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(Eleganter Salon bei Baron Berg.)
Emilie (sitzt und stickt). Eduard r(sitzt auf der andern Seite und liest). Berg (tritt von links ein).
Berg. Guten Morgen, meine Kinder!
Emilie und Eduard (stehen auf). Guten Morgen, Papa.
Berg. Schon fleißig?
Emilie. Du ließest sagen, daß wir allein frühstücken sollten –
Berg. Ja, ich blieb ein Stündchen länger im Bett. Nun, wie habt Ihr Euch gestern auf dem Ball unterhalten?
Emilie. Ich recht gut.
Berg. Und Du, Eduard?
Eduard. So, so. Du weißt, Papa, ich bin kein Freund vom Tanzen.
Berg. Du hast Unrecht. Du bist überhaupt zu ernsthaft, lieber Eduard. Als ich noch so jung war, da hüpfte und sprang Alles an mir.
Emilie. Papa, was das betrifft – vergib, aber es hüpft und springt noch.
Berg. Wieso? Wieso?
Eduard. Die Schwester hat Recht. Du hast gestern fast keine Quadrille ausgelassen – sogar den Cotillon mitgemacht –
Berg. Ich wollte Dich aneifern, mein Sohn. Was thut man nicht für seine Kinder? Für Emilien war's nicht nöthig. Die jungen Herrchen umschwärmten Dich ja wie die Bienen.
Emilie. Es ging wohl mit –
Berg. Ein Paar kam gar nicht von Deiner Seite –
Emilie. Der geschniegelte Lieutenant? Und der corpulente Banquierssohn – wie heißt er nur?
Berg. Dann war noch ein hübscher, blasser, junger Mann –.
Emilie. Baron Adler?
Berg. Derselbe.
Eduard. Das ist ein charmanter Mensch. Der machte aber eigentlich mir den Hof, nicht der Schwester.
Berg. Dir? So?
Eduard. Ja, er legte mir beim Souper die besten Bissen vor, rühmte den Bordeaux, schenkte mir immer das Glas voll–
Emilie. Weißt Du, Papa, was einer der jungen Herren mich fragte?
Berg. Nun?
Emilie. Er fragte mich, ob Du mein – (Lacht, hält inne.)
Berg. So sprich doch!
Emilie. Ob Du mein Gemahl wärst –
Eduard. Der Papa Dein Gemahl? Das ist spaßig!
Emilie. Sehr spaßig! (Beide lachen.)
Berg. Was ist da zu lachen? Du siehst für Dein Alter ein bischen zu gesetzt aus, Emilie. Wenn man mir nicht schmeichelt, so hält mich die ganze Welt für jünger als ich bin. Der Irrthum war also sehr begreiflich, und kann sich noch öfter wiederholen. – Was hast Du da für ein Buch, Eduard?
Eduard. Ein ökonomisches.
Berg. Aha! Dein altes Steckenpferd.
Eduard. Ich höre die Collegien. Soll ich aufrichtig sein, so sind mir die das Liebste von der ganzen Residenz.
Berg. Du bist ein eingefleischter Landmann. Aber Du, Emilie! Wie gefällt Dir das hiesige Leben und Treiben?
Emilie. Soviel ich in den paar Monaten kennen lernte, recht gut.
Berg. Auch ich finde mich besser in den Schauplatz meiner Jugend wieder, als ich dachte. Achtzehn Jahre verflogen mir auf meinem Landgut an der Seite Eurer guten Mutter in reiner, ungetrübter Ruhe. Später, als wir sie verloren, fühlte ich ein Bedürfniß, mich auf Reisen zu zerstreuen. Du, Emilie, kamst in die Pension, Eduard in die Forstschule. Ich kehre nun zurück und bin mit Euern Fortschritten zufrieden. Wiederholt besuche ich mein schönes Landgut, aber im Grunde ist's mir verleidet. Ich denke mich hier einzurichten, Euch zu mir in's Haus zu nehmen. Ich weiß nicht, wie Ihr darüber denkt, aber ich habe große Lust, die Stadt nicht mehr zu verlassen.
Eduard. Wie, Papa? Du wirst das Gut doch nicht verkaufen wollen?
Berg. Nein, Herr Sohn, aber gewissermaßen verpachten –
Eduard. Verpachten?
Berg. Oder zur Wirthschaft übergeben. Und zwar – an einen gewissen Eduard von Berg.
Eduard. Papa, das ist ein Wort!
Berg. Doch unter einer Bedingung.
Eduard. Welche Du willst.
Berg. Du mußt heirathen!
Eduard. Wenn es sein muß – – Wen denn?
Berg. Das weiß ich nicht. Die Frau mußt Du Dir selbst suchen.
Eduard. Das wird schwer halten. Ich benehme mich mit Frauenzimmern ziemlich ungeschickt –
Emilie. Ja, Bruder, das muß wahr sein –
Berg. Leider, leider!
