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Ein geschmücktes Opfer.

Das war ja wie aus den alten glücklichen Märchen, als Erdmute an ihrem einundzwanzigsten Geburtstage in ihrer Dachkammer erwachte und ein blinkendes Geschmeide vor ihren Augen schweben sah, aber der es ihr darreichte, war kein Zauberer und kein Geist, sondern der Vater, der es ihr selber um den Hals nestelte und stumm weinend sie küßte.

»Was ist denn? was ist denn?« fragte Erdmute noch halb träumend. Der Vater setzte sich zu ihr auf den Rand des Bettes, und tief atmend begann er:

»Das ist das Geschmeide deiner Mutter selig, das hab' ich nicht hergegeben, in keiner Not, das ist so bestimmt gewesen, das sollst du heut haben. Heut vor einundzwanzig Jahren –«

In Erinnerungen verloren, konnte der starke Mann nicht mehr weiter reden und weinte laut.

»Habt Ihr nicht den Ehrenschmuck meiner Mutter verkauft? Deswegen ist Euch ja der Ohm Gottfried so feind?« fragte Erdmute.

»Ich hab' die Kleider verkauft, um den Mauskopf zu ärgern, und sie wären doch vermodert, aber den echten Ehrenschmuck hab' ich doch behalten. Schau, Erdmute,« und Cyprian faßte ihre Hand, »du bist mein liebes Kind, du bist mein einziges Kind, mein einziges . . . du bist mir ans Herz gewachsen wie keines sonst . . . du weißt's, wenn ich dir's auch nicht oft: sag' –«

»Ja, ja, Vater, das weiß ich.«

»Schau, du kannst aus mir machen, was du willst, einen Bettelmann oder einen Ehrenmann, oder einen, der sich selbst ums Leben bringt.«

»Was kann ich denn thun?«

»Hör' ruhig zu, hör' nur. Schau, du wirst heute großjährig, und du kannst dir den Himmel auf Erden verdienen, du ziehst dein Vermögen an dich, es bleibt dir, ich nehm' dir keinen Groschen davon, als was wir zur Reise brauchen, drüben können wir uns schon selber helfen. Verstehst mich? Verstehst, was ich mein'?«

»Ja, ja, das thu' ich von Herzen gern, das Traudle hat das schon lang geahnt und hat mich bereden wollen, ich soll's nicht thun, aber ich thu's doch, da habt Ihr mein' Hand drauf. Machet nur, daß niemand was davon erfährt –«

»Nicht so, liebes Kind, das geht nicht. Du mußt vor Gericht dein' Sach verlangen, du kannst's jetzt –«

»Könnet Ihr nicht das für mich?«

»Nein, du mußt selber, und es hat gar kein' Gefahr dabei, du brauchst kein' Angst haben. Nur mußt fest bleiben. Wirst sehen, sie werden alle kommen und werden sagen, dein Vater ist ein Lump, und er verputelt dein Vermögen auch noch, und so und so. Du mußt dich nicht abspenstig machen lassen, von Gutem und von Bösem nicht. Kannst das? Du kannst, wenn du willst und wenn du daran denkst, daß du deinen Vater und die Deinigen von Schand' und Tod errettest –«

»Ja, ich kann's, Ihr werdet sehen, ich kann's, ich thu' den Ehrenschmuck an und halt' ihn in der Hand, und da wird mir kein Wort im Hals stecken bleiben. Verlasset Euch darauf.«

»Schwör' mir: So wahr wie dir dein' Mutter im Himmel beistehen soll, daß du fest bleiben willst.«

»Ich brauch' nicht schwören. Lasset mich's so ausführen. es ist mir leichter. Trauet Ihr denn Eurem Kind nicht?«

Cyprian verbarg sich mit der Hand rasch die Augen und sagte schnell: »Alles, alles, du liebes, gutes Kind.« Er sagte ihr noch, daß sie das Halsgeschmeide verborgen halten müsse, da sonst niemand etwas davon wisse und er seinen Stolz darein setze, für schlechter zu gelten, als er sei.

Als Cyprian zu seiner Frau in die Stube kam, sagte er zu ihr:

»Das ist ein Kind, das ist ein wahrer Engel, ich bin's nicht wert, daß ich so ein Kind habe.«

Die Frau lachte in sich hinein.

