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Thomas Ottsen war schon seit frühmorgens auf dem Kliff. Er stand am steilen Abhang zwischen dem Buschwerk, so daß der Sturm über ihn hinwegging. Nur dann und wann fuhr ein Windstoß von oben herunter und schüttelte die braunen Blätter der Hainbuchen, daß sie raschelten und rauschten. Er hatte gesehen, wie hinter der Birk das Wasser des Haffs sich seinen Weg ins Noor bahnte. Da war zuerst so eine Art Schadenfreude über ihn gekommen: es war ja nicht sein Land, dessen Graswuchs dort mit Sand und Steinen zugedeckt wurde, es gehörte ja dem Baron von Gelting. Und der hatte ihn das letzte Mal nicht mit zur Jagd eingeladen, weil er im Sommer – in der Trunkenheit einmal – sich nicht nett gegen ihn benommen hatte. Nun kamen des Barons Hasen ihm von selbst zugelaufen, hierher auf sein Land, und morgen wollte er sie schon aus den Knicks herausholen und wegputzen. Bald aber verging Thomas Ottsen das Lachen, denn zusehends füllte sich das Becken des Noors, und das Wasser strömte von hinten herum auf Ottsens Moor und die daran stoßende Schafweide. Nun lief er, was er laufen konnte, übers Moor, um die Herde aufs Kliff zu treiben. Zwei Knechte kamen ihm zu Hilfe, aber das Wasser trat dazwischen. Es war noch nicht tief, aber die Schafe wollten nicht hindurch; wie wild stürmten sie immer wieder zurück und sprangen auf den niedrigen Wall am Noor, der noch trocken lag.
Das geschah in einer Viertelstunde. Es war die höchste Zeit, daß Thomas Ottsen und die Knechte den Rückweg antraten, das Wasser reichte ihnen bald bis an die Knie, und der aufgeweichte Moorboden hielt ihre Beine so fest, daß sie nur mit Mühe das sichere Land wieder erreichten. Da stand nun der Alte und schimpfte voller Wut über die dummen Tiere und die faulen Knechte. Dann rannte er nach Hause, um sich trocken anzuziehen und mehr Leute hinauszuschicken. Was die sollten, das wußte er freilich selbst nicht.
Als er nach zwei Stunden wieder kam, sah man es seinem roten Gesicht an, daß er im Wirtshause gewesen war. Die Aufregung mußte er dämpfen, und daß er der Erkältung durch »ein Glas Grog« vorbeugen mußte, war ein guter Vorwand gewesen. Das andere kam dann ganz von selber. Als er auf dem Kliff ankam, sah er von dem Moor, dem Wall und den Schafen nichts mehr, sie waren von der Flut umzingelt worden und ertrunken. – »Wir konnten nichts machen«, sagte mit trauriger Miene der Vogt.
»Macht, daß ihr nach Hause und an die Arbeit kommt«, fuhr er die Leute an. – »Die Lumpen haben nichts zu verlieren«, knurrte er vor sich hin, »aber unsereins muß immer herhalten, wenn's dem da oben einfällt, die Menschen zu schikanieren. – Wer was hat, dem wird genommen.« –
Wie ein langes, flaches Vorgebirge ragte der zwischen Nieby und Falshöft entlang laufende Höhenzug in die Fluten hinaus. Da stand Alt und Jung aus der Umgegend und schaute hinüber nach dem Birkhaus und dem Schiff, das gestrandet war.
Das Schiff und die Schiffer kannten sie nicht, glaubten sie wenigstens nicht zu kennen, die Birkleute aber kannten sie und versuchten daher, sich auszumalen, was diese sagten und taten, ob sie beteten oder fluchten, ob sie mutig in der Todesnot dastanden, oder ob sie jammerten und weinten.
Man erzählte sich, daß der Birkfuchs schon am frühen Morgen hier gewesen sei. Dort an der knorrigen, vom scharfen Ostwind zwerghaft verkrüppelten Eiche sollte sie gelehnt und unverwandt nach dem Birkhaus hinübergeschaut haben. Ihr rotes Haar war vom Sturm zerzaust gewesen, wirr hatte es um das leichenblasse Gesicht geflattert. Schmied Bustedt war an sie herangegangen, halb aus Neugierde, halb aus Mitleid, sie hatte ihn nicht beachtet.
»Du hast Angst um deine Mutter und deinen Vater«, hatte er dann gesagt.
»Kann ich wohl hinüberkommen zu meiner Mutter?« hatte sie gefragt. Der Schmied hatte den Kopf geschüttelt: »Unmöglich!«
»Meine liebe, liebe Mutter!« aus gequältem Herzen war der Aufschrei ihr auf die Lippen gekommen. Plötzlich war sie aufgesprungen, hatte Bustedt bei der Hand gefaßt und ihn flehentlich gebeten: »Bustedt, Sie sind früher immer gut zu mir gewesen. Sie haben auch ein freundliches Wort für meine Mutter gehabt. – Sie sind stark und haben Mut, helfen Sie mir hinüber. Können wir nicht ein Boot bekommen?«
Da hatte er traurig mit dem Kopf geschüttelt: »Wenn es ginge, wahrhaftigen Gott, ich tät's! – Es geht nicht, Meta, es geht bei Gott nicht!«
Dann war Thomas Ottsen gekommen, und der Birkfuchs war ihn gewahr geworden. Wie ein richtiger Fuchs war sie am Kliff hinunter ins Gebüsch gehuscht und dann fortgelaufen. So erzählten die Niebyer Jungen.
Am Abhange des Kliffs hinter den dichten Hainbuchen und Schlehdornen stand dann auch Thomas Ottsen; er sah seinen Sohn unter den Leuten und trat an die Gruppe heran. –
»Das ist Gottes Strafgericht über die sündige Menschheit«, sagte Tischler Schinkel aus Pommerby zum alten Weber Truelsen, »er will uns –«
»Ach was, schnack doch nicht so'n Kram«, fiel ihm Thomas Ottsen in die Rede. »Wenn du in Falshöft oder da drüben im Birkhaus wohntest, dann ging's dir auch nicht besser.«
»Gott aber sprach zu Noah, baue dir eine Arche«, sprach Schinkel mit Selbstgefühl, denn er rechnete sich zu den Bekehrten.
»Zu dir wäre er wohl nicht gekommen«, lachte der Schmiedegeselle Frieg Scheel, »du wärst auch viel zu faul gewesen, so'n Ding zurecht zu klütern.«
»Der wäre mit dem Maßnehmen gar nicht mal fertig geworden«, rief eine Stimme von hinten. »Er mißt ja zwei Tage erst herum, wenn er 'ne Tür flicken soll.«
»Spottet nicht!« erwiderte, ohne eine Miene zu verziehen, der Tischler. »Ihr meint, das Wasser kann euch hier nicht erreichen. Wahrlich, ich sage euch, morgen kann es bis an die Spitze des Geltinger Kirchturms reichen; und in den höchsten Spitzen der Pommerbyer Pappeln kann der Seetang hängen. Oder aber ein Blitzstrahl kann in dieser Stunde von oben kommen und uns alle zerschmettern.«
Der eine oder der andere der Jungen sah etwas scheu nach oben, Frieg Scheel aber meinte: »Nach Gewitter sieht's gerade nicht aus!« Da lachten die Bengel.
Der alte Weber Truelsen aber riet ihm: »Spare deine Predigt auf für eine bessere Gelegenheit, wem heute Sturm und Wasser nichts von Gott sagen, der läßt sich von dir erst recht nichts erzählen.«
»Es wird der Tag kommen, wo sie meiner Worte gedenken, dann werden sie haben Heulen und Zähneklappern«, drohte der Tischler.
»Dann haben sie an ganz was anderes zu denken, als an deinen Dröhnkram!« rief wieder Frieg Scheel. Er wollte noch etwas hinzufügen, da faßte ihn aber der alte Weber am Arm, und indem er auf die Jungen zeigte, sagte er: »Schäm dich!« – Der Schmiedegeselle schwieg.
»Was ist da zu schämen!?« mischte sich nun Peter Ottsen ins Gespräch. »Wir brauchen hier keinen solchen Paster!«
»Jungs, macht mal, daß ihr wegkommt! – Vorwärts, marsch, marsch! – Ihr könnt euch da ans Heck stellen«, rief der alte Weber den Knaben zu, die ihre Ohren spitzten und ihre Bemerkungen dazwischen warfen.
Die Jungens drückten sich, sie liefen den Berg hinunter und suchten Schutz hinter dem Knick. Als sie fort waren, sagte Peter Ottsen laut: »Ich glaube nicht an Gott!«
Der Tischler Schinkel rückte drei Schritte ab und schaute nach oben, als wenn nun der Blitz kommen müsse, dann faltete er mit verzweifeltem Blick die Hände. – Alles war still. – Thomas Ottsen warf einen mißbilligenden Blick auf seinen Sohn, den alten Herrn da oben so einfach abzusetzen, das schien ihm doch nicht in Ordnung. Vorwürfe konnte man ihm schon machen, wenn er schlecht regierte, aber dies ging ihm doch zu weit.
