Schließlich versuchte ich es durch Vermittlung der Kaiserin Friedrich; hatte sie doch stets für den Gedanken eines Renaissancemuseums geschwärmt und mir, als ich zusammen mit jüngeren Kollegen einen großen, reich illustrierten Katalog ihrer Sammlung im damals von Ihne gerade vollendeten Schloß Friedrichshof am Taunus anfertigte, die Unterstützung bei der Durchsetzung dieses Museumsbaus als Honorar für jene Arbeit versprochen. Als ich den fertigen Katalog überbrachte, erinnerte ich sie an ihre Zusage, aber sie lehnte schroff ab; ihren Sohn bäte sie um nichts! Der anwesende Hofmarschall, der mich später hinausbegleitete, beruhigte mich jedoch; er würde die Kaiserin bestimmen, noch heute bei Gelegenheit eines Hoffestes dem Kaiser die Notwendigkeit eines Baus zur Erinnerung an die Tätigkeit seines Vaters als Protektors der Museen vorzustellen. Gleich am folgenden Tage bekamen wir die Aufforderung zur Besprechung des Neubaus, für den der Finanzminister die Gelder aus Überschüssen zugesagt hatte, und zu dem Ihne die Pläne machen sollte. Dieser Bau, der alsbald rüstig in Angriff genommen wurde, hat das Interesse des Kaisers für die Museen lebhaft angeregt; bis in den Krieg hinein hat er es sich in gleicher Lebendigkeit erhalten.
Wenn die besondere Aufmerksamkeit des Kaisers auf eine Angelegenheit gelenkt war, pflegte seine starke Phantasie sie lebhaft zu ergreifen und das Bestreben zu eigener Betätigung auszulösen. In unsere Museumsangelegenheiten hat er aber kaum je eigenmächtig eingegriffen. Wenn freilich der Architekt eine monumentalere Lösung vorschlug, wenn Ihne nachträglich noch eine Kuppel auf das Kaiser-Friedrich-Museum aufsetzen wollte, wenn Ludwig Hoffmann die luxuriöseste Ausführung der Inselbauten in Haustein, selbst an der Rückseite und neben der Stadtbahn, wo die Fassaden unsichtbar sind, verlangte, so waren sie der Zustimmung des Kaisers sicher; aber ebenso war er auch für anspruchslose Entwürfe, wie Bruno Pauls Pläne zum Asiatischen Museum in Dahlem, zu haben. Trotz seiner Prachtliebe war er daher auch Vorstellungen gegen unnütze Prachträume, die den Zweck ihrer Bestimmung unmöglich gemacht hätten, wie Hoffmanns riesige Galerien mit hundert Säulen in den Messelbauten, sofort zugänglich. Wenn diese Bauten heute noch weit entfernt sind von ihrer Vollendung und weiter Millionen über Millionen verschlingen, so ist das wahrlich nicht Schuld des Kaisers!
Sooft es sich darum handelte, wertvolle Erwerbungen für die Museen zu machen, wenn durch Ausgrabungen oder Expeditionen in Mesopotamien, Ägypten, Kleinasien oder Turfan unsere Sammlungen oder die archäologische Wissenschaft bereichert werden konnten, hat er sie stets gefördert; wenn durch Vereine – den Kaiser-Friedrich-Museumsverein, den Verein der Freunde antiker Kunst, die Deutsche Orientgesellschaft – den Interessen unserer Museen genutzt werden konnte, hat er sich stets an die Spitze gestellt. Seiner wirksamen Befürwortung verdanken alle Abteilungen unserer Museen hervorragende Erwerbungen, zum Teil von ganzen Sammlungen.
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In den bald vier Jahren, seit die königlichen Museen zu Staatsmuseen geworden sind, galt es weniger, sie zu mehren und zu erweitern, als Unheil von ihnen abzuwenden. Auch das ist nicht immer gelungen: die Eyckschen Altartafeln sind ohne jeden Anstand den Belgiern ausgeliefert, obgleich sie Krongut sind, und unsere vier frühgotischen Sandsteinfiguren von der Liebfrauenkirche in Trier mußten dem Bischof Korum aus politischen Rücksichten zum Geschenk gemacht werden.