An diesem Tag ging es festlich und vollauf bei Cyprian her, fast wie in seinen besten Zeiten, und Erdmute war der gefeierte Mittelpunkt von allem, selbst ihre Geschwister, die sonst nur Boshaftigkeiten an ihr ausübten, waren heute freundlich und dankbar ob des Kuchens, den sie durch die Schwester erhielten.

Tags darauf geleitete der Vater selber Erdmute bis gen Hollmaringen; er sprach wenig. nur manchmal schärfte er der Tochter noch ein, wie sie sich seinen abwendigmachenden Feinden gegenüber zu benehmen habe. Er wollte Erdmute wiederholt die Anleitung geben, daß sie sagen möge, der ganze Plan ginge von ihr aus, und es habe ihr niemand einen Gedanken davon eingeflößt, aber Erdmute sagte:

»Vater, das geht nicht, ich komm' viel besser durch, wenn ich bei der Wahrheit bleib'. Und was brauchen wir denn da leugnen und verhehlen? Es ist ja in der Ordnung, daß das Kind dem Vater folgt; da kann kein Mensch was davon loshauen.«

Wenn der Vater, den Blick zur Erde geheftet, gramvollen Antlitzes so dahinschritt, betrachtete ihn Erdmute oft mit stillem Mitleid, und sie freute sich wieder, daß es ihr gegeben sei, alles wieder gutzumachen, und sie gedachte mitten in ihrem praktischen Vorhaben der Märchen, wo die Kinder ausziehen, um das Lebenskraut für den kranken Vater zu holen und mit Mut allerlei Fährlichkeiten bestehen.

Als man Hollmaringen auf der breiten Ebene vor sich sah, und der Weg von der alten Hauptstraße nach dem Dorfe abbog, stand der Vater still und sagte, daß er wieder umkehre und in Seebrunn im Rößle, dem ersten Hause des Dorfes gegen Hollmaringen, auf die Rückkehr Erdmutes warten wolle. »Du weißt alles,« sagte er, »und geh in Gottes Namen.« Er setzte sich an den Wegrain und preßte die gefalteten Hände auf den Schlehdornstock zwischen seinen Knieen. Als er nach geraumer Zeit wieder aufschaute, sah er Erdmute dem Dorfe zugehen, sie wendete sich nicht mehr um und schritt ruhig fürbaß, und plötzlich wurde dem Vater schwer bange: dort ging sein Kind, und was es unternahm, entschied für ihn über Leben und Tod; wenn die Verwandten das Mädchen überredeten und gleich zurückbehielten, war er verloren – es war jetzt großjährig und konnte über sich schalten, wie es wollte. Wankenden Schrittes und oft stille stehend, kehrte Cyprian um, die Welt war frühlingsgrün, voll Sonne und Lerchensang, aber der von schweren Sorgen Bedrückte ist in ihr wie in einem Kerker, Kummer und Qual durchschneiden jeden Ausblick wie Eisenstäbe am Kerkerfenster.