Emilie. Es ist eine Schande. So ein hübscher, junger Mensch, und weiß sich gar nicht bei Mädchen anzustellen. Nicht um die Welt wär' er im Stande, einer von uns die geringste Schmeichelei zu sagen. Dafür ist Ihnen auch allen der Vater lieber als der Sohn.
Berg. Du schmeichelst, meine Tochter! – Aber ich sprach vorhin im Ernst, Eduard.
Eduard. Wie gesagt: wenn es sein muß – aber such' Du mir was aus, Papa!
Berg. Höre, Du bist ein besonderes Exemplar von Sohn! Andere Väter haben alle Noth, ihre Söhne von tollen Streichen und Liebes-Abenteuern zurückzuhalten, ich werde den meinigen mit Gewalt dazu treiben müssen.
Eduard. Darum wähle für mich, Papa! Aber nur keines von den gezierten Fräulein, die wir gestern auf dem Ball kennen lernten!
Berg. Verliebe Dich nur erst! Fräulein oder Bürgermädchen, das gilt am Ende gleich, wenn sie sonst gebildet und liebenswürdig ist.
Emilie. Papa, überlaß mir, eine Frau für den Bruder zu suchen.
Berg. Dir? Ich wette, Du schlägst meine Nichte und Mündel, die junge Witwe Neckheim, vor, in die Du beinahe selbst verliebt bist.
Emilie. Cousine Sophiechen? Nein, nein, die ist für den Bruder zu gut, zu kostbar!
Berg. Ich dächte doch –
Emilie. Eduard braucht eine Frau, die –
Eduard. Laß Du den Eduard nur selbst sorgen! – Du hast mir eigentlich recht die Augen geöffnet, Papa! Nun zähl' ich längst über zwanzig Jahre, und war noch niemals verliebt. Es ist wirklich eine Schande! Aber das muß anders werden! (Nimmt sein Buch.)
Berg. Du gehst auf Dein Zimmer?
Eduard. Um wieder zu studiren. Hier könnten Leute kommen –
Emilie. Damen sogar! Meine hübschen Freundinnen aus dem Pensionat! Vor denen der Bruder immer die Flucht ergreift, Papa –
Eduard. Spotte nur –
Berg. Du bleibst zu Hause, mein Sohn?
Eduard. Wo sollt' ich hin gehen?
Berg. Du bist kein Herumschlenderer, ich weiß ja! – Ich hab' ein paar Geschäftsgänge. Später laß ich Dich rufen. Wir besprechen dann Deine landwirthschaftliche Zukunft, Deine Zukunft überhaupt –
Eduard. Du übergibst mir das Gut?
Berg. Nur vergiß die Bedingung nicht!
Eduard. Wird's Ernst mit der Oekonomie, soll's auch an der Frau nicht fehlen, Papa – (Ab, im Hintergrunde rechts.)
Berg. Emilie.
Emilie. Der Bruder als Bräutigam – das kann ich mir gar nicht denken!
Berg. Du lachst, Emilie, aber Du hast in dem Punkt Deine Fehler so gut wie er.
Emilie. Ich, Papa?
Berg. Ja, ja! Es ist wahr, Du weißt mit Männern umzugehen. Kaum achtzehn Jahre alt, unerfahren, neu in der Welt, hieltest Du die zudringlichen Herrchen immer in Respect. Ich hab' es wohl bemerkt. Das zeigt von Haltung, von Charakter. Aber Eines gefällt mir doch nicht: Du behandelst alle gleich.
Emilie. Wie soll ich anders?
Berg. Du bist mit Allen unbefangen, heiter – aber man zieht doch Einen oder den Andern vor.
Emilie. Ich wüßte nicht –
Berg. Zum Beispiel der junge Adler zeichnet Dich vor allen Damen aus. Er ist in allen Cirkeln gesucht, dabei geistreich, interessant, auch unabhängig und reich, wie ich höre – Du nahmst seine Bemühungen um Dich ganz gleichgiltig auf.
Emilie. War ich unartig gegen ihn?
Berg. Ich meine nicht das – aber es gibt eine gewisse Manier – ein Mädchen läßt einen Mann merken – ohne sich etwas zu vergeben – Du wirst mich schon verstehen lernen. Frage nur die Cousine, Deine Herzensfreundin –
Emilie. Darf ich sie vor Tisch besuchen? Ich muß ihr von dem Ball erzählen.
Berg. Thu' das, mein Kind. Aber laß Dich von Eduard begleiten.
Emilie. Der stört uns nur. Auch ist er so verlegen und stumm.
Berg. Die Sophie wird ihn schon zum Reden bringen! Du hast noch häusliche Geschäfte? (Nimmt den Hut.) Ich mache meine Gänge. Bei Tische sehen wir uns wieder.
Emilie. Adieu, Papa! (Ab, zur Seite rechts.)
Berg (allein). Dann Bedienter.
Berg. Es sind recht liebe, gute, charmante Kinder – aber es gibt Momente, wo sie mich gewaltig geniren.
Bedienter(tritt ein). Herr Baron, ein Brief. Auch ist die Putzmacherin draußen, Demoiselle Agathe.