»Peter Ottsen braucht keinen lieben Gott mehr, er kann auch so in der Welt zurecht kommen«, sagte nach einer kleinen Weile der alte Weber Truelsen mit harter Stimme. »Ich habe das auch mal geglaubt. Aber dann kam's anders. Als mein August damals überfahren war und drei Tage zwischen Leben und Tod lag, da habe ich mich anders besonnen.«
»Aber du bist doch nicht bekehrt«, wandte Schinkel ein. »Du bist ein Kind der Welt geblieben und hast den rechten Glauben nicht!«
»Mag sein«, war die ruhige Antwort. »Ich meine aber, für mich ist es der rechte, und ich will dir deinen Glauben gern lassen. Aber du, Peter, nimm dich in acht! Der Alte da oben braucht nicht gleich mit dem Blitz zu kommen, wie der Schulmeister mit dem Stock. Er weiß seine Zeit.«
Er zeigte mit der Hand nach dem Birkhaus hinüber und nach dem Schiff, das dahinter lag. »Sieh' mal da drüben, wie die Wellen und der weiße Schaum über die da hinweggehen. Stundenlang haben sie den Tod vor Augen, da wird doch wohl der eine oder der andere jetzt einen lieben Gott brauchen können.«
»Die Böhmen auch?« fragte Peter Ottsen spöttisch, es klang aber doch etwas unsicher.
»Ich will dir mal was sagen«, fuhr der Weber ruhig fort. »Wenn die Böhmen auf deinem Hof geboren und in einem so warmen Nest geblieben wären, dann wären die wohl auch andere Leute geworden. Und wenn du aber in der Birkkate zur Welt gekommen wärst, wenn dein Vater die ganze Woche auf den Höfen hätte tagelöhnern müssen, wenn deine Mutter früh gestorben wäre und du mit dem Bettelsack dich dann im Lande hättest herumtreiben müssen, von den Bauern angebrüllt und von den Hunden gebissen, dann wäre auch aus dir vielleicht – was anderes geworden. Nun sind sie Lumpen, Tagediebe und Spitzbuben geworden, du ein großer Herr. Aber wenn jetzt die alte Kate umfällt und die beiden Böhmen ertrinken, glaube mir, der gerechte Gott wird sie mit anderem Maße messen als später einmal dich, wenn du auch im silberbeschlagenen eichenen Kasten mit vier Pferden nach dem Geltinger Kirchhof gefahren wirst, und wenn dann die Leute auch sagen – –«
»Davon reden wir nicht«, fiel Peter Ottsen ein. »Ich sagte, daß ich nicht an Gott glaube, und du wolltest mir das ja wohl verbieten, du meintest, so was dürfte ich hier nicht sagen. – Ich kann sagen, was ich glaube, und was ich will.«
»Das darfst du nicht, Peter«, sagte der alte Weber fest und ruhig. »Wenn die Kinder das hören oder auch der eine oder andere von denen, die gerade hier stehen, dann kannst du damit viel Unheil anrichten, das du nicht wieder gut machen kannst. Du kannst damit den Leuten etwas nehmen, was du ihnen nicht wiedergeben kannst.«
»Wie meinst du das?« fragte Peter Ottsen etwas unruhig.
Man drängte sich dichter zusammen hinter die schützende Wand und das dichte Buschwerk. Alle hörten zu. Nur von Zeit zu Zeit warf man einen Blick hinüber nach der See. Woge schob sich dort an Woge. Das Wasser spülte und wühlte am Bergabhang.
»Ich will dir mal 'ne kleine Geschichte erzählen, Peter«, sagte der alte Weber. Er fing an:
»Peter Behnfeld, der von Dorf zu Dorf mit seinem Saatkasten ging, hatte – das wißt ihr ja – sein eines Bein bei Idstedt verloren. Mancher Invalide hat ein schönes künstliches Bein bekommen. Dazu langte es aber bei Peter Behnfeld nicht, er verdiente mit dem Samenhandel nur sein kümmerliches Brot und mußte sich an seiner Krücke durchs Leben schleppen.
Es war mal vor Jahren im Frühjahr, da ging er abends im Schummern den Fußsteig von Pommerby nach Nieby. Als er an den Stegel kam mit den drei großen Steinen, nicht weit von Elstuhl, da saß dort am Wall ein Mann, der sagte ganz freundlich: »Guten Abend!« – »N'Abend!« brummte Peter und wollte über den Stegel steigen, denn die Sache kam ihm schnurrig vor, er wußte nicht, was der Mann da zu sitzen hatte. Als Peter über den Stegel weggeklettert war und weiterging, da hörte er, daß der Mann hinter ihm her ging. Er drehte sich denn nun um und da sah er, daß der Fremde ein bißchen hinkte, sonst aber fix ausschritt.
»Ich will nach Nieby, da können wir wohl ein bißchen zusammen gehen«, sagte der Fremde.
»Meinetwegen«, brummte Peter.
»Der Kasten ist wohl schwer«, meinte der Fremde freundlich und legte die Hand oben auf die grüne Samenlade, die Peter auf dem Buckel hatte; er war ein ganz langer, hagerer Mann, und Peter war man klein. Da merkte Peter erst, daß der Kasten ihn drückte, und er fing an zu klagen über den schlechten Verdienst und wenig zu essen, über weite Wege und besonders über sein Bein, das ihm fehlte.
»Wo habt Ihr denn das Bein gelassen?« fragte der Fremde.
»Bei Idstedt«, antwortete Peter, »die verfluchten Dänen haben es mir mit einer Kanonenkugel abgeschossen.«
»Ihr müßt ein anderes Bein haben, Mann, ein künstliches!« rief da der Fremde. »Darauf kann man gehen und stehen, wie wenn man damit geboren wäre. Seht hier, ich habe so eins. Bin auch im Kriege gewesen.« Und damit hob er das linke Bein hoch, mit dem er etwas hinkte.
Peter meinte, das wäre ganz schön und gut, aber er sei ein armer Kerl und könne das nicht bezahlen. »Ich verdiene kaum soviel, daß ich mich sattessen kann und keiner gibt mir was. – Hat man seine Kinder groß, so heiraten sie und haben dann mit sich selbst genug zu tun. Davon kriegt man ja auch nichts.« – Er blieb stehen und erzählte vom schlechten Leben, denn das war sein Lieblingsthema, und das Stück konnte er auswendig.
Der Fremde hatte ruhig zugehört und nur mal genickt. Als Peter fertig war, sagte er: »Es ist ein Skandal, daß die Gemeinde nicht eintritt und dafür sorgt, daß so ein alter Invalide ein ordentliches Bein bekommt! Das ist ja eine Schande! Da läßt man ihn mit solchen schlechten Krücken herumkriechen, wo es doch etwas viel Besseres gibt. Das sind ja ganz miserable alte Dinger, an denen Ihr da humpelt. Zeigt mal die Krücken her!«
Peter stützte sich an den Heckpfahl des Stegels und gab dem Mann die Krücken. »Miserable, wurmstichige, alte Dinger!« schalt er noch einmal, damit brach er sie entzwei und warf die Stücke weithin über den Knick. »So morsche, altmodische Krücken sind gar nicht mal wert, daß man sie in die Hand nimmt!« Damit ging er fort.
Peter hatte sich schon im stillen gefreut, daß der wohlwollende Fremde ihm zu einem Bein verhelfen wolle, mit dem er besser laufen und sein Brot verdienen könne. Er hatte ja auch das elende Humpeln herzlich satt. Jetzt saß er ganz verdutzt da. Der fremde Herr aber ging ruhig seines Weges.
Da schrie Peter aus Leibeskräften: »Meine Krücken! Gib mir meine Krücken wieder, ich kann ja nicht ohne sie von der Stelle kommen.«
Der Herr blieb stehen.
»Sie waren zu schlecht!« sprach er. – »Ihr wolltet mir doch bessere geben«, rief Peter. – »Ich?« fragte verwundert der Fremde. »Ich?« – I bewahre, ich wollte Euch nur belehren und Euch sagen, daß die Dinger schlecht sind. Das wußtet Ihr ja gar nicht. Nun seht zu, daß Ihr bekommt, was Ihr braucht. Das ist Eure Sache!«
Nun ging er wirklich fort. Da schrie und bettelte Peter, er solle ihm doch wenigstens seine Krücken wiedergeben.
Die könnt Ihr doch nicht mehr gebrauchen«, rief der Fremde vom nächsten Stegel aus zurück, dann war er verschwunden.
Allein und verlassen saß nun Peter da mit seinem Stumpfbein, ohne Stöcke und heulte. Dann kroch er auf den Händen und seinem einen Bein über den Wall, durch die Dornen, durch den Wassergraben und über den gepflügten Acker hin, um die Stücke von seinen Krücken wieder zusammenzusuchen. Er konnte aber damit nichts anfangen und wollte wieder zurückkriechen auf den Weg. Im Dunkeln fand er aber nicht die Stelle im Knick, wo er durchgekommen war, und lag nun elend in den Dornen. Vielleicht wäre er in der Nacht umgekommen, wenn nicht ein kleiner Junge zufällig vorbeigegangen wäre. Der half ihm wieder auf den rechten Weg, und auf dessen schwache Schultern stützte er sich, so kam er nach Hause.
»Wißt ihr, wer der Fremde war?« fragte der alte Weber und schaute dabei Peter Ottsen gerade ins Gesicht.
»Ein schlechter Kerl war's«, sagte Peter.
»Ein Lumpenhund, ein gemeiner Spitzbube, der ins Loch hätte müssen«, sagten die anderen.