Erdmute ging indes ihres Weges wie in einer Verzückung, die Menschen auf den Feldern und auf dem Wege kannten sie nicht, aber jeder Baum, jede Hecke, jeder Graben grüßte sie mit tausend halbvergessenen Kindeserinnerungen, und sie selbst schaute umher mit großen, verwundert dreinblickenden Augen, wie ein Kind, das aus dem Schlaf erwacht; die Lerchen jubelten, die Bäume blühten, die Sonne schien so hell, und im Herzen des Mädchens lebte, ihr selbst unbewußt, der beglückende Gedanke, daß sie einer rechtschaffenen That entgegenging, und ihr ganzes Sein war von Freude übervoll. Sie ging dahin, als würde sie von einem unsichtbaren Wesen an der Hand geführt, und plötzlich stand sie still, und eine tiefe Trauer schlich sich in ihr Herz, daß sie nicht hier bleiben sollte, wo sie so ganz, wo sie allein daheim war. »Und du bleibst ewig da,« sagte sie fast laut vor sich hin, sie wußte nicht, woher es kam. Da sah sie den von einem Buchenzaune umfriedeten Gottesacker. Jetzt wußte sie, was hier so wunderbar zu ihr sprach; sie ging in den Friedhof, sie las die Inschriften vieler Kreuze, und es wurde ihr ganz wirr von dem endlosen Sterben der Menschen, das hier von Schritt zu Schritt zu ihr sprach. Da las sie, im Tiefsten erschreckt, auf einem halb eingesunkenen Kreuz ihren eigenen Namen: es war das Grab ihrer Mutter, sie sank vor ihm nieder und lag lange, das Haupt in das frische Gras gedrückt. Endlich richtete sie sich starren Blickes auf, sie konnte nicht weinen, und doch war ihr ganzes Herz voll tiefer Trauer, sie legte die Hand auf das Grab, als faßte sie die Hand der Mutter, und schaute in die weite Welt. Die Lerchen über ihr jubelten, ein Buchfink schmetterte seinen hellen Sang von einer Trauerweide, deren junges Laub im Sonnenschein glitzerte, ein Säuseln zog durch die einsamen Föhren, die da und dort standen, und Schmetterlinge flogen hin und her. – Sie raufte einige Grashalme und wilden Thymian vom Grabe, steckte sie in ihren Busen und schritt fest davon. Durch das Dorf ging sie, ohne umzuschauen und ohne jemand zu grüßen. Mittag war vorüber, und die Leute gingen wieder ins Feld; nur vor ihrem elterlichen Hause hemmte sie ihren Schritt und sah lange an dem Hause hinauf und auf die Steinbank, wo sie als Kind so oft gesessen. Es war alles im alten Stand, und nur des Nachbars Klaus, der an Krücken ging, war in den zehn Jahren ein großer Bursche geworden und strickte eine wollene Jacke auf der Steinbank, und in dem Garten war eine neue Scheune gebaut. Eben als Erdmute den Klaus grüßen wollte, trat Bläsi mit einem Pferdekummet auf der Schulter aus der Hausthüre; er erkannte Erdmute trotz des großen weißen Tuches, mit dem sie ihr Gesicht fast verhüllt hatte, und sagte:

»So? Bist auch hiesig? Willst jetzt bei uns bleiben?«

»Nein,« antwortete Erdmute und ging weiter, es kränkte sie, daß Bläsi ihr weder die Hand reichte, noch eigentlich ein freundlich Wort sagte. Als sie die Treppe im Hause des Oheims Gottfried hinan ging, war es ihr, als müßten ihr die Kniee brechen, aber sie faßte sich, denn sie ahnte, daß sie sich ihr Vorhaben leichter gedacht, als es war. Der Oheim Gottfried, der in Papieren lesend am Tische saß, stand nicht auf, aber er streckte ihr die Hand entgegen zum Willkomm und sagte:

»Das ist brav, daß du doch zur Einsicht kommen bist! du bist bei uns so gut und besser aufgehoben als bei deinem Vater. Du mußt in diesen Tagen großjährig werden, halt, heut haben wir den zwölften Mai, gestern ist's gewesen, wo du's geworden bist, du kannst jetzt mit dir machen, was du willst.«

»Ja, deswegen bin ich da, und ich hab' Euch sagen wollen –«

Erdmute konnte nicht ausreden, denn die Frau, die ebenfalls die Hand gereicht hatte, schnitt ihr das Wort ab, indem sie sagte:

»Du kannst hernach erzählen. Zuerst mußt was essen. Wärst ein' halbe Stund' früher kommen, hättest's gleich mit halten können. Rosel!« rief sie laut, ein schlankes Mädchen kam in die Stube, das nach Vorstellung der Mutter Erdmute herzlich bewillkommte, aber auch hier unterbrach die Mutter jedes weitere Reden und sagte: »Rosel, wärme schnell die Leberspatzen, die von heut mittag überblieben sind, thu noch einen Löffel Schmalz daran und schlag der Base ein paar Eier ein.«

Erdmute wollte danken, aber man hörte nicht darauf, und trotz der Ermüdung und des unleugbaren Hungers fühlte sie plötzlich eine Sättigung, und es war ihr, als müßte sie auf und davon rennen. Diese zutrauliche, herzinnige Weise der Menschen, die sie bisher für Feinde und Unholde gehalten, dieses Entgegenkommen von Menschen, bei denen sie sich vergessen geglaubt, das Gefühl, bei Verwandten zu sein, die jede Liebe und Güte als selbstverständliche Sache hinnehmen, und dazu der Gedanke, daß sie mit einem Vorhaben gekommen, das ihnen entgegen war, alles das preßte ihr die Kehle zusammen.