An gutem Willen fehlte es sonst anfangs nicht. Von den Zwillingsministern der ersten Revolutionswochen war die Kunst dem Spartakisten Adolf Hoffmann zugefallen. Ich meldete mich bei ihm, um ihm mein Amt zur Verfügung zu stellen; ich sei zwar kein Politiker, aber den drei Kaisern, unter denen ich gedient hätte, sei ich für ihre Förderung der Museen zu größtem Dank verpflichtet. Hoffmann bat mich dringend, davon abzustehen ; auch die Republik könne und wolle mich nicht entbehren. An Reflektanten auf mein Amt fehle es zwar nicht. »Sehen Sie diesen Haufen Briefe hier neben mir; lauter Bewerbungen um Museumsämter! Jeder hat plötzlich sein republikanisches Herz entdeckt und möchte sein Licht leuchten lassen, jetzt wo der Tyrann beseitigt sei. Na, da lese ich denn man gar nicht weiter, gucke bloß noch auf die Unterschrift, ob der verdienstvolle Mann Meyer oder Müller heißt, lege den Brief zu den andern und sage mir: hast du deinen alten Herrn so leicht verraten, so wirst du ja, wenn es mal wieder anders kommen sollte, den neuen ebenso ruhig verraten.« Ob sich Adolf Hoffmann als Protektor unserer Museen bewährt haben würde, wage ich nach diesen Worten allein nicht zu entscheiden: seine Herrschaft währte zu kurz. Nicht lange nach seinem Abgang schien sich noch einmal den Spartakisten die Aussicht auf Besetzung der preußischen Ministerien zu bieten. Da wir zur Sicherung unserer wiederholt beschossenen und selbst erstürmten Museen dringend einer Wache bedurften, hatte mich unser Minister Haenisch, da der Stadtkommandant Wels auf seine wiederholten Anforderungen eines Wachtkommandos überhaupt nicht antwortete, an seine Freundin Rosa Luxemburg verwiesen, die auf ihren Parteigenossen Einfluß habe. In der Tat bekamen die Museen auf ihre Verwendung sofort eine Wache. Bei der Gelegenheit ließ mir Rosa Luxemburg sagen, sie hoffe bald noch wesentlichere Dienste den Museen erweisen zu können, da ihre Partei in nächster Zeit wieder ans Ruder kommen werde; sie freue sich darauf, dann mit mir zusammen für die Berliner Museen sorgen zu können, für die sie sich mit meiner Hilfe eine neue große Zeit verspreche, Ihr trauriges Ende verhinderte, daß die Probe auf diese großen Worte gemacht werden konnte; daß sie aber nicht bloß eine schöne Geste waren, wie wir damals annahmen, beweist die Behandlung, welche die Museen in Rußland durch die Bolschewiken erfahren haben: sie sind durch alle furchtbaren Stürme hindurch gerettet, die Sammlungen sogar vermehrt worden, und die bewährten Leiter der alten Kaiserzeit stehen heute noch an ihrer Spitze. Das ist freilich nicht so unbegreiflich, wie es auf den ersten Blick erscheint, da manche von den Führern der russischen Sowjets jahrelang als Flüchtlinge in London und Paris lebten und dort ihre Zeit nicht bloß nihilistischen Verschwörungen widmen mochten, sondern manche Mußestunde in den Museen zugebracht haben werden und dabei gelegentlich Freude an der Kunst und selbst Verständnis dafür bekommen konnten. Wie manche dieser Führer war ja auch Rosa Luxemburg russische Jüdin, die lange mit ihren nihilistischen Gesinnungsgenossen in den westlichen Hauptstädten gelebt hat.
Ob ein Adolf Hoffmann, ob eine Rosa Luxemburg als Protektoren unserer Museen sich wirklich bewährt haben würden? – Unser eigentlicher Minister ist seit den Tagen Haenischs – als Unterstaatssekretär, Staatssekretär und vorübergehend auch als Minister – stets Professor Becker gewesen. Er hat junge Fachleute als Referenten für die Kunst berufen, und diese haben es, wie ihr Chef, an Energie nicht fehlen lassen; ob sie aber später einmal als echte Protektoren der Museen dastehen werden, muß erst die Zukunft erweisen.