»Wir alle gehen lahm und kümmerlich durchs Leben«, rief da der Alte schnell. Jeder braucht seine Stützen, der eine so, der andere anders. Der eine stützt sich auf den lieben Gott, der andere auf den Herrn Jesus oder auf die Mutter Maria und den heiligen Joseph. Ohne sie kommt er nicht zurecht. Sie halten ihn aufrecht, daß er nicht in den Graben und in die Dornen kommt. – Versteht ihr mich?«
»Nu wird es Tag«, rief Peter Ottsen. – Er lachte kurz auf und stieß seinen Vater an. Der aber war sehr ernst geworden und sagte kein Wort.
»Ja, Peter«, fuhr der Weber ruhig fort, »und ein schlechter Kerl ist jeder, der einem armen Menschen seinen Glauben abschnackt und in Stücke bricht, wenn er ihm nichts besseres dafür geben kann.« – Alles schwieg.
»Das Ding hast du wohl bei deinem Webstuhl ausklabüstert«, sagte Peter Ottsen etwas kleinlaut. Als er schadenfrohe Blicke auf sich gerichtet sah, fuhr er nach einiger Überlegung fort: »Ich will dir aber sagen, wo es nicht stimmt.«
»Das wird er wohl in seinen alten Büchern gefunden haben«, rief Frieg Scheel dazwischen. »Das steht im siebenten Buch Moses, ganz hinten in der Ecke.«
»Wenn auch nicht alles stimmt, so stimmt doch so viel davon, daß ihr verstanden habt, was ich sagen will, und dann stimmt es genug. Und ihr seht es heute: »Mit een eenzig Handümkehren – kann Gott di – wat anners lehren!« Das merkt euch! Und nun muß ich nach Hause, meine Alte weiß sonst nicht, wo ich bleibe.« Er ging. Der Tischler Schinkel ging mit. »Den rechten Glauben hast du doch nicht, Heinrich«, meinte er, »du bist noch nicht bekehrt.«
Der Weber tat, als wenn er das nicht hörte, man merkte es ihm an, daß es noch in ihm arbeitete und wühlte. – Nach einer Weile sagte er: »Den Peter Ottsen haben sie bei den Soldaten verdorben. Es taugt nichts, wenn aus einem Bauernjungen auf einmal ein großer Herr wird. Er findet sich da nicht hinein. So'n Mensch meint dann, das Großprotzige sei das Richtige, und er will den Großen alles nachmachen. Da wird dann alles halb und schlecht. Zwischen den großen Herren geht er daher, als wenn er Holzschuhe und 'nen Stallkittel an hat, und für die Bauern ist er schon zu fein lackiert. Das sitzt alles nur obenauf, und wenn man da nur ein bißchen daran kratzt, dann kommt das grobe, knastige Holz zum Vorschein.«
»So ist das auch mit dem Glauben«, bohrte Schinkel nach. »Der muß auch echt sein und nicht bloß so obenauf sitzen.«
»Meinst du denn, daß der das allein tut?« Der Alte blieb stehen.
»Wer da glaubt, wird selig werden!«
»Wer das bloß aus Spekulation tut, damit er mal später im Himmel obenan auf der ersten Bank zu sitzen kommt, der kann sich auch noch verspekulieren.«
»Wie meinst du das, Vater Truelsen?«
»Für dich ist der Schuh nicht gemacht. – Aber es gibt viele, die da glauben, und viele, die da glauben, daß sie glauben, und die das bloß tun, weil sie davon für sich was herausschlagen wollen. Nicht hier auf der Erde, aber nachher. Sie tun das, damit es bei unserem Herrgott Zinsen trägt, die sie nachher ausbezahlt kriegen wollen. – Verstehst du mich? – Das ist auch nichts Echtes und nichts Rechtes! – Für uns alle ist das Wort geschrieben: Richtet nicht! – Adjüs, ich muß nach Hause.«
Damit ließ er ihn stehen.
*
Es war gegen Abend. Seit einigen Stunden flaute der Wind ab und das Wasser flutete zurück. Auch die Leute, die vom Kliff Ausschau gehalten hatten, verliefen sich. Thomas Ottsen war mürrisch wieder auf seinen Hof angekommen, die Aufregung und der Ärger über den Verlust der Schafe hatten ihn aus dem Gleichgewicht gebracht, dann hatten die paar Gläser Grog am Vormittag die Bremse ausgelöst, und nun fehlte der Begierde die Hemmung. Zwar suchte ihn seine Frau zu Hause zu halten, er aber brummte allerlei Unverständliches in den Bart und ging zu Lewetz. Dort saß er und trank wieder ein Glas nach dem anderen.
Peter konnte auch nicht helfen, der Alte wurde geradezu wild, wenn sein Sohn ihm in solchen Augenblicken mit Reden und Ratschlägen kommen wollte. »Ich brauche keinen Vormund!« schrie er. »Ich will euch zeigen, daß mein Wort noch gilt auf dem Hofe und daß ich allein der Herr bin!«
Peter ließ ihn also sitzen, holte sein Gewehr und ging mit dem Hunde um das Kliff herum nach dem Schmiedeberg zu. Als er an das Wäldchen kam, das an der Noorgrenze unten am Abhange liegt, stieg er über den Wall und ging quer hindurch. – Vielleicht hatten sich hier die vom Schwimmen ermüdeten Hasen ihr Lager gesucht.
Nichts war zu sehen und zu hören, nur der Wind rauschte im Buschwerk, und an der anderen Seite plätscherten die Wellen am Wall. An den Bäumen konnte man noch sehen, wie hoch das Wasser gestanden hatte. Er zog sein Messer aus der Tasche und schnitt eine Kerbe in die Rinde einer stämmigen Erle: so hoch war es gewesen.
Er war noch dabei, mit der Messerspitze die Zahl 1872 über dem Strich in die Rinde zu ritzen, als er hinterm Knick es rauschen und knacken hörte. Mit raschem Griff hatte er das Gewehr an der Backe, setzte es aber gleich wieder ab und schlich geräuschlos näher. Vorsichtig bog er die Büsche auseinander und schaute hinüber.
Etwa zwanzig Schritte von ihm entfernt stand mit hochgeschürzten Kleidern, mit nackten Beinen im Wasser watend der Birkfuchs. Sie stemmte sich mit aller Macht gegen ein kleines Flachboot, das hier angetrieben war und mit dem Vorderteil auf dem Wall festsaß. Augenscheinlich wollte sie das Boot flott machen; doch das gelang ihr nicht.
»Hallo, was machst du denn hier?« rief er, und barsch setzte er hinzu: »Wo treibst du dich überhaupt den ganzen Tag herum, Deern? – Mutter hat schon ein paarmal nach dir gefragt und ist bannig ärgerlich!«
Das wirkte. – Sie fuhr ordentlich zusammen vor Angst. Der junge Herr bemerkte das mit einer gewissen Genugtuung. Rasch trat sie an den Wall zurück und ließ die Kleider fallen: erschreckt und beschämt stand sie da.
Er kam näher. »Was soll denn das?« fragte er neugierig. »Ah!« sagte er im selben Atem, denn eine Ahnung stieg in ihm auf. Drüben hinterm Noor sah er ja das Birkhaus liegen. Und wie er daran dachte, regte sich auch in ihm ein Fünkchen Mitleid. Es war etwas eigenartig Zwingendes, das den Mann packte, als er die hilflose Angst des Weibes in den sonst so trotzigen Zügen ausgeprägt sah. Der unbezähmbare Birkfuchs, der jeder Mannsperson, die ihm den leuchtenden, roten Pelz streicheln wollte, die scharfen, weißen Zähne zeigte, war jetzt zahm und demütig. Die kleine, wilde Bestie, die geschmeidig auszuweichen wußte, wenn grobe Tatzen zupacken wollten, stand jetzt vor ihm, mit den Füßen in der Falle, sie mußte stille halten und bitten. – Was er sonst an ihr anziehend und begehrenswert empfunden hatte, das wirkte freilich in diesem Augenblicke nicht. Die roten Haare flatterten ihr wild um das totenblasse Gesicht, die Lippen zitterten vor Aufregung und Angst, in den dunklen Augen glomm ein unheimlich irres Feuer.
»Was machst du da? Was soll das?« fragte er wieder, als sie immer noch schwieg. Seine Stimme klang nicht so herrisch wie sonst.
»Da hinüber will ich! – Zu meiner Mutter!« Sie sah ihn scheu an.
»Das geht nicht!«
»Ich muß aber!« – Sie stemmte sich mit den Schultern gegen den Bootsrand. – Das Vorderende glitt ein kleines Stück herum und stand dann wieder fest, sie stemmte die nackten Füße gegen den Wall, nicht achtend des Zuschauers.
Da kam über ihn die Beutegier des Jägers und verscheuchte die Anwandlung von Edelmut. – Er war nach Hasen auf die Jagd gegangen, nun hatte er ein besseres Wild gestellt, es galt den Fuchs zu überlisten. So wie heute bekam er ihn nicht wieder in die Finger.
Im nächsten Augenblick hatte er die Büchse beiseite gestellt und stand in seinen langen Jagdstiefeln bis zum Knie im Wasser. »Ich will dir helfen!« – Er sagte das mit freundlichem Lächeln. Sie merkte nicht, was in dem Ton lag.
Mit kräftigen Fäusten packte er unter den Bootsrand, ein kurzer Ruck, ein Druck mit den breiten Schultern: das Boot lag im Wasser. Dann riß er ein paar lange Zaunpfähle aus dem Wall und warf diese ins Boot. – »Steig ein!« – Sie nahm Schuhe und Strümpfe und schwang sich ins Boot; er sprang nach und schob es mit dem Pfahl im flachen Wasser weiter.