Berg. Führe sie auf das Zimmer meiner Tochter.
Bedienter. Sie will mit dem Herrn Baron sprechen.
Berg. Mit mir? Soll warten.
(Bedienter ab.)
Berg (allein). Dann Agathe.
Berg (öffnet den Brief.) Alle Wetter! Von Flora. Die hatt' ich ganz vergessen. (Liest.) Richtig! Vorwürfe, Klagen über meine Kälte – es ist wahr, ich habe sie in der letzten Zeit sehr vernachlässigt. Aber ich bin nicht mehr garçon, ich bin Vater. Ich muß mich zusammen nehmen. Die Kinder lauern ohnehin auf meine Schritte – es ist Zeit, dieses Verhältniß abzubrechen, und ich denke an ganz andere Dinge! – Ich kann Dir nicht helfen, gute Flora! Uebrigens – diese Damen wissen sich zu trösten – (Wie zerstreut, legt den Brief auf den Tisch rechts). Aber man wollte mich sprechen. (Oeffnet die Thür.) Nur herein, Mademoiselle!
(Agathe kommt. Bedienter mit einem Carton, den er auf den Tisch setzt und abgeht.)
Sie bringen Putzwaaren für meine Tochter?
Agathe. Ja, Herr Baron!
Berg. Die ich vermuthlich bezahlen soll?
Agathe. Bitte, das hat Zeit.
Berg. Haben Sie sonst ein Anliegen?
Agathe. Allerdings, Herr Baron.
Berg. So sprechen Sie.
Agathe. Diesen Morgen kam ein junger Mann zu mir, einer meiner gewöhnlichen Kunden, und gab mir einen Brief für Ihr Fräulein Tochter.
Berg. Was? Für meine Tochter?
Agathe. Ich wollte ihn anfangs zurückweisen, allein ich besann mich anders. Ich kenne den jungen Mann, der von guter Familie ist; ich kenne Ihr Haus, Herr Baron, und habe für Fräulein Emilie ein wahres faible, wenn mir dieser Ausdruck erlaubt ist. Ich nahm den Brief an, mit dem Vorsatz, ihn in Ihre Hände zu geben.
Berg. Das ist brav.
Agathe. Hier ist der Brief.
Berg. Und von wem?
Agathe. Pardon, Herr Baron –
Berg. Ich darf ihn ja nur öffnen. Oder darf ich es nicht? Steht einem Vater nicht das Obereigenthum zu über alle Briefe, die man seiner Tochter schreibt? Das corpus juris läßt den Fall unentschieden. Was meinen Sie, Mademoiselle?
Agathe. Ich weiß nicht.
Berg. Grammatici certant. Aber wir können uns helfen. Sie geben dem unbekannten jungen Herrn und präsumtiven Liebhaber den Brief unerbrochen zurück: Das Fräulein habe ihn nicht angenommen. Emilie erfährt nichts, der Herr zieht beschämt ab, für die Zukunft wollen wir vorbeugen, und die Sache ist abgethan.
Agathe. Wenn Sie so befehlen –
Berg. Aber vorerst den Namen! Sie sehen, ich bin ganz ruhig. Ich werde mir nichts merken lassen. Wie heißt der Adonis?
Agathe. Baron Adler.
Berg. So, so! – Wissen Sie was, Demoiselle Agathe? Geben Sie meiner Tochter den Brief, aber sagen Sie ihr nicht, daß ich davon weiß. Sie wird sich schon zu benehmen wissen. Ihnen danke ich für Ihre Bemühung. Die seltene Tugend einer Putzmacherin kann nur dem ganzen Stande Ehre machen.
Agathe (mit heiterer Ironie). Herr Baron, ich wußte nicht, daß Treue und Redlichkeit auch unter die Privilegien der höheren Stände gehören. Ich empfehle mich.
Berg. Halt, Mademoiselle! – Ich habe Sie beleidigt, doch wider Willen. Es war nur ein hingeworfener Scherz. Vergeben Sie mir. Sie wissen ja, welche gute Meinung ich von Ihnen hege, da ich meiner Tochter gestatte, so oft mit Ihnen allein zu sein.
Agathe. Merci, Monsieur, und ich versichere, daß Sie mich gar nicht beleidigt haben. (Empfiehlt sich, kehrt um.) Ich habe noch ein Anbringen –
Berg. Sprechen Sie, liebes Kind.
Agathe. Ich muß mich über Jemanden im Hause beklagen.
Berg. In meinem Hause?
Agathe. Ueber den jungen Herrn.
Berg. Was? Ueber meinen Sohn?
Agathe. So ist es. Sagen Sie mir, Herr Baron, bin ich häßlich?
Berg. Das fragen Sie mich? Ihr Spiegel hat Ihnen darüber längst die schmeichelhafteste Auskunft gegeben.
Agathe. Bin ich ungebildet, oder unbescheiden?
Berg. Liebes Kind, die Sittsamkeit ist so sehr eine Begleiterin Ihrer Reize, daß sich die Frauen an Ihrer Schönheit nicht ärgern und die Herren nicht vollkommen daran erfreuen können.