Der Oheim raffte die Papiere zusammen und sagte, daß er in einer Stunde wiederkomme, er müsse in die Gemeinderatssitzung. Erdmute stand auf und grüßte demütig, als er wegging, reden konnte sie nicht.

Als die Rosel, von der die Mutter erzählte, daß sie in acht Tagen Hochzeit mache, das Essen brachte, wollte Erdmute durchaus nichts davon annehmen.

Es gibt eine alte Sage, daß man von verführenden Geistern nicht Speise und Trank genießen darf, sonst ist man in ihrem Bann. Erdmute kannte diese Sage, und sie kam sich wie in einem Zauberkreis vor; aber hier waren gute Geister, und sie wollte nur nichts annehmen. weil sie dann bei der ausbrechenden Feindseligkeit undankbar war. Die Frau ließ indes nicht nach und wiederholte ihr, sie müsse ihr verscheuchtes Wesen ablegen, sie sei hier unter Menschen, die es gut mit ihr meinen, und staunend hörte Erdmute, daß man hier alles von ihrem Leben wußte, und errötend hörte sie ihr Lob, daß sie eine so tüchtige Bäuerin geworden und sich nicht auch dem »Wirteln« ergeben habe, das der schweren Arbeit entwöhne. Jetzt weinte Erdmute, die sonst nie Thränen vergoß, übermäßig; alles, was sie heute erlebt, drängte sich plötzlich überquellend zusammen. Die Frau suchte sie mit den besten Worten zu beruhigen, und die Rosel sagte, sie müsse ihre Kranzjungfer bei der Hochzeit sein. Erdmute erklärte. daß sie nur dem Oheim sagen könne, was ihr das Herz bedrücke.

Als der Oheim Gottfried, der im Gemeinderat auch das Amt des Waisenpflegers hatte, zurückkam, öffnete er einen Schrank, nahm mehrere mit Stempeln versehene Papiere heraus und sagte: »Du wirst auch wissen wollen, wie es mit deinem Vermögen steht; das sind die Hypotheken, dreitausend vierhundert Gulden ist's gewesen, und so ist's geblieben, dein Vater hat jedes Jahr, auch wie's ihm noch gut gangen ist, die Zinsen erhoben. Wenn du einen rechtschaffenen Mann kriegst, der was hat, so ist das ein guter Zuschuß, daß ihr gut hausen könnet.«

»Ich denk' nicht daran, Vetter.«

»Wird schon kommen.«

»Nein, höret mich gut: an, Vetter.«

»Ja, ja, red du nur.«

»Schaut, Vetter, ich bin . . . ich soll . . . ich will . . . Ja, ich soll mein Vermögen holen.«

»So? Das glaub' ich, daß das dein Vater will.«

»Und ich auch.«

»Aber ich nicht.«

Gottfried that die Papiere wieder in den Schrank, ließ den Riegel zweimal in die Schließe fallen und knüpfte das Lederband, daran der Schlüssel befestigt war, wieder in das Westenknopfloch. Erdmute saß still da.

»Was möchtest denn mit dem Geld machen?« fragte Gottfried.

»Meinem Vater damit aushelfen.«

»Daß es der Lump auch noch verfressen und versaufen kann?«

Erdmute erhob sich, sie hielt das Halsgeschmeide in der Tasche fest in der Hand, und mit starker Stimme sagte sie:

»Vetter, das leid' ich nicht. Mein Vater ist so gut wie einer, und die, wo ihn verschimpfen, die haben's verschuldet, wenn was nicht recht an ihm ist.«