Es war kein Falshöfter Boot – die haben alle tiefgehende Kiele – es war wahrscheinlich von einem Schiffe draußen auf der Ostsee losgeschlagen. Weil es ein Flachboot war, so war es soweit landeinwärts getrieben. Man hat es nachher »Judas« genannt, weil es seinem Herrn in der Not untreu wurde.
Bald wurde das Wasser tiefer, der Pfahl wollte nicht recht mehr gründen. Peter Ottsen schaute nach vorwärts; er sah die weite Wasserfläche vor sich und dahinter, ganz klein und grau, das Dach des Birkhauses. Nun erreichte er mit dem Pfahl den Grund nicht mehr. – Da fiel ihm mit einem Male ein, daß er der einzige Sohn seines Vaters sei, der hier sein Leben für Bettelvolk wage. Aber der Gedanke kam zu spät, das Boot trieb weiter. Das Wasser der Ostsee fiel nämlich rasch. Durch die breiten Breschen, die es beim Ansturm gerissen hatte, flutete es jetzt in gewaltigem Strom zurück. So kam es, daß das Boot mitgerissen wurde und nach dem Birkhause hinübertrieb.
Einen Augenblick schaute Peter sich hilflos um, als der Pfahl ins Grundlose schoß; dann fühlte er sich aber von den scharfen Augen des Birkfuchses beobachtet, und das gab ihm andere Gedanken. Bange war er von Natur aus nicht; jetzt gab ihm die Gefahr Kaltblütigkeit und Überlegung.
»Zieh' Strümpfe und Schuhe an, du wirst sonst krank!« sagte er ruhig. Sie zog nur das nasse Kleid über die nackten Füße und sah starr vor sich hin.
»Ich danke Ihnen, daß Sie mir helfen!« sagte sie nach einer Weile langsam und stockend.
Er hörte kaum darauf; er zeigte nach drüben. »Sieh mal dort, rechts vom Birkhaus, wie der Strom durch das Loch schießt. Siehst du?« – Sie nickte. Er stieß wieder mit dem Pfahl in die Tiefe und sagte dann: »Wenn wir nicht bald wieder den Boden langen, dann wird's schlimm! Wir müssen sehen, daß wir nördlich vom Loch ans Land kommen. Nimmt uns aber der Strom mit durch das Loch hindurch, dann geht's auf die offene See hinaus. Das heißt, wenn's gut geht. Wahrscheinlich kentert das Boot im Strom und dann kann man uns da draußen irgendwo im Haff suchen.«
Meta Norgaardt spähte unruhig umher. Kein fester Punkt zeigte sich in der ganzen Flut, nur ein einsamer, alter Weidenbaum peitschte einige Bootslängen vor ihnen mit seinen schwanken Ruten das Wasser. Als sie den sah, sprang sie auf, riß das schmale Sitzbrett heraus und ruderte damit hastig vorn am Bug. Langsam drehte sich das Boot und trieb quer. »Wir müssen uns an der Weide festhalten!« rief sie, als Peter Ottsen sie verständnislos anstarrte. Nun fing auch er an, seinen Pfahl als Ruder zu gebrauchen. Sie arbeiteten sich schräge durch die Strömung nahe an den Busch heran. Dann packte Meta mit raschem Griff die dünnen Enden der Weidenruten und hielt sie fest mit beiden Händen. Im nächsten Moment stand Peter neben ihr, beide an derselben Seite. »Laat nich los!« schrie er. Er wickelte sich die zähen Weidenschüsse um die Faust und zog an. Das war alles eines Augenblicks Werk und geschah mit blinder Hast. Alle Muskeln wurden angespannt, um dem Tode zu entgehen, der aus dem trüben Wasser sie angrinste.
Die Weide bog sich, da schwankte der »Judas« und legte sich auf die Seite. Peter war ein schlechter Seemann; er glitt aus, und im nächsten Augenblick lag er im Wasser. Es war tief, aber an den Zweigen der Weide hielt er sich fest. – Da warf sich Meta blitzschnell nieder auf den platten Boden des Bootes und hielt ihm die freie Hand hin. Er ließ die Zweige fahren und ergriff die rettende Hand. –
Das geschah in der Todesgefahr so ungestüm, daß die dünnen Weidenruten ihr durch die Finger glitten. – Das Boot verlor seinen Halt und trieb weiter. Er hing nun an ihren beiden Händen. – Eine Mattigkeit und eine gewisse Stumpfheit kam über beide; aber ihre Hände krampften sich zusammen und hielten fest am Lebenden. – Vor ihren Ohren aber rauschte der Strom, der reißend durch den Damm in die Ostsee zurückfloß.
An zwei Stellen hatte sich das Wasser einen Weg nach draußen gebahnt. Dicht vor den Mündungen drehte sich das Boot im Strudel und wurde nach der einen Seite dichter an das Land gespült. Hier war es flacher. Peter hatte Grund unter den Füßen. – Sie sah das, warf sich mit raschem Ruck herum und ließ sich neben ihm ins Wasser gleiten.
Bis zur Brust im Wasser stehend, sahen sie im nächsten Augenblick den »Judas« davonschießen, eine Minute später war er mitten in der Strömung, wurde hier einmal hart gegen das Ufer, dann auf die Seite geworfen, drehte sich schwerfällig wieder herum und entschwand hinter der Höhe der Drecht ihren Blicken. Die beiden Gestrandeten aber hielten sich noch immer an den Händen, bis sie in immer flacheres Wasser kamen. Bald standen sie auf der Drecht, die eben trocken wurde. So gut es in dem Saugsande, dem Steingerölle und den Tangbergen ging, eilten sie dem Birkhause zu.
Vom Schmiedeberg aus hatte Vater Petersen von Landfeld das Boot auf dem Noor treiben sehen, er hatte sein Fernrohr darauf gerichtet und hatte Peter Ottsen an seinem kleinen, grünen Jagdhut erkannt. Am andern Morgen erst, als Peter nicht zu finden war, hatte der Alte davon gehört. Wie ein Blitzstrahl hatte diese Kunde den Nebel durchzuckt, der seit gestern seine Gedanken, sein Wollen und Können umhüllte. Das hatte ihn herausgerissen aus dem lähmenden Bann.
Mit einigen Knechten war er hinübergelaufen nach dem Kliff und ans Noor, ebenso wie gestern. Damals die Schafe, heute der Sohn. Und wieder konnte er nicht helfen, er konnte nicht hin nach der Birk, wo jetzt wieder inmitten der grauen Wasserfläche der Strand aufgetaucht war. Sein Sohn hatte mit den Wellen gekämpft, nun lag er vielleicht als Leiche auf dem schlammigen Grund oder im braunen Seegras. – Vom Boote war nichts zu sehen, nichts von den Menschen, die darin gewesen waren. Drüben auf dem Dach des Birkhauses aber ragte noch immer die Stange empor mit dem Lappen als Notflagge.
Hier war nichts zu machen. Er schickte die Knechte wieder nach Hause, sie sollten anspannen, Bretter und Leitern, Schaufeln und Spaten auf die Wagen werfen und nach Falshöft fahren. Wenn der Weg noch unter Wasser sei: immer hindurch! Und dann am Strande auf der Drecht entlang alles absuchen.
Er selbst ging den Weg, den einige Stunden früher sein Sohn gegangen war. Am Wall beim Gehölz sah er im frischen Lehm die Spuren von Mann und Hund, er sprang hinüber und ging hinterher. Als er sich dem am Noor liegenden Knick näherte, rauschte es im Gestrüpp und Hektor, der alte braune Jagdhund lief ihm winselnd entgegen. Da fuhr ihm plötzlich die Geschichte durch den Kopf von dem treuen Hund, der an der Leiche seines Herrn die Totenwache hielt. Seine Knie zitterten. – Hart am Wall hatte der Hund gestanden, dort konnte also die Leiche angespült sein. Er mußte sich einen Augenblick an eine Erle lehnen und sich an den Zweigen festhalten, Hektor aber schmiegte sich zitternd an seine Beine und schaute wie hilfesuchend zu ihm auf.
Thomas Ottsen ging näher an den Knick heran. Hier fand er das Gewehr und die Stelle, wo das Boot die Büsche niedergedrückt hatte, auch Fußspuren fand er und ein leinenes Strumpfband. – Was war hier geschehen?
Eine furchtbare Angst packte ihn. »Mein Gott! – Mein einziger Sohn!« stöhnte er. Und wie er das vor sich hinsprach in das Rauschen der Zweige und das Brausen der Wellen hinein, da schlug ihm hart das Gewissen. An die Worte des Tischlers Schinkel mußte er denken und an das, was der Weber gesagt hatte. Stand sein Sohn jetzt vielleicht schon vor dem Richterstuhl dessen, den er gestern verleugnet hatte? Das lähmende Gefühl der Ungewißheit und eine quälende Furcht vor dem alten, von ihm oft gescholtenen Mann da oben, der die Rache in seiner Hand hält, zerschlug ihm den Bauernstolz und warf ihn ins feuchte Gras auf die Knie. In der Angst seines Herzens kam ihm das Vaterunser auf die bebenden Lippen; er sprach es mechanisch, wie man eine Zauberformel murmelt. Seine Gedanken irrten umher und seine Augen flackerten unstet über die graue Noorfläche. Als er aber an die Bitte kam: »Vergib uns unsere Schuld«, da sann er nach über seine eigene Schuld und grübelte. Dann stieß er aus: »Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel«, denn sie stand riesengroß vor ihm, seine Versuchung und das Übel seines Lebens. – Und in dem zermarterten Hirn tauchte ein Plan auf, ein Plan, der Thomas Ottsen ähnlich sah: Er wollte mit dem Herrgott dort oben einen Pakt machen. Die drei Finger zum Schwur erhebend, rief er: »Gib mir, allmächtiger Gott, meinen Sohn lebend wieder und verflucht soll das Glas Grog sein, das meine Lippen berührt. Kein Tropfen mehr! Meine Hand soll mir am Leibe welken, und ich will verdammt sein, wenn ich mein Wort breche!« – Mit scheuem Blick sah er sich um. Die Anstrengungen von gestern und heute, der Trunk und die Angst hatten ihn in solche Aufregung gebracht, daß er in diesem Augenblick sich nicht gewundert hätte, den leibhaftigen Teufel hinter sich stehen zu sehen, bereit, nun auch seinerseits mit ihm einen Pakt zu machen. – Da schlug der Hund kurz an, von der Falshöfter Straße hörte man Peitschenknall und Rufe, das waren seine Leute. Er sprang auf, hängte die Flinte um und ging quer übers Feld dem Wege zu.
*
Spät am Nachmittage war es, als zwei Wagen langsam durch den Sand und Tang vom Birkhause nach Falshöft zu mahlten. Die Männer, die nebenher gingen, mußten oftmals in die Speichen der Hinterräder fassen, wenn die Pferde nicht mehr vorwärts konnten. Es ging langsam. Weder Pferde- noch Menschenknochen wurden geschont, der Schweiß troff den Männern von der Stirne und der Schaum floß den Pferden vom Rücken. Thomas Ottsen arbeitete selbst wie ein Knecht, aber nicht so verdrossen und herrisch wie sonst. Als sie bei Falshöft in die Straße einbogen, rief er seinen Leuten zu: Jeder von euch kriegt einen Taler von mir, und gut zu essen soll es heute abend auch geben.« Den Pferden aber klatschte er mit der flachen Hand auf den nassen Rücken: »Ihr kriegt zwei Maß Hafer!«
Auf den knarrenden Kastenwagen lagen zwei Kranke. Auf dem ersten Metas Mutter. Sie lag in Bettzeug und Pferdedecken gehüllt im Stroh des Wagens und hatte unter dem Kopf einen mit Seegras gestopften Futtersack. Neben ihr saß ihre Tochter, hielt ihr den Kopf, wenn der Wagen schwankte, und deckte sie sorgsam wieder zu, wenn die Decke wegfiel. Sie war noch in nassen Kleidern, wirr fiel ihr das dichte, rote Haar um Nacken und Schultern. Keinen Blick wandte sie vom Gesicht der Mutter. Wie leblos lag die kranke Frau da. – Hinten auf dem Schott des Kastenwagens aber saß noch einer, den sah niemand. – Das war der Tod!
Auf dem anderen Wagen lag eine kräftige Männergestalt. Um seine Stirn war ein Leinentuch geschlungen, das war an der rechten Schläfe rot von Blut. Die Augen standen weit offen, sie glühten starr und irre aus dem totenbleichen Antlitz. »Fritz Böhm!« schrie er in seinen Fieberphantasien, »Fritz Böhm, du Räuber, ick heff keen Geld. – He leggt mi de Sneer üm de Hals! Hülp! Hülp!«
Wild fuhr er empor aus dem Stroh, so daß Peter Ottsen und Asmus Hansen, der Vogt, alle ihre Kraft aufwenden mußten, um ihn zu halten. – Da legte die alte Frau, die weinend hinter seinem Lager saß und seinen Kopf in ihren Schoß gebettet hatte, ihre Hand auf die fiebernde Stirn ihres Sohnes und flüsterte ihm ins Ohr: »He kann di nix dohn, mien Hans, ick bin ja bi di! Sühst du mi nich, ick bün jo hier, dien Mudder.« – »Mudder, mien Mudder«, kam es von den blassen Lippen, ein Schein von Friede floß über die angstverzerrten Züge Hans Thordsen, sein Haupt sank zurück, und stille lag er auf dem Schoß der Mutter.
Der aber, dessen Mörderhand er in seinen Fieberphantasien an seinem Halse fühlte, lag starr und kalt im Westerfelder Reet. Er konnte keinem Menschen mehr etwas tun, weder Gutes noch Böses!
Acht Tage waren vergangen. Die Überschwemmten hatte man in den umliegenden Dörfern untergebracht, da schliefen und aßen sie; am Tage aber räumten sie den Schutt ihrer Häuser auf und suchten die Stücke ihres weggetriebenen Eigentums von den Feldern zusammen. Das war eine traurige Zeit! Viele Häuser standen nur noch auf den Ständern des Fachwerks, das Mauerwerk dazwischen war herausgeschlagen. Einzelne Häuser, die man ohne Fachwerk in solidem Mauerwerk aufgeführt hatte, waren von den Wellen unterspült und umgerissen. Die Gärten waren mit Sand und Steinen überspült, in den Zweigen der Bäume hingen Korngarben und Heubündel, die von Dachböden fortgespült waren. Die Möbel waren fortgetrieben oder vom Wasser verdorben; leere Schubkasten, zerbrochene Tische und Stühle, durchnäßte Kissen und Decken lagen im Schmutz umher.
Mit Tränen in den Augen stand die alte Trina Reimer vor ihrer eichenen Bettzeugkiste. Jahrhunderte lang hatte dies Erbstück der Familie schönstes Leinen treu geborgen. 1683 stand auf dem buntverschlungenen Eisenbeschlag. Nun war sie zertrümmert. Das schöne Linnen der alten Frau lag im Zimmer umher. Ihr Großvater hatte den Flachs gesät und gezogen; sie hatte an der Braakkuhle gestanden und lustig zum Klappern der Brechlade gesungen, als er seiner grauen Hülle entkleidet wurde; sie hatte ihn gehechelt und geschwungen, daß er fein wurde wie Seide, und in langen Winterabenden hatte sie ihn gesponnen. Der alte Weber Truelsen hatte dann ihr Brautleinen daraus gemacht, damals, als er noch jung und flink war. Die Arbeit war ihm so schwer geworden! Wenn der Baum klapperte und das Weberschiffchen durchs Garn glitt, dann hatte es ihm in den Ohren geklungen.
»Ick dörf ja nich! Ick dörf ja nich! Ick mutt den annern nehmen.
So ween doch nich! So ween doch nich! Wat helpt denn all dat Grämen! –«
Und dann hatte er sein Lebensleid mit hineingewoben zwischen die Fäden. Das Leinen aber war in die Brautkiste und in das Haus des anderen gekommen. – Nun lagen die Leinenschätze auf dem schmutzigen Fußboden. Und Trina Reimer suchte ihr Totenhemd daraus hervor.
So war in jedem Hause Kummer und Leid, großes und kleines. Am meisten sorgten sich die Hausväter, wie sie wieder für sich und ihre Familie ein Haus und für ihr Vieh einen Stall bekommen sollten. Was hatte es ihnen nun genützt, das Schild über der Tür mit der Inschrift: »Gothasche Feuerversicherung«, das jedes Jahr so viel Geld gekostet hatte?! Nun war das Wasser gekommen, wie der Dieb in der Nacht, und hatte alles genommen.
Am traurigsten sah es bei Peter Jansen aus. Am Wall, wo der Weg nach Langfeld abbiegt, hatte man ihn im dichten Schwarzdorngebüsch gefunden. Die Dornen hatten sein Boot und ihn festgehalten, sonst hätte ihn das Wasser hinausgetrieben in die See und hinausgeworfen an einen fremden Strand. Er lag in seinem Torfstall, dessen aus Buschwerk geflochtene Wände stehen geblieben waren, auf einer Tür, die man über zwei Netztröge gelegt hatte. Unter den Kopf hatte er ein altes Wagenkissen und über dem Körper ein braunes Segel. Eine stille, blasse Frau und vier kümmerliche Kinder weinten um ihn, sie hatten alles, alles verloren!
Am nächsten Sonnabend wurden auf dem Geltinger Kirchhof drei Särge nebeneinander in die Erde gesenkt, es war in der Ecke nach der Wiese zu, wo die kleinen, schwarzen Holzkreuze so dicht auf den schmucklosen Erdhügeln stehen, weil da die armen Leute liegen. Pastor Hansen gab jedem der Verstorbenen ein besonderes Geleitwort mit auf den Weg: »Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid«, rief er der Frau Norgaardt nach, die nun nicht mehr durch Scheltworte und Flüche aus dem Schlummer geweckt wurde, deren kranke Brust nun Ruhe hatte. – »Selig sind die Traurigen, denn sie sollen getröstet werden«, sprach er, als er an Peter Jansens Grab herantrat. Seine Stimme bebte, als er dabei das bekümmerte Weib anblickte, an deren Schürze sich die beiden ältesten Kinder festhielten. Dies Wort rief noch einmal das ganze bittere Weh in ihrem Herzen wach, und aus den roten, entzündeten Augen floß Träne auf Träne an den blassen, hageren Wangen herab. Auch die Kinder jammerten um ihren toten Vater. Pastor Hansen aber hatte das Wort mit Bedacht gewählt, er wollte den Anwesenden ihre Pflichten gegen die hilflose Witwe und die kleinen Waisen ans Herz legen, darum fuhr er fort: »Und eure Pflicht ist es, meine Lieben, die ihr erschüttert an diesen Gräbern steht, euer redlich Teil zu tun, daß dies Wort sich erfüllet. Nur Gott kann Ruhe und Trost in diese verwundeten Herzen senden. Ihr aber könnt die Not lindern helfen, die sich heute wie eine graue, undurchdringliche Wand vor den Augen dieser Frau und Mutter aufreckt. Wenn dieser Wunsch und Wille heute in euch lebendig wird, wenn ihr dem Verunglückten dieses Versprechen als letztes Wort ins Grab nachruft, dann wird ein solches Geleitwort ihm die Erde leichter machen.«
Als das letzte Gebet über diese beiden offenen Gräber gesprochen war und die harten Erdklumpen auf die Särge niederfielen, da kriegte Jens Norgaardt es fertig, an den Pastor heranzutreten, um ihm mit bekümmerter Miene und mit Worten des Dankes die Hand hinzustrecken. Aber Thomas Ottsen trat breitspurig dazwischen und sagte laut, mit einem verächtlichen Seitenblick auf den Heuchler: »Das Mädchen bleibt bei mir, Herr Pastor, sie soll es gut haben!«
»Schön, mein lieber Ottsen, aber –«
»Und die Jansens, Herr Pastor, die können hinten in Wattsfeld mit in meiner Kate wohnen. Die Frau kann bei uns mit zu Melken gehen, und die Kinder können auch mal bei uns essen. – Das wollen wir schon kriegen.«
Da drückte Pastor Hansen dem alten Ottsen die Hand und bat ihm im Herzen manches Unrecht ab, das er ihm in Gedanken getan hatte. – So viel Herzensgüte hatte er dem »alten Trunkenbold« nicht zugetraut.
Die Sache mit seinem Sohne war Thomas Ottsen nahegegangen. Es war, als wenn der Blitz vor ihm in den Fußboden gefahren sei. – Der hätte ihn vernichten können. Zur rechten Zeit hatte er mit dem lieben Gott einen Pakt geschlossen: tust du das, dann tu ich das! – Da hatte der liebe Gott ein bißchen mit der Hand gewinkt, der Blitz, der schon herunterfuhr, war ein paar Fuß von seiner Richtung abgelenkt. Wie leicht hätte er seinen Sohn treffen und als vierten in den Sarg legen können. – Nun der liebe Gott seine Sache gut gemacht hatte, nun wollte Thomas Ottsen auch nicht knausern. – Das entzündete den Funken, der in der Asche schlummerte, und sobald er glühte, gab er Wärme.
Eigentlich hatte Thomas Ottsen nun gehen wollen. Der dritte Sarg sollte zehn Schritte weiter, in der äußersten Ecke begraben werden. Das hatte zwar keine Obrigkeit und keine Geistlichkeit so angeordnet, der Totengräber hatte es für richtig befunden, und man fand das denn auch ganz in der Ordnung. Wer mochte auch neben Fritz Böhm liegen? – Als einige der Anwesenden sich zum Gehen wandten und andere unschlüssig dastanden, sagte Pastor Hansen ruhig und freundlich: »Wir alle wollen jetzt einem Dritten noch den letzten Liebesdienst erweisen.« Und er ging an die offene Grube heran.
An diesem Grabe standen nur zwei Personen: ein alter, grauhaariger Mann mit stumpfen Zügen in schlechtem Anzuge und ein breitschultriger, etwa 16jähriger Bursche mit frechem, herausforderndem Blick; er war in seinem Arbeitsanzug, so wie er vom Hof kam. Das waren der Vater und der jüngste Bruder des Toten. Nur der Pastor und der Totengräber mit seinem Gehilfen traten ganz nahe heran an die Grube, die übrigen blieben etwas zurück.
Mit starker Stimme, daß auch die Entferntesten es hören konnten, sprach Pastor Hansen vom guten Hirten, der ein verlorenes Schaf sucht, bis er es findet, und schloß mit dem Hinweise auf den, der für die Sünder gestorben ist, und der am Kreuz zu dem sterbenden Schacher sprach: »Diese Nacht wirst du mit mir im Paradiese sein! – Amen.«
Bald lag der Friedhof wieder still und leer da. Nur der Totengräber schaufelte noch bis zum Abend. Die Leidtragenden, die Nachbarn und die Neugierigen gingen mit verschiedenen Gedanken nach Hause. Die letzte Rede fand die verschiedenartigste Auslegung. Tischler Schinkel gab die Möglichkeit zu, daß der Pastor recht habe, er bezweifelte aber doch, daß Fritz Böhm im Paradiese sei, denn er war ja nicht bekehrt.
Der alte Weber Truelsen schüttelte den grauen Kopf, in ihm steckte zu viel von der Werkgerechtigkeit, wie Schinkel mißbilligend bemerkte; von der »Gnade« hielt er zu wenig. »Mit einem Male geht so was gar nicht!« behauptete er steif und fest. »Aber ich glaube, daß der da oben den Fritz besser kannte als wir. Wer so sterben kann, den sollen wir nicht richten. Unser Herrgott hat eine andere Elle als wir.«
Thomas Ottsen hatte auch eine andere Meinung als der Pastor, er war aber in diesen Tagen zu friedlich gestimmt, um damit herauszuplatzen. Sein Vogt Asmus Hansen aber machte aus seinem Herzen keine Mördergrube, er sagte: »Wenn so'ne Rümmerdriwers dor in sind, denn is dat dor ok nich so, as ick mi dat dacht heff.«
So modelte sich jeder seinen Gott und seinen Himmel nach seiner eigenen Weise.
Die ganze Woche lang hatte der Tod vor der Tür des Wohnhauses auf Schnarstruphof gestanden. Als er in stiller Nacht sein Zeichen und Siegel auf die erkaltenden Lippen des schwachen Weibes gedrückt hatte, war er an die Fensterladen des Nebenzimmers getreten und hatte durch den sternförmigen Einschnitt seinen starr machenden Blick auf den jungen, kräftigen Mann gerichtet, dessen bleiches Gesicht und gelbes Haar sich von den dunkelblau gewürfelten Kissen scharf abhob. Ein Zucken war durch den Körper gefahren, dann schien es der alten Frau, die Tag und Nacht an diesem Bette saß, als ob die große, schwielige Hand, die sie so fest hielt, keinen Pulsschlag mehr habe: »Nimm mich hin, Herr, und laß ihn leben!« flehte sie. »Er ist noch so jung!« Und sie kämpfte mit dem Gewaltigen, der ihrem Sohne schon auf der Brust saß, und rang mit dem, der ihn gesandt hatte. Sie beugte sich schützend über den Fiebernden und rief ihn mit den zärtlichsten Namen, wie er sie nicht gehört hatte, seit er ein Kleidchen trug. Sie hob mit ihren schwachen Armen seinen Oberkörper höher, daß die Brust freier lag, sie horchte auf seinen Atem und kühlte seine heiße Stirn.
So kam die Stunde der Entscheidung heran. Da spannten sich in dem ermatteten Körper noch einmal alle Lebenskräfte. Ein todmüder Ringer kämpfte um den Preis seines Lebens. Mit krampfartigem Zucken und hämmernden Pulsen löste er sich endlich aus der lähmenden Umspannung der Knochenarme; er vermochte die Riesenlast von seiner Brust abzuwälzen. Seine Mutter aber trocknete den Schweiß von der glühenden Stirn und den brennenden Wangen, sie betete für ihn und kämpfte mit ihm die ganze lange Nacht.
Als endlich der Morgen graute und das letzte Dochtende des Nachtlichtes im Glas verglimmte, da hatten sie gesiegt. Todesmatt lag er in den Kissen, aber seine Augen blickten nicht mehr so dumpf hinein in den jungen Tag; er kannte jetzt seine Mutter. Dämmernd durch die schwere Nebelwand stieg in ihm die Erinnerung auf an den Sturm und an die Strandung, an den Kampf mit den Wogen und an Fritz Böhm, der mit der Leine gekommen war.
»Fritz Böhm hat mich gerettet!« kam es dann langsam von seinen Lippen. »Wo ist Fritz Böhm?«
»Stille, ganz stille!« bat sie. »Der Doktor hat gesagt, du sollst ganz ruhig liegen, dann wird alles wieder gut.«
»Wo ist Fritz Böhm?« fragte er nochmal leise. »Ich sah ihn dann nicht mehr.«
»In Gelting«, sagte sie da. Die Worte wurden ihr schwer.
»Gottlob!« – Gleich darauf fiel er in einen ruhigen, langen Schlaf.
Die nächsten Wochen brachten auf Schnarstruphof keine weiteren aufregenden Begebenheiten. In der Scheune klangen gleichmäßig die Dreschflegel der Tagelöhner im Viertakt. Damals fing die Dreschmaschine erst an, mit dem Flegel in Wettbewerb zu treten. Thomas Ottsen war ein Bauer von altem Schrot und Korn, der Menschenknochen für billiger hielt als eiserne Maschinen. Die Tagelöhner aber bekamen für ihre Arbeit Korn und Kost. Sie standen sich gut dabei und hielten erst recht am alten fest. Sie verachteten die Maschinen, die nur Krummstroh von sich gaben. Damit konnte man doch keine Häuser decken. Und wer da glaubte, daß die Strohdächer jemals entbehrt werden könnten, der war tumpig. Sie redeten sehr klug.
Sie waren alle schlechte Propheten! Sie wußten nicht, daß die neue Zeit über Tagelöhner und Herren hinwegschritt. August Thomsen, der so laut redete, hat nachher noch manchen Tag auf dem Baum des Vierspänner-Göpels gesessen und die Pferde beim Dreschen angetrieben. Sein Bruder hatte schon die letzte Aalhaut am Flegelstiel; die hat mit ihm ausgehalten, denn bald hatte er nur noch zu Hause sein eigenes bißchen Buchweizen damit zu dreschen. Die Maschine wurde doch Herr! –
Drei Wochen später durfte Hans Thordsen wieder aufstehen. Nach dem schweren Nervenfieber, das er überstanden hatte, fühlte er sich allerdings noch recht schwach. Unter den Backenknochen lagen tiefe Furchen und sein Haar war lang und dünn geworden. Er ging tagsüber auf dem Hof und in den Scheunen umher und hatte recht oft Langeweile. Seine Mutter war wieder in Falshöft, ihr Haus war notdürftig so weit ausgebessert, daß sie dort hausen konnte. Zum Frühling sollte es ordentlich ausgemauert und innen instand gesetzt werden. Es ging nämlich durch ganz Deutschland der Ruf nach Hilfe; in Stadt und Land sammelte man Liebesgaben für die Überschwemmten und die Mittel flossen reichlich. Da wurde vom Herzen manchen Hausvaters eine schwere Last genommen, und manches Haus wuchs neu und stark hervor aus Schutt und Trümmern. Mancher, der es verstand, die Hand weit vorzustrecken vor den anderen, lachte sich heimlich ins Fäustchen, aber auch die Bescheidenen hatten nachher keine Ursache zu klagen. Sie schalten aber noch lange über die Unverschämten, die zu fette Bissen verschluckt hatten. Mutter Thordsen hatte nicht zu viel verlangt und nicht zu viel bekommen, aber sie bekam genug und war dankbar dafür.
Während der Zeit, da sie am Krankenbett ihres Sohnes gesessen hatte, war Meta Norgaardt ihr behilflich gewesen. Mehr als eine Nacht hatte Meta mit gewacht. – Früher, als der Birkfuchs noch mit bloßen Füßen an ihrem Hause vorüber zur Schule ging, hatte die alte Frau ihr manchmal ein Stück Sirupsbrot in die Hand gesteckt und ein freundliches Wort mit ihr gesprochen. So etwas bleibt im Kinderherzen haften. Nun suchte Meta das wieder gut zu machen. Und als die Mutter fort mußte, schied sie aus dem gastlichen Hause mit der Bitte an Meta: »Sieh doch ein bißchen nach Hans, er ist noch so schwach!« Ein leichtes Rot stieg dem Mädchen bis in die Stirn, als sie das hörte; sie nickte und wandte sich ab.
Als dann aber bald darauf Peter Ottsen über den Hof ging, blitzte es auf in ihren dunklen Augen, und leise vor sich hin sang sie:
»Es ging ein Jäger wohl jagen,
Dreiviertel Stunden vor Tagen,
Ein Füchslein oder ein Reh – –«
Da hörte sie von der Küche her den schweren Schritt der Hausfrau und verstummte. Sie fragte die Eintretende mit ruhiger, geschäftsmäßiger Stimme: »Soll Hans Thordsen noch in der hinteren blauen Stube wohnen bleiben, oder soll er in die Knechtenkammer?«
»Er bleibt, wo er ist!« entschied die Frau kurz.
Am Nachmittag traf sie Hans Thordsen hinter dem Milchkeller in der Roßmühle. Er war dabei, auf der Schnitzelbank neue Kämme für das große Rad der Mühle zu schneiden.
»Na, was machst du denn da?« fragte Meta und lachte ihn an.
»Man muß sich ein bißchen nützlich machen«, erwiderte er seufzend.
»Ach was, ruh' dich aus, es kommt bald genug die Zeit, wo du wieder arbeiten mußt.«
»Lieber heute als morgen.«
»Gefällt es dir denn hier nicht mehr?«
»Gewiß. Ihr seid ja alle so gut zu mir, aber man hat gar nichts um die Hand. Da wird einem die Zeit so schrecklich lang.«
»Du darfst aber noch nicht arbeiten!«
»Das ist doch keine Arbeit!« – Er sah sie an. Da trat sie näher und legte ihm die Hand auf die Schulter: »Du, Hans, deine Mutter hat gesagt, ich soll ein bißchen auf dich passen!«
Ja, du bist noch zu schwach!« Sie reckte ihre zierliche Gestalt empor und sah ihn an mit blitzenden, verführerischen Augen. Er aber stand da, verlegen wie ein Kind.
»Weißt du«, fuhr sie dann in neckischem Tone fort, »ich hab' dir schon früher mal beigestanden, beim Gammeldammer Heck im Schnee. Damals hast du mich weggejagt.« – »Verdammter Birkfuchs!« hieß es. Sie zischte das verhaßte Wort zwischen den Zähnen hervor.
»Laß sein, denk' nicht mehr daran«, wehrte er ab und setzte entschuldigend hinzu: »Du warst früher auch ein wilder Racker und spieltest uns manchen Schabernack. Es war nicht bös von mir gemeint.«
Wie eine Gewitterwolke war es über ihr Gesicht geflogen, und ihre Stimme war ihm vorgekommen, als wenn eine Hagelböe durchs Tauwerk des Schiffes schrillte; aber gleich darauf glitt wieder ein Sonnenstrahl durch das Gewölk, der Birkfuchs war so wetterlaunisch wie der April.
»Du hast recht, das waren Kindereien, jetzt ist es vorbei mit dem Görenkram.« Dabei blickte sie ihn lächelnd an. Er fing an etwas zu sagen von Dank und Wiedervergeltung, kam aber nicht gleich damit zurecht. – »Ist gut«, rief sie, dann war sie auch schon verschwunden.
Hans Thordsen setzte sich wieder auf die Schnitzelbank, er schnitzte und schnitzte, aber es wurde nichts daraus. Vor seinen Augen stand ihr Gesicht, scharfe, weiße Fuchszähne schimmerten hervor zwischen den roten Lippen, und krause Fuchslöckchen umspielten Schläfen und Stirn. Da kamen ihm eigenartige Gedanken: Wie wär's denn, wenn er nach dieser bösen Fahrt sich anders einrichtete? – Lotse konnte er zwar nicht werden, dazu war er noch zu jung, aber Fischer. Wenn das Haus erst wieder gut instand gesetzt war, wenn er sich sein Geld von der Geltinger Sparkasse geholt und Boot und Netze angeschafft hatte, und wenn er dann Meta Norgaardt fragen würde: »Willst du, Meta?« so würde sie gewiß nicht nein sagen. Aber die Leute würden darüber reden und spötteln! Sie würden fragen, ob er bange geworden sei vor dem großen Wasser, und ob er sich wohler und sicherer fühle im Fuchsbau, als auf einem Dreimaster. Es wäre dann vorbei mit den schönen Träumen vom eigenen Schiff und der weiten Welt. Er wäre dann auch so ein aufs Trockene gesetzter Jan-Maat, und die schöne Rothaarige wäre sein Kapitän. Er stand auf, warf den verschnitzelten Eschenpflock in die Ecke und ging hinaus. »Es wird Zeit, daß man über Stag geht«, murmelte er, »sonst kommt man zu dicht an Land. Wer hier aufläuft, der kommt in seinem Leben nicht wieder los.«
Eine Stunde später stand Meta hinter dem Backhaus am Ziehbrunnen und ließ langsam den Eimer in die Tiefe hinunter. Hier wurde das Wasser für die Küche geholt. Wie in Gedanken versunken stand sie und schaute auf die Ringe, die unten auf dem dunklen Spiegel zitterten; sie war aber mit ihren Sinnen ganz woanders. Gespannt horchte sie auf die Schritte, die vom Gartenwall näher kamen. Sie hatte nämlich Peter Ottsen vom Dorf her kommen sehen, sie wußte, daß er dann gewöhnlich hinter dem Teich herum den Richtweg einschlug. Dann mußte er hier vorbei und dann? –
Ein eigenartiges Verhältnis hatte sich seit jener Bootsfahrt zwischen den beiden entsponnen. Aber ein eigentliches »Verhältnis« war es doch nicht. Wer konnte so etwas wohl denken?!« – Peter Ottsen und der Birkfuchs! – Schnarstruphof und die Birkkate! – Gab es größere Gegensätze?!« – Trotzdem hatte die Stunde, wo das Leben des einen in der Hand des anderen lag, über die Kluft, die sie trennte, eine Brücke geschlagen, auf der heimlich ihre Gedanken hinüber und herüber wanderten.
Als Frau Ottsen einmal darüber zukam, wie er freundlich mit dem Mädchen sprach, da hatte sie Meta barsch angefahren und dem Sohne zu verstehen gegeben, daß es seine Aufgabe sei, die Dienstboten zur Arbeit anzuhalten und nicht sie mit Schnack davon abzuhalten. Sie hatte dann auch ihrem Manne eine Andeutung gemacht. Der aber hatte das weit von sich geworfen und gelacht: »Mit dem Birkfuchs? Mit der Roten? – Das hat er bei den Husaren gelernt, Mutter. Ist aber nicht gefährlich für ihn. Und sie? – Na, ich will weiter nichts sagen, aber sie stammt ja aus 'ner Familie, die so was nicht so genau nimmt! Wenn was passiert, dann hat sie selbst Schuld!« Nach einer Weile setzte er mit schlauem Lächeln hinzu: »Aber vielleicht ist es doch gut, wenn wir bald daran denken, ihn anderswo festzulegen.«
Dann hatte er bei seinem Sohne auf den Busch geklopft, recht deutlich und derbe. Der aber hatte vor einiger Zeit schon merken lassen, daß die früher angeknüpfte Verbindung ihm mehr Geschäfts- als Herzenssache sei. Er suchte auch heute auszuweichen. Als der Alte nicht locker ließ, wurde er ungemütlich: »Ihr scheint zu glauben, daß ich noch wie ein Kind hier behandelt werden muß, da wäre die Meta ja ganz gut zum Kindermädchen.« Er sagte das mit höhnischer Miene.
»Dummer Junge!« brauste der Alte auf. »Noch bin ich hier Herr, und – –«
»Und ich habe die Jungenwirtschaft satt!« schrie Peter. »Wenn's nicht anders wird, dann gehe ich von hier fort und nehme eine Inspektorstelle an.« Da lenkte der Alte ein. Es sei nicht so böse gemeint usw. Peter aber gab das Versprechen, um Ostern herum die Sache mit der Erbin von Kallumhof ins Reine zu bringen.
Darauf hatte er sich etwas mehr vorgesehen als früher und war, wenn die Leute es sahen, gleichgültig und hochmütig an Meta Norgaardt vorbeigegangen. Wenn's aber keiner beobachtete, hatte er ihr andere Blicke zugeworfen. Dann zuckten kaum merklich ihre Wimpern. Er sah es und verstand die Antwort. Einmal hatte er, als er ihr in der Dämmerung auf dem Hausflur begegnete, die Rechte um ihre Hüfte gelegt und hatte sie an sich gepreßt. Sie war zusammengezuckt; aber keinen Laut hatte sie ausgestoßen. Er fühlte ihr Haar seine Wangen streichen, er fühlte sogar ihren Atem an seiner Wange. Im nächsten Augenblick hatte sie sich auch schon mit einer raschen Wendung ihrer geschmeidigen Glieder freigemacht und war mit einem kichernden »Ach was! Lassen Sie mich los!« verschwunden. Als er darin einige Minuten später sie in der Küche sah, und das helle Herdfeuer ihre glühenden Wangen und den rotgoldenen Kopf bestrahlte, tat es ihm leid, sie nicht fester gehalten zu haben. Sie verriet mit keiner Miene ihre Aufregung. In jenem Augenblick spielte der gewandte Fuchs mit dem Jäger, der an der Tür stand und sich langsam die schweren Stiefel auszog. In seinen Augen funkelte wieder die Beutegier wie damals, als er sie mit nackten Beinen im Noor stehen sah. – –
Seitdem war ihm aber der Fuchs ausgewichen. Er hatte sie in den letzten Tagen sogar ein paarmal im Gespräch mit dem Seemann stehen sehen. Ob der sich jetzt an die Meta heranmachen wollte? Nicht schlecht! Aber erst wollte er, Peter Ottsen, seinen wohlverdienten Lohn haben. Heiraten konnte sie nachher der andere, da hatte er nichts dagegen. Das paßte ganz gut zusammen: Hans Thordsen war ruhig und gutmütig, sie aber hatte von dem Schauspielerblut noch etwas abbekommen, sie hatte Glut in den Adern.
So stand die Sache heute, als Meta Norgaardt in der Abenddämmerung »ganz von ungefähr« am Brunnen stand, sich auf die Eimertracht stützte und spielend den herabgelassenen Eimer mit der Stange hin und her bewegte. Ringsum war alles still, die Mädchen waren zum Melken, die Herrschaft saß drinnen in der Wohnstube. Die Frau strickte, und er hatte die Pfeife im Munde, beide blickten in das Torffeuer des Ofens und besprachen sich darüber, wie nachher alles nett eingerichtet werden sollte in der Abnahme, wenn Peter den Hof übernahm. Thomas Ottsen war nie so nett und vernünftig gewesen wie in den letzten Wochen. Wie hätte man sonst mit ihm über die Abnahme reden können? – Meta horchte, aber sie hörte keine Schritte. Da pfiff leise die Gartenpforte in ihren Angeln, ganz kurz nur und ganz leise; sie wußte nun genug. Mit beiden Händen faßte sie die Brunnenstange und hob den vollen Eimer nach oben.
Plötzlich legte sich ihr von hinten eine Hand auf den Busen und eine auf den Mund, wohl um einen unvorsichtigen Aufschrei zu verhindern. Sie schrie aber nicht auf, sie stand ganz stille – wie erstarrt vor Schreck. »Meta!« klang's ihr leise schmeichelnd ins Ohr. Fest legten sich jetzt die Hände über ihre Augen, langsam wurde ihr Kopf nach hinten übergebeugt, sie fühlte seinen warmen Atem über ihre Stirn streichen, als er mit gedämpfter, verstellter Stimme fragte: »Wer ist das!«
Sie hielt die Brunnenstange fest in der Hand, sonst wäre ja der volle Eimer mit lautem Klatschen unten aufgeschlagen, sie wand nur den Kopf hin und her unter seinen Händen. »Laß mich los!« sagte sie. »Ich schrei sonst!« Da preßte er seinen Mund auf die leicht geöffneten roten Lippen. Jetzt war er gefangen, der Birkfuchs!
Da lachte der Jäger und flüsterte ihr leise ins Ohr: »Nun hole ich mir meinen Lohn, den du mir noch schuldig bist!« Sie ließ den Kopf an seiner Brust ruhen, die Brunnenstange glitt langsam durch ihre Hände, und geräuschlos senkte sich der Eimer wieder hinab in den Brunnen. Nun aber hatte sie die Arme frei und faßte nach seinen Fingern. Es war ein kurzer Kampf, dann lag sie fest in seinen Armen und wehrte sich nicht mehr. In ihr armes und freudloses Leben war bisher nur so selten ein warmer Hauch von Menschenliebe geflossen, sie hatte sich immer wehren müssen gegen Übermut und Bosheit, gegen Haß und Verachtung. Nun erfüllte sich, was zuerst wie ein Traum in die Dunkelheit ihres Daseins hineingefallen und dann immer deutlicher wurde. Nun hielt sie ihn umschlungen und schmiegte sich fest an seine Brust.
»Als ich dich damals am Noor stehen sah, Meta, als du da so trotzig standest, hätte ich dich gerne ebenso in die Arme genommen wie heute!« Er flüsterte es ihr leise ins Ohr.
»Ich schämte mich so vor dir!« sagte sie ebenso leise.
»Warum denn?«
»Sprich nicht davon, es waren schreckliche Stunden! Aber was du für Mutter getan hast, das will ich dir nie vergessen.«
»Ich will mir ja meinen Lohn holen.«
»Den kann ich gar nicht bezahlen.«
Ja, du kannst!« Er schlang seine Arme um ihren Leib, hob sie hoch, trat mit seiner Last ein paar Schritte zurück und setzte sich auf den niedrigen Steinwall. Sie lag auf seinem Schoß und hatte beide Arme um seinen Hals geschlungen. Sie schloß die Augen. –
Drüben auf dem Hofplatz wurde mit den Stalltüren geschlagen. Die Mädchen kamen mit schweren Tritten an der anderen Seite des Backhauses entlang, man hörte ihre Holzschuhe auf dem Steinpflaster klappern, da fuhr Meta auf. Aber die starken Arme des Mannes preßten sich fester um ihren jungen Leib. »Ruhig! Ganz ruhig!« flüsterte er ihr ins Ohr.
Bald darauf rief von der Küchentüre her Frau Ottsen mit scharfer Stimme: »Meta! – Me–ta!« Und als keine Antwort erfolgte, hörte man die ärgerliche Frage: »Wo blifft denn de Deern?« Da entschlüpfte sie seinen Armen und stürzte davon. Vor der Küchentüre blieb sie stehen und strich mit den Händen über die Schürze und durch das Haar.
»Wo bleibst du?« fuhr Frau Ottsen sie an, als sie eintrat; mit eigentümlicher Betonung fragte sie gleich weiter: »Was ist denn los gewesen, wie siehst du aus?« Aber es war nicht so leicht, sie in die Enge zu treiben; in der gefährlichen Lage verleugnete das Füchslein seine Natur nicht. Mit vor Erregung zitternder Stimme rief sie: »Einer von den Knechten ist es gewesen. Die können mich nicht in Ruhe lassen. Er hat mir hinter dem Brunnen aufgelauert.«
»Wer war's denn?« fragte die Frau ärgerlich.
»Von hinten hat er mich gepackt und mir die Augen zugehalten.«
»Warum schriest du denn nicht um Hilfe?«
»Ich war so in Angst, das Herz stand mir still, und als er mich dann gleich wieder los ließ, war er schnell an der Backhausecke verschwunden. In der Dämmerung konnte ich ihn nicht erkennen, aber einer vom Hofe war es, denn er lief nach der Scheune zu.«
»Das will ich doch gleich mal dem Herrn sagen!« Damit ging Frau Ottsen fort. Meta aber schlich wieder hinaus, um den Eimer zu holen. Da sah sie an der Backhausecke wirklich eine dunkle Gestalt stehen, aber sie hatte nicht die Spur von Angst. »Schnell weg! Der Herr kommt!« flüsterte sie ihm zu, und in langen Sätzen lief er nach der Dorfstraße zu.
Nach einer Stunde kam der junge Herr lustig pfeifend aufs Haus zugeschritten. Er hatte seine Schlinge gut gestellt und sie zur rechten Zeit zugezogen; das Füchslein, so scheu und schlau es auch war, nun saß es darin. Das war ein feines Stück Wild!