Agathe. Ich bin nicht prüde, aber ich weiß gewisse Freiheiten hintan zu halten, die man sich sonst mit einem Mädchen meines Standes erlaubt; dafür hab' ich gern, daß man mich höflich und freundlich behandelt. Das kann ich mit dem jungen Herrn nicht erreichen. Wohl zwanzigmal traf ich ihn in dem Zimmer des Fräuleins. Ich grüßte immer freundlich. Er dankte kaum, oder lief gar aus dem Zimmer.
Berg (lacht). Daran erkenn' ich meinen Eduard. Aber trösten Sie sich, Mademoiselle. Er spielt unsern Damen nicht besser mit. Der läßt sich nicht ändern.
Agathe. Es käme auf eine Probe an.
Berg. Alles vergebens. Der Junge ist kalt wie Eis.
Agathe. Eh bien, Monsieur, wenn Sie mir freies Spiel lassen wollen –
Berg. So viel Sie wollen, aber es wird Ihnen nichts nützen.
Agathe. Ich wette, ich mach' ihn in mich verliebt.
Berg. Ich wette, nein.
Agathe. Was gilt die Wette?
Berg. Haben Sie wirklich den Muth?
Agathe. Muth? Bin ich nicht eine Französin? Zwar nur aus der Provinz, aber durch Paris gewitzigt! Eine Putzmacherin obendrein! Der Ruhm meiner Kunst, die Nationalehre stehen auf dem Spiel. Etre aimée ou mourir!
Berg. Gut! Ich besorge Ihre Ausstattung sammt dazu gehörigem Bräutigam, wenn der Plan gelingt.
Agathe. Jetzt wird die Sache interessant. Grand merci, Monsieur! Für den Bräutigam will ich schon selbst sorgen.
Berg. Wirklich? – Nun, der Vertrag ist geschlossen. Schlagen Sie ein! Dieser Scherz kann am Ende zu etwas führen. Ich habe längst beschlossen, Eduard zu verheiraten. Aber er ist blöde in weiblicher Gesellschaft; unsere Fräulein machen sich lustig über ihn – und das macht ihn noch trotziger. Mit ihnen wagt er vielleicht eher sich einzulassen. Suchen Sie also den jungen Menschen ein wenig anzulocken, helfen Sie mir ihn erziehen, lehren Sie ihn empfinden, mit einem Wort: präpariren Sie ihn für das weibliche Geschlecht.
Agathe. Ohne Sorge, Herr Baron! Ich will den ganzen Liebescurs mit ihm gehörig durchmachen.
Berg. Sie werden Ihre Noth mit ihm haben. Der Bursche ist linkisch, wie ein junger Bär. Nehmen Sie ihn nur recht in die Lection. Tadeln Sie seinen Gang, seine Haltung, seinen Anzug, sein Benehmen. Ich ernenne Sie hiermit zu seiner plenipotentiären Hofmeisterin. Die Bestallung wird folgen. Nur gleich den Anfang gemacht! Ich werde ihn unter irgend einem Vorwand hersenden. Von Zeit zu Zeit besuch' ich Sie dann und erfahre den Gang und Verlauf unseres Projects. – Adieu, liebe Agathe! (Nimmt den Hut.) Noch Eins! Emilien geben Sie den Brief und beobachten genau, wie sie sich benimmt. Auch darüber berichten Sie mir. Adieu! Wir bleiben Euch in Gnaden gewogen, mein lieber geheimer Herzenssecretär. (Ab.)
Agathe (allein). Dann Emilie.
Agathe. Die vornehmen Leute sind besonders! Nun lassen sie gar ihr Herz mit künstlicher Wärme behandeln, wie die Zwiebeln in einem Treibhaus. Bei uns wächst das so wild auf! – Aber freuen Sie sich, junger Herr, wenn Sie in meine Hände kommen! Ich will's Ihnen nachtragen, daß Sie meine freundlichen Grüße immer nur mit einem stolzen Kopfnicken beantworten. – Wenn ich Ihnen süße Blicke zuwerfe – so! Werden Sie ein Sauertopf bleiben? – Nous verrons! – On attrape plus de mouches avec du miel qu'avec du vinaigre! Das sei für die Zukunft meine Devise – Ihnen gegenüber, mein junger Herr! Aber das Fräulein läßt mich warten – (Sie klopft an die Seitenthür.)
Emilie (kommt heraus). Sie sind's? Schön, daß Sie kommen, Demoiselle Agathe! Bringen Sie was?
Agathe. Ja, gnädiges Fräulein. Hier die Spitzen, hier das Hütchen –
Emilie. Recht hübsch, recht artig! – Das wird wieder theuer sein!
Agathe. Im Gegentheil, spottwohlfeil, Fräulein. Ist es gefällig, zu probiren?
Emilie (setzt den Hut auf, vor dem Spiegel). Der Schnitt ist nicht übel.
Agathe. Es ist ganz was Neues. Die berühmte Flora hat ihn in Aufnahme gebracht.
Emilie. Flora? Wer ist das?
Agathe. Eine sonst berühmte Tänzerin aus Paris, die sich von der Bühne zurückgezogen, hier privatisirt –
Emilie. Sie hat jedenfalls Geschmack. – Apropos! Das Ballkleid machte gestern Glück.
Agathe. Das wußt' ich schon.
Emilie. Sie wußten –?
Agathe. Einer Ihrer Tänzer war heute bei mir, Fräulein.
Emilie (vom Spiegel weg). Mein Tänzer?
Agathe. Ein Baron Adler. Er schickt Ihnen durch mich einen guten Morgen, Fräulein.
Emilie. Danke.
Agathe. Er schickt Ihnen noch mehr: hier dies Billet.
Emilie (unbefangen). Geben Sie her.
Agathe. Sie nehmen es also an?
Emilie. Warum soll ich es nicht annehmen?
Agathe. Ich meinte nur –
Emilie. Denken Sie nichts Arges. Ich weiß, was es ist. So Stickmuster –
Agathe. Stickmuster? (Für sich.) Ganz dünnes Velin –
Vorige. Eduard.
Emilie. Der Bruder! Thun Sie nichts dergleichen. (Stellt sich vor den Spiegel.)
Eduard. Ist der Papa noch nicht zurück?
Emilie. Nein, Bruder.
Eduard. Er ließ mich doch durch den Bedienten rufen? Gut, ich warte hier. (Setzt sich.)
Agathe. Guten Morgen, junger Herr.
Eduard. Gehorsamer Diener. – Schon wieder neuen Putz, Fräulein Schwester?
Emilie. Da sieh nur, Eduard, das nette Hütchen! Das muß man sagen, Agathe hat Geschmack.
Agathe. Wenn mir Herr von Berg einmal die Ehre geben wollte – ich habe eine Auswahl der modernsten Waaren.
Eduard (trocken). Ich brauche keine Hüte.
Agathe. Auch Hauben, Kleider –
Eduard. Was soll ich damit?
Agathe. Ein hübscher junger Herr findet immer Jemand, dem er etwas verehren kann.
Emilie. Wenn's auch nur die Schwester wäre! Aber da kennen Sie den Bruder schlecht. Der verehrt Niemand, und Niemandem etwas.
Agathe (mit einem Blick auf Eduard). Das kann ich nicht glauben.
Eduard (steht auf). Da haben Sie ganz recht, Mamsell Agathe! Ueberhaupt, Schwester, ich kann das ewige Sticheln nicht leiden. Vom Vater laß ich mir's gefallen, aber Du –
Agathe. Herr von Berg ist gewiß nicht unempfindlich für die Vorzüge unseres Geschlechts.
Eduard. Freilich nicht –
Agathe. Ich wette, auch unsere Damen werden seine Bewerbung nicht gleichgiltig aufnehmen.
Emilie. Sie könnten die Wette verlieren!
Eduard. Meinst Du? Doch was kümmern mich diese vorlauten, schnippischen Fräulein! Wenn ich erst die rechte finde –
Agathe. Das kann nicht fehlen. Die guten Eigenschaften schlummern häufig bei uns Mädchen; es ist die Sache des Mannes, sie zu wecken und zu bilden. – Aber verzeihen Sie, gnädiges Fräulein, daß ich mich in das Gespräch mischte. – Die Sachen darf ich hier lassen?
Emilie. Alles. Vergessen Sie nicht: nächste Woche ist der Ball bei der Gräfin Stahl.
Agathe. Weiß schon. Empfehle mich, Fräulein – junger Herr – (Ab.)
Eduard (begleitet sie bis zur Thür). Adieu, liebe Mademoiselle Agathe!
Emilie. Eduard.
Eduard (sieht Agathen nach). Das ist einmal ein kluges, gebildetes Frauenzimmer. Und eine Putzmacherin!
Emilie. Aber, Bruder, Du behandeltest sie ja wie eine Prinzessin!
Eduard. Warum? Ich war nur höflich. Und sie ist keine gewöhnliche Näherin. Aber Eins ärgert mich von ihr, daß sie mich immer »junger Herr« nennt. Es klingt so knabenhaft.
Emilie. Nun hab' ich vergessen –
Eduard. Was denn, liebe Schwester?
Emilie. Ich wollte Agathen noch eine Menge Spitzen und Bänder mitgeben.
Eduard. Bänder?
Emilie. Sie sind zum Aufputz –
Eduard. Gib mir die Sachen –
Emilie. Dir?
Eduard. Ich will sie gelegentlich hintragen.
Emilie. Bruder, bist Du krank?
Eduard. Wieso?
Emilie. Du wirst galant gegen mich. Das scheint mir bedenklich.
Eduard. Das sind Possen! Gib nur her, was Du hast –
Emilie. Das hat ja Zeit! Auch mußt Du jetzt den Papa erwarten. Wenn Du schon galant sein willst, Herr Bruder, so sei es dann, wenn es mir gelegen kommt, nicht Dir! (Rechts ab.)
Eduard (allein). Dann Bedienter.
Eduard. Recht schnippisch! – Die Schwester hat immer was zu hofmeistern und zu sticheln! Bin ich ihr Plastron? – Und unsere zimperliche Frau Cousine behandelt mich gar wie einen unbedeutenden Jungen! Warum? Weil ich ihr keine Schönheiten vorsage, ihr nicht den Hof mache, wie sie's nennen! – Bin ich unbedeutend? Nichts weniger! In mir steckt was, ich fühl's! Es muß nur erst heraus! Ihr sollt schon sehen –
Bedienter (kommt).
Eduard. Was ist denn, Franz?
Bedienter. Die Demoiselle hat ihren Carton vergessen –
Eduard. Ist sie da?
Bedienter. Mit ihrer Dienerin zum Tragen.(Nimmt den Carton.) Sie thun gar vornehm, die Nähmamsellen!
Eduard. Soll ich –? Ich wag's!(Oeffnet die Thür.) Bitte, Mademoiselle Agathe –
(Bedienter ab.)
Eduard. Agathe.
Agathe. Sie befehlen, Herr von Berg?
Eduard. Um Vergebung, Mademoiselle! Aber die Schwester hat Putzsachen für Sie – ich wollte nur fragen – wann Sie zu Hause sind?
Agathe. Ich?
Eduard. Um Ihnen die Sachen – ich wollte sie Ihnen hinbringen –
Agathe. Sie selbst sollen sich bemühen? Bitte, bitte! – Wo sind denn die Sachen? Ich kann sie gleich mitnehmen –
Eduard. Verziehen Sie einen Moment – die Schwester wird wohl Alles bereit haben – im Augenblick bin ich wieder da! (Im Abgehen.) Die ist nicht wie die Andern – ganz anders – (Ab.)
Agathe (allein). Tiens, tiens, tiens! Er wollte mich besuchen? Der junge Mensch fängt Feuer – rasch obendrein! Eh bien, chauffons! Der Herr Papa soll mit mir zufrieden sein –
Eduard (kommt). Ich komme mit leeren Händen zurück –
Agathe. Das Fräulein ist beschäftigt?
Eduard. Sie hat die Sachen verlegt – will erst später herumkramen –
Agathe. Gut, ich sende mein Mädchen nach Tische herüber, um die Putzsachen abzuholen – (Empfiehlt sich.)
Eduard. So darf ich nicht selbst –?
Agathe. Wenn mir der junge Herr Baron die Ehre erweisen will – (Wie oben, will fort.)
Eduard. Mademoiselle Agathe –
Agathe. Zu Befehl?
Eduard. Wann darf ich kommen?
Agathe. Wann immer es Ihnen gefällig ist –
Eduard. Heute also?
Agathe. Warum nicht, Herr Baron?
Eduard. Sie betrachten mich so aufmerksam –
Agathe. Mille pardon! Aber – (Schüttelt den Kopf.)
Eduard. Ist etwas an mir, was – (Betrachtet sich )
Agathe. Noch einmal um Vergebung! Aber wo lassen Sie arbeiten?
Eduard. Arbeiten?
Agathe. Wer ist Ihr Schneider, mein' ich.
Eduard. Ja so! (Lacht.) Ich seh' wohl nicht elegant genug?
Agathe. Aufrichtig – nichts weniger!
Eduard. Das findet die Schwester auch! – Aber wissen Sie, Mademoiselle Agathe, ich hab's gern bequem, Alles weit, ein bischen schlotterig, wie's für einen künftigen Landjunker paßt.
Agathe. Sie wollen auf's Land?
Eduard. Vielleicht für immer! Ich hab' so meine Plane –
Agathe. Die hat ein junger Mann immer!
Eduard. Ich will eine Musterwirthschaft aufstellen.
Agathe. Ich meinte andere Plane!
Eduard. Andere?
Agathe. Herzensplane –
Eduard. Herzens –? Ja, das –
Agathe. Sie werden ohne Zweifel unter unsern jungen und schönen Damen in der Folge eine Gemahlin wählen – oder haben vielleicht schon gewählt?
Eduard (wird nach und nach zutraulicher). Gewählt? Nein. Ich komme nicht zur Wahl. Der Papa meint zwar – aber das hat Zeit!
Agathe. Ihr Herz ist also wirklich frei? Völlig frei?
Eduard. Auf Ehre, ja!
Agathe. Ich konnte mir's eigentlich denken! Schon der Schnitt Ihrer Kleider ließ das errathen –
Eduard. Wie so?
Agathe. Nun, dieser Anzug sagt es ja offen heraus: Was kümmern mich die Mädchen! Ich will keinem weiblichen Wesen gefallen – im Gegentheil! Ich will ihnen Furcht und Schrecken einjagen –
Eduard. Was? Furcht und Schrecken? Das sollte der Anzug doch nicht sagen wollen!
Agathe. Aber er sagt's! (Führt ihn zum Spiegel.) Buntes Halstuch, farbige Weste – und welch eine unglaubliche Joppe! Et le reste! Diese wunderlich quadrillirten –
Eduard. Meine Beinkleider?
Agathe (hält die Hand vor die Augen). Die Inexpressibles. Excusez –
Eduard. Sie haben recht! Ich seh' curios aus. Eigentlich abscheulich –
Agathe. C'est plus qu'horrible – c'est ridicul! – Und Sie haben doch eine so hübsche Tournure!
Eduard. Passabel! Finden Sie? – Wann darf ich heute zu Ihnen kommen?
Agathe. Gegen Abend vielleicht – da bin ich meist allein.
Eduard. Gut, ich komme! In einem neuen Frack und neuen schwarzen –
Agathe. Suffit! – Sie geben also etwas auf meinen Rath, Herr Baron?
Eduard. Alles, Alles! Sie dürfen mich hofmeistern! Aber die Schwester nicht! Die Cousine nicht! Keines von den Dämchen!
Agathe. Ich sehe, daß Sie guten Willen haben. Es kann etwas aus Ihnen werden –
Eduard. Unter Ihrer Leitung gewiß!
Agathe. Vous croyez? – Sie müssen nur immer artig und gehorsam sein!
Eduard. Ich versprech's!
Agathe. Aber auch bescheiden?
Eduard. Mein Gott, das bin ich ohnehin –
Agathe. Ihre Hand darauf!
Agathe. Genug!
Eduard (hält ihre Hand). Nein, was Sie für kleine, feine, weiße Händchen haben! Für zarte Fingerchen! Völlig durchsichtig –
Agathe (entzieht ihm rasch die Hand.) C'est assez! Muß bitten –
Eduard (erschrocken). Tausendmal um Vergebung.
Agathe. Sie dürfen auch nicht solche Augen machen, wie vorhin!
Eduard. Mach' ich Augen?
Agathe. Man sollte meinen! – Aber zwischen uns ist eine Schranke, eine unübersteigliche Kluft – das dürfen Sie nicht vergessen – wir beide nicht! Sie sind ein vornehmer junger Herr – ich ein unbedeutendes Bürgermädchen, die Putzmacherin Ihres Fräulein Schwester. Eine Welt zwischen uns – die Convenienz! Allein, das soll mich nicht abhalten, mich Ihnen freundlich zu bezeigen, zu Ihrer Weltbildung beizutragen. Je vous donnerai du monde, wie wir Franzosen das zu bezeichnen pflegen. Nur daß Sie sich die Schranken hübsch vor Augen halten! Comprenez-vous, jeune homme? Au revoir, mon ami! A ce soir! – (Ab.)
Eduard (allein). Dann Emilie.
Eduard. Wenn das nicht das liebenswürdigste Wesen von der Welt ist. – Ich soll heirathen, meint der Papa. So Eine müßte es sein! Fräulein oder Bürgermädchen gilt gleich? »Verliebe Dich nur erst!« – Mir scheint, verliebt ist man bald, Papa! Aber was hilft's? Eine Putzmacherin! – Die Schranken! Die fatalen Schranken!
Emilie (mit Hut und Shawl kommt). Lieber Bruder –
Eduard. Hast Du die Bänder, Schwester?
Emilie. Mit Deinen Bändern! – Komm, Du mußt mich zur Cousine begleiten –
Eduard. Wenn ich den Papa erwarten soll?
Emilie. Es sind ja nur ein paar Gassen! Nur bis an die Hausthür! Du kannst gleich wieder zurück –
Eduard. Nun, wenn Du durchaus willst – (Nimmt den Hut.)
Emilie. Ah –
Eduard. Was gibt's denn?
Emilie. Der Papa, der bisweilen zerstreut ist, hat etwas vergessen. Da liegt ein offener Brief –
Eduard. Was weiter?
Emilie. Mein Blick fiel auf das heutige Datum und die Unterschrift: »Ihre Flora!«
Eduard. Ihre Flora?
Emilie. Ich will hoffen, nicht die Flora, von welcher Mademoiselle Agathe sprach –
Eduard. Agathe? – Ihre Flora? Laß sehen! (Legt den Hut weg.) Wir wollen's lesen –
Emilie (hält die Hand auf den Brief). Halt! Nicht mehr, als ich zufällig entdeckte!
Eduard. Richtig! »Ihre Flora!« Das ist also ein Frauenzimmer –
Emilie. Man sollte denken!
Eduard. »Ihre Flora!« Das heißt: seine Flora.
Emilie. Des Papa seine. Was sagst Du, Bruder?
Eduard. Höre, ich hab' den Papa längst im Verdacht. Er thut bisweilen so sonderbar, so geheimnißvoll. Ich wette, er geht damit um, uns eine Stiefmutter zu geben.
Emilie. Meinst Du?
Eduard. »Ihre Flora!« Seine Flora! Das wird am Ende noch unsere Flora!
Emilie. Ich hätte nichts dagegen. Der Vater kann nur eine gute Wahl treffen.
Eduard. Das glaub' ich auch, aber ich bin begierig zu erfahren – und darum laß uns den Brief lesen.
Emilie. Nein, Bruder, das geht nicht an.
Eduard. Warum nicht? Gesetzt, einer der jungen Herren schriebe an Dich, würde der Vater den Brief nicht auch lesen wollen?
Emilie. An mich? Wer sollte mir schreiben? Wie kommst Du darauf?
Eduard. Ich meine nur. Laß doch sehen – (Entrafft ihr den Brief.)
Emilie. Nein, Eduard, Du sollst nicht lesen.
Eduard. Aber ich will!
Emilie. Ich wasche mir die Hände –
Eduard. Ich nehm' es auf mich. Ich will Dir vorlesen.
Emilie (hält sich die Ohren zu). Ich höre nicht!
Eduard (liest). »Theurer Freund!« – Aha!
Emilie. Eduard, Du wagst es wirklich?
Eduard. Das versteht sich. Also: »Theurer Freund!«
Emilie. Da kommt der Papa!
Eduard (wirft den Brief auf den Tisch und geht singend herum).
Emilie. Schon zurück, Papa?
Eduard. Schon zu – Wo ist er denn?
Eduard. Spitzbübin! Du wolltest mich erschrecken!
Emilie. Nur Dein Gewissen aus dem Schlummer rütteln.
Eduard. Es ist Dir gelungen. Nun hätt' ich wirklich nicht mehr die Courage.
Emilie. Wenn der Vater dazu kam –
Eduard. Ich hätte ihm nicht in die Augen sehen können.
Emilie. Da kommt er wirklich.
Vorige. Berg.
Berg. Grüß Gott, Kinderchen! Nichts vorgefallen?
Emilie. Nichts, Papa –
Eduard. Gar nichts! – Das heißt, Mademoiselle Agathe war hier –
Emilie. Ja, sie brachte mir ein neues Hütchen, Papa –
Berg (fixirt sie). Und sonst brachte sie nichts?
Emilie. Was sollte sie, Papa?
Berg. Ich frage ja nur. (Für sich.) Sie sagt kein Wort von dem Brief des Barons! (Zu Emilien.) Du bist ja en toilette?
Emilie. Um die Cousine zu besuchen. Der Bruder will mich begleiten –
Eduard (nimmt rasch den Hut.) Freilich, Schwester –
Emilie. Mit Erlaubniß des Papa! Und wenn mich das liebe Sofiechen vielleicht zu Tische behalten wollte –
Berg. So bleib' nur dort, mein Kind! Ich hole Dich gegen Abend ab –
Emilie. Du bist so gut, Papa – (Küßt ihm die Hand.)
Eduard. Ja, der beste Papa von der Welt! – Komm' jetzt, Schwester –
Berg. Einen Augenblick, Eduard!. Mademoiselle Agathe war hier? Du hast sie gesprochen?
Eduard. Nur einen Moment, Papa –
Berg. Du warst doch artig mit ihr?
Eduard. Versteht sich, Papa! Sie selber ist ja so freundlich, so zuvorkommend, so – so liebenswürdig –
Berg. Findest Du, mein Sohn? (Für sich.) Aha! Sie hat angefangen, den jungen Bären zu lecken –
Emilie (die sich inzwischen mit Eduard besprochen hat). Ich glaube, Du hast etwas liegen lassen, Papa –
Berg. Ich? (Erinnert sich, greift in die Tasche.) Wo hab' ich denn – (Rasch.) Einen Brief vielleicht?
Emilie. Ist es vielleicht der?
Berg. Ja, ja! (Steckt den Brief ein.) Du hast doch nicht –?
Emilie (rasch). Wie kannst Du denken?
Berg. Was?
Emilie. Daß ich – Du wolltest fragen, ob ich – oder der Bruder – ob wir den Brief gelesen hätten –
Eduard. Gewiß nicht, Papa! Die Schwester fand das Blatt –
Emilie. Als Du eben in's Zimmer tratst, Papa –
Eduard. Ja, Papa –
Emilie. Ja, Papa –
Eduard. Und da, Papa –
Emilie. Und da, Papa –
Eduard. Da tratest Du ein, Papa!
Emilie. Ja, da tratest Du ein –
Berg. Schon gut. Geht jetzt –
Emilie. Komm', Bruder! – Du wirst nicht vergessen, mich abzuholen, Papa?
Berg. Nein doch –
Emilie. So komm', Bruder!(Im Abgehen.) Er hat nichts gemerkt, daß wir –? Gelt?
Eduard. Keine Idee! – Aber »Ihre Flora!« 's bleibt immer merkwürdig – (Beide ab.)
Berg (allein, blickt in den Brief, steckt ihn ein). Mein Garçonleben muß aufhören! – Haben sie den Brief gelesen? – Nein. Aber sie ahnen etwas und sie passen mir auf. – Es gibt doch nichts Unbequemeres auf der Welt, als Kinder zu haben, die keine Kinder mehr sind! (Er setzt sich.)