»Ich seh' schon, dein Vater hat dich auch verdorben.«

»Und wenn's so ist und wenn's wahr war', wer ist dran schuld? Mein Vater nicht allein. Ihr, ja, Ihr seid daran schuld. Ihr hättet die Feindschaft aufgeben und dafür sorgen müssen, daß Eurer Schwester Kind nicht verdorben wird; aber mit dem großen Wagen vorbeifahren, wo der Schwester Kind der Pudel im Haus ist, da hat man sich auch nichts zu berühmen.«

Gottfried stand starr, er sah zum erstenmal in seinem Leben seine Rechtschaffenheit angegriffen, er konnte eine gewisse innere Stimme nicht verleugnen, welche die Berechtigung dazu anerkannte, aber doch war er dem gram, wer das aussprach. Er war nahe daran, seine Gelassenheit aufzugeben, aber schnell fand er wieder die Fassung und sagte, bitter lächelnd: »Das hat dir dein Vater auch eingeblasen.«

»Nein, nein, was ich red', das sind meine Gedanken, die ich tausendmal im stillen gehabt hab'. Aber ich will Euch keinen Vorwurf machen und machet Ihr mir auch keine. Ich hab' heut Gutes in Eurem Haus gehabt, ich möcht' gern, wenn ich fortgeh', in gutem an meine Verwandten zurückdenken.«

»Wo willst denn hin?«

»Nach Amerika, mit meinem Vater und meinen Geschwistern. Ihr saget, ich hätt' ein schönes Vermögen; ich will nicht im Reichtum leben, wenn mein Vater ein Bettelmann ist –«

»Und noch einmal wird, wenn er das deinige auch noch verthan hat. Ich seh', man kann gescheit mit dir reden, und du hast ein gutes Herz, du verleugnest dein' Mutter selig nicht, die hat mich für brav gehalten, du denkst anders, ich will dir nichts darüber sagen, aber besinn' dich nur, laß dich dünken, es redet ein andrer zu dir: wie soll denn ein Mann, der mit einem größeren Vermögen in seinen besten Jahren alles durchgebracht hat und keinen Unglücksfall gehabt hat, er mag sagen, was er will, wie soll der jetzt auf einmal fleißig und haushälterisch werden? Du bist noch in jungen Jahren, du hast das Leben erst vor dir, du darfst dich nicht ins Unglück stürzen für einen, der schon mit fertig ist. Besinne dich wenigstens noch ein Jahr, oder so lang du willst, du kannst bei mir bleiben, oder wo du magst.«

Es war zum verwundern, mit welcher Festigkeit und raschen Entgegnung Erdmute allen Einwänden standhielt, und endlich brachte Gottfried das Ehrengewand der Verstorbenen und erklärte mit bebender Stimme, wie Cyprian das verkauft und wie er es erworben habe, um es einst Erdmute zu ihrem Ehrentage zu geben, und als Erdmute bestritt, daß der Vater den Ehrenschmuck verkauft, stampfte Gottfried auf den Boden ob dieser Starrheit, aber noch einmal faßte er sich und beschwor sie beim Andenken an die Selige, ihm und nicht dem Vater zu Willen zu sein. Und als Erdmute noch immer standhaft blieb, veränderten sich plötzlich seine Mienen, mit heiserer Stimme schrie er:

»Gut, so geh, so geh; aber das schwör' ich dir, du verleugnest mich, ich verleugne dich auch, auf ewig, aus ewig. Du bist tot für mich, begraben und Gras drüber. Geh –«

Plötzlich brach sich seine Stimme, er konnte nicht weiterreden; die Frau, die mit Bläsi und den beiden Töchtern in der Küche zugehört hatte, kam herbei und klagte, daß das Uebel, das Gottfried schon einmal gehabt, wiedergekehrt sei, aber Gottfried winkte mit der Hand, daß Erdmute hinaus solle, und sie verließ das Haus. Niemand grüßte, niemand geleitete sie. Als ginge sie schon auf schwankendem Schiffe, so schritt Erdmute das Dorf hinaus, sie schaute sich nicht um und ging unaufhaltsam, bis sie da, wo der Weg auf die Hauptstraße geht, unter dem blühenden Apfelbaum am Wegweiser sich niedersetzte. Sie schaute nicht auf und antwortete nicht dem Gruße der Weiber, die mit Bündeln Unkraut aus den Saatfeldern kamen